Nr. 23
Die Gleichheit
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Aber welche Frau würde noch für die Erhaltung dieser Eheform Bilder vom Landtagswahltage in einer
fein, sobald sie einmal erkannt hat, daß ihre Stellung in der Ehe, in der Familie nur dadurch erkauft wurde, daß Tausende ihrer Schwestern sich prostituierten, daß Tausende ihrer Schwestern Tag für Tag ihren Körper feilbieten und verkaufen müssen?
Nur die sozialistische Gesellschaft kann Frauen und Kinder von der Ausbeutung befreien. Nur sie kann uns eine neue, höhere Familienform geben, die nicht auf der anderen Seite zahllose Unglückliche zu förperlichen Sklaven ,, auf Stunden, Tage, Monate unb Jahre"( in vielen Ehen" selbst) macht. Nur der Sozialismus rinnen zugegeben haben
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wie selbst bürgerliche Frauenrechtlekann den Konflikt lösen zwischen Beruf und Ehe, kann den Müttern eine genügend große Rente aussehen, daß sie ihren mütterlichen Pflichten ihren Kindern gegenüber nachkommen können. Eine Rente, die zahllose Mütter überhaupt erst in die Lage setzen wird, ihrem Kinde eine Mutter zu sein!
Nur der Sozialismus kann die Forderung: Gleiche Rechte und Pflichten!" erfüllen, und damit den Frauen und Müttern die Erfüllung ihrer Sehnsucht bringen.
Wir wissen, daß der Sozialismus der einzige Weg in die Bu Kunst ist. Wir wissen, daß dieser Weg nicht in ein ungewisses Dunkel, sondern zu einem hellen, sonnigen Leben führt.
Wir wissen, daß der Sozialismus für die Frauen bedeutet: die Befreiung vom Joch der kapitalistischen Arbeitsfron, die Lösung des Zwiespalts zwischen Beruf und Ehe, zwischen Beruf und Mutterschaft die Befreiung von der Unterdrüdung durch den Mann.
Wir wissen, daß die Entwicklung über den Kapitalismus zur fozialistischen Gesellschaft führen muß. Mit Notwendigkeit. Wir können wohl die Entwicklung verzögern, aber nicht aufhalten. So wenig, wie eine Lawine, die zu Tal rollt. Wer sich ihr entgegenstellt, wird zermalmt.
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Wohl aber können wir die Entwicklung beschleunigen. Wohl kön nen wir arbeiten und kämpfen Männer sowohl wie Frauen- daß wir schneller jenen Gesellschaftszustand erreichen, in dem es keine Klassen unterschiede mehr gibt zwischen Menschen und Menschen, zwischen Mann und Frau. In dem auch die FrauenMenschen sind. In dem die Forderung: Gleiche Rechte und Pflichten für Mann und Frau!" zur Wirklichkeit wird.
Diese Entwicklung zu beschleunigen, das ist die Aufgabe, die wir Sozialisten uns gestellt haben und zu deren Erfüllung jede Frau am 6. Juni durch ihre Stimmabgabe beitragen soll. Kurt Heilbut.
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Feuilleton
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Denken, was wahr iit, fühlen, was schön ist, Und wollen, was gut ist: daran erkennt der Geift Das Ziel des vernünftigen Lebens.
Sonnenandacht
Platen.
& war im September 1915. Wir lagen in Galizien in der Nähe von Stryj . Um 5 Uhr morgens zog ich auf Poften. Die Natur hatte feinen Anteil an dem fleinlichen, kriegerischen Ge baren derer, die vorgeblich einander Kultur" bringen wollten. Ruhe, göttlicher Friede ringsum. Da schien es, als begänne im Ost sich das Dunkel zu lichten. Ganz behutsam, um müde Schläfer nicht vorzeitig zu weden. Aber doch stetig vorschreitend. Lerchen waren die ersten, die dem werdenden Tag entgegen.
kleinen mecklenburgischen Stadt
8 Uhr. Ich hole mir gerade Hut und Aktentasche, um zu unserem Versammlungsraum zu gehen, als ein Bote ange sprungen fommt. Der Protokollführer in F.s Lokal ist erkrankt, Frau M. möchte ihn vertreten und pünktlich 8½ Uhr im Lokal sich einfinden".
8½ 1 hr. Wahlleiter, deren Stellvertreter, Wahlbeisiber, Protokollführer sind vorhanden, werden verpflichtet, es wird die Wahlurne ausgemessen und alle anderen notwendigen Obliegenheiten. Die Vorbereitungen für den Tag sind erledigt.
