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Die Gleichheit

als Kriegerfrau, Kriegerwitwe, so ist durch diese Tätigkeit ohne weiteres ihnen ein Einfluß auf die Frauen gesichert. Unkenntnis des Lebens der arbeitenden Frauen und der Arbeiterschaft im all­gemeinen, Unkenntnis auch in bezug auf die Praxis vicler Unter­nehmer kann leicht dazu führen, diesen Einfluß in einem für die Arbeiterschaft nicht günstigen Sinne auszuüben.

Von Arbeiterseite ist deshalb empfohlen worden, daß die Fabrik­pflegerinnen ihre Tätigkeit im Betrieb in engster Fühlung mit den Arbeiterausschüssen ausüben sollen. Das ist schon deshalb notwendig, weil die Arbeiterausschüsse für Forderungen, die die Unternehmer nicht freiwillig erfüllen, das Rückgrat abgeben kön= nen. Ferner wurde empfohlen, wenn Fabrifpflegerinnen eingestellt werden sollen, solche nach Möglichkeit aus den Kreisen der Arbei­terinnen zu entnehmen. Offen bleibt dabei die Frage, ob die Ein­stellung von Fabrikpflegerinnen überhaupt als notwendig ange­sehen wird und ob die Einstellung empfohlen werden könnte, wenn die Fabrikpflegerinnen nicht Angestellte des Unternehmers, son­dern Beamte der Gewerbeaufsicht sind. Als Angestellte des Unter­nehmers dürften sie, abgesehen von den Fällen, wo sie für den Ausbau der gelben Organisationen und der Wohltätigkeitseinrich­tungen der Unternehmer wirken sollen, in der Regel wohl nur während des Krieges in Frage kommen, auch nur während des Krieges Tätigkeit entfalten können. Auf jeden Fall aber steht heute schon fest, daß die Arbeiterschaft. alle Veranlassung hat, für die Organisierung der weiblichen Arbeitskräfte auch aus dem Grunde einzutreten, daß die unter der Kriegsnotwendigkeit geschaffene In­stitution der Fabritpflegerin sich nicht zu einer Schädigung der Arbeiterinteressen auswächst.

Die Institution ist erst im Werden begriffen. Auch die Unter­nehmer verhalten sich häufig ablehnend. Nur dort, wo die Kriegs­ämter Einfluß ausüben können, sind bis jetzt Fabrikpflegerinnen in erheblicher Zahl tätig, vor allen Dingen in staatlichen Betrie ben. Das Waffer- und Munitionsbeschaffungsamt hat vor einiger Zeit an alle Dienststellen seines Bereichs eine Verfügung erlassen, wodurch die Anstellung von Fabrikpflegerinnen den staatlichen Be­trieben zur Pflicht gemacht wird. Gertrud Hanna  .

Aus unserer Bewegung

L. S. Altona  - Ottensen.( Es geht vorwärts!) In dichten Reihen saßen und standen die Kriegerfrauen im Ottenser   Parteihaus", als am Mittwoch, den 26. September Genosse Kürbis die Notwendig

erkennbar in der Dämmerung, führte sie seitwärts hart am Waldessaum entlang, so daß sie zwischen den einzelnen Bäumen und Gebüschen auf die draußen im Mondschein liegenden Wiesen hinaussehen konnten. Regine ging voran. Das Mondlicht spielte zwischen den Zweigen herein und hing sich wie Tropfen an die dunklen Blätter; mitunter streifte ein voller Strahl den blonden Mädchenkopf, der dann auf einen Augenblick flar aus dem Dunkel hervortrat, um sogleich wieder darin zu ver­schwinden. Gabriel ging schweigend hinter ihr her. Er hörte nichts als das Rauschen ihrer Füße in dem überjährigen Laub und das Arbeiten der Käfer in den Baumrinden; kein Luft­zug; nur das feine elektrische Snistern in den Blättern rührte sich kaum hörbar. Nach einer Weile kam aus dem Dunkel des Waldes etwas angerannt und trabte ihnen zur Seite. Gabriel sah zwei Augen in seiner Nähe blizzen. Was ist das?" fragte er. Ein Rehkalb sprang in den Weg." Das ist mein Kamerad!" rief das Mädchen; dann lief sie pfeilschnell auf dem Steige fort; das Tier hinter ihr drein.

Gabriel blieb zurück und lehnte sich an einen Baum; er hörte es zwischen den Bäumen rauschen, er hörte das Mäd­chen in die Hände klatschen, dann alles in der Ferne ver­schwinden. Es wurde still um ihn her; nur die geheimnis­volle Melodie der Sommernacht wurde wieder seinem Ohr lebendiger. Er hielt den Atem an, er lauschte, er horchte den tausend feinen Stimmen, wie sie auftauchten und wieder hin­schwanden; bald in unbegreiflicher Ferne, dann zum Erschrecken nahe; unbegreifbar leise, verhallend und immer wieder er­wachend; er wußte nicht, waren es die Quellen, die durch den Wald zu den Wiesen hinabliefen, oder war es die Nacht selbst, die so melodisch rann. Der Morgen, an dem er das Haus verlassen hatte, der Abschied von seiner Mutter lag hinter ihm wie eine längst vergangene Zeit.

