Nr. 15

Die Gleichheit

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Aufgabe der Frau als Gattin und Mutter führe dazu, die Aus­übung des politischen Wahlrechts für höchst gefährlich, vielleicht so­gar verderblich für die Frau zu halten.

freundschaftlichen Umgang mit gleichgesinnten Alterskameraden und Kameradinnen, Gelegenheit zur Entfaltung seiner geistigen und körperlichen Kräfte. Besonders erwähnt sei unsere vor­treffliche Jugendzeitung, die Arbeiter- Jugend", die ihren dieser scheinbar schroff ablehnenden Gedankengänge doch heraus­Lesern eine Fülle wertvollsten Lesestoffes darbietet.

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Darum sollten alle Arbeitereltern ihre schulentlassenen Stin­der auf die freie Jugendbewegung und ihre Einrichtungen aufmerksam machen. Vor allem aber sollten sich unsere Ge­nossinnen auch bereit finden, an unserer Jugendarbeit mitzu­wirken. Daran fehlt es leider noch allzusehr. Und doch ist die Jugendbewegung gerade auf die Mithilfe der Frauen im besonderen Maße angewiesen. Dadurch könnte nicht nur die erzieherische Wirkung unserer Jugendarbeit ganz bedeutend erhöht werden, es würde uns dann auch möglich sein, eine großzügige und erfolgreiche Tätigkeit unter der weiblichen Jugend zu entfalten.

R. W.

Zentrumspartei und Frauenstimmrecht. ** Bei der großen parlamentarischen und außerparlamentarischen Bedeutung der Zentrumspartei ist ihre Stellungnahme zur Frage des Frauenstimmrechts von Wichtigkeit. Dem Zentrum hängen so große katholische Wählermassen zumal in wirtschaftlich noch weniger entwickelten Gebieten Süddeutschlands und Westdeutschlands an, daß es unter jedem Wahlrecht parlamentarisch von beträchtlichem Ein­fluß sein wird. Bis vor wenigen Jahren konnte das Zentrum ge= fchloffen als Gegner jeglichen Frauenstimmrechts angesprochen wer den. Auch heute gilt dies noch für die Mehrheit der Partei. Habent doch selbst die christlichen Arbeiter, die in Wahlrechtsfragen in der Zentrumspartei im allgemeinen vorwärts drängend wirken, noch auf ihrer Herbsttagung 1917 sich gegen das Frauenwahlrecht aus­gesprochen. Namens der Zentrumsfraktion des Preußischen Abge­ ordnetenhauses erklärte Abgeordneter Dr. Kaufmann am 16. Januar d. J. im Abgeordnetenhause, seine politischen Freunde seien voll­ständig darin einig, daß eine politische Betätigung der Frauen im kommunalen und politischen Leben durch die Ausübung eines Stimm­rechts nicht für ersprießlich zu halten und darum abzulehnen fei. Ein Frauenstimmrecht widerspreche weder zwar dem Naturgesetz, noch dem christlichen Sittengesez, noch sei es durch ein Kirchengeseh verboten. Aber die große Hochachtung und Wertschätzung für die

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Urplötzlich zeichnet mir die Zeit ihr Blitbild hin: rote Hose, blauer Feldrock, Stäppi ein französischer Soldat. Er öffnet ein Gatter und tritt vertraut, als täte er's schon lange, lange, zu den schlanken Hirschen und füttert sie. Und die Hirsche, als täten fie's schon lange, lange," drängen sich um seinen Korb.... Die gefangenen Tiere von gefangenen Franzosen gehegt in diesem Bilde stand diese ganze, fremdartige Wirk­lichkeit, in die wir uns schon leise schicken wollen, auf einmal flar und hell und tief begriffen vor mir. Gefangene Tiere ( Schluß folgt.) von gefangenen Franzosen bewacht..

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Der Mai hat Gewalt!

Ob er Zauberlist ersonnen?

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Wo er naht mit seinen Wonnen,

Da ist niemand alt.

( Nachdruck verboten.)

Walther von der Vogelweide .

Fröschle.

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( Fortsetzung.)

Aufzeichnungen eines Vaters. Von Karl Bröger . Die Mauer der Liebe.

An dieser Mauer ist schon gebaut worden, als Fröschles leibliche Ankunft noch ausstand. Noch ehe sie Fröschles Körper zu Gesicht bekommen hatten, waren seine Lebensspender schon darangegangen, einen schützenden Wall um das neue Leben zu ziehen, eine Mauer der Liebe, bestimmt, die Welt dort von Fröschle abzugrenzen, wo ihre Fallen und Gruben gähnen. Alle Wünsche und Hoffnungen, die Eltern mit einem Kind verbinden, find Bausteine zu dieser Mauer gewesen. Sie wird zusammengehalten von den starken und zärtlichen Empfindungen, die jede Elternschaft erweckt. Schon Fröschles erste Tage waren von dieser Mauer umzirkt. Sie dämpfte alles, was laut und schrill in den Traum des Säuglings hätte fallen mögen. Seitdem hat diese Mauer Fröschles Lebensaufgang begleitet, immer bereit, abzuhalten, was gefährdend in das gebrechliche Leben ein­

