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Die Gleich heit
Der Grundstein der seelischen Entwicklung des Kindes liegt bereits im Spiel. Wie gedankenlos handeln die meisten Eltern heute nochi Nach vier Jahre langem, verlustreichent Krieg, nach den Gewalttaten gegen Volksgenossen, sollte man glauben, daß es der Eltern heißes Bemühen sei, ihren Kindern eine Zeit zu wünschen, die frei ist von so furchtbaren, widernatürlichen Ereignissen, und daß sie alles aufwenden würden, um eine Wiederholung oder ein Fortbestehen gleicher pder ähnlicher Verhältnisse zu vermeiden.
Was wäre natürlicher gewesen, als alle Spielwarengeschäfte zu boykottieren, die noch irgendein Spielzeug führen, das an Mord und Gewalt erinnert. Wäre es nicht Pflicht einer jeden Mutter, mit Entrüstung Bleisoldaten und Kindergewehre zurückzuweisen? Aber nichts von dem! Gedankenlos werden von den meisten Burgen, Soldaten, Kindergewehre, winzige Kanonen und Kriegsspiele gekauft. Und so kann man heute sogar noch im Schaufenster aufgebaute Schlachten sehen, Gewehrläufe, die sich in zarte Kinderherzen bohren, Und Kriegsspiele die die Lust am Töten weden wollen. alles wird gedankenlos gekauft!„ Es ist ja bloß ein Spiel. zeug." Und wie steht es mit den Büchern? Kriegs- und Mordgeschichten werden noch weiter gekauft, vergiften unsere Jugend weiter, lassen sich unsere Kinder an Macht berauschen. In der Ausübung brutaler Gewalt wird ihnen hier wahres Heldentum" vorgeführt. Schon bei solcher Lektüre wird das Rechtsgefühl untergraben. Hier liegen die Wurzeln der späteren Zust an Gewalt, Rache und Haß.
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Eltern, wenn ihr eure Kinder einer glüdlicheren Zeit entgegenführen wollt, dann seid nicht gedankenlos bei der Auswahl der Spielsachen! Gibt es nicht tausenderlei, womit den Kindern mehr Freude bereitet werden kann als mit Kriegsspielen und Bleisoldaten? Ist es nicht ein erfreulicheres Bild, ein spielendes Kind zu sehen, das aufbaut und schafft, als eins, das ständig niederreißt und zerstört? Wie oft ist micht schon das Spiel zur Wirklichkeit geworden! Ganz ohne Zweifel liegt schon im Spiel der Kinder der Anfang des Weges, den sie dereinst gehen werden!
Mögen sich die Mütter zusammenschließen in dem Gedanken, ihre Kinder in eine freudevolle Zukunft zu führen! Mögen sie daran denken, daß in allen Ländern Mütter leben, denen auch ihr Kind das Liebste ist. Ihr Mütter, seid nicht gleichgültig und gedankenlos, ihr versündigt euch an euren Kindern! Ihr sollt die Liebe zur Menschheit in die jungen Herzen pflanzen und die Idee der Brüderlichkeit und der gegenseitigen Unterstüßung schon durch das Spiel mit der heißen Mutterliebe in die Seelen eures Kindes hineinbrennen! Charlotte Görke.
Aus der Frauenbewegung des Auslandes
In der Central Hall, Westminster, London , fand vor kurzem eine Massenversammlung statt gegen den Gebrauch schwarzer Truppen in Europa . Unter den Sprecherinnen befanden sich Frl. Margaret Bondfield , Herr E. D. Morel und der Vorsitz wurde von Frau H. M. Swanwick geführt. Die Versammlung, welche von der Internationalen Frauenliga organisiert war, wurde unter anderem auch von sieben großen Frauenorganisationen unterstützt.
Wie wohl schon durch deutsche Zeitungen bekannt geworden ist, werden diese Woche 500 unterernährte Kinder von früher feind lichen Ländern in England untergebracht. Von Interesse mag es jedoch für die Mütter dieser Kinder sein, daß man, um Heimweh und Einsamkeitsgefühl bei den Kindern nicht hervorzurufen, den Beschluß gefaßt hat, in jedem in Frage kommenden Ort mindestens fünf Kinder unterzubringen, so daß sie sich miteinander berſtändigen können.
Aus Kanada hören wir, daß eine Lugussteuer auf fast allen Gegenständen, außer denen für bescheidenen Gebrauch, erhoben werden wird, um die Verschwendung der Bevölkerung einzuschränken.
Der 31. Parteitag der belgischen Arbeiter, der Anfang April in Brüssel stattfand, war von großem Erfolge. Die Zahl der org1= nisierten Arbeiter ist stark gestiegen seit dem letzten Parteitage. Trotzdem das Programm sehr weitläufig war, fand eine große
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Diskussion statt. Die Delegierten waren sich darüber klar, daß die Besehung verschiedener Aemter durch Genossen von außerordentlich großem Werte für die Allgemeinheit sei, insbesondere was die Regulierung der Lebensmittelpreise anbelangt. Eine Delegierte betonte die Notwendigkeit der Durchsetzung des Frauenstimmrechtes vor den nächsten Wahlen, und der Kongreß trat am folgenden Tage durch Entschluß dem bei. J. B.
