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Die Gleich beit

Vereine mit 67 910 Mitgliedern an, die einen Umsatz von 40,6 Millionen Kronen erzielten. Die Bewegung nimmt zurzeit ge= waltigen Aufschwung. Die finnländische Konsumbereins­bewegung hat auch während des Krieges erhebliche Fortschritte gemacht. Die Zahl der Konsumvereine stieg von 419 auf 523, die Mitgliederzahl von 97 000 auf 177 000,- der Umsatz von 71 Miu. finnische Mart auf 368 Millionen finnische Mark. Mehrere be­fannie Mitglieder der finnischen Wirtschaftsbewegung sind in leitende Regierungsstellen eingetreten. Auch die nieder­ländische Genossenschaftsbewegung meldet günstiges Vor­wärtsschreiten. Die Umsätze der Vereine steigen zum Teil sprunghaft. Es entstehen aller Orten neue Verkaufsstellen bzw. neue Vereine. Auch die Großeinkaufsgesellschaft berichtet über rasch steigenden Umsay.

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Einer der Veteranen der britischen Konsumvereine, der Vorsitzende des internationalen Genossenschaftsbundes, Herr William Maxwell , ist in den Adelstand erhoben worden und darf somit den Titel Sir" führen. Herr Marwell ist 78 Jahre alt und von Beruf Stellmacher. Er hat die Aus­zeichnung angenommen, weil er sie als eine Ehrung der Genossenschaftsbewegung ansicht.

Der allgemeine Konsumverein in Basel gehört zu den vor­bildlichsten Genossenschaften der ganzen Welt. Ihm sind etwa 95 Pro3. aller Einwohner in Basel angeschlossen. Im letzten Geschäftsjahre erreichte er einen Umsatz von 38 Millionen Franken gegen 30,9 im Vorjahre. Interessieren dürfte es vor allem auch die deutschen Frauen, daß diese Genossenschaft im letzten Jahre Obst und Gemüse im Werte von 2,9 Millionen Franken, Wein für 2,2, Milch für 8,2, Schuhwaren für 2,2, Fleisch waren: 7,1 und Haushaltungsartitel für 0,8 Millionen Franken an die Mitglieder abseite.

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Adolf Rupprecht.

Wie Unabhängige und Kommunisten Mitgliederversammlungen für ihre politischen Zwecke ausnuten.

Aut 11. d. M. fand in Charlottenburg eine Mitgliederversamm= lung der 64. Verkaufsstelle statt. Der Leiter der Versammlung, ein Kommunist Hutrich, hielt einen halbstündigen Vortrag, um nicht etwa, wie zu erwarten mar, über Wirtschaftsfragen und das verflossene Geschäftsjahr zu sprechen( er erklärte uns, daß er dazu noch nicht gefommen sei, sich den Geschäftsbericht, welcher seit 4 Wochen in unseren Händen ist, genauer anzusehen), sondern er hielt im wesentlichen eine politische Agitationsrede für seine radikalen, revolutionären Arbeiter, die mehr als bis­her in den Aufsichts- und Genossenschaftsrat hineinmüßten. Der Erfolg war dann auch, daß der einzige Mehrheitssozialist hinaus gewählt und dafür einer seiner radikalen Freunde hineingewählt wurde. Von den Mehrheitssozialisten waren außer mir noch awei Genossen in der Versammlung anwesend, von denen der eine aber bald wieder ging, nachdem er den Zwischenruf gemacht hatte, daß Politik in einer Mitgliederversammlung der Konjum­genossenschaft nichts zu suchen hätte. Der Leiter erklärte u. a., daß die Regierung konsumfeindlich sei, worauf ich ihm zuries, daß er für diese Behauptung wohl die Beweise schuldig bleiben müsse, da sie nicht den Tatsachen entspreche. Dann griff der Redner den Genossen Mirus in einer solch unfeinen Weise an, daß ich meiner Empörung nur Ausdruck geben konnte, indem ich ihm sagte, dem Genossen Mirus fönne er das Wasser nicht reichen, der hätte sich schon mehr um die Genossenschaft verdient gemacht als er. Durch die Zwischenvuse wurden die Versammelten darauf auf merksam, daß wir Mehrheitssozialisten wären, und mun ging es über uns Verräter her in einer Weise, die jeder Beschreibung spottet. Wir waren früher in unseren Versammlungen der Kon­fumgenossenschaft ja auch nicht immer einer Meinung, aber wir haven niemals den anderen die ehrliche Gesinnung abgesprochen. Die Versammlung war sehr schlecht besucht, so daß man sich wirklich fragen muß, ob die anderen Mitglieder denn gar kein Interesse an unserer Genossenschaft mehr haben; oder sollten sic durch dieses Treiben der Unabhängigen und Kommunisten an­gewidert sein. Ich bin nun seit 17 Jahren Mitglied der Konsum genossenschaft, gehörte 6 Jahre lang dem Genossenschaftsrat der 16. Verkaufsstelle an; daher ist es für mich besonders kränkend, zum Mitglied zweiter Slaffe gestempelt zu werden, noch dazu von Menschen, die sich zum größten Teil früher niemals um die Ge­nossenschaftsbewegung gefümmert haben. Mir fiel in der Ver­sammlung noch ganz besonders auf, daß, obwohl so viel radikale Frauen anwesend waren, keine daran dachte, eine Frau für den Aussichts- und Genossenschaftsrat vorzuschlagen. Und wie not­

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mendig ist es gerade bei einer Konsumgenossenschaft, daß die Sahungen nicht nur von Männern gemacht werden, und daß vor allen Dingen auch Frauen in der Verwaltung figen. Darum, ihr Genossinnen und Genossen der Mehrheitspartei, hinein in die Genossenschaft, helft uns Frauen unser Recht erkämpfen, die Wirt­schaftsfrage ist lediglich eine Frauenfrage!