Der Kenner des Zentrums wird bei dem aufmerksamen Lesen

fühlen, daß sich auch die Zentrumspartei im Kampfe gegen das Frauenstimmrecht nicht mehr ganz sicher weiß und ins Auge faßt, wie sie sich einmal auch mit dem Frauenwahlrecht abfin­den könne. Daher der Hinweis, daß das Frauenstimmrecht weder natürlichen, noch christlichen, noch katholisch- kirchlichen Gesezen wider­spreche. Es ist sicher, daß in der katholischen Frauenbewegung, aus der sich auch politische Frauenköpfe zu entwickeln beginnen, die Stellungnahme der preußischen Zentrumsfrattion feine Zustimmung und hinter den Kulissen auch Widerstand ge­funden hat. Besonders bemerkenswert ist aber die Tatsache, daß sich auch in der Männerwelt des Zentrums Stimmen für das Frauen­stimmrecht vor allem in der Gemeinde regen.

So hat sich eine Versammlung des Zentrumvereins in Frank­ furt a. M. bei Besprechung der Gemeindewahlrechtsfrage der Ein­führung des Frauenstimmrechts in der Gemeinde geneigt gezeigt. Ferner schreiben die Kommunalpolitischen Blätter"( Nr. 3) des Zentrums gegen die ablehnende Stellung der preußischen Zentrums­fraktion:

Ob diese vom Abgeordneten Dr. Kaufmann für die Zentrums. fraktion des Preußischen Abgeordnetenhauses abgegebene Erklä rung der allgemeinen oder überwiegenden Auffassung in Zentrumsfreifen entspricht, muß dahingestellt blei ben. Nicht zu verkennen ist, daß man jedenfalls in manchen Kreisen anderer Meinung ist, namentlich im Hinblick auf das weitgehende Eindringen der Frauen ins Erwerbsleben und die vielfachen Interessen, die sie besonders auf kommunalem Gebiete zu vertreten haben."

Es ist auch daran zu erinnern, daß einer der bedeutendsten parla­mentarischen Führer des Zentrums, der Abgeordnete Trimborn, am 22. Oftober 1912 gegenüber dem Frauenwahlrecht eine wohl= wollend abwartende Stellung einnahm. Er sagte damals:

Die Frauenwelt soll fortfahren, sich auf diesen( sozialen) Ge­bieten zu betätigen; fie soll auch fortfahren, sich über die Dinge des öffentlichen Lebens aufzuklären. Dann wird die Zeit kommen, wo wir uns auch über das Frauenstimmrecht flarer sind als heute. Die Entwicklung wollen wir fördern, und dann werden greifen könnte. Daß diese Mauer der Liebe vorhanden ist, obwohl den großen Kinderaugen unsichtbar, fühlt Fröschle jeden Tag neu, sehr oft zu seinem großen linbehagen. Besonders lästig ist ihm die Mauer, seit das Leben in ihm starte Triebkraft entfaltet und nach allen Seiten hin ausschlägt.

Sein Tagewerk mit Frei- und Turnübungen zu beginnen, liebt Fröschle sehr. Mutters Bett bildet den Übungsplatz für diese meist recht waghalsigen Klettereien. Es ärgert nun Fröschle außerordent lich, daß stets gerade dann eine Hand nach ihm greift, wenn er die äußerste Stante erkrabbelt hat, und ihn unbarmherzig hereinholt in die sichere, aber langweilige Mitte. Rätselhaft ist Fröschle auch, warum ihm für seine eigentümliche Geschicklichkeit, am ungeeignetsten Drt hinzufallen, niemand Anerkennung zollt. Mutter stürzt da immer gleich so eilig zu und hindert ihn, wenn es irgend geht, an weiterer Vervollkommnung dieser Fähigkeit. Mutter und Vater wissen eben nicht, daß Hinfallen viel schöner und unterhaltlicher ist als Auf­gehobenwerden.

Im Augenblick ist Fröschle mit Liebe und Ausdauer bestrebt, den Kopf in das Schürloch des Herdes zu zwängen. Daß es nur mangel­haft gelingen will, bringt ihn sehr auf. Die Empörung wächst noch, als der Vater Fröschle vom Herd wegnimmt. Hat der Mann denn gar kein Verständnis für den Reiz einer solchen Unternehmung? Es scheint so, sonst würde er Fröschle helfen, mit in den Herd kriechen. Immer stößt Fröschle mit seinen schönsten Absichten auf ärger lichen Widerstand, dessen Zweck ihm schleierhaft ist. Er spürt, daß eine Macht seine oft wunderbaren Wege in die Freiheit des Lebens verlegt, daß seine Neigungen an einer Mauer enden, die sich rings um ihn türmt und über die es vorerst noch kein Wegkommen gibt. So muß das Bürschlein sich denn in seinem Wirkungsfreis be­scheiden, der ihm durch die Mauer der Liebe gezogen ist. Mit jedem Tag erweitert sich dieser Kreis, die Mauer weicht zurück, und einmal wird Fröschle erwachen und die Mauer so weit gefallen finden, daß jeder Weg ins blühende, leuchtende Leben frei vor ihm liegt. Dann wird er allerdings kein Fröschle mehr sein und wird verstehen, daß, was ihn so lange hemmte, eine schüßende Mauer war, von der Liebe dort errichtet, wo Liebe zur Angst wird....( Forts. folgt.)