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Saben sich nun die bürgerlichen Parteien in ihren Grund­anschauungen zu den Rechten und Pflichten der Frauen ge­ändert? Diese Frage muß mit einem flaren: Nein! beantwortet werden. Die Kämpfe, welche bei Schaffung der Verfassung um die Gleichberechtigung der Frau auf wirtschaftlichem, fulturellem, sozialem und rechtlichem Ge­biete von unserer Partei geführt werden mußten, beweisen. das. Wenn wir auch mit dem Zentrum und den Demo­fraten in einer gesetzgeberischen Arbeitsgemeinschaft uns ausammenschließen mußten, um aufbauende Arbeit leisten au fönnen, so sind deshalb doch die Unterschiede der Welt­anschauungen genau so scharf geblieben wie früher. Und deshalb kann eine denkende Frau keine dieser beiden Bar­teien für die Vertretung ihrer Interessen wählen.

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Die Reaktion von rechts die Deutschnationale Volkspartei   und die Deutsche Volkspartei   stellt in ihrer Agitation der Gegenwart die Vergangenheit vor dem Kriege entgegen.

Den Krieg mit seiner Bernichtung alles Glückes und Gutes, der ihr Werk war, versucht sie vergessen zu machen und alle die wirtschaftlichen Folgen des Krieges, die wir jekt zu tragen haben, versucht sie als Ergebnisse der Ne­volution hinzustellen. Aber auch mit den Gefühlswerten der Frauen wird von rechts- reaktionärer Seite dies Spiel getrieben.

Waffenstillstand und Friede, diese Sklavenket­ten, die uns an einem wirtschaftlichen und geistigen Wieder­aufbau hindern, werden als Werke der Revolution und der republikanischen Regierung dargestellt, um gleichzeitig den Höhenweg des Monarchismus und die Tätigkeit der Fa­milie Hohenzollern   in strahlendes Licht zu rücken. Und so­viele Frauen lassen sich einfangen, weil sie müde und unzu­frieden, weil sie zermürbt und zerbrochen sind; sie stellen fich mit ihren ganzen Gefühlswerten ein auf die Vergan­genheit anstatt auf die Zukunft und wirken dadurch rück­schrittlich und hemmend für die Entwicklung. Und doch war der Waffenstillstand und ist der Friede nur eine Folge des verlorenen Krieges und der wahnsinnigen Politit, die von den Par teien der Rechten, der Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartei  , durch die Unterstützung des Militärs getrieben

wurde.

Die Reaktion von links, welche sich Radikalismus nennt, verfolgt den umgekehrten Weg zu demselben Ziele, nämlich: der Beseitigung der demokra

tischen Nepublik mit Hilfe der Frauen. Auch diese Leute verwischen die Ursachen der gegenwärtigen Zu­stände und entfachen nicht den Willen zum Aufbau, sondern nur lohenden Haß gegen die heutige Regierung und die Sehnsucht nach vollkommenen Niederbruch; sie glauben, auf den Trümmern die Diktatur des Proletariats  " errich­ten zu können. Diese Fanatiker glauben vorwärts zu stür­men und dienen doch nur der rückschrittlichen Neaktion. Beide verkünden die Gewaltherrschaft einer Minderheit des Bolles und jede Gewalt wird und muß an einer anderen Gewalt zerbrechen. Das Ergebnis war und wird immer fein: Krieg im eigenen Lande oder mit den Nachbarvölkern. Der Krieg ist aber die Quelle alles Uebels und darum müssen wir Frauen die friedliche Entwicklung wollen und wählen.

An der Zukunft bauen wir, wenn wir am 6. Juni unseren Stimmzettel abgeben und darum dürfen wir nicht der Vergangenheit dienen. Wenn wir wollen, daß die kom­menden Zeiten glücklicher sind als die gegenwärtigen, dann wählen wir die Liste der sozialdemokra tischen Partei Deutschlands  .