Rundschan

Technische Erfindungen von Frauen

Mehr und mehr verliert die Ansicht, daß das weite Reich der Erfindungen ein ausschließlich der männlichen Welt vorbehalte­nes Gebiet sei, an Boden. Ohne daß man das Beispiel der be­rühmten Frau Curie heranziehen müßte, genügt es wohl, anzus führen, daß allein in England und nur im laufenden Jahre 250 fleine Erfindungen von Frauen beim britischen Patentamt angemeldet worden sind, um die steigende Bedeutung der Frau als Erfinderin zu veranschaulichen. Auch schon während des Krieges befaßten sich Frauen mit Erfindungen, von denen zwei großen Wert erlangt haben. Mrs. Herta Hyrton erfand eine Vor­richtung, um erstickende Gase zu vertreiben, und Mrs. Ernestine Hart erdachte ein von der Admiralität, dem Kriegsamt und den Eisenbahngesellschaften Großbritanniens erivorbenes Verfahren, Gewebe so zu imprägnieren, daß sie keinerlei Flüssigkeiten mehr durchlaffen.

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Die Befreiung der Hindufrau

Frauenbewegung und demokratische Bestrebungen in Indien . Ueber Amerika kam die Nachricht, daß eine schon früher be= fannte indische Dichterin, Sarajini Naidu, jetzt einige neue Bände geschrieben hat, die die Frauen ihrer Heimat anregen sollen, sich gleiche Rechte im öffentlichen Leben zu erwerben, wie sie während der Kriegsjahre von so vielen Schwestern des Abendlandes er­Yangt wurden, und die im weiteren die alten, überlieferten Schranken des indischen Kastengeistes zu durchbrechen beabsich­tigen. Zwar hat es gerade in Indien schon seit Jahrhunderten weibliche Dichter und Schriftsteller gegeben; der Eintritt der Frau in das politische Leben jedoch ist für das einstige Land der Witwenverbrennung etwas ganz Neues und Unerhörtes. Nicht einmal eine unter Hundert indischen Frauen hat bisher irgend­welche Bildung empfangen; deshalb dringen die wenigen gebil­deten Vorfämpferinnen einer Emanzipation der verschleierten indischen Frau zu denen auch eine Fürstin, die Frau des Maharatscha von Baroda , gehört unbedingt auf eine allge­meme Erziehung und Schulbildung des weiblichen Nachwuchses, dem man noch immer nach dem altindischen Sprichwort: Laß einem Mädchen Bildung angedeihen, und du gibst einem Affen ein Meffer in die Hände", in vollendeter Unwiffenheit aufwachsen ließ.

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Gleichzeitig aber verlangen die indischen Frauen die Beseiti gung der engen sozialen Kastenschranken. Sie sagen nicht ohne Recht: Wir haben für England unsere Männer und Söhne her­geben müssen, damit sie sich für die Freiheit der kleinen Völker" schlugen; jekt verlangen wir in erster Linie für uns selbst die Freiheit, auf die wir vollen Anspruch haben. In diesem Sinne sind sogar reichhaltige Frauenzeitschriften mit nur weiblichen Mitarbeitern entstanden, die alle traditionellen Kastensitten über Bord werfen und den Brauch, nur innerhalb der bestimmten Gesellschaftsklasse heiraten, verfemen. Noch bis vor kurzem ber­fiel die Hindufrau, die außerhalb der Hinduklasse einem Mann folgte, weil sie ihn liebie, einem religiösen und gesellschaftlichen Bann von mittelalterlicher Schwere und Düsterheit. Solcher Engherzigkeit vollen nunmehr die indischen Frauenrechtlerinnen eine Propaganda der Tat gegenüberstellen. So hat Sumalini Challopahhhay, die Schwester der vorhin genannten Dichterin Naidu, die in Cambridge studiert und sich dort ausgezeichnet hat, allen Ueberlieferungen getroßt und einen Journalisten gehei­ratet, der einer ganz anderen Kaste angehört. Uebrigens haben sich bereits früher die zum Christentum befehrten Inder und Inderinnen über die Kastenfitte hinweggejezt und viele Versuche unternommen, den jedem Fortschritt abholden Kastengeist zu zer­brechen. So finden auch heute die indischen Frauenrechtlerinnen das größte Verständnis für ihre Ziele bei den christlichen Missio naren, und zumal die dort berbreiteten amerikanischen Metho­distenmissionare juchen ihrerseits wieder, durch Unterstüßung der modern- sozialen Bestrebungen der aufgewachten Inderinnen ihr K. H. Einflußgebiet beträchtlich zu eriveitern.