Nr. 2

Die Gleichheit

der Frauen notwendig. Auch für die übrige Politif, auch für die Fragen der hohen und höchsten" Politik brauchen und wollen wir die Mitarbeit der Frauen. Man denke nur an die allerwichtigste politische Frage, die die Menschheit seit mehr als drei Jahren be= wegt, an die Frage von Krieg und Frieden. Vielleicht wäre der Strieg nicht ausgebrochen, sicher aber schon längst zu Ende, wenn in allen beteiligten Ländern die Frauen in den politischen Ent­scheidungen über Krieg und Frieden mitzuwirken hätten.

Aus der bürgerlichen Frauenbewegung

Der Bund Deutscher Frauenvereine   bereitet sein viertes Kriegsjahrbuch vor, das unter dem Titel Frauenaufgaben im fünftigen Deutschland  " bei B. G. Teubner in Leipzig   und Berlin  erscheinen wird. Das Buch will neue Frauenkreise für das Mit­durchdenken aller mit diesen Aufgaben in Verbindung stehenden Fragen gewinnen und damit das richtige Verständnis für die künf­tigen Aufgaben erwecken. Der literarische Teil wird daher in vier größeren Aufsätzen aus berufener Feder die Zukunftsaufgaben der deutschen   Frau in Familie, Gemeinde, Staat und Kultur behandeln: Adelheid Steibmann, Die Frau in der Familie; Dr. Marie Baum, Frauenaufgabe in der Gemeinde; Dr. Gertrud Bäumer  , Frauen­aufgaben im Staat; Marianne Weber  , Die Frau und die Kultur. Auf vielfach geäußerten Wunsch wird eine Gepflogenheit aus dem Frieden wieder aufgenommen und eine Chronik der Frauenbewegung im abgelaufenen Jahre dem literarischen Teil eingefügt werden. Der Tätigkeitsbericht des Bundes Deutscher Frauenvereine   wird zum erstenmal im Jahrbuch erscheinen. Der Adressenteil ist wiederum auf den neuesten Stand gebracht worden.

Die Frauenbewegung des Auslandes

Ein Kongres muselmännischer Frauen fand, wie die Frauen­bewegung" berichtet, vor einiger Zeit in Kasan   statt. Der Kongreß war aus Turkestan  , aus dem Kaukasus  , der Krim  , Sibirien   und den Wolgagebieten zahlreich beschickt. Man faßte die für dortige Verhältnisse recht radikalen Beschlüsse: 1. Gleiche Rechte im Familien­freise für Mann und Frau. 2. Abschaffung der von den Eltern ohne Wissen des Mädchens beschlossenen Ehe. 3. Verbot, junge Mädchen, die noch nicht das sechzehnte Lebensjahr erreicht haben, zu verhei­raten. 4. Gleiche Rechte in Sachen der Scheidung für beide Teile. 5. Vollständige Beseitigung der Vielehe. 6. Unterrichtszwang für

offenen Armen den Freuden des Lebens entgegenwerfen? Bei der erhöhten Sucht des Lebensgenusses, die sich gerade dort einstellt, wo Gefahren überwunden worden sind, und die durch die Rückkehr aus der Zone des Schreckens, durch Wiedersehensfreude oder Tren­nungsschmerz gesteigert wird, fallen naturgemäß Hemmungen fort, die sonst geregelte Verhältnisse nicht in dem Maße aufkommen lassen. Die bisherigen Lebensgewohnheiten, die durch die außergewöhn lichen Bedingungen gänzlich aus den alten Bahnen geschleudert sind, bedingen freilich eine größere Selbstbeherrschung. Die fortreißenden Naturgewalten müssen gezügelt werden und gegen ihre verwirrende Macht müssen Wille und Entschlußfähigkeit ein Gegengewicht schaffen. Bereits Aristoteles   spricht diesen Gedanken aus: Die Natur ist nicht göttlich, sondern dämonisch und muß demgemäß behandelt werden." Der Trieb zum Leben und zur Fortpflanzung ist ein heiliges Gut, das uns Mutter Natur gegeben, es darf keine Klippe sein, an der unsere Jugend zerschellt, die Familienglück vernichtet und unsere zukünftige Generation schwächt.

Das Bewußtsein der Verantwortlichkeit muß bei dem einzelnen gestärkt werden, um der Allgemeinheit zu nügen. Alle haben wir jetzt mitzuwirken, um aus dem Chaos, das eine neue Welt gebären will, das Gute zu fördern. Durch Schaden sind wir flug geworden, mit sicherem Schritt müssen wir weiter; nichts darf die Entwicklung, den Fortschritt, wo er auch sei, aufhalten, damit die Zukunft unserer Jugend gehört und sie sich in Gesundheit, Lebensfreude und Frei­heit zu einem Geschlecht entwickle, das mit dem Gefühl seiner Pflicht auch das Bewußtsein seines Rechts trägt. Das große Besinnen tommt etwas gewaltsam, aber nie ist es zu spät, wenn es dem Guten dient und die trennenden Mauern stürzt, die noch immer auf­gerichtet sind vor dem vollen Verstehen der Menschen, der Geschlechter und der Völker zueinander.

R. R- 1.

Kommunaler Säuglingsschutz. Der Landesausschuß des Bezirks­verbandes für den Regierungsbezirk Kassel   beschloß, den Landes. hauptmann von Kurhessen   zu ersuchen, dem am 29. April 1918 nach Kassel   einzuberufenden kommunalen Landtag eine Vorlage zu unter­breiten, die ausreichende Mittel zur Schaffung wirksamer Organi­sationen der Säuglingspflege im gesamten Regierungsbezirk vor­

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beide Geschlechter. Die Beschlüsse, die den Teilnehmerinnen der Generalversammlung der mohammedanischen Frauen, die in Moskau  getagt hat, vorgelegt wurden, haben auch hier einstimmige An­nahme gefunden.