9 Uhr. Mit dem Glockenschlage beginnen wir. In den ersten Stunden aber ist die Beteiligung noch gering. Einige Männer; Frauen noch fast gar nicht, die hält das Haus jetzt noch fest.
12 Uhr. Eine furze Zeit des Andrängens. Ich stelle fest, daß eigentlich ausnahmslos jeder Wähler auf seine Wahl hin einzuschätzen ist. Oder sollte jener Aristrokrat nicht Wahlvorschlag S., jener Arbeiter nicht S.P.D. oder Wahlvorschlag L., dieser nicht U.S.P.D., Wahlvorschlag S., dieser Landmann nicht Wahlvorschlag Schw. sein? Wenn man es ihren Gesichtern, ihrem Gang, ihrer Kleidung, ihrem Gehaben nicht ansieht, möchte doch das Grüßen und Verneigen nach dieser oder jener Saalecke, wo Gegenlisten geführt werden und wo man für sich ein Zusammensein hat, es schon verraten. Wie manche Wähler sind nicht eingetragen in unsere Liste. Beschwerde und Aerger. Und doch, wer ist schuld? Warum wird so wenig vorher in die Wahllisten Einsicht genommen?
4 Uhr. Jezt hat der Zudrang seinen Höhepunkt erreicht. Man arbeitet fieberhaft auf allen Seiten. Nur noch 1 Stunde, dann ist Schluß des Wahlaktes.
5 Uhr. Mit dem Glockenschlage wird die Wahlannahme ein gestellt. Wiederum Aerger bei einer Eiligen, die zu spät kam. Wahlzeit von 9-5 Uhr!
½27 Uhr. Nun sind wir mit Auszählen, Versiegeln, ProtokolTieren fertig! Bei uns wählte man gut, besser noch aber müßte es gewesen sein! Und die Uneinigkeit, die Zersplitterung in der Sozialdemokratie wird sich rächen dieses Mal, denn die Bürgerlichen einigten sich und verbanden sich untereinander.
Das Wahlergebnis für den mecklenburgischen Landtag ist: 16 Sozialisten zu 18 Bürgerlichen. Die kommende Arbeit wird nicht leicht sein. Mögen die Neichstagswahlen des 6. Juni ein besseres Arbeiten im sozialistischen Sinne verbürgen. L. M
Wie grüßt er froh das Erdenrund, Wie weckt er freundlich alles Leben! Er richtet auf, die todeswund Und gramdurchwühlten Herzens beben. Gibt neues Hoffen, führt zur Pflicht, Mit sanftem Drängen liebreich mahnend, Kennt selber Ruh'n und Rasten nicht, Strebt immer, neue Ziele bahnend. Drum wandelt seinen Pfaden nach, O folgt der Spur der lichten Reine! Bedenkt, wie schön der junge Tag Im goldgewobnen Morgenscheine!-
jubelten. Immer weiter, heller, sonniger wurde die Welt rings In der Schwabing- Vorstadt stieg das Bäuerlein in die Trambahn,
und so schön, so ohne jegliche Trübung, daß man seine helle Freude haben und alles Leid und Graufen, das die schwergeprüfte Gegend anklagend darbot, für Augenblicke vergessen mußte. Mir ging es so. Da schrieb ich nachstehendes Gedicht für meine Kinder:
Sonnenaufgang
Wie schön ist doch der junge Tag! Wie hebt er sich in lichter Reine Vom tiefen Dunkel allgemach In goldgewobnem Morgenscheine! Auf seinem Antlik ruht kein Arg, Kennt nicht das Schlechte, das Gemeine, Nur Gutes, Schönes, Edles barg Sein Blid, seit seinem ersten Scheine.
und noch dazu in den Haupt- und Betriebswagen. Rennen denn Sie sich net in den Anhänger neiset'n?" fragte der Schaffner, der wußte, was sich gehört.
,, Noch dazu mit'm Korb, dem großen..." sagte der Mitfahrenbe der grade ausstieg.
Das Publikum nahm Stellung zu der Frage: Zwei Damen fragten den Schaffner, ob man denn da gar nichts machen könne, und eine andere hielt ihr duftiges Battisttuch vors Näschen. Und der Herr im Pelz, der in der Reihe hinter dem Bäuerlein saß, 3wirbelte zornig an seinem Schnurrbart und dachte etwas sehr Böses.
Ja mei, dö Trambahn is für alle Leut' da", sagte einer aus der Mitte. Worauf der Belzherr: Hm! Hm!" machte und pnch etwas Böjeres dachte.