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Die Gleichheit

Tord Folefon

( Aus dem Norwegilchen des Per Sivle )

Sie ftanden in Norwegs Feld gerüftet zum Streit: Die alte gegen die neue Zeit.

Das, was mußt fallen, gegen das, was beſtehn follt', Das, was wollt' wachien, gegen das, was vergehn solit'.

Da zogen das Schwert fie zur felbigen Stund', Der kühne junge Olaf und der graue Torehunt. Und der Beerruf erfcholl, daß die Erdfelten dröhnten Und die Pfeile fchwirrten und die Spieße Stöhnten.

Пun meldet die Sage: Da trug ein tapfrer Mann, Cord Folefon, Olafs Banner voran.

Von diefem Bannerträger wird man fingen und fagen, Solang man in Norweg Banner wird tragen.

Beitbedürfnissen anzupassen. Unsere Gleichheit" aber muß schnell zu allen Fragen des wirtschaftlichen und po­fitischen Lebens Stellung nehmen können und dadurch ihre Leser und besonders ihre Leserinnen belehren und schulen.

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Unsere Gleichheit! Mit Stolz und Freude sagen und be­tonen wir: Unsere Gleichheit. Haben doch alle tätigen Ge­noffen und Genossinen Anteil an dem Aufstieg unserer Frauenzeitung. Den ersten Gedanken zur Schaffung einer proletarischen Frauenzeitung faßte Emma Ihrer im Jahre 1890. Eine von ihr einberufene Besprechung der damals bereits nach besten Kräften und Rönnen tätigen Frauen zeitigte das Ergebnis, daß die Frauenzeitung Die Arbeiterin" im Verlag von Jensen- Hamburg unter der Re­daktion von E. Ihrer erschien. In äußerst geschickter und doch einfacher, den Frauen verständlicher Sprache wurde das Blatt bald ein guter Bundesgenosse in der Agitation und Aufklärungsarbeit unter den Frauen und Arbeite­rinnen der einzelnen Industriegruppen. Doch nach reichlich einjährigem Bestehen wurde die Arbeiterin" durch die Gleichheit" abgelöst.

Genossin Clara Zetkin , die damals von Paris zum dau­ernden Aufenthalt nach Deutschland kam und in Stuttgart festen Wohnsitz nahm, wurde mit der Redaktion der Gleich­heit" beauftragt. Als Herausgeberin wurde aber weiter der Name E. Ihrer bis zum Jahre 1896 geführt. Genosse Diez- Stuttgart nahm die neue Zeitschrift in feinen Verlag. Persönliche und finanzielle Opfer sind von ihm für unsere ,, Gleichheit" gebracht worden. Ihm verdanken wir, daß das Erscheinen einer Frauenzeitung gesichert war, denn der Parteiorganisation fehlten damals die finanziellen Mittel. Lange Jahre war die Gleichheit" das Sorgenkind des Ge­nossen Diez. Auf eigenen Füßen konnte die Gleichheit" erst furz vor Ausbruch des Krieges stehen. Erst mit dem Augenblid, wo die Parteiorganisationen bestimmter Be­zirke und Gebiete die obligatorische Einführung der Gleichheit" für die weiblichen Mitglieder beschlossen, und auch die Gewerkschaften mit großer weiblicher Mitglieder­zahl die Gleichheit" neben dem Verbandsorgan ihren weib­lichen Mitgliedern lieferten, stieg die Auflage der Gleich­heit". Im allgemeinen wurde die Zeitung auch gern ge­lefen, aber immer mehr stellte sich heraus, daß sie nicht von der Masse der Frauen, besonders den neu zuftrömenden ver­standen wurde, da die Schreibart der Gleichheit" die Vor­bedingung eines schon großen geistigen Wissens an die Leser stellte. Genossin Zetkin , der die Frauenbewegung viel ber­dankt, schrieb das Blatt nicht so, daß es den Bedürfnissen der geistig und politisch ungeschulten Massen gerecht wurde. Nur verhältnismäßig wenige Genossinnen konnten der Schreibweise und dem Gedankengang der Genossin Zetkin bollständig folgen. Schließlich aber billigte ein großer Teil auch nicht mehr ihre politischen Anschauungen. Die Folge war, daß das Interesse der Frauen an der Gleichheit" zu­rüdging, und gleichzeitig die Auflage der Gichheit" un­

Denn wie er die tödliche Wunde empfing, Weit vor in den Kampf mit dem Banner er ging, Und bevor er fiel mit der letzten Kraft Felt in die Erde ftieß er den Schaft.

