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Die Gleichheit
Zu dem ersten Punkt der Tagesordnung, Bevölkerungsproblem und Frauenwahlrecht" hatte Genossin Duard- Hammerschlag das Referat übernommen. Sie wies an den Verhandlungen im Verfaffungsausschuß des Reichstags und der verschiedenen Landtage nach, daß außer der sozialdemokratischen Partei keine politische Bartei für das Frauenwahlrecht eintritt, daß aber ohne die Mitwirkung bürgerlicher Parteien kein Stimmrecht für die Frauen herbeizuführen ist. Sie bedauerte, daß der Kampf, den die bürgerlichen Frauen führen müssen, um eine Änderung in den Anschauungen ihrer Parteien hervorzurufen, mit so wenig Energie und Schwung geführt würde. Der fortgesetzte Stampf gegen die Entrechtung der Frau auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts, des Strafrechts, der Versicherungsgeseze, im Arbeiterschutz und der Lohngesetzgebung sei eine notwendige Vorstufe zur Erlangung des Frauenstimmrechts. Durch die Einsetzung der Kommission für Bevölkerungspolitik sei neuestens eine Störperschaft geschaffen worden, die sich notgedrungen mit einer ganzen Reihe dieser Fragen beschäftigen müsse. Aus der großen Anzahl wählte sie die Behandlung der Geschlechtskrankheiten und die Frage der rechtlichen Stellung des unehelichen Kindes aus und wies an ihnen nach, inwieweit die Kommission eine Angleichung herbeigeführt habe und was noch zu wünschen übrigbleibe. Sie forderte alle Anwesenden auf, den Arbeiten dieser Kommission das größte Interesse entgegenzubringen. Zum Schlusse machte die Rednerin folgende Vorschläge zur Organisation der Frauenarbeit im Bezirke: 1. Stärkere Beteiligung an den Bestrebungen zur geschlechtlichen Gesundung und Gleichberechtigung, 2. Intensive Mitarbeit bei allen Gemeindeeinrichtungen und Vereinsveranstaltungen für Jugendpflege und Mutterschuß, namentlich Stärfung des Fraueneinflusses in den Ortskrankenkassen, 3. Veranstaltung von regelmäßigen sozialen Ausbildungskursen, 4. Herbeiführung einer Stontrolle über besonders vernachlässigte Gebiete der Frauenfürsorge, 5. Zusammenfassung aller Frauenstimmrechtsorganisationen eines Drts zu gemeinsamer Arbeit. Die Versammlung stimmte diesen Anregungen zu. Alsdann machte der Sekretär G. Wittich eine Reihe von Vorschlägen zur Ausführung der Beschlüsse der Frauenkonferenz in Berlin , die allseitige Zustimmung erfuhren.
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Der Abend brachte uns eine gutbesuchte öffentliche Frauenversammlung, die auch von Männern zahlreich besucht war. Genossin Juchacz sprach über das Thema„ Krieg, Frauenbewegung und Wirtschaftsleben“. Ihre warmherzigen Worte fanden eine aufmerksame Zuhörerschaft und Zustimmung, so daß eine Reihe von Aufnahmen gemacht werden konnten.
Gesinnung aus. Das hinderte aber nicht, daß er die Neuausgabe des„ Herenhammers" übernahm. In der Vorrede sagt er,„ das Buch solle vorzugsweise den Richtern und Obrigkeiten bei Bestrafung der Heren dienen: nur zum allgemeinen Nuben sei es herausgegeben und werde allen wahren Vaterlandsfreunden willkommen sein". Dieser neue Herenhammer" des Kalvinisten verschärft noch die Beschuldigungen und Strafen des ursprünglichen Buches gegen die Heren.
Erst im siebzehnten Jahrhundert kam es dahin, daß, wie Fried rich II. sagte, die Weiber in Sicherheit alt werden konnten", hauptsächlich durch den Kampf des Professors der Philosophie Christian Thomafius aus Leipzig . Eine der letzten Herenverbren= nungen im protestantischen Deutschland fand noch 1713 in Tü bingen statt. Im Zeitalter der Reformation, des Humanismus, der Renaissance, das als ein Gipfelpunkt kulturellen Lebens gepriesen wird, gediehen die schaurigsten Herenverfolgungen. In den Herenprozessen hat die Mißachtung und soziale Unterdrückung des weiblichen Geschlechts einen furchtbaren Ausdruck gefunden. Die Kirche hat das Ihrige dazu getan, um diese Mißachtung und Unterdrückung aufrechtzuerhalten. Wir wissen von keiner einzigen Frau, die es gewagt hat, gegen das ihrem Geschlecht zugefügte furchtbare Unrecht sich aufzulehnen.
