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Die Gleichheit
Und die große Masse der Frauen, die heute politisch vollständig indifferent sind, indifferent sein müssen infolge ihres Ausschlusses von jeder Mitberatung und Mitbestimmung in allen öffentlichen Angelegenheiten, sie werden interessiert, wenn ihre politische Unmündigkeit beseitigt wird. Den Frauen gleiche Rechte mit den Männern das wird auch das Bewußtsein erhöhter staatsbürgerlicher Pflichten in ihnen wecken! Sie werden verstehen lernen, was es für ein Staatswesen bedeutet, wenn die Geburtenzahl ständig finkt. Durch ihre Aufklärung, durch ihre Mitarbeit wird dem besorgniserregenden Geburtenrüdgang, dem furchtbaren Massensterben der Säuglinge Einhalt geboten werden.
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Zieht die Frau zur Mitarbeit heran, laßt sie auf dem Gebiete des Bevölkerungsproblems, über die wichtigen Fragen des Kindergebärens und des Kindererhaltens als ihrem ureigensten Gebiet mitberaten, mitbestimmen, und die Früchte werden nicht ausbleiben zum Wohle unseres Staats- und Wirtschaftslebens. Konrad Hahnewald .
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Gegen den Gebärzwang.
Der Krieg, der uns Arbeiterinnen, Mädchen, Frauen und Müttern, bald vier Jahre hindurch die größten und schwersten Lasten auferlegt, soll uns nunmehr auch noch ein neues Gesetz zur Vermehrung der Bevölkerung bringen, das uns Frauen die Freiheit der eigenen Person nehmen will. Die großen Lücken, die der Krieg in die Reihen des männlichen Geschlechts geschlagen hat, sollen wieder ausgefüllt werden. Gewiß liegt eine gesunde Boltsvermehrung im allgemeinen Interesse und muß auch in Fluß erhalten bleiben. Wird dieser Zweck aber durch das zwangsweise Eingreifen, wie es das Gesetz vorsieht, erreicht?
Jede Frau soll soviel wie möglich Kinder zur Welt bringen. Liegt aber in der Zahl der Kinder der wirkliche Vorteil des Staates? Und warum soll auch diesmal wieder die arbeitende Frau die meisten Dpfer bringen? Diese Fragen werden Wissenschaftler, Arzte und Frauen der besseren Gesellschaft sicher schnell und einfach beantworten. Jedoch wir arbeitenden Frauen werden deren Antwort nicht als absolut richtig anerkennen. Keine Frau, die nicht selbst in bedürftigen Berhältnissen lebt oder gelebt hat, kann fühlen, was eine Frau in ärmlichen Verhältnissen als Mutter ertragen muß. Die Mutterfreuden wiegen hier nicht immer die Mutterleiden auf.
Man will die Frau, die sich durch zähen Kampf im wirtschaftlichen und politischen Leben eine bessere Stellung als bisher erobert hat, zurückholen in die Kinderstube. Frauen mit mehreren Kindern bleibt
Wann und Warum, denn der Vorgang spielt in einem Zeitraum, in den kein Pfad unseres Bewußtseins zurückleitet.
Fröschle hatte seine Zeit, da schrie und plärrte er wohl mörderlich, doch das ging immer tränenlos ab. Später liefen wohl Wassertröpfchen über das runde Gesicht. Das waren aber keine Tränen, sondern Begleiterscheinungen seines Geschreis.
Wirklich geweint hat Fröschle zum erstenmal, als er eines Tags mit starken Leibschmerzen erwachte. Man hörte gleich, diesmal ging es nicht um das Schreien als körperliche Bewegung, sondern um richtiges Weinen, um den Ausdruck einer starken seelischen Regung. Ein wundersamer Kelang zitterte in dem sonst oft mißtönenden Kreischen, ein Ton, der heraushören ließ, daß hier ein selbstbestehender Mensch vom Leben bedrängt wird und sich gegen die Bedrängnis wehrt.
Eine zweite Natur rang in diesem Weinen um den Durchbruch. Die Geburt des andern Menschen, das persönliche Leben in Fröschle bereitete sich vor, wie alles Werdende unter Schmerzen und Zuckungen. Einen großen, kristallhellen Tropfen expreßte diese Geburt den schmerzhaft verkniffenen Wimpern. Der Tropfen hing einen Augenblick zitternd still, dann rollte er hinab zum Mundwinkel und verfing sich dort in einer Gesichtsfalte.
Jene erste Träne war Ereignis geworden. Fröschle spürte zum erstenmal das Leben in seiner ganzen herben Gewalt, und die erste Träne salbte ihn für das Menschenlos, aus eigenem Vermögen dieses starfe, unerbittliche Leben zu bestreiten.
Man zeichnet den ersten Schritt eines Kindes auf und übersieht nirgends den ersten Zahn. Aber auch der ersten Träne sollte nicht vergessen werden, in der das geistige Selbst des Menschen zum ersten sichtbaren Ausdruck kommt. Sie ist schönster Schmuck im Geschmeide des Lebens, würdig, in Gold gefaßt jedem Menschen erhalten zu werden....
Hatha, das grüne Schwesterlein.