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Und die alte Sage, fie tut uns kund: Cord fiel zu Boden, doch das Banner Itund! Und folches foll fürder ein jeder noch wagen, Der das Freiheitsbanner im Kampf mag tragen.

Der Mann mag finken, wenn das Banner nur ſteht, Gleich jenem in Iorwegs Feld, wie die Sage geht. Und das ist das herrliche, Große auf der Welt: Das Banner kann ftehn, wenn der Mann auch fällt!

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geheuer fant. Dieser Vorgang machte sich während der Kriegsjahre und besonders nach der Spaltung der Partei bemerkbar.

Als der Genosse Heinrich Schulz die Redaktion der Gleichheit" übernahm, war die Auflage bis auf 13 000 ge­fallen. Besonders schmerzlich war dies nicht nur für die Frauenbewegung, sondern auch für den Genossen Diez, der in so mühsamer Arbeit die Gleichheit" mit erstarkt hatte. -Dem Genossen Schulz und der Genossin Juchacz gelang es, die Gleichheit" wieder so zu gestalten, daß die Ge­nofsinnen gern in freien Stunden zu ihrem Blatte griffen. Besonders die Ausgestaltung der Kinderbeilage, ja die Her­anziehung der Kinder zur Mitarbeit an ihrer Kinderbeilage fand regen Beifall in den Kreisen der Leserinnen, und damit war ein stetiges Steigen der Auflage verbunden.

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Seit April d. I. haben wir nun die bisherige Mitarbei terin der Gleichheit", die Genossin Bohm- Schuch, als Schriftleiterin. Ihre Schreibweise kennen wir bereits und wir alle hoffen und wünschen, daß es ihr gelingen möge, den Ton so zu treffen, daß die Frauen ihn verstehen und be­greifen und ihre Zeitung lieb gewinnen. Nun wird vom 1. Juli an die Gleichheit" auch 12monatlich eine illustrierte Frauenbeilage bringen, die in allen Fragen des häuslichen Lebens den Genoffinnen mit Rat und Tat zur Seite stehen soll.

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Unsere Gleichheit", die uns eine treue Weg- und Kampf­genoffin gewesen, hat keine ganz leichte Entwicklung hinter fich. Sie immer mehr auszugestalten und ihre Auflage in die Höhe zu bringen, das geloben wir Frauen heute un­serem alten Freund, dem Genossen Diet. Denn nur dadurch können wir ihm die Dankesschuld abtragen. Die Agitation und Werbearbeit für unser Blatt muß wieder systematisch ein­sezen wie früher. Keine Versammlung darf stattfinden, ohne daß nicht Abonnenten für die Gleichheit" gewonnen werden.

Die Gleichheit" gehört in jede Arbeiterfamilie, fie muß werben und belehren im Sinne des völkerbefreienden So­zialismus. Möge dieser erhoffte Aufstieg und die gestellte Aufgabe der Gleichheit" in ihrem neuen Lebensabschnitt gelingen. Wilhelmine Kähler .

Zur Sozialisierung

der öffentlichen Wohlfahrtspflege

III. Geburt und Tod im Lichte des Bevölkerungsproblems.

Die Geburtenzahlen weisen in Deutschland bei einer bis zum Jahr 1909 anhaltenden absoluten Steigerung seit Jahrzehnten eine prozentuale rückläufige Bewegung auf. Im Jahr 1876 entfielen auf das Tausend der Bevölkerung 42,61 Geburten. Im Jahr 1912 waren es nur noch 29,12 pro Tausend.( Das weitere Absinken während des Krieges Tassen wir als eine durch vorübergehende Ausnahmeverhält­