Nr. 2

Die Gleichheit

vermehrung zu erreichen, werden sie der Volksgesundheit und Volksjittlichkeit schweren Schaden zufügen, weil das allgemeine Verbot der Präventivmittel, sowie die Verneinung aller fulturellen, wirtschaftlichen und sittlichen Beweggründe der Geburtenverhinde­rung, wie sie in den Gesezen ausgesprochen wird, zweifellos die Zahl der kriminellen Aborte steigern wird.

Die Fülle der am Geburtenrüdgang zusammenwirkenden so= zialen Ursachen sollten den Gesetzgeber veranlassen, diese bedroh­liche Erscheinung mit großzügigen sozialen Mitteln zu bekämpfen. Eine Mutterschaftsversicherung, Ausbau des gewerblichen Frauen­schußes, staatliche Regelung der Lohnfrage, eine gute Wohnungs­reform, Ausbau der Fürsorge für die Kinder arbeitender Mütter, die soziale und rechtliche Besserstellung der außerehelichen Mütter und ihrer Kinder sind Mittel, um bei der Masse der Frauen den Willen zur Mutterschaft zu stärken.

Die beiden Gefeße greifen tief ein in das persönliche Leben der Frauen, denen durch ihre politische Rechtlosigkeit keine Mit­wirkung an der Gesetzgebung möglich ist.

Die anwesenden Genossinnen ziehen aus dieser Tatsache von neuem die Lehre, für die politische Aufklärung der großen Masse der Frauen zu sorgen. Sie geloben sich, in der Zukunft ihre ganze Kraft aufzuwenden, um die Frauen der Arbeiterklasse der sozial­demokratischen Organisation zuzuführen und diese Frauen für unseren politischen Stampf zu ſchulen.

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Ein große öffentliche Frauenversammlung, an der mehr als 1600 Frauen und Mädchen, darunter zahlreiche Angehörige des Bürger­tums teilnahmen, fand am 21. September in Plauen i. V. statt. Genossin Juchacz ( Berlin ) behandelte auch hier die Gesezent würfe betreffend Geburtenverhinderung, Schwanger­schaftsunterbrechung und Unfruchtbarmachung. Mit sicht­licher Spannung und Aufmerksamkeit folgten die Versammelten den Ausführungen der Referentin. Sie forderte zu scharfem Protest der Frauen auf, damit diese Ausnahmegeseze gegen die Frauen ver hindert würden. Stürmische Zustimmung begleiteten ihre Worte.

In der Diskussion sprach ein Genosse sich für die Errichtung von Entbindungsanstalten auf Kosten der Gemeinde und für besseren Wöchnerinnenschutz aus. Auch sollten die bürgerlichen Kreise die Frauen wegen ihrer schweren Kriegsarbeit nicht in Worten als Heldinnen feiern, sondern lieber für eine Gleichberechtigung der Frauen im politischen Leben sich entschließen. Zahlreiche Partei aufnahmen krönten den guten Verlauf der Versammlung.

dem ersten besten in die Arme. Und jedem, der zu ihr kam, wenn er nur zahlte. Die Alma war nicht wählerisch, jeder Lump war ihr gut genug. 50- Pfennig- Alma" nannten sie

die Leute.

Heini nahm seine Geige und zog auf Messen und Märkte. Saß auf seinem gepolsterten Bänkchen, das er sich selbst her­gestellt hatte, an den belebtesten Straßen und spielte seine Lieder. Bald lustig, bald traurig je nachdem. Mit tod­wundem Herzen spielte er die neuesten Gassenhauer, und die Nickel flogen ihm reichlich zu. Man hatte Mitleid mit dem Krüppel. Die elende Gestalt, das schöne Knabenangesicht mit den traumtiefen Augen hatten es den Leuten angetan. Dft diente er rohen, betrunkenen Menschen auch als Zielscheibe ihrer schlechten Wite. Dann biß er die Zähne zusammen und spielte seine Lieder. Des Nachts erst, wenn er sich schlaflos auf dem Strohsack wälzte, kamen die Tränen und brachten ihm Erlösung, schmolzen die Eisrinde, die sich langsam um sein junges Herz legen wollte, und ließen ihn wieder hoffen. Da Heini ungemein sparsam lebte, nie ein Tropfen Alkohol über seine Lippen kam, war er bald so gestellt, daß er nicht mehr mit allen und jedem in einer Spelunke zu übernachten brauchte, auch konnte er seine schadhafte Kindergeige durch eine gute alte Geige, die er beim Althändler erstanden, er­setzen. Sie hatte einen guten, reinen Klang, doch wollte es ihm scheinen, hatte seine Kindergeige besser geklungen. Oder war es nur die Erinnerung an die geliebte Mutter, die sie ihm so wertvoll gemacht? Sicher hätte sich Heini mit seinem Schicksal abgefunden, wenn nicht die Liebe hindernd in sein Leben getreten wäre!

Ein Gauklerkind war's, das ihm den Kopf verdreht hatte. Ach nein, das hatte sie ja nicht. Sie war schuldlos, die kleine Inge.- ( Schluß folgt.)

