Nr. 10
Die Gleichheit
reiche Leute für diesen angeblich dem Wohl der Arbeiterinnen dienen den Posten herangebildet; wieweit damit der Sache gedient wird, ist zweifelhaft. Den von den konfessionellen Vereinigungen Herangebildeten soll die besondere Aufgabe zugewiesen werden, die Arbeiterinnen den konfessionellen Vereinen zuzuführen, um sie an der Wahrnehmung ihrer wirtschaftlichen Interessen zu hindern. Welchen Zwecken mit dieser Art Agitation gedient wird, ist flar ersichtlich. Soll eine Fabrifpflegerin ihre Tätigkeit zum Nußen der Arbeiterinnen ausüben, so muß sie neben dem erforderlichen Maß von Takt und Unparteilichkeit auch den festen Willen haben, sich gegen jede Zumutung, ihre Stellung zu irgendeiner agitatorischen Tätigkeit, ganz gleich nach welcher Richtung hin, benußen zu sollen, ganz energisch zu verwahren. Ihre Aufgaben liegen allein auf sozialem Gebiet, und auf diesem Gebiet soll und kann sie den Arbeiterinneit dienen. Daß ihre Tätigkeit sich allein in diesen Bahnen bewege, darauf werden die Gewerkschaften, deren ausführende Organe die Arbeiterausschüsse sind, ihr ganz besonderes Augenmerk richten müssen. Martha Hoppe.
Aus unserer Bewegung
Engelbert Pernerstorfer , dem kürzlich verstorbenen hervorragenden österreichischen Parteigenossen, widmet die österreichische Arbeiterinnenzeitung folgende herzliche Gedenkworte:„ Engelbert Pernerstorfer verdient auch den Dank der Arbeiterinnen, der sozialdemokratischen Frauen, der Frauen überhaupt. Nie hat er versagt, wenn Frauen seine Unterstügung wollten. So wie er den Bestrebungen der Arbeiterinnen von allem Anfang an freundlich gegenüberstand, so war er auch den bürgerlichen Frauen bei ihren Bestrebungen nach höherer Bildung und größerem Recht immer ein bereitwilliger Anwalt. Schon zur Zeit, als er noch bürgerlicher Abgeordneter war, hat er in sozialdemokratischen Arbeiterinnenversammlungen gesprochen. Steine Be wegung der Frauen blieb ihm fremd, er kannte auch wie wenige die Literatur zur Frauenfrage. Zur Zeit, als man noch mit weit größerem Mißtrauen als hente den Frauenforderungen gegenüber stand, da tat er einmal den Ausspruch: Ich bin dafür, daß man den Frauen alle Rechte gebe, die der Staat zu vergeben hat, sind fie unfähig, dann wird sich das schon zeigen. Aber er hielt es für ungerecht, den Frauen ohne Probe die Gleichberechtigung abzusprechen.... Seine Gattin Anna war seine treue Weggefährtin, die an allen seinen Bestrebungen warmen Anteil nahm und ohne die, wie Viktor Adler sagte, er nicht hätte sein können, was er war."
achten, daß wir sie nicht an ein wertloses oder gleichgültiges Buch verlieren. Solche Lektüre hinterläßt ein schales Gefühl des Unbefriedigtseins in uns, ein gutes Buch aber kann noch eine gute Zeit nachwirken und uns über den Alltag erheben. Wir unterscheiden zwischen dem belehrenden Buch, dessen hoher Wert für alle Vorwärtsstrebenden kaum erst betont zu werden braucht, und dem unterhaltenden, mit dem wir uns beschäftigen wollen.
Daß der Lesetrieb ein mächtiger ist, wird niemand bestreiten. Nun gilt es ihm die richtige Befriedigung zu geben. Wie oft sieht man in der Hand junger Mädchen die Groschenhefte der Schundromane. Fragt man die Leserinnen, was ihnen daran gefällt, so sagen sie: „ Ach, es ist so spannend, und dann man kriegt solch Buch so billig!" Spannend", ein gutes Unterhaltungsbuch soll spannend sein und seine Leser festhalten. Die Mittel aber, die ein derartiges Schundheft anwendet, um die Spannung zu eriveden, sind plump und abgeschmackt und gehen weniger auf das Fesselnwollen als auf " Sensation" aus. Und so besonders billig sind diese Romane auch nicht, da sie, bei den gar nicht enden wollenden Fortsetzungen, immer einen Groschen nach dem anderen verschlingen.
Wir wollen nun heute auf einige wirklich gute und fesselnde Bücher hinweisen, die man entweder in Voltsbibliotheken leihen oder billig laufen kann. In den meisten Bibliotheken wird Theodor Fontane , der Meister der Erzählungskunst, vertreten sein. Wer„ Effi Brieft", wohl seinen innigsten Roman, in welchem der Dichter die Seele einer jungen, in Glück und Heiterkeit erblühten Frau schildert, die dann durch den Leichtsinn einiger unbedachter Stunden, die längst bergangen und vergessen sind, plöglich in einem ganz unerwarteten Moment von Heim, Kind und Gatten getrennt wird und einen frühen Tod entgegenfiecht, wer diese schöne, junge und liebenswürdige Effi in ihren Schicksalen begleitet hat, der wird gewiß Umschau halten nach weiteren Büchern von Fontane .„ Ellern Klipp", eine Harzer Dorfgeschichte,„ Grete Minde "," Quitt" und" Vor dem Sturm " feien von seinen Romanen noch angegeben.