Genau drei Tage ist Fröschle alt gewesen, da kam der Vater mittags heim mit einem Packen unterm Arm, den er sehr behutsam ablegte. Worauf der Vater einen Stuhl nahm, ihn auf den Tisch stellte und, den Hammer in der Rechten, das Päckchen in der Linken,
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dann wenigstens teine Zeit mehr übrig, sich um Politik, Gewerkschaften und öffentliches Leben zu bekümmern. Damit wäre die Frau als unliebsamer Faktor im öffentlichen Leben am einfachsten beseitigt. Schon in Friedenszeiten konnte man feststellen, daß die Mütter, die Kinder in kurzen Zwischenräumen zur Welt bringen, schwächer und widerstandsloser gegen auf fie eindringende Krankheiten und sonstige aus mangelhafter Ernährung und Pflege fich ergebende Mißstände sind als andere Frauen. Es kann doch aber nur im Interesse des Staates liegen, gesunde und lebensfähige Kinder zu erhalten und die Frau vor alljährlicher, sie und die Kinder schwächender Schwangerschaft zu schützen. Die Erziehung der Kinder kann gleichfalls keine sorgfältige sein, wenn die Mutter sich immer wieder einem neugeborenen Kinde widmen muß. Im Interesse des Staates und der Kinder selbst muß also der Frau Zeit gelassen werden, neue frische Kräfte zu sammeln.
Wenn unter den jetzt bestehenden Verhältnissen zwei Menschen sich fürs Leben vereinigen, beginnen für sie die wirtschaftlichen Sorgen in erhöhtem Maße. Teure Mieten, kaum zu erschwingende Preise für Möbel und sonstige Ausstattungsgegenstände, dazu der teure Aufwand für den täglichen Lebensunterhalt. Trotz aller dieser widrigen Umstände streben Mann und Frau nach einem gemütlichen Heim. Sie arbeiten gemeinsam, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Ehe es aber erreicht ist, kommt das erste Kind. Die Frau kann nun nicht mehr wie vordem ihrer Beschäftigung nachgehen, ihr Verdienst, mit dem man gerechnet hat, wird geringer oder fällt ganz aus, unterdessen läuft die Zeit dahin, es kommt ein zweites, oft ein drittes Kind in ziemlich schneller Folge. Die Sorgen nehmen, wenn zudem noch Krankheitsfälle eintreten, überhand, und leicht ziehen Not und Elend in die Familie ein. Anstatt des trauten Paares im gemütlichen Heim sehen wir zwei Arbeitssflaven, die sich mit Sorgen quälen und unter Entbehrungen aller Art seufzen. Wenn dann noch, was leider auch keine Seltenheit ist, die Liebe des Paares zueinander erkaltet, so schleppen beide ein fast unerträgliches Joch durchs Leben. Hundertfach konnte man derartige Fälle schon in Friedenszeiten antreffen, sie werden sich in der kommenden Friedenszeit unt ein Vielfaches vermehren.
Dazu treten andere Sorgen, die der Krieg unmittelbar im Gefolge hat. Frauen, die ihre Männer verloren haben, müssen den Kampf mit dem Leben allein und unter viel schwereren Bedingungen aufnehmen, wenn sie ihren Kindern den Lebensweg ebnen und brauchbare Menschen aus ihnen machen wollen. Die vom Staat gewährte Unterstügung reicht dazu nicht aus, fie garantiert ihnen noch nicht
einen Nagel im Mund, das verdächtig wackelnde Gerüst bestieg, unt eifrig den Querbalfen der Zimmerdecke zu beklopfen.
Nach diesen geheimnisvollen Vorbereitungen entnahm er dem Backen einen rundlichen Gegenstand und hängte ihn an der Decke auf. Das Ding schaufelte mehrmals, als wollte es die Sicherheit seines luftigen Aufenthaltsortes prüfen, hing dann still und schaute neugierig von der Zimmerdecke herab.
Es war eine einfache Ampel und beherbergte eine Wasserpflanze mit abwärts wachsenden Ranken. Kurz und ungebärdig, wie das Haar auf einem Kinderkopf, hingen die längsten Schößlinge über den Rand der Ampel.
Was das alles mit Fröschle zu tun hat? Aber ich muß bitten: Fröschle hat nächst Mutter und Vater nichts mehr ins Herz ge= schlossen als diese Pflanze. Er hat ihr einen eigenen Namen er= funden und. vergißt nie, sie fremden Besuchern vorzustellen, wobei am Ton zu erkennen ist, welchen Wert Fröschle auf die Bekannt schaft mit der Pflanze legt.
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so lautet in Fröschles Mundart der rätselhafte Kosename für das Gewächs ist mit Fröschle aufgewachsen und muß als sein Schwesterlein betrachtet werden. Fröschles Eltern dachten nämlich, es möchte gut und schön sein, wenn sie das Wachstum ihres Sohnes am Wachstum eines anderen Wesens sozusagen nachmessen könnten. Zuerst hatte Fröschles Vater den großartigen Gedanken, Fröschle durch einen zweiten Frosch, womöglich weiblichen Geschlechts, zu ergänzen. Allein, erstens ist das eine unsichere Sache, dauert zweitens zu lang, und selbst im besten Fall, wenn es ge= lingt, bleibt Fröschle um ein ganzes Jahr voraus. Das tut aber nicht gut, denn Fröschle würde ganz gewiß von dieser stolzen Höhe seines Vorsprungs herabsehen auf das jüngere Leben.
Warum sollte also Fröschle nicht gemeinsam mit einer Pflanze groß werden? Die lebt auch, hat die gleichen Möglichkeiten der Entwicklung und ist überdies ein idealer Spielkamerad, weil sie niemals widerspricht, so daß Zank zwischen den Geschwistern ausgeschlossen ist.
Der Vater faufte das Gewächs und nahm Hatha in die Familie auf. Dort gilt fie als vollwertiges Mitglied.