Nr. 2

keit der Erhöhung der Familienunterstügung in Altona   darlegte. Der Referent gab eine Übersicht über die Entwicklung der Familien­unterstützung in Altona   und zeigte an Hand einer Statistik über die Steigerung der Lebensmittelpreise während des Krieges, wie wenig die Erhöhung der Familienunterstüßung mit dieser Schritt gehalten hat. Im Hinblick auf die Tatsache, daß es den Frauen bei weitem nicht möglich ist, sich von der Familienunterstüßung auch nur diejenigen Waren zu kaufen, die es heute auf Marken gibt, so muß es wie ein Hohn wirken, daß die Bundesratsverordnung über die Familienunterstüßung besagt, daß jedem das zum Lebensunter­halt Nötige gewährleistet werden soll. Genosse Kürbis hat deshalb in der Kommission den Antrag eingebracht, sämtliche Unterstügungs­sätze im Monat um 10 Mt. und um weitere 3 Mt. für jedes Kind zu erhöhen und die unterste Stufe der Skala für die Abzüge von der Unterstügung wesentlich hinaufzusetzen. Außerdem hat er die Sicherstellung verlangt, daß eine wahrscheinlich bevorstehende Er­höhung der Reichsunterstützung nicht der Stadt Altona  , sondern den einzelnen Unterstüßungsberechtigten zugute kommt. Hiergegen ist ein Antrag von der Geschäftsstelle der Familienunterstügung eingebracht worden, der eine geringere Erhöhung der Unterstützungssäge bean­tragt, weil", wie darin gesagt wird, die unbedingte Notwendig­feit für die Erhöhung nicht anerkannt werden könne". Indem Ge­nosse Kürbis zum Schluß noch auf die Forderungen der Hauswirte auf Erhöhung der von der Stadt zu zahlenden Mietesätze einging, die er als unbegründet ablehnte, schloß er mit dem Hinweis, daß die von ihm beantragte Erhöhung der Unterstügung das Mindest= maß darstellen müsse und daß deshalb die sozialdemokratischen Stadtverordneten mit aller Energie hierfür eintreten würden.

Die Kriegerfrauen, die wie oben bemerft besonders zahl­reich erschienen waren, zollten nicht nur dem Redner am Schlufse und wiederholt während seines interessanten Vortrages lebhaften Beifall, sondern sie bekundeten ihr Verständnis dafür, daß ihre Interessen am besten von der sozialdemokratischen Partei wahrge­nommen werden, dadurch, daß nach einer Aufforderung der Vor­sigenden nicht weniger als 57 Frauen der Partei als Mit­glieder beitraten.

Wenn dieses einerseits ein Erfolg ist, der unseren sozialdemo­fratischen Stadtverordneten ein neuer Ansporn für ihre oft nicht leichte Arbeit sein wird, indem er ihnen das Vertrauen der arbei­tenden Bevölkerung in ihre Tätigkeit beweist, so bedeutet er anderer­seits eine vorzügliche Einleitung des Frauenagitationsmonats, denn er zeigt den Genossinnen und Genossen, daß bei unseren Arbeiter­

Endlich kam das Mädchen zurück. Sie legte die Hand auf seine Büchse. Es ist so zahm," sagte sie, wir rennen oft zusammen!"

"

Das Klirren des Gehenkes weckte ihn. Kommi nur," sagte er, und weise mir den Weg!" Sie schwieg einen Augenblick; dann, dem Gaste gehorsam, bog sie von dem Steige, auf dem sie bisher gewandert waren, quer in den Wald hinein. Jeder betretene Pfad hörte hier auf; Baumwurzeln krochen am Boden hin und fingen den Fuß des Wanderers; niederhängende Zweige schlugen ihm ins Gesicht oder zupften ihn an der Büchse; es wurde so finster, daß er die Gestalt des Mädchens, welche waldkundig und unversehrt durch die Zweige schlüpfte, nicht mehr erkennen konnte. Nur manchmal, wenn er, plötzlich von unsichtbaren Dornen gerigt, einen ungeduldigen Ausruf nicht zu unterdrücken vermochte, hörte er vor sich ihr schadenfrohes Gelächter. Endlich aber harrte sie seiner und reichte ihm schweigend die Hand zurück. So gingen sie weiter. Ein Plät­schern scholl aus der Ferne; Gabriel lauschte. Es ist das Fährboot," sagte sie, dort unten liegt die Bucht." Bald konnte er deutlich das Geräusch von Ruderschlägen unter­scheiden; dann traten die Bäume plötzlich auseinander, und sie sahen frei ins Land hinaus, das in den sanften Umrissen der Mondbeleuchtung zu ihren Füßen lag. Die Wiesen waren ganz von silbergrauem Tau bedeckt; darüber lief der Fußpfad wie ein dunkler Strich zur Bucht hinab. Die Brücke des Mond­spiegels streckte sich zitternd über das Wasser; das Fährboot, von der anderen Seite kommend, trat eben wie ein Schatten in den hellen Schein. Gabriel blickte nach dem jenseitigen Ufer hinab; aber er sah nur Duft und Dämmerung.

,, Nicht weiter," sagte das Mädchen und zog ihre Hand aus der seinen; hier über die Wiesen geht der Weg zur Fähre; du kannst nicht fehlen."