Nr. 10

Die Gleichheit

Desgleichen fanden sehr gute Versammlungen mit obigem Referat statt in Ütersen  ( anwesend zirka 1500 Personen, davon zwei Drittel Frauen), in Glüdstadt( anwesend zirka 900 Personen, 70 Neu­aufnahmen), in Büsum   und in Weselburen. In letzteren beiden Orten ist erst jetzt, nach der Revolution, eine Parteiorganisation gegründet worden. In diesen fleinen Orten, in denen eine Indu­striearbeiterschaft gar nicht besteht, waren je 600 bis 700 Personen in der Versammlung. Endlich fanden auch in Stockelsdorf   und Malente   start überfüllte Versammlungen( 600 bis 800 Besucher) statt. Ferner hatten wir am 2. Januar in Altona   eine öffentliche Frauenversammlung, in der Genossin Reize( Hamburg  ) über die Wahlen sprach. Mehr als 3000 Personen füllten Kopf an Kopf den größten Saal Altonas  , während Hunderte von Frauen umfehren mußten. Die Versammlung, in der eine angeregte Diskussion statt­fand, nahm einen sehr guten Verlauf.

Aus der bürgerlichen Frauenbewegung

Die Frau im Staate. Unter diesem Titel erscheint soeben im Verlag Graphische Kunstanstalt Franz Mondrion, München  , das erste Heft einer neuen Zeitschrift, die von Dr. Anita Augspurg   und Lida Gustava Heymann   redigiert wird. Ohne Rücksicht auf herrschende Vorurteile, unabhängig von politischen Parteien oder bestehenden Frauen- und Männervereinen, bezweckt sie, das politische Leben vom Standpunkt der Forderungen und der Mitwirkung der Frau und unter dem Gesichtspunkt der Völkerverständigung zu betrachten. Be­deutende Frauen und Männer des In- und Auslandes sind ihre Mitarbeiter. Abonnements( vierteljährlich 2 Mt.) nimmt jede Post­anstalt und Buchhandlung entgegen. Probenummern durch Gertrud Baer  , München  , Von- der- Tann- Straße 18 II.

Soziale Fürsorge und Sozialdemokratie.

Von Hedwig Wachenheim  .

( Fortsetzung.)

Eine Partei, die ihr Ziel in der Umwandlung der bestehenden Gesellschaftsordnung sah, stand natürlich im Anfang ihrer Wirk­samkeit vor der Gefahr, die Aufgaben der Gegenwart aus dem Auge zu verlieren. Diese Klippe hat die deutsche Sozialdemokratie glücklich umschifft. Sie hat nicht auf die gehört, die sagten, die Or­ganisation lähme die revolutionäre Energie der Massen. Und sie hat recht daran getan, denn nur die politische und organisatorische

Wie stark muß da die dichterische Persönlichkeit sein! Denn sie muß doppelt wirken: am eigenen Aufbau, an der eigenen Vervoll­kommnung und an derjenigen des Lesers. Und noch mehr: sie muß sogar vielfach erst das Persönlichkeitsgefühl in anderen erwecken! Aus dem Dichterherzen muß alles strömen, was im mittelbaren oder unmittelbaren Verhältnis zum Menschen( als Einzelwesen und als Menschheitsmitglied) steht. Darin liegt der Wert des dichte­rischen Gedankens, daß er uns packt, nicht durch die Kraft der angewandten Worte und erst recht nicht durch bombastische Phrasen, nein! Durch das ihm Innewohnende, das sehr, sehr oft von un­endlicher Bartheit sein kann.

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Und nun sei zur Ergänzung meiner einführenden Worte Karl Henckells Gedicht Das Diadem" wiedergegeben:

Wer je erwählt den innern Thron der Dinge, Des Menschenherzens majestätisch Gut, Und wahrte klar den Geist vor Übermut, Daß er in falschem Wahn sich nicht verfinge Er wird getragen frei auf sichrer Schwinge, Die er sich selber schuf, ob Wind und Flut, Geborgen schwebt er in der höchsten Hut, Gleichwie gehalten von dem Ring der Ringe.

In dieses Daseins rohen Stofflichkeiten, Wo oft als edel das Gemeine gilt,

Der hohle Tropf von Dünkel überquillt

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Und Larven fed   in Hermelinen schreiten, Ward ihm, zu überwinden Schmach und Leben, Das Diadem der seltnen Kraft gegeben.

Der Gedichtband Weltmusit" ist im Verlag von Franz Hanf­ staengl  , München  , in durchaus ansprechender Ausstattung erschienen. Verschiedene der früheren Sammlungen sind leider vergriffen, doch ist zu hoffen, daß die in Vorbereitung befindliche vierbändige Ge­jamtausgabe der Dichtungen restlos alles enthalten wird.

C. D.  

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Schulung der deutschen   Arbeiterschaft hat die Revolution und die Übernahme der Regierung durch die Sozialdemokratische Partei   er­möglicht und mit ihr die Einführung der vollen Demokratie in Deutschland  . 1867 war es noch möglich, daß Schweitzer selbst die Stimmen von Arbeitervertretern der Eisenacher Richtung zu sei­nem Antrag auf Einführung eines Normalarbeitstags, der Fabrik­inspektion und anderer sozialen Einrichtungen nicht erhielt, weil sie meinten, daß mit einer Gesundung der Arbeitsverhältnisse der Klassenstaat und die kapitalistische Gesellschaft nur gestärkt würden. Aber schon 1869 werden im Programm derselben Eisenacher als nächste Forderungen, die in der Agitation geltend zu machen sind, Abschaffung aller Presse-, Vereins- und Koalitionsgefeße, Einfüh­rung des Normalarbeitstags, Einschränkung der Frauen- und Ver­bot der Kinderarbeit genannt. Eine positive Entscheidung über die Mitarbeit, auch in den der Sozialdemokratie feindlichen Staaten, war somit gefallen. Von nun an nußte die Sozialdemokratie ihre parlamentarische Position zur Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiter aus durch Proklamierung der Notwendigkeit von Arbeiter­schutzgesetzen, Beteiligung der Arbeiter an der sozialen Versicherung, gefeßliche Festlegung eines freien Koalitionsrechts, Errichtung von Arbeitsämtern und-kammern, Einführung eines Normalarbeits­tags und durch Ausnutzung des Errungenen und Beteiligung der Arbeiter an den übertragenen Verwaltungsarbeiten. Die meisten dieser sozialen Forderungen der Sozialdemokratie sind von ber= nünftigen Sozialpolitikern gleichfalls gestellt worden, aber keine andere politische Partei hat sie in ihrem vollen Umfang unterstützt. Die historische Bedeutung der Sozialdemokratie auf dem Gebiet der Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiter liegt dennoch nicht in der Aufstellung besonderer Einzelforderungen, sondern in der Pro­paganda für die Lösung der sozialen Mißstände auf dem Wege der Gesetzgebung. Sie trat dafür ein, daß die Arbeiterschaft nicht zur Verbesserung ihrer Lage angewiesen war auf das Mitleid und die Fürsorge der Arbeitgeber und der Besitzenden, sondern daß sie recht­liche Ansprüche zu stellen hatten, deren Garant der Staat war. Wer heute in der sozialen Arbeit steht, weiß, daß der gesetzliche Ar­beiterschutz niemals durch Abmachungen mit den Arbeitgebern hätte erreicht werden können und daß die soziale Versicherung niemals ersetzt werden kann durch freiwillige Zuwendungen von Arbeit­gebern und Wohltätern. Daß die Sozialdemokratie für die soziale Gesetzgebung Wegweiserin gewesen ist, geht aus den Worten Bis­mards hervor: Wenn es keine Sozialdemokratische Partei   gegeben hätte und wenn nicht eine Menge sich vor ihr gefürchtet hätte, wür­

Volkserziehung

Die Auskunftsstelle für Kleinkinderfürsorge im Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht, Berlin   W 35, Potsdamer Straße 120, versendet neue Verzeichnisse ihres Leihgutes. Jn 30 Lesemappen sind Richtlinien, Beschreibungen und Berichte vorbildlicher Einrich­tungen der Kleinkinderfürsorge gesammelt, Anregungen zum Beispiel für die Veranstaltung von Mütterabenden sowie Lehrpläne von Ausbildungsstätten für Pflegerinnen und Erzieherinnen des Klein­findes zusammengestellt worden. Die Mappen stehen gegen Ersatz der Portokosten zur Verfügung; eine Ausnahme bilden Lehrpläne, Zeichnungen von Kindergartenmöbeln, Baupläne und Bildersamm­lungen, für die geringe Leihgebühren erhoben werden. Für auf­flärende Vorträge über die Entwidlung, Pflege und Erziehung des Kleinkindes in Familie und Anstalt werden Lichtbilder verliehen.

Eingegangene Schriften. Handbuch der kommunal- sozialen Frauenarbeit. Jahr­buch des Bundes deutscher Frauenvereine. Herausgegeben von Dr. Elisabeth Altmann- Gottheiner  . Mit einem Titel­bild. Verlag von G. B. Teubner, Leipzig   und Berlin   1918. 157 Seiten. Preis gebunden 5,50 Mt. Hierzu Teuerungszu­schläge des Verlags und der Buchhandlungen. Mag Quard, Von der Friedensresolution bis zur Re­volution. Ein Jahr Revolutionsarbeit im Reichstag. Verlag Union- Druckerei und Verlagsanstalt G. m. b. H., Frankfurt   a. M.

1918.

H. H. Houben, Hier Zensur wer dort? Antworten von gestern auf Fragen von heute. Mit Umschlagbild von Th. Heine. Verlag F. A. Brockhaus, Leipzig   1918. Preis 3,60 Mt., gebunden 5 Mt.

Paul Duysen, Das Leben, die Lüge und die Menschheit. Eine Tragödie in fünf Bildern. Verlag Konrad Hanf, D. W. B., Hamburg   8 1918.