Nr. 23

Die Gleichheit

7 Uhr geöffnet. Beschäftigt werden zurzeit 5 befoldete weibliche Kräfte, 4 Hilfsdienstpflichtige( unbesoldet) und eine Anzahl weib­licher ehrenamtlicher Hilfskräfte. Der Zuspruch ist in ständigen Steigen begriffen. Gegenüber einem anfänglichen durchschnittlichen Einlauf von etwa 15 Familienwäschebündeln kommen zurzeit 40 bis 50 Bündel täglich zur Annahme.

Das Unternehmen erhält sich selbst und konnte bereits die ihm zur ersten Einrichtung gewährten Vorschüsse zurückzahlen. Es wird voraussichtlich in Zukunft bescheidene Überschüsse anderen gemein­nützigen Zwecken zuführen können. Voraussetzung für diese Mög­lichkeit ist allerdings die fortgesette Hilfstätigkeit zahlreicher unbe­foldeter Kräfte.

Der Geschäftsgang ist im einzelnen der folgende: Jeder Kunde erhält eine ihm dauernd verbleibende Nummer, die seinem Namen im Nummernbuch beigefügt wird. Diese Nummer wird mit chemischer Tinte auf jedes Wäschestück aufgetragen. Dann wird weiter wie oben angegeben verfahren und endlich die Wäsche gegen Barzahlung den Kunden zurückgegeben. Kleine Irrtümer, Verwechselungen und auch Verluste sind unvermeidbar. Immerhin ist, soweit Aufklärung und Richtigstellung nicht möglich war, die Summe der geleisteten Ent­schädigungen trotz der überhohen heutigen Wäschepreise in sehr mäßigen Grenzen geblieben.

Die anfängliche Beschränkung des Kundenkreises auf erwerbstätige Frauen, die in Grenzfällen zu Ungerechtigkeiten führen mußte, wurde fallen gelassen. Es wird nunmehr auch für alleinstehende Männer ( auch Soldaten) und für ohne Hilfe wirtschaftende Hausfrauen ge= waschen. Nur daran wird festgehalten, daß die Einrichtung aus­schließlich den minderbemittelten Kreisen zugute kommt. Angenom­men wird auch die kleinste Wäschemenge. Seifentarten werden nicht verlangt.

über den Nutzen der Einrichtung fann fein Streit sein. So sollte man sie auch an anderen Orten ins Leben rufen und könnte das um so eher, als die Anlagekosten gering sind und selbst eine gewisse Rentabilität, wie das Frankfurter   Unternehmen zeigt, denkbar ist. Voraussetzung ist freilich, daß Waschgelegenheit mit Maschinenbetrieb zur Verfügung steht, sachkundige Beratung und ehrenamtliche Hilfe zu haben ist.

Endlich erhebt sich noch die Frage, ob diese Kriegseinrichtung nur als solche gelten oder auch in die Friedenswirtschaft übernommen werden sollte? Sie ist zweifellos zu bejahen. Wir müssen mit einer in weitem Umfang auch auf die Hausfrauen ausgedehnten weib­lichen Erwerbstätigkeit auf lange hinaus rechnen. So muß alles

Der Soldat hängte seine Müge mit Schwung an den Haken, strich sich mit beiden Händen übers Haar, lachte seinem eigenen, frischen Gesicht im spiegelnden Glase eines dunklen Bildes zu und setzte sich an einen Tisch allein. Es machte ihm Vergnügen, die kleine Weinkarte zu studieren, obwohl er doch nur beim Echoppen blieb.

Dann schaute er zu dem Mädchen auf, das auf eine Be­stellung wartete und ihm überrascht prüfend ins Gesicht sah. Und hastig verlegen, alles verloren gebend, bestellte er einen Schoppen.

,, Rot?" fragte die Kellnerin und lächelte vertraut, ,, Rot!" betonte er vergnügt.

Als die Kellnerin die Flasche brachte und ihm einschenkte, sah er nur ihre Hand, die sich so leicht im Gelent bog. Dann sah er zu ihr auf da sanken beider Blicke in einer Sekunde frohesten gegenseitigen Erkennens zusammen, ein Gefühl, das beide überraschte und beide verwirrte.

Eine Glocke schellte. Das Mädchen ging rasch. Ihm ward ihre gefällige, jugendliche üppige Gestalt bewußt, wie sie da ging, und in einer unruhigen Freude, über die er gar nicht nachdachte, wartete er darauf, daß sie wiederkommen möchte. Er lehnte sich in den Stuhl zurück und kostete die ganze Fülle des Lebens aus.

Alles gehörte zu dem föstlichen Glücksgefühl dieser Stunde - das dunkle Erlebte, das hinter ihm lag, die schmucke Ge­mütlichkeit dieser Holzgetäfelten Stube, das Wohlbehagen, reine, leichte Wäsche auf dem gebadeten Körper zu tragen- und auch das dämmerige Vorgefühl des Abschiednehmenmüssens

von all dem.