Es gibt aber auch die Möglichkeit, Fontanesche Romane billig zu erwerben. Im Verlag Fischer, Berlin , find folgende für 1 Mark zu haben:„ L'Adultera "," Cécile"," Frau Jenny Treibel"," Mathilde
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* Brandenburg. Die Genofsinnen hatten schon längere Zeit den Wunsch, daß hier einmal wieder eine Frauenversammlung stattfinden möge. Das ist am 24. Januar geschehen. Genossin Juchacz sprach in dem gutbesetzten Saal des Volkshauses über:„ Die Frauen und der Krieg". Die Zuhörer folgten aufmerksam dem Vortrag, in der Pause wurden neunzehn Frauen für die Partei, sowie einige„ Gleichheit" leferinnen und Abonnenten für die„ Brandenburger Zeitung" gewonnen. Eine Debatte über den Vortrag war von der Behörde leider nicht gestattet worden. Das ist um so mehr zu bedauern, da einige Vertreter der Unabhängigen Sozialdemokratie anwesend waren. Sie machten von dem Recht der Fragestellung ausgiebigen Gebrauch. Jedoch zeigte der Verlauf der Versammlung deutlich, daß sie für ihre Ideen unter den Frauen Brandenburgs keinen guten Nährboden finden. Die ganze Versammlung stimmte auch den Schlußworten der Rednerin lebhaft zu.
-0- Bezirk Breslau . Nachdem im ganzen Bezirk während der Kriegsjahre fast jede agitatorische Tätigkeit völlig geruht hatte, ist sie nunmehr wieder auf der ganzen Linie zu neuem Leben erwacht. Bald zu Anfang des Krieges wurde der Bezirkssekretär eingezogen und konnte bis zu seiner im August 1917 erfolgten Entlassung sich um die Arbeiten im Bezirk wenig kümmern. Die bei Ausbruch des Krieges vorhandene Parteisekretärin Genossin Wulff versuchte anfangs noch da und dort Versammlungen abzuhalten, jedoch ohne den erwünschten Erfolg. Durch ein Redeverbot, das sie später erhielt, ruhte die Frauenbewegung dann völlig. Nach dem Übertritt der Frau Wulff zur Partei der Unabhängigen im Juli 1917 übernahm der vom Heeresdienst entlassene Genosse Scholich wieder die Geschäfte des Bezirks. Zunächst blieben auch seine Versuche, öffentliche politische und Mitgliederversammlungen für die Partei abzuhalten, vergeblich, da die erforderlichen Genehmigungen zu diesen Versammlungen von dem stellvertretenden Generalfommando des VI. Armeekorps andauernd versagt wurden. Erst seit Ende vorigen Jahres erhielt Genosse Scholich endlich die Genehmigung zu öffentlichen Frauenversammlungen mit der Tagesordnung:„ Die Aufgaben unserer Frauen jetzt und nach dem Kriege, höhere Wehrunterstügung, Witwen- und Waisenfürsorge". Aber auch diese Versammlungen wurden erheblich eingeschränkt durch eine Verfügung des stellvertretenden kommandierenden Generals des VI. Armeekorps an die Landräte, in der unter anderem verboten wurde, Angriffe gegen Personen oder Behörden zu erheben, vom Frauenwahlrecht zu sprechen, für Unzufriedenheit oder Streit Stimmung zu machen. Einige der Herren Landräte gingen in ihrem übereifer mit ihren
Möhring" und" Irrungen, Wirrungen". Dieser letztere( ebenso wie die vorher genannten in Berlin spielend) erzählt die Geschichte eines tapferen Mädchens aus dem Volfe, das, seinem Herzen folgend, einen furzen, glücklichen Sommer hindurch einem jungen Offizier angehört. Dann müssen sich die beiden trennen. Und wie die Lene ihr Schicksal trägt, wie sie ehrlich und selbstlos ihren Weg geht, das schildert Fontane wundervoll. Botho, Lenes Liebster, gibt einmal eine Charakteristik des jungen Mädchens, die sie ausgezeichnet wiedergibt: die Lene lügt nicht und bisse sich eher die Zunge ab, als daß sie flunkerte. Sie hat einen doppelten Stolz, und neben dem, von ihrer Hände Arbeit leben zu wollen, hat sie noch den anderen, alles gradeheraus zu sagen und keine Flausen zu machen und nichts zu vergrößern und nichts zu verkleinern-". Fontane dringt in die Frauen und schildert sie mit bewunderswerter Treue und feinstem Verständnis, handle es sich um eine Weltdame, eine Bürgerliche oder eine Frau aus dem Volfe.
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In der erwähnten Fischerschen Sammlung finden sich noch eine Reihe guter Romane anderer Autoren. So sei auf die Arbeiten von dem frühverstorbenen dänischen Dichter Herm. Bang hingewiesen, von denen ganz besonders der von wehmütiger Entsagung durchwehte Roman „ Am Wege" empfohlen sei. Die kleine, zarte Frau Bai und ihr gutmütig- brutaler Stationsvorsteher, das Leben auf der Station und in dem kleinen Gärtchen am Bahndamm, die verschiedenen, glänzend geschilderten Typen aus dem Baischen Verkehrsfreise, all dies reißt den Leser mit, bis er ganz im Bann von Frau Kathinkas zartem Liebeserlebnis, ihrem Verzicht und ihrem tragischen Ende ist. ( Schluß folgt.)
Hauswirtschaftliches
Die Frühjahrsmode. Mehr als drei Jahre blutigsten Weltkriegs haben dem Modewahn nichts anzuhaben vermocht. Man kann fast sagen, daß es in diesem Kriege ärger als je zuvor getrieben worden ist: In diesem Winter zeigen die„ Damen " auf Befehl der Mode nackte Hälse; im glühendsten Sommer aber haben sie Belzwerk um den Hals getragen! Niemals waren die Kleider so weit und nie die