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Einen ebenso guten Verlauf nahmen zwei Versammlungen in Reichenbach und Zwickau , wo dieselbe Rednerin über das gleiche Thema vor überfüllten Versammlungen sprach. Alma Röhle, Plauen .

Im September fand in Dresden- Neustadt eine Frauenver­sammlung statt mit dem Thema: Bevölkerungspolitik, Frauen­und Kinderschuß". Das Referat hielt Reichtagsabgeordneter Richard Schmidt( Meißen ). Die gut besuchte Versammlung folgte den Aus­führungen des Referenten mit großer Anteilnahme. Die lebhafte Debatte lieferte den Beweis, daß die Frauen nicht gewillt sind, sich Zwangsmaßregeln im Sinne der Gesetzentwürfe auferlegen zu lassen. Sie brachten demgegenüber zum Ausdruck, daß der Staat für besserent Wöchnerinnen, Mutter und Kinderschuß sorgen möge, damit die Frauen die Gewähr haben, daß ihre Kinder zu gesunden und lebens­fähigen Menschen heranwachsen können. Solange die jetzt bestehenden Znstände teine Besserung erfahren, find die Frauen nicht gewillt, mehr oder weniger schwache oder unglückliche Kinder zu gebären. Trotzdem hier im vierten sächsischen Reichstagswahlkreis zurzeit fein einziger Saal für Versammlungen zu haben ist und wir uns nur mit unserem Jugendheim begnügen müssen, ist doch das Ver­sammlungsleben der Frauen sehr rege. Neben guten Vorträgen werden den Frauen Ratschläge und Auskünfte gegeben, so daß sie stets mit zufriedenen Gesichtern die Versammlungen verlassen. *

Klara Noack.

In Nürnberg sprach vor einer großen Versammlung Genossin Meta Duard- Hammerschlag über: Geburtenzwang und Frauenrechte". Folgende Entschließung wurde einstimmig an­genommen:

Die in Nürnberg am Mittwoch, den 2. Oftober, im Saale des Sächsischen Hofes" tagende, von über tausend Frauen besuchte Versammlung erhebt entschieden Protest gegen die vom Reichs= tagsausschuß für Bevölkerungspolitik vorgelegten Gesezentwürfe gegen Unfruchtbarmachung und Schwangerschaftsunterbrechung. Die Gesetzentwürfe sind nicht geeignet, die gewünschte Geburten­zunahme zu erzielen, wohl aber dürften sie dazu beitragen, die Frauen einer ständigen Gefahr der Denunziation auszuliefern. Die Gesezentwürfe tragen den Stempel der Entehrung für die Frauen, da sie das Selbstbestimmungsrecht der Frauen als Mütter mit allerhand fleinlichen Schikanen untergraben, wogegen sich die Frauen mit aller Enischiedenheit auflehnen. Desgleichen lehnen es die Frauen ganz energisch ab, sich betreffs der Mutterschaft

Herbstgefühl.

mürrisch brauft der Eichenwald, mürrisch brauft der Eichenwald, Aller Himmel ist umzogen, Und dem Wandrer, rauh und kalt, Kommt der Herbstwind nachgezogen. Wie der Wind zur Herbfteszeit Mordend hinfauft in den Wäldern, Weht mir die vergangenheit Von des Glückes Stoppelfeldern.

An den Bäumen, welk und matt, Schwebt des Laubes letzte Neige, Niedertaumelt Blatt auf Blatt Und verhüllt die Waldessteige. Immer dichter fällt es, will mir den Reisepfad verderben, Daß ich lieber halte still, Gleich am Orte hier zu sterben.

Christiane Goethe- Vulpius.

Eine Rechtfertigung von Anna Blos .

Lenau .

( Schluß.)

Diese Feindschaft verstand Frau von Stein auch auf Schillers Frau zu übertragen, und es ist charakteristisch, daß in der sonst für so ideal geltenden Freundschaft Schillers und Goethes in ihrem reichen Briefwechsel Christiane so gut wie feine Rolle spielt. Schiller

genießt viel Gastfreundschaft in Goethes Haus , er nimmt Gefällig­keiten von Christiane an, er vertraut ihr seinen Sohn für längere Wochen an. Nirgends aber findet sich ein Wort des Dankes oder ein Gruß an die Frau, die mit so großer Selbstlosigkeit für den Geliebten sorgt. Diese Selbstlosigkeit geht so weit, daß sie alle Sorgen allein trägt, daß sie in Goethes Abwesenheit diesem von Kummer und Krankheit nur schreibt, wenn alles überstanden ist. Wie ernst Goethe selbst ihr Verhältnis stets auffaßte, zeigt seine Ant­wort auf die Frage, warum er nicht heirate:" Ich bin verheiratet, nur nicht mit Zeremonie." Gerade diese Außerung gab viel Anlaß zu all dem Klatsch des Weimarer Kleinstadtlebens, das noch ver­schärft war durch den tieinen Hof, den Mittelpunkt alles Ge­trätsches". Knebels Frau, die ebenfalls viel unter dem Klatsche zu Teiden hatte, fand die natürlichste Erklärung. Die Frau ist sehr beneidet worden und deshalb viel angefeindet und verleumdet." Sie war die einzige, mit der Christiane näher verkehrte, und darum ist