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Die Gleich beit

Wedt die englischen Arbeiter auf und sprecht ihre Gefühle in dieser Sache aus.

Biele in unserer Unabhängigen Arbeiterpartei find Mitglieder bon Brüderschaften, wie auch von Arbeiterräten und Gewerk­schaften. Sicherlich können sie dort Resolutionen einbringen und in anderer Weise denen tätig helfen, die die Kinder Europas zu retten versuchen. ( Deutsch von Kurt Geilbut.)

Aus der Frauenbewegung des Auslandes

Bom englischen Arbeiterkongreß

Frau Harrison Bell, unterstützt von Dr. Ethel Bentham, brachte eine Resolution ein, die die Arbeiterpartei zur Einführung des Gefeßes über die Gleichstellung der Frauen beglückwünscht und fordert, daß die Regierung jede Erleichterung zur Durchführung der Maßnahme gewährleisten soll. Die Resolution wurde an­genommen.

Als weitliche Vorstandsmitglieder wurden gewählt: Dr. Ethel Bentham, Fräulein Susan Lawrence, Fräulein Mary R. Mac­arthur, Frau Philipp Snowden.

Die Liebe ist ja tief wie das Meer, je mehr fie gibt, je mehr auch hat sie noch. Shakespeare .

Gedanken, Leidenfchaft, Entzücken, Was immer auch bewegt das Blut, Sind fämtlich nur der Liebe Diener Und nähren ihre heilige Glut.

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Gib niemand ungebetenen Rat,

Es konnte, wenn man ihn befolgt, miẞglücken, Und dir legt man die Schuld der Tat Als Schwere Lait dann auf den Rücken.

Tagebuchblätter aus Weimar

Coleridge .

Bodenstedt.

Weimar , den 4. Juli 1919. In der gestrigen Situng gab es noch eine kleine leberraschung: Frl. Behm von der Deutschnationalen Volkspartei fetzte sich mit Frische und Wiz daür ein, daß das Wahlalter heraufgesetzt wird. Ihr antworteten treffend Genossin Haute und Frau Zieß.

Heute geht die Beratung weiter. Um die einzelnen Punkte wird gerungen und gestritten. Immer neue Anträge werden eingebracht; es ist der Kampf der Weltanschauungen.

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Den 5. Juli 1917.

Heute wollte man mit der zweiten Lesung fertig sein; frommer Wunsch! Es hat wohl feiner daran geglaubt. Das Haus ist fehr schwach besetzt, besonders von uns, die Abstimmungen er­geben merkwürdige Resultate. Es kommt allerdings erst auf das Ergebnis der dritten Lesung an. Die jetzige mutet an wie eine Ausschußsizung.

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Den 7. Juli 1919.

Das Haus ist nicht beschlußfähig. Das ist das erste Mal. Um brei Uhr wird weiterberaten. Mit dem heutigen Tage bricht die Verfassungsberatung ab. In dieser Woche sollen die neuen Steuervorschläge in erster Lesung beraten werden.

Den 8. Juli 1919. Ein sogenannter großer Tag". Erzberger hält seine Antritts­rebe als Finanzminister." Gin guter Finanzminister ist der beste Sozialisierungsminister." Die allgemeine Wehrpflicht machte Halt vor dem Kapital und Besik. "" Der größte Steuersouverän tann nur das geeinte Deutsche Reich sein." Dann ein Gegen­überstellen der früher erhobenen Steuern und der um zirka 900 Prozent höher zu erhebenden Steuersätze. Riesenzahlen schwirren! Ein magerer Trost: In England und Frankreich fieht's ähnlich aus.

Als erster Debatteredner kommt Genoffe Keil an die Reihe, der an Erzbergers Rede nur auszusehen hat, daß sie zu spät gehalten wurde. Ihm folgte Schiffer, dessen Ausführungen im ersten Teil eine Abwehr der Keilschen Kritet ist.

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Nr. 23

Den 8. Juli 1919.

Das Haus ist voll besetzt. Hermann Müller hat die schwere Aufgabe, für die Ratifizierung des Friedens eintreten zu müssen. Es folgen die Erklärungen der Parteien.

