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Die Gleich beit
mond schien wieder so klar. Wir schlugen mit mehreren über den Zapfenstreich und spazierten, leise singend, mit den Jungen vor Goethes Gartenhaus auf dem silbrigen Rasen, der von hohen Baumwