Nr. 19

Die Gleichheit

unselige Bruderzwist in der Partei forderte auch die Jugendheime zum Opfer. Der Staat und die Gemeinden sollten aber auf dem gegebenen guten Grunde weiterbauen.

Aus unserer Bewegung

Frauen, mehr Selbstachtung!

In einem Aufruf an die Frauen Europas   und Amerikas   prote­stieren die künstlerisch tätigen und geistig interessierten deutschen Frauen" gegen den Gewaltfrieden. Von den Frauen, die unter dem Aufruf stehen, haben fast ein Drittel mit dem Namen ihres Mannes unterzeichnet. Muß das nicht ein seltsames Licht werfen auf die Gleichstellung, die die Frauen jetzt bei uns errungen haben, wenn selbst führende Frauen nicht einmal so viel Persönlichkeits­gefühl besitzen, um ihren eigenen Frauennamen hochzuhalten? Wenn sie sich nicht schämen, sich nur als die Frau von dem und K. H. dem zu bezeichnen!? Frauen, mehr Selbstachtung!

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Die sozialdemokratischen Frauen des Bezirksverbandes Groß­Berlin der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands   richten an den Herrn Justizminister den dringlichen Antrag, der National­versammlung alsbald den Entwurf eines Gesetzes zur Beschluß­faffung vorzulegen, das bestimmt:

1. Die Strafmündigkeit wird auf das 14. Lebensjahr festgesetzt. 2. Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr dürfen zu Gefängnisstrafen nicht verurteilt werden; sie sind ausschließlich von Jugendgerichten abzuurteilen und Erziehungsmaßnahmen zu unterwerfen.

3. Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr dürfen den Strafbestimmungen des Gesetzes über den Belagerungszustand nicht unterstellt werden; sie sind auch bei Straftaten, die unter den Belagerungszustand fallen, den Jugendgerichten zu über­weisen.

4. Die Bestimmungen zu 3 haben insofern rückwirkende Kraft für alle derartigen nach dem 9. November 1918 abgeurteilten Fälle, als die von Kriegsgerichten ausgesprochenen Gefängnisstrafen für Jugendliche aufgehoben werden und durch ein Jugendgericht zu verfügende Erziehungsmaßnahmen an ihre Stelle treten.

winne besonders erfassende Einkommensteuer eine Grundlage für eine vernünftige Finanzreform schaffen und weiterhin durch eine scharfe Vermögensabgabe die Milliardenlasten der Berzinsung der Kriegsanleihen wesentlich vermindern. Von besonderem Interesse find da die Ausführungen des Mitglieds der deutsch  - österreichischen Sozialisierungskommission, Genosse R. Goldscheid, die als Buch unter dem Titel Sozialisierung der Wirtschaft oder Staats­bankrott" im Anzengruber- Verlag erschienen find. Goldscheid hält den drohenden Staatsbankrott mit all seinen ruinösen Begleit­erscheinungen nur dann für vermeidbar, wenn es gelingt, durch eine ausreichende einmalige Vermögensabgabe die Zinsenausgaben für die Kriegsanleihen auf ein Minimum herabzudrücken. Als ausreichend erachtet er nur eine Abgabe, welche die großen Ver­mögen bis hinauf zu 70 Prozent erfaßt und solche über fünf Mil­lionen Mark vollständig dem Staate überantwortet. So hohe Summen fönnen gerade von den großen Vermögensbesitzern nicht auf einmal und in kurzer Zeit flüssig gemacht werden und würden die Kapitalisten lange, auf viele Jahre sich erstreckende Zahlungs­fristen fordern. Dagegen wendet sich der Verfasser ganz entschie= den, da dann auf jeden Fall mit einer Abwälzung der Steuer auf die Konsumenten zu rechnen sei.

Statt dessen fordert Goldscheid Abgabe der Vermögensteile nicht nur in barem Gelde oder in Kriegsanleihen, sondern in natura, das heißt übermittlung der Vermögensteile an den Staat ohne vorherige Umwandlung in Geld. Der Staat soll den ihm prozen­tual zufallenden Vermögensteil in dem zahlungspflichtigen Han­dels, Fabrik- oder sonstigen Betrieb lassen können und als Teil­haber sowohl am Gewinn als natürlich auch an etwaigem Verlust beteiligt sein. Bei Durchführung dieses Grundfazes erspart der Staat nicht nur Milliarden jährlicher Zinsen, sondern wird, ohne neue Anleihen aufnehmen zu müssen, Besizer eines sehr erheb­lichen Teiles des gesamten Nationalvermögens. Auf dieser breiten Grundlage, gespeist aus den überschüssen der rationell bewirt­schafteten Staatsbetriebe, soll dann der vom einfachen Steuer­erheber zum kräftigsten Wirtschaftsfaktor gewandelte Staat die vollständige Sozialisierung der Wirtschaft vorbereiten und durch­

Begründung:

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Die traurigste Folgeerscheinung des Krieges ist die sittliche Not­lage unserer Jugend, die in einer bisher noch nie erreichten Stei­gerung der Kriminalität der Jugendlichen zum Ausdruck kommt.

Schule und Haus werden durch die mannigfachsten Anforde­rungen des Krieges an der Erfüllung ihrer Erziehungsaufgaben behindert. Erschien uns Sozialdemokraten die Voraussetzung des Vorhandenseins der erforderlichen Einsicht für die Strafbarkeit einer Handlung schon unter normalen Verhältnissen bei einem 12jährigen Kinde nicht gegeben, so muß sie angesichts der Ver nachlässigung der sittlichen Pflege der Jugend und der durch den Krieg angerichteten allgemeinen sittlichen Begriffsverwirrung erst recht verneint werden. Die prinzipielle Anerkennung dieser Er­kenntnis durch ein Gesez, das die Strafmündigkeit auf das 14. Le= bensjahr herauffeßt, entspricht dem sozialen Rechtsempfinden der breiten Volksmassen.

Die Aburteilung Jugendlicher zu Gefängnisstrafen widerspricht unserer sozialpädagogischen Einsicht und den Anforderungen, die eine sozialistische Volksgemeinschaft an die fittliche Fürsorgetätig= keit des Staates stellt. Notbehelfe, wie Strafaufschub und Gnaden­erlaß bei guter Führung, können das tatsächliche Bekenntnis des Staates zum Erziehungsprinzip nicht ersehen. Das muß angesichts der augenblicklichen Verhältnisse baldigst durch Notgesetz ausge­sprochen werden.

Die Unterstellung Jugendlicher unter die Strafbestimmungen des Gesetzes über den Belagerungszustand anläßlich der jüngsten politischen Unruhen hat berechtigten Unwillen nicht nur sozial­pädagogisch geschulter Kreise, sondern breiter Volksmassen über= haupt erregt. Ihre Aufhebung entspricht durchaus den Gedanken­gängen der vorausgegangenen beiden Punkte. Den bei solchen Gelegenheiten begangenen strafbaren Handlungen Jugendlicher liegen häufig wertvolle Charaktereigenschaften zugrunde, wie die Hingebung an eine Idee, die Entflammbarkeit zu großscheinenden Taten. Die ungeklärtheit dieser Eigenschaften der Jugendlichen schafft der Phraseologie unverantwortlicher Heßer einen aufnahme­fähigen Boden. Die Tatsache, daß selbst Erwachsene derselben häu­fig unterliegen, fällt für die Beurteilung der Vergehen der Jugend­lichen auf diesem Gebiet durchaus mildernd ins Gewicht. Es muß in solchen Fällen Aufgabe einer wirklichen Fürsorgerziehung sein, die Jugendlichen in richtige Bahnen zu lenken. Das Gefängnis kann hier nur verderblich wirken. Die einfache Tatsache einer Ab­urteilungsmöglichkeit nach kriegsrechtlichem Brauch ist aber an sich

führen. Auf die zahlreichen, jedem kritischen Leser sich aufdrän­genden Wenn und Aber geht Goldscheid ausführlich ein und ge­staltet sein Buch dadurch zu einer der lesenswertesten und inter­essantesten Schriften. * Hermann Schröter  .

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Zur rechten Stunde in dem Augenblick, in dem Deutschland  zerrissen und vernichtet werden soll, in dem der Tod unseres Volkes, eines Volkes von 65 Millionen, wegen seiner Schuld" am Kriege von vielen als gerechte Strafe" empfunden wird in dieser Stunde der Not ertönt Die Stimme aus dem Grabe", Reden von Jean Jaurès  ( Berlag Borwärts", Breis 1,50 Mark). Sollten die Worte Jaurès  ' vor dem Weltkrieg seine Landsleute, die ganze Welt mahnen und beschwören, dem drohen­den Unglück, das er kommen sah, entgegenzuarbeiten, so warnen sie heute, nach dem Kriege nicht minder eindrucksvoll, alles, was er über die äußere Politik, Diplomaten, Geheimverträge usw. sagt, hat heute die gleiche Gültigkeit wie damals. Und wer noch immer von der alleinigen Kriegsschuld Deutschlands   überzeugt ist, der lese die erste Rede( vom 20. Dezember 1911). Welches Volk sich dann noch frei von jeder Schuld weiß, werfe den ersten Stein.... R. H.

Morgenlied.

Es taget in dem Often, Es taget überall. Erwacht ist schon die Lerche, Erwacht die Nachtigall.

Wie sich die Wolken röten Am jungen Sonnenstrahl! Hell wird des Waldes Wipfel Und licht das graue Tal.

Die Blumen richten wieder Empor ihr Angesicht; mit Tränen auf den Wangen Schaun fie ins Sonnenlicht.

Und könnt ein herbes Leiden Je trüben deinen mut: Schau hoffend auf gen Himmel; Wie's heut die Blume tut;

Und Frieden kehret wieder 3u dir und Freud' und Lust, Und wie's auf Erden taget,

So tagt's in deiner Brust. Hoffmann v. Fallersleben  .