Ein Zwischenspiel der Deutschnationalen Bolts" partei schlägt in eine energische Abfuhr um, die dieser Partei von allen Seiten des Hauses zuteil wird. Schon Traubs Rede fiel auf wegen der Ausfälle, die sich der Mann der Eisernen Blätter" erlaubte. Es war ein schlimmes Schauspiel in schicksalschwerster Stunde. Die Beute kennen keinen Taft. In der namentlichen Abstimmung find über 200 Karten mit Ja und ungefähr 105 mit Nein ab­gegeben. Die Natifizierung durch die Nationalversammlung ist also vollzogen.

In der Nachmittagsfißung, die bis 8 Uhr abends währte, folgt die weitere Steueraussprache. Bis 11 Uhr nachts ist dann noch Fraktionssitung. Ein langer Arbeitstag! Denn um 7% Uhr morgens begann er mit einer interfraktionellen Frauenbe­sprechung, die eine Einigung erzielen sollte in der Frage der Gleichstellung der unehelichen Mutter und ihres Kindes in der Verfassung. Schweres Bemühen!

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Den 10. Juli 1919.

Es regnet Anträge. Ich glaube, es sind bereits 550 an der Bahl. Selbstverständlich hat jede Partei das Bemühen, aus den Verhandlungen dies und das herauszuholen, was als durchges führte Parteiforderung dann im künftigen Wahlkampf glänzend leuchtet. Bis 12 Uhr nachts folgt für unsere Fraktion die wichtige Sigung, die fich nach Anhören Wissels mit dessen Blanwirtschaft befaßt. Grregter Kampf der Meinungen; morgen wird die Sache ausgetragen.

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Den 11. Juli 1919. In der heutigen Vormittagssihung wird die Beratung der Grundrechte noch einmal zurüdgestellt. Daraufhin Krisenstime mung beim Zentrum, die meines Erachtens auf Grund verschie­dener Mißverständnisse sich bildet. Heute sollten nun Stellung der Frau in der Verfassung, der unehelichen Mutter, des unehe­lichen Kindes, ferner der Todesparagraph und solche die Frauen sehr stark interessierende Artikel besprochen werden. Nachmittags arbeiten die Ausschüsse. In der Fraktionsfißung am Abend hat der Meinungsausschuß im Falle Wissel soweit zu einem Ergebnis geführt, als auch die Fraktion die Wisselschen Vorschläge ablehnt, aber Wissels Arbeitskraft dem Kabinett erhalten wissen möchte.

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Den 12. Juli 1919. Wahlprüfungsberichte nehmen einen breiten Raum der ohne dies recht reichlichen Tagesordnung ein. Das Haus ist, weil Samstag, schlecht besetzt. Der Rest des heutigen Programms wird Mentag ecledigt.

Den 14. Juli 1919.

Die Interpellation Auer, die Fürsorge auf allen Gebieten der Invaliden, Unfall, Witwen- und Waisen-, Kriegshinterbliebenen­Einrichtungen usw. behandelnd, wird von Meier- 3widau be­gründet. An der Debatte beteiligen sich wieder wirkungsvoll zwei Frauen: Frau zich und Frau Reiße. Unsere Genossin hat einen schweren Stand, da sie vor einem schwachbesetzten Hause als letzte Rednerin spricht. Ihre Ausführungen wären wert, ganz abge­druckt zu werden.

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Den 15. Juli 1919.

Gin Stimmtag! Artikel 108 der Verfassung, der grund­legende Absatz für die Gleichberechtigung der Frau, wird lebhaft besprochen. Interessant ist, daß eine Frau( Frau Teusch vom Zentrum) sich gegen die vollkommenste Gleichberechtigung wehrt, während ein Mann( Genosse Dr. Quard) in der denkbar besten Ferm dafür eintritt. Ebenfalls sprechen Genossin Juchacz und Frau Biet dafür. Die bessernden Anträge werden leider abgelehnt. Die Arbeiten sind dadurch erschwert, daß der Präsident die Ver­fossung in der zweiten Lesung bis Freitag erledigt haben möchte. Zum Artikel 113 gibt es eine sehr lebhafte Debatte; denn die Un­abhängigen haben einen Bassus, die Befreiung der Prostituierten, eingebracht. Er wird abgelehnt. Elisabeth RöHI.

Verantwortlich für die Redaktion: Frau Klara Bohm- Schuch. Druck: Vorwärts Buchdruckeret. Verlag: Buchhandlung Vorwärts Paul Ginger G. m. b. S., sämtlich in Berlin SW 68, Lindenstraße 3