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Die Gleichheit

des Beitrags des Mannes zu zahlen hat. Wenn dessenungeachtet nur 21 Prozent der Parteimitglieder Frauen sind, so ist das eine Folge der Tradition und der althergebrachten Abhängigkeit und Rückständigkeit des weiblichen Geschlechts. Je eher diese beseitigt wird, um so schnelleren Fortschritt wird der Sozialismus im Pro letariat machen. Die Partei zählt 4260 weibliche Mitglieder, von denen nur 1900 den Frauenklubs angehören.

Da aber Kinder, Küche und Kleider noch als eigenes Gebiet der Frau gelten, so hat man in Holland  , so wie die deutsche, die schwe­dische und die italienische Partei, es für nötig gefunden, ein eigenes Drgan für das weibliche Proletariat zu schaffen; doch im Gegensatz zu den anderen genannten Parteien gibt die Partei in Holland  hierzu kein Stipendium, sondern überläßt die Herausgabe dem Bunde der Frauenklubs. Dieser erhält jährlich vom Parteivorstand eine Summe für seine Aktion.

Da es nun einmal gesonderte Frauenklubs gibt, so halten diese auch ihre periodischen Versammlungen ab und machen eigene Propa­gandapläne. Hiermit fängt aber die Schwierigkeit an: wenn ein Frauenklub keine speziellen Einkünfte hat, wer soll dann dafür zahlen? Und wenn dieser Klub einfach im Dienst der Parteiabtei­lung steht, wie kann er dann eigene Pläne ausarbeiten?

Nun wollen einige so weit gehen, daß man der Frauenorgani sation überall eigenen Siz und Stimme geben soll; andere aber wollen lieber die Partei als Ganzes unbeeinträchtigt behalten. Wenn neue Sagungen gemacht werden müssen, so wird dies gewiß ein Gegenstand der Beratungen, vielleicht auch des Streites werden.

Zu dieser Frage kommt nun noch die der internationalen Dr­ganisation, wenn anders von einer solchen noch die Rede sein kann. Und wenn einst in allen Ländern tatsächlich für politische Gleich­berechtigung der Geschlechter gefämpft wird, geht es dann noch an, daß die Sozialdemokratie einfach die Augen schließt für alles, was von anderen Frauen, außer dem Proletariat und außer der Partei, zur Eroberung der politischen Nechte getan wird?

Vielleicht lohnt es sich der Mühe, daß die Gleichheit" sich ein­mal auf diese Fragen einläßt. Martina G. Kramers.

" Wie kann man sich selbst tegnenlernen? Durch Betrachten niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche, deine Pflicht zu tun, und du weißt sogleich, was an dir ist. Was aber ist deine Pflicht? Die Forderung des Tages." Aus Goethes Magimen und Reflexionen".

tischen Standpunkt einnehmen würde als der Mann. Darum wäre es besser, der Mann legte alles, was mit der Politik zusammenhängt, vor der Tür seines Hauses von sich. Die Frau sollte keinen Anteil haben an diesen wichtigen Lebensinteressen ihres Gatten. Kann man nun wirklich die Ehe als glücklich bezeichnen, in der eine Wesens­seite des einen Teils dem anderen Teil ein mit sieben Siegeln verschlossenes Buch bleibt? Wir hätten dann Zustände wie im alten Hellas, wo die Gattin im Frauengemach ausschließlich häuslichen Interessen leben mußte. Das geistige Verständnis suchte der Mann nicht bei ihr, sondern bei den hochgebildeten Hetären. Das Paar, von dessen glücklicher Vereinigung noch die Nachwelt spricht, Perikles  und Aspasia  , war kein Ehepaar, und gerade hier wissen wir, daß Aspasia   innigen Anteil nahm sowohl an den politischen wie an den künstlerischen Plänen des berühmten Staatsmannes. Das Christen­tum, insbesondere die Reformation hat der Ehefrau bei uns die Stellung angewiesen, in welcher die Gegner der Frauenemanzipation sie am liebsten heute noch zurückhalten möchten. Die Interessen der Frau sollen sich auf die berühmten vier K, Kinder, Kirche, Küche, Kleider beschränken, und die Ehe soll, wie Luther   forderte, nicht eine Vereinigung der Seelen, sondern ein weltlich Geschäft" sein, eine Vereinigung von Mann und Weib zur Befriedigung natürlicher Be­dürfnisse. Seit jener Zeit sind aber vierhundert Jahre vergangen, und wie viele Anschauungen haben sich auch die über glückliche Ehen geändert, und die Frauen von heute sind anders, stellen andere Ansprüche als die früherer Zeiten. Wo wir indessen von glücklichen Ehen aus früheren Zeiten wissen, da sind es fast ausschließlich solche, in denen die Frauen die geistigen, sehr oft auch die poli­tischen Interessen ihrer Männer nicht nur geteilt, sondern häufig sogar gefördert haben. Eine solche Ehe ist beispielsweise die des Girondistenministers Roland in der Französischen   Revolution. Seine geistig hochbegabte Frau schriftstellerte, hatte einen eminenten Ein­fluß auf die Gironde   und nahm lebhaften Anteil an der politischen Tätigkeit ihres Mannes, den sie völlig beherrschte. Nach dem Sturz der Girondisten   gelang es Roland zu entfliehen. Seine Frau wurde verhaftet und verteidigte sich selbst mit großer Gewandtheit vor dem Revolutionstribunal, das sie zum Tode verurteilte. Als Roland

Vom Fortgang des Frauenrechts

Nr. 17

über die Mitarbeit der Frau bei den sozialen Einrichtungen der Gemeinden und in sozialen Vereinen sprach Genosse Stadt­rat Sassenbach am Montag, den 6. Mai, in einer Konferenz der weiblichen Funktionäre Groß- Berlins. Der Referent führte aus, daß die Städteordnung die Frauen von der aktiven Teilnahme an dem Geschick der Gemeinden ausschließt, daß aber der Ausweg ge­funden ist, sie zu den Deputationen als beratende Mitglieder hin­zuzuziehen. Wenn die Frauen auch nicht stimmberechtigt sind, so bietet sich doch auf allen Gebieten der sozialen Fürsorge Gelegen heit, ihre Eigenart und ihre Erfahrungen als Hausfrau und Mutter in praktischer Arbeit zum Wohle der Gesamtheit zu betätigen. Während des Krieges haben die Gemeinden die Mitarbeit der Frauen recht schätzen gelernt, weil es ohne diese Mithilfe unmöglich gewesen wäre, zu tun, was getan worden ist und was getan werden mußte. Be­sonders die Armen-, Waisen- und Schulverwaltung sind Arbeits­gebiete für die Frauen. In Berlin   sind zurzeit 565 Waisenpfle gerinnen tätig, davon sogar 5 als Kommissionsvorsteher in Ver­tretung der im Felde befindlichen Ehemänner. Das Gesez gestattet zwar den Frauen nicht, das Amt des Vorstehers zu bekleiden, der Krieg hat es dennoch möglich gemacht. In den Kommissionen der Armenverwaltung kann die Frau stimmberechtigtes Mitglied werden, da die Städteordnung hier nicht von stimmfähigen Bür­gern", sondern nur von Ortseinwohnern spricht. In Berlin   arbeiten 166 weibliche Mitglieder in den Armenkommissionen, davon 8 als Vorsteher. In der Schulverwaltung ist nur die Betätigung als Mithelferin möglich; auf diesem Gebiete arbeiten in Berlin   9 Frauen, davon 2 als Vorsitzende in Vertretung der Ehemänner. Im Medi. zinalamt der Stadt Berlin   ist bisher keine Frau tätig. Ein ge eignetes Arbeitsfeld für die Frau sei auch die Vormundschaft. So notwendig und wünschenswert die Mitarbeit der Frau auf all diesen Gebieten sei, so solle doch jede Frau das englische Sprich wort beherzigen: Die Wohltätigkeit beginnt im Hause" und solle nicht um der öffentlichen Betätigung willen die eigene Häuslichkeit vernachlässigen. Um so mehr sei es dagegen Pflicht aller Frauen, die Zeit haben, sich solcher ehrenamtlichen Arbeit zu widmen. Die private Fürsorge kann heute nicht entbehrt werden; die Arbeiterschaft soll mit den bestehenden Vereinen zusammenarbeiten. Dagegen sei es nicht zu empfehlen, mit unzureichenden finanziellen Mitteln und un­geschulten Kräften eigene Fürsorgeeinrichtungen ins Leben zu rufen.

von ihrer Hinrichtung hörte, bei der sie eine ungewöhnliche Festig­feit bewies, gab er sich selbst den Tod. Eine glückliche Ehe aus jener Zeit war auch die von Camille und Lucile Desmoulins  . Beide glühten für die Freiheit und waren als Anhänger der Bergpartei mit Danton   befreundet. Sie wurden mit diesem auf Betreiben Robespierres verhaftet. Dies ist der Lohn für den ersten Apostel der Freiheit," rief Desmoulins  , als er die Guillotine bestieg. Seine Gattin, die alles aufgeboten hatte, um ihn zu retten, bestieg vier­zehn Tage später das Blutgerüst. Die Begeisterung für die Freiheit ist es überhaupt, die eine Reihe von Menschen zusammenführte, von denen wir wissen, daß sie eine glückliche Ehe führten und die im harten Dienste der Freiheit alle Freuden, mehr noch aber auch alle Leiden miteinander teilten. Unter solchen Ehen ist vor allen die von Joseph und Anita Garibaldi   zu nennen. Anita verband alle Eigenschaften einer kühnen Kämpferin für die Freiheit mit den Tugenden einer treuen liebenden Gattin und einer aufopfernden Mutter. Sie starb den Märtyrertod für die Freiheit. Keine Frau konnte dem vielgefeierten Helden die Gefährtin seiner Jugend er setzen. Auch während der Deutschen   Revolution ist die Freiheit das Band, das eine Reihe bedeutender Menschen verknüpft. Durch sie werden Luise Otto   und August Peters   zusammengeführt. Beide waren feurig für die Sache des Volkes eingetreten, hatten viele Briefe gewechselt, in denen sie sich über ihre Ideale aussprachen, ehe sie sich persönlich kennenlernten. Peters wurde als Kämpfer der badischen Revolutionsarmee in Rastatt   gefangen und zu zehn­jähriger Zuchthausstrafe verurteilt. Bor seinem Prozeß eilte Luise Otto   zu ihm, und in Gegenwart des Gefangenenaufsehers, durch zwei Eisengitter getrennt, fanden sich ihre Augen und Herzen. Sieben Jahre blieb Peters gefangen. Was wäre wohl aus dem armen Ge­fangenen geworden ohne die Tapferkeit und Seelenstärke seiner Braut. Als sie endlich vereint wurden, war ihre Liebe im Feuer er­probt, und eine innige geistige Gemeinschaft ermöglichte es ihnen, für die gleichen Biele zu schaffen und zu streben. Leider hatte Peters in der langen Kerkerhaft seine Gesundheit eingebüßt, und schon nach sechs Jahren trennte der Tod das Paar, das so füreinander ge= schaffen war. Eine ebenso glückliche Ehe war die von Gottfried und