Dagegen wissen wir, daß Frauen aus dem Volke im Zeitalter. der Reformation teilgenommen haben an den großen Freiheitskämpfen, die in engem Zusammenhang damit stehen, an den Bauernkriegen.„ Der Volksfrieg dieser Zeit hatte auch seine Hel dinnen," schreibt Wilhelm Zimmermann , der bekannte Verfasser der Geschichte des Bauernkriegs. Die bedeutendste unter ihnen, die schwarze Hofmännin aus Böckingen bei Heilbronn , galt ihren Zeitgenossen auch als Here. Aber sie benutzte die ihr zugeschriebene Zauberkraft, um den Mut der Bauern anzufachen, und wirkte mit kühnster Entschlossenheit für die Sache der Ihrigen, wo kein Mann mehr handelte und sprach.„ Schwarzes unterdrücktes Weib aus der Hütte am Neckar, mit der starken, verwilderten Seele voll Leidenschaft, gleich stark in Haß und Liebe, mit deinem, Gott will es! im Munde und mit deinem Freiheits-, Schlacht- und Rache
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m. Rüstringen - Wilhelmshaven . Der sozialdemokratische Wahlverein hielt am 15. Oktober eine von reichlich 200 Frauen besuchte Versammlung ab, in der Genossin Wierzbizti aus Hamburg über „ Lebensmittelfragen und Frauenerwerbsarbeit" sprach. Die Referentin gab ein genaues Bild von den Aufgaben und Pflichten der Frauen in der Kriegszeit, woraus sie auch für die kommenden Friedensjahre die richtigen Schlußfolgerungen gezogen wissen wollte. Die Bedeutung der Frauen für das nationale und internationale Wirtschaftsleben habe der Krieg in das rechte Licht gerückt. Nunmehr sei auch die Forderung nach mehr politischen Rechten der Frau im Reiche, im Staat und in der Kommune gerechtfertigt. Zum Schluß ging die Vortragende auf die Schäden ein, die dieser Krieg der gesamten Kulturmenschheit geschlagen habe, und zeigte, welche ungeheuren Werte an Menschenleben und anderen Kulturgütern er vernichtete. Die aufgewandten Mittel ständen in keinem Verhältnis mehr zu den Kriegszielen, die heute in den verschiedenen einander feindlichen Ländern noch aufgestellt würden. Ihre Ausführungen fanden große Aufmerksamkeit und Zustimmung. Die Vorfigende ermahnte zum Schluß die anwesenden Genossinnen zu reger Arbeit im Interesse der Partei, die nicht nur zum Wohle der Frauen, sondern auch zum Wohle der Allgemeinheit ausschlagen werde.
Leider war von etwa 800 weiblichen Mitgliedern nur ungefähr der vierte Teil zu der Versammlung erschienen. Durch die Kriegsverhältnisse und die ungünstige Lage des Versammlungslokals ist eine große Reihe von Genossinnen abgehalten worden, an der Versammlung teilzunehmen. Nichtsdestoweniger hat die Versammlung sehr fruchtbringend gewirkt; erfreulicherweise sind auch zahlreiche Klassengenossinnen der Partei beigetreten.
Stuttgart . Schon vor dem Würzburger Parteitag war in Stutt gart beschlossen worden, eine rege Agitation unter den Frauen zu veranstalten. Wir haben nun Diskussionsabende eingerichtet, die alle vierzehn Tage stattfinden. An dem ersten Abend berichtete die Genossin Blos über den Würzburger Parteitag und die Frauen. Unsere Erfolge dort wurden freudig begrüßt. In den folgenden Abenden soll die Tätigkeit der Frau in der Gemeinde besprochen werden, und zwar Lebensmittelversorgung, Striegsfürsorge, Mutter- und Kinderfürsorge, Schule, Jugendfürsorge, Armenpflege, Waisenpflege und Berufsvormundschaft, Arbeitsämter, Polizeiverwaltung und anderes. Die Teilnehmerinnen, insbesondere die weiblichen Vertrauenspersonen, verpflichten sich zu regelmäßigem Besuch der Abende und verbreiten das Gelernte in den Zusammenkünften der Frauen in ihren Bezirken. Besonders aktuelle Themen sollen Gegenstand
geist wie lebtest du in Sage und Geschichte, in Gesang und Rede, hätte deine Sache gesiegt oder gehörte sie wenigstens nur nicht der Bauernhütte an!" Für uns ist es bemerkenswert, daß diese Frau auf der Seite der Freiheit gekämpft hat zu einer Zeit, in der die Frauen als fast Rechtlose und Vogelfreie, als Berachtete und Heren betrachtet wurden.
Welch ein Umschwung seit jener Zeit! Aber nicht die Reforma tion hat ihn herbeigeführt, sondern der Umschwung in den Produktionsbedingungen. Ihm ist die veränderte Stellung und die sich umbildende Wertung der Frau zu danken. Hier liegt die große Reformation für die Frauenwelt, die ihr ein Ansporn sein muß, nicht nachzulassen im Kampfe gegen alles, was ihr entgegentritt, aufzuräumen mit allen Vorurteilen und frei zu werden, innerlich und äußerlich.
Die wandelnde Kochkiste.
Erzählten wir in einem vorhergehenden Artikel von der Kochkiste als einem notwendigen Küchenmöbel, so wollen wir unsere Leserinnen heute mit der wandelnden Kochtiste bekannt machen. Dabei ist besonders zu beachten: Alle diejenigen, welche gezwungen sind, außerhalb des Hauses ihrer Erwerbsarbeit nachzugehen, brauchen tein faltes Essen mehr zu genießen. Sobald sie im Besitz einer„ wandelnden Kochkiste" sind, können sie diese ständig mit sich führen und von dem darin enthaltenen warmen Essen jederzeit Gebrauch machen. Zur Anfertigung einer Wander- Kochtiste braucht man: Pappe, Zei tungen, etwas Holzwolle und Stoff. Letzterer ist jetzt in der stoffarmen Zeit schwer neu zu haben. Ein altes Tuch, ein Stück einer alten Hose oder etwas ähnliches tut's auch, wenn man es vorher gewaschen hat. Um das Gefäß, das man in die Arbeitsstelle mitzunehmen gedenkt, legt man ein Stück Pappe fest herum und näht dieses fest zusammen, so daß es die Form eines Zylinders hat. Dann legt man um diesen Pappe- Zylinder fünfzehnfach Zeitungspapier. Den Boden bereitet man auch aus Pappe und legt ihn auch mit fünfzehnfachem Zeitungspapier aus. Der Pappe- Bylinder muß mindestens fünfzehn Zentimeter höher sein wie der Topf, den man