Aus unserer Bewegung
Westpreußisches Abstimmungsgebiet
Unsere Wahlvereine Marienburg , Marienwerder, Rosenberg, Deutsch- Eylau und Stuhm hielten in der Zeit vom 9.- 15. Mai Frauenversammlungen ab, die durchweg gut besucht waren und gut berliefen. Genossin Eschholz legte dar, wie sehr die Ver gangenheit den Beweis erbracht habe, daß nur die Sozialdemokra tische Partei von jeher die Frauenrechte vertreten habe. Die lockenden Versprechungen der bürgerlichen„ Bolfs" parteien ständen in schroffem Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten bei Wahlrechtsforderung und sozialen Fragen. Keine Frau soll sich von ihnen einfangen lassen. In eindrucksvoller Weise betonte Genossin E. auch unser Bekenntnis zum Deutschtum, das in der Haltung der Partei zur Abtrennungsfrage zum Ausdruck gekommen sei. Dem Recht der Frau steht die Pflicht zur Seite, sich politisch zu betätigen. Durch die Mitarbeit in unserer Partei müssen wir den Weg zur wirtschaftlichen Freiheit finden, um so das hohe Ziel des Sozialismus zu erreichen.
In allen Versammlungen folgte dem Referat eine fachliche und dadurch sehr wirkungsvolle Debatte.
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Die Demokraten und die Frauen
Während des Wahlkampfes sprach in Sonneberg in Thüringen auch Fräulein Dr. Gertrud Bäumer . Sie sprach- wie immer sehr schön. Ueber die innere Erneuerung Deutschlands . Auch über ihrer Nede stand der Wahlspruch, mit dem die Demokratische Partei dieses Mal in den Wahlkampf zieht:„ Wir treiben keine Sondern Parteipolitif. Wir treiben keine Klassenpolitik. nationale Politik!" Aber auch die formvollendetsten Reden können uns nicht über die innere Schwäche dieses Partei"-Standpunktes forttäuschen.
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Solange die Menschheit in Klassen geteilt ist, die sich auf Grund ihrer Klassen und Besikunterschiede bekämpfen, und solange den politischen Parteien die Führung dieses Klassenkampfes übertragen ist, solange wird eine politische Partei auch Klassenpolitik treiben müssen. Nun leugnen allerdings die Demokraten nicht nur die Notwendigkeit der Parteikämpfe, sondern auch der Klassenkämpfe. Aber auch hier können die schönsten Worte die Tatsache des Klassenkampfes nicht aus der Welt schaffen.
Wie tief die Kluft zwischen den Klassen in Wirklichkeit ist, das bewies die Versammlung selbst. Als unser Genosse Brandel auf die kommende Arbeitslosigkeit hinwies und die Anwesenden, die fast ausschließlich der bürgerlichen Klasse angehörten, ersuchte, die Arbeitslosen in der Zeit der Not zu unterstützen, da antwortete die Versammlung mit einem lauten Hohngelächter. Volksgemeinschaft? Den ärmeren Bruder unterstützen? Nächstenliebe und Nächstenhilfe, wie sie die christliche Kirche lehrt und fordert? Die Antwort auf diese demokratischen Phrasen" war ein Hohnlachen! Männer und Frauen des arbeitenden Wolfes! Dieses Hohnlachen sollte euch noch recht lange in den Ohren flingen!
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Sehr scharf rechnete Frl. Dr. Bäumer mit der Gefühlspolitik ab. die während des Krieges getrieben wurde, als man sich der Siegerstimmung so schrankenlos hingab. Gar mancher wird heute tiefe Reue darüber empfinden, den Siegesrausch nicht früher bekämpft zu haben. In der Diskussion sprach Genosse Heilbut die Hoffnung aus, daß Frl. Dr. Bäumer diese Worte in aller erster Linie an sich selbst gerichtet hätte. Denn gerade sie war eine derjenigen getvesen, die während des Krieges dieser Siegerstimmung, die doch so ganz und gar unweiblich gewesen war, restlos unterlag. Als ein Teil der deutschen Frauen aus bürgerlichem Lager, die Klarer erkannt hatten, was die Pflicht der Frauen während des Krieges sein müßte, den Versuch machten, gemeinsam mit den Frauen des Auslandes für den Frieden zu wirken, da hatte Frl. Dr. Bäumer sogar den traurigen Mut als Vorsitzende des Bundes deutscher Frauenvereine den Antrag zu stellen, daß diejenigen Frauen, die für den Frieden wirken, aus dem Bunde
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