Nr. 20

Die Frauen im Betriebsrätegesetz

Die Gleichstellung in der Lohn- oder Gehalts­zahlung mit dem Manne wird von den im Erwerbsleben stehenden Frauen gefordert. Co berechtigt diese Forderung auch ist, der Erfolg ist bisher nur ein geringer gewesen. Selbst dort, wo Männer und Frauen gemeinsam schaffen und gleiche Leistungen zu verzeichnen sind, finden wir einen Unterschied zu ungunsten der Frau. Gegen diese ge­ringere Bewertung der weiblichen Arbeitskraft haben die Cozialdemokraten stets gefämpft, und nunmehr haben sich ihnen große Kreise aus den Reihen der Arbeiterinnen, An­gestellten und Beamtinnen angeschlossen, um nachdrücklichst die Beseitigung dieses Unrechts zu fordern. Das gleiche Staatsbürgerrecht erleichtert zweifellos den Kampf der Frauen um die wirtschaftliche Gleichstellung. Und die Rechte, die das Betriebsrätegesez den Frauen verliehen hat, werden bei richtiger Anwendung und Aus­nuzung zur schnelleren Erreichung des gesteckten Bicles bei­tragen.

Von den Rechten, die das Gesetz den Frauen gewährt, darf feines freiwillig preisgegeben werden. Der leider oft fehlende aber notwendige weibliche Einfluß in den Be­trieben muß gesichert werden. Die Voraussetzungen dafür find gegeben. Den Bemühungen der weiblichen Abgeord­neten ist es gelungen, dem§ 22 die folgende Fassung zu geben:

" Bei der Zusammensetzung des Betriebsrats sollen die verschiedenen Berufsgruppen der im Betriebe beschäftigten männlichen und weiblichen Arbeitnehmer nach Mög­lichkeit berücksichtigt werden."

Somit ist es in die Hand der erwerbenden Frauen gelegt, jedes aus dem Arbeitsverhältnis ihnen widerfahrende Un­recht zu bekämpfen und vor allem gegen die Zurüdjetzung der Frau hinter den Mann im Arbeitsprozeß erfolgreich zu wirken. Immer wieder wird lage geführt, daß die Ent­lassung weiblicher Arbeitskräfte gefordert und durchgesetzt wird ohne Rücksicht auf die schwere wirtschaftliche Be­drängnis, in die die Frauen nach der Entlassung geraten. Aber auch bei Einstellungen muß recht oft das weibliche Ge­schlecht hinter dem männlichen zurüdstehen. Diefe Unge­rechtigkeiten werden bei richtiger Anwendung der Para­graphen 81 und 84 aus dem Wege geräumt. Sie seien den weiblichen Arbeitnehmern zur besonderen Be­achtung empfohlen:

§ 81. Die gemäߧ 78 Siffer 8 vereinbarten Nicht­linien müssen die Bestimmung enthalten, daß die Ein­stellung eines Arbeitnehmers nicht von seiner politischen, militärischen, fonfefsionellen oder gewerkschaftlichen Be­tätigung, von der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem politischen, fonfessionellen oder beruflichen Verein oder einem militärischen Verband abhängig gemacht werden darf. Sie dürfen nicht bestimmen, daß die Einstellung von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht abhängig sein foIL."

Der§ 84 erhielt durch die Einfügung der Worte, wegen der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ge­schlecht" folgenden Wortlaut:

Arbeitnehmer können im Falle der Kündigung seitens des Arbeitgebers binnen fünf Tagen nach der Kündigung Einspruch erheben, indem sie den Arbeiter- oder Ange­ftelltenrat anrufen:

1. wenn der begründete Berdacht vorliegt, daß die Kün­digung wegen der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht, wegen politischer, mili­tärischer, fonfessioneller oder gewerkschaftlicher Betä tigung oder wegen Zugehörigkeit oder Nichtzugehörig feit zu einem politischen, fonfessionellen oder beruf fichen Verein oder einem militärischen Verbande er­folgt ist;