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Ueber die Franenbewegung in China   entnehmen wir einem im Haag von der niederländischen Chinesenvereinigung veranstal= teten Vortrag der chinesischen   Schriftstellerin Frau Yap Hong Tjun folgende Angaben: Danach beruht die niedrige Stellung, welche die Frau zurzeit im Reiche der Mitte einnimmt, keineswegs auf alt= hergebrachten und tiefeingewurzelten Anschauungen des chinesischen Volkes. Es gab in der chinesischen Geschichte eine lange Periode, in der die Frau dem Manne vollständig gleichgestellt und ebenbürtig war. Der spätere patriarchalische Charakter des chinesischen Volks­und Familienlebens, welcher dem Familienvater, also dem männ lichen Geschlechte, die unbeschränkte Gewalt über die Frau und Kinder übertrug, ist ein Erzeugnis späterer Entwicklung, die es da­hin brachte, daß allmählich die Frau nur als willen- und rechtloses Mittel zur Kindererzeugung betrachtet und behandelt wurde. Vor Jahrhunderten war dies anders. Aus alten chinesischen   Schriften geht hervor, daß in den altchinesischen Familien die Frau das Zepter führte und den Chi"( Ehemann) als Lao- Noe( Bedienten) bezeichnete. Mit der fortschreitenden Kultur riß dann der Bediente" die Herrschaft an sich und stellte im Buch der Weisen, dem soge= nannten Li- Ki", den Grundsatz auf, daß die verheiratete Frau ihrem Manne, die Witwe ihrem Sohne, die Unverheiratete aber ihrem Vater oder Bruder zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet sei. Diese Abhängigkeit verwandelte sich allmählich in förmliche Sklaverei, und seit Jahrhunderten wurden die Frauen in China   in die Harems gesperrt, von jedem Unterricht ausgeschlossen, von der Welt völlig abgesperrt, durch die bekannte Mißgestaltung der Füße gequält und aller Rechte, selbst des Erbrechtes, beraubt. Bis zum Ausbruch der jüngsten Revolution, welche die Republik China   schuf, blieb es bei dieser degradierenden Stellung der Frau. Nummehr sind Anzeichen einer nahenden Emanzipierung der chinesischen Frau vorhanden. Angeregt durch die Ereignisse, die sich dort abspielen, besteht bereits eine mächtige Frauenbewegung, die schon praktische Erfolge erreicht hat. In der Provinz Kanton sind die Frauen zur Teilnahme an der provisorischen Provinzialregierung zugelassen, und die republi­kanische Regierung in Peking   hat den Leitern der Frauenbewegung mitgeteilt, sie werde jede Anstrengung fördern, die dahin geht, die alte chinesische   Gleichstellung der Frau mit dem Manne wieder in voller Kraft aufleben zu lassen.

sieht und so die Möglichkeit gibt, ausreichenden Mutterschutz zu ge­währen und hierdurch die Säuglingssterblichkeit so nachhaltig zu bekämpfen, wie dies zur Sicherstellung einer erfolgreichen Bevölke­rungspolitik erforderlich ist. Zur Vorbereitung dieser Vorlage sowie zur Durchführung einer Statistik über die Säuglingssterblichkeit in den einzelnen Kreisen und Gemeinden wurden dem Landeshaupt­mann größere Mittel zur Verfügung gestellt.

Einen Kursus für Erziehungsfürsorgerinnen plant der Frauen­bildungsverein Frankfurt a. M. einzurichten, um durch derart sozial weitergebildete Kräfte Mütter- und Elternberatungsstellen, Ausbil­dung von Hilfskräften und verwandte Arbeiten in der sozialen Für­sorge nach der pädagogischen Richtung hin zu ermöglichen. Diesen Erziehungsfürsorgerinnen soll auch eine Aufsicht über die päda­gogischen Maßnahmen in Krippen, Horten usw. zustehen, ebenso die Pflege der Beziehungen zwischen diesen und den Anstalten ange­gliederten Vereinen und Behörden.

Eingegangene Schriften.

Das zweite Septemberheft der Internationalen Rundschau ( Art. Institut Drell Füßli, Zürich  ) enthält einen Auszug aus dem Werke des Engländers L. S. Woolf, Referenten der bekannten Fabier", über Internationale Rechtsordnung" nebst zugehörigem Ent­wurf eines Völkervertrags. Woolfs Werk ist bereits in Stockholm  und Petersburg   bei den Beratungen über das internationale Schieds­gericht der Zukunft zugrunde gelegt worden. In der vorliegenden, sorgfältig übersetzten und durch Weglassung entbehrlicher Ausfüh­rungen auf ein Viertel des Originals gekürzten Form dürfte es weiteren Kreisen besonders willkommen sein.

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Die deutsche Diplomatie, wie sie ist wie sie sein sollte. bis 1914 in Von Dr. jur. H. Schlieben, Reichskonsul a. D. Belgrad( Serbien  ). Verlag: Art. Institut Drell Füßli in Zürich  . Preis 80 Rappen( 1 Mt.). Marrismus, Krieg und Internationale. Kritische Studien über offene Probleme des wissenschaftlichen und praktischen Sozia­lismus in und nach dem Weltkrieg. Von Karl Renner  . Stutt gart 1917, Verlag von J. H. W. Diez Nachf. Preis geb. 5 Mr.