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Die Gleichheit
hat aber schnell eine größere Bedeutung erlangt. Zunächst richteten einige Stadtverwaltungen ihre Aufmerksamkeit auf den Altmöbelmarkt. In ähnlicher Weise wie die Altkleiderversorgung sollte eine Altmöbelversorgung der ärmeren Bevölkerung erfolgen. Wenn es gelingen würde, die gewerbsmäßigen Auffäufer auszuschalten, die aus Nachlässen oder aus sonstigen Quellen stammenden gebrauchten Möbel durch die Gemeinde zu erfassen, die sie dann herrichten läßt, um sie billig zu verkaufen, dann könnte damit einiger Nuzen ge= stiftet werden. Für die Bekämpfung der Möbelnot bedeutet aber die städtische Bewirtschaftung der Altmöbel nur einen Tropfen auf den heißen Stein.
Das scheint man auch sehr bald erkannt zu haben, und das Interesse richtet sich jetzt immer mehr auf die großzügige Beschaffung neuer Möbel, neben welcher die Altmöbelbewirtschaftung nur ergänzend im Auge behalten wird. Die Drganisation der Möbelversorgung ist noch im Fluß; es haben sich noch feine bestimmten Grundsätze herausgebildet. An dem einen Ort wird die Sache von der Gemeindeverwaltung unmittelbar in die Hand genommen, an anderen Orten werden mit Unterstützung aus Gemeindemitteln gemeinnützige Gesellschaften gebildet, oder die erforderlichen Mittel werden auf sonstigen Wegen aufgebracht. An manchen Stellen wird von vornherein in Aussicht genommen, die Möbel gegen Abzahlung abzugeben, während man an anderen das Prinzip der Barzahlung durchführen will.
Am großzügigsten ist man bisher in Köln vorgegangen, wo die Stadt zwei Millionen Mark für die Möbelversorgung bewilligt hat. Es sind auch bereits sehr große Aufträge für Möbellieferung vergeben worden. Neben der Lieferung für den sofortigen Bedarf hat man dort auch an die Zukunft gedacht und vorläufig 4000 Zimmereinrichtungen in Auftrag gegeben, die für die Möbelversorgung in der Übergangswirtschaft bestimmt sind. Diese Möbel werden rahmenfertig geliefert und nach dem Kriege von zurüdtehrenden Tischlern und Malern fertiggestellt werden. Damit wäre zugleich dafür gesorgt, daß eine Anzahl Kriegsteilnehmer Beschäftigung findet.
Daß bei einer so großzügigen Möbelversorgung auch eine bedeutende Verbilligung erzielt werden kann, ergibt sich aus der Begründung, die der Vorlage in der Kölner Stadtverordnetenversammlung gegeben wurde. Dort wurde unter anderem erwähnt, daß für Küchen, die im Frieden 140 bis 180 Mt. fofteten, jetzt im freien Handel 900 Mt. gefordert werden. Ihre Abschlüsse ermöglichen es der Stadt, eine gediegene Küche für 500 Mt. zu liefern. - Die Möbelteuerung ist zu einem erheblichen Teil durch die hohen
„ Andreas, du warst ja doch so sonderbar?" meint Frau Risselmann im Weitergehen. Dabei blickt sie auf und sieht fein Gesicht, weiß wie eine Kaltmauer. Und große Schweißperlen stehen darauf.
Nämlich: Gestern um Sonnenuntergang haben sie den jungen Leutnant Yvorg im Schatten der alten Ahornbäume des fran zösischen Schloßparkes begraben. Und er Andreas Risselmann hat noch selber das Zelttuch über die Leiche breiten helfen.
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Dies aber der Baronin zu sagen, dazu hatte er nicht den Mut gefunden- der mutige Schneider.
( Nachdruck verboten.)
Fröschle.
( Fortsetzung.)
Munter wippt Fröschle auf den Knien seines Vaters. Fröschle liebt dieses Spiel und der Vater weiß nicht anders, als daß er sich täglich mindestens ein Viertelstündchen diesem Zweck zur Verfügung stellen muß. Als kluger Mann versucht der Vater auch gar nicht erst, sich um diese Pflicht zu drücken, denn Fröschle hält in seinem Tagewerk auf Ordnung und ist unerbittlich in allen Dingen, die sein Vergnügen betreffen.
Fröschle wippt also, und damit bei diesem Bergnügen die Hände nicht zu kurz kommen, untersucht er nebenbei den stattlichen Haarschopf des Vaters. Dabei muß Fröschle gefunden haben, daß der dicke Wald, in dem seine Finger wühlen, recht wohl eine Auflichtung vertragen könnte. Ohne langes Besinnen geht Fröschle frisch zur Arbeit über; er rodet und rupft mit allen zehn Fingern und nimmt jedes„ Au!", das sein Eifer dem Vater entlockt, für eine Anerkennung und Aufforderung. Den sichtbaren Erfolg seiner Arbeit - ein Büschel ausgerissene Haare- hält Fröschle dem Vater stolz unter die Nase, und blankes Krähen befundet die innige Selbst aufriedenheit mit der Leistung.
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Holzpreise verursacht. Hier könnten die Staatsverwaltungen Helfend eingreifen. Als größter Forstbejizer hat der Staat die Möglichkeit, regulierend auf die Holzpreise zu wirken. An einigen Stellen sind auch bereits Zusicherungen in dieser Hinsicht erfolgt. So ist dem Verein Schwäbisches Bürgerheim", der die Möbelversorgung für ganz Württemberg übernehmen will, bei seiner fürzlich erfolgten Gründung von der staatlichen Forstverwaltung Holz zu er= mäßigtem Preise in Aussicht gestellt worden.
Es wäre nur zu wünschen, daß die vorerst noch ziemlich verzettelte Bewegung in ein gewisses System gebracht und daß sie mehr nach einheitlichen Gesichtspunkten geleitet würde. Eine umfangreiche Möbelproduktion auf Grund der jetzt in Angriff genommenen Bewegung wird wohl erst nach Kriegsende in Angriff genommen werden können. Jezt fehlt es vor allem an Arbeitern. Die Tischlereien und Möbelfabriken sind bei sehr reduziertem Arbeiterbestand ganz überwiegend für friegswirtschaftliche Zwecke beschäftigt. Es fehlt auch an Holz, an Leim und an sonstigen Materialien.
Wird aber die Produktion für die planmäßige Möbelversorgung in vollem Umfange aufgenommen, dann ist auch eine günstige Gelegenheit gegeben, geschmacksbildend auf das große Publikum gu wirken. Der Kampf gegen die Schundmöbel, die mit ihren Muschelauffäßen und lächerlichen Berzierungen auf den verbildeten Geschmack spekulieren, fönnte mit größerer Aussicht auf Erfolg ge= führt werden. Das Publikum kann dazu erzogen werden, zu be= greifen, daß es mit den aufgedonnerten Möbeln aus dem landläufigen Abzahlungsgeschäft eine liederlich zusammengehauene Arbeit meist aus schlechtem Material ins Haus bekommt. Eine nach großen Gesichtspunkten arbeitende Möbelversorgung wird den Hauptwert auf saubere und gediegene Arbeit legen und bei dem breiten Publikum das Verständnis dafür wecken, daß schlichte und einfache Formen bei guter Ausführung wirklich schön find.
Diese Geschmacksbildung, die durch die Möbelversorgung erzielt werden kann, wenn sie in richtige Bahnen geleitet wird, ist nur ein Nebenzweck, dessen Bedeutung aber nicht unterschäßt werden sollte. Bei der Aktion handelt es sich in erster Linie um den Kampf gegen den Möbelwucher, und sie wird sich notwendig auswachsen müssen zu einem Kampf gegen den Abzahlungsbasar, dessen volkswirtschaftliche Schädlichkeit ja längst erkannt ist.
In höherem Sinne ist die auf breiter Grundlage aufgebaute Möbelversorgung aber auch ein äußerst wertvolles Stüd praktischer Bevölkerungspolitik. Unter diesem Gesichtspunkt sollte sie daher ganz besonders gewertet und gefördert werden.
Tröstlich hört es sich an, dieses herbe, aus gesundem Blut quellenbe Kreischen. Es versöhnt den beraubten Vater mit dem Berluft einiger Haare, die Fröschle beutefroh durch die Luft schwingt. Übrigens hat Bater gar keine Zeit, den verlorenen Haaren nachzutrauern, weit nießbarkeit ausgerissener Haare führen muß. Fröschle meint, daß er mit Fröschle eine ziemlich lebhafte Unterhaltung über die GeHaare ausgezeichnet schmecken, was ihm Bater umsonst auszureden sucht, so daß schließlich, um den Streit zu schlichten, Gewalt entscheiden muß.
Fröschle wehrt sich wader gegen die väterlichen Übergriffe uns fämpft heldisch um jedes einzelne Haar. Erft als ihm das legte Haar aus seinen Fingern gezogen ist, gibt er die Schlacht auf mit dem erhebenden Bewußtsein, die Ehre bis zuletzt verteidigt zu haben.
In diesem Bewußtsein wendet sich Fröschle wieder dem Vater zu, nachdem er ihm während des ganzen Kampfes siegreich den Rücken gekehrt hatte. Er sucht nach neuer nüglicher Betätigung. Dabei geraten seine dicken Patschhände von ungefähr an Vaters Nase. Sie tasten einigemal den Nasenrücken hinauf und hinab, was Fröschle überzeugt, daß feine Gefahr droht. Während nun nochmals jeder Finger einzeln von Berg zu Tal fährt, grunzt Fröschle beifällig, weil er die Rutschfahrt sehr beluftigend findet. Dazu stippt er mit dem linken Zeigefinger auf die eigene Nasenspige wie auf einen elektrischen Klingelknopf.
Diese verschiedenen Tätigkeiten gedeihen alle in einer munteren Laune, die wie lichter Sonnenschein auf Fröschles Gesicht lagert. überhaupt ist das Gesicht Fröschles ein zuverlässiger Wetteranzeiger. Wer auf diesem Barometer zu lesen versteht, fann leicht voraussagen, welche Witterung im nächsten Augenblick herrschen wird. Jept ist gerade so ein Augenblick des übergangs.
Fröschle schiebt die Unterlippe vor und läßt die drallen Bäcklein hängen. Von unten her huschen Schatten in das Gesicht und ver drängen langsam den Sonnenschein. Schon ist der Glanz bis ant die Augen zurückgewichen; mun friecht er in die Augen hinein, und jetzt fallen gar Schatten über die Stirn. Das ganze Antlitz zieht sich mit Wolfen ein, wie der Himmel, wenn es regnen will.