Das Mädchen... was für Augen sie hatte! So klar, so ganz eigentümlich flar waren sie und so hell, als käme sie eben gut ausgeschlafen und munter in die Welt. Vor diesen

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geschehen, was die daraus zu erwartenden Hauswirtschaftlichen   Un­zuträglichkeiten und Härten wenn nicht aufheben, so doch mildern kann. Die Verlegung der Hauswäsche in die Zentralwaschanstalt gehört mit zu diesen Erleichterungen.

Freilich muß dann die Einrichtung entsprechend ausgebaut werden. In diesem Sinne wäre zunächst eine Dezentralisation der Wasch­gelegenheit zu fordern. Von dem Holen und Bringen der Wäsche durch Organe der Waschanstalt wäre auch künftig aus den zu Ein­gang angeführten Gründen abzusehen. Um aber dies Holen und Bringen für den Einzelhaushalt bequemer zu machen, sollten in verschiedenen Stadtteilen kleinere derartige Wäschereien eingerichtet werden. Das könnte entweder durch übernahme und Ausbau be­stehender Privatbetriebe oder in Anlehnung an städtische Schwimm­und Badeanstalten geschehen.

Weiter dürfte es sich empfehlen, gegen eine entsprechende Erhöhung des Stückpreises auch das Bügeln zu übernehmen, und für ganz besonders glücklich würde ich es halten, wenn von Fall zu Fall nach Maßgabe der verbrauchten Arbeitszeit bemessene Bezahlung auch das Ausbessern der Wäsche mit übernommen würde. Damit könnte ein wichtiges Stück Hauswirtschaftlicher Reform verwirklicht werden. Von der häufig mangelnden Schulung ganz abgesehen, haben die im Erwerb stehenden Frauen meist nicht die Zeit, die pflegliche Be­handlung der Wäsche und Kleidung in geeigneter Weise durchzu­führen. Wie viel aber von der pfleglichen Behandlung des Haus­rates abhängt, das haben uns die Kriegstage deutlich gemacht. Es hängt aber auch für das Behagen und die Zufriedenheit der Familie unendlich viel davon ab, daß alles inr Haushalt sauber und ordentlich bleibt, auch wenn die Hausfrau die von ihr früher geübten Pflichten unterm Druck der Not nicht mehr im alten Umfang erfüllen kann. Darum sind Einrichtungen wie unsere Waschanstalt zu begrüßen und entsprechend zu fördern und auszubauen.

Und wenn auch nach dem Krieg auf die ehrenamtliche Arbeit in der Hauptsache verzichtet werden muß, so sollte und kann doch der ge­meinnügige Charakter solcher Veranstaltungen erhalten bleiben. Wir dürfen darauf vertrauen und es hat sich noch immer erwiesen, daß sich bei uns allewege Menschen und auch Geld finden, die sich unter Verzicht auf Eigennugen oder überschüsse in den Dienst der Allge= meinheit stellen. Henriette Fürth  .

Selbsterfinden ist schön; doch glücklich von andern Gefundenes Fröhlich erkannt und geschätzt, nennst du das weniger dein? Goethe.

Augen mußte wohl jedermann am liebsten lachend Guten Morgen  " sagen auch am Abend noch.

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Er spielte mit dem Pfaffenhütchenzweig auf dem Tische. Da fühlte er den Blick des alten Herrn auf sich ruhen. Er sah hinüber, und jener, als habe er schon lange ein Gespräch an­knüpfen wollen, fragte mit hörbarem Wohlwollen: Sie kommen aus dem Felde?" Der Soldat bejahte. ,, Aus dem Westen?" ,, Nein

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Diten."

Er antwortete farg. Er hatte nie weniger Lust als eben jetzt, von den Dingen da draußen zu sprechen. Aber der gute alte Herr fragte und erzählte unbeirrt. Dabei funkelte die goldgefaßte Brille vor seinen freundlichen Augen, und der alternd zusammengefniffene Mund lächelte so gütig. Aus seinen Worten klang der Stolz und die Sorge eines Vaters, der seinen Sohn draußen hat da fand der Soldat nicht den Mut, einfach unhöflich zu sein.

Der alte Herr stand auf und bot ihm seine Zigarrentasche an. Der Soldat bediente sich dankend, und nun wollte sich der alte Herr noch eifriger unterhalten. Unterdessen war die Kellnerin hereingetreten. Sie stand schmuck in schwarzem Kleid und weißer Schürze an einem der Tische und hörte den beiden Männern zu. Der Soldat hob einmal, unmerklich für den alten Herrn, sein Glas und trank ihr zu. Sie dankte mit einent leisen Blick, und weil das so gar nicht fellnerinnenhaft ge­schah, verbarg sie kaum eine Verlegenheit. Sie hat blondes Haar, dachte der Soldat, ganz weiches und aschblondes. Dabei hörte er zerstreut dem alten Herrn zu. ( Schluß folgt.)

Wie weit die kleine Kerze Schimmer wirft, So scheint die gute Tat in arger Welt.

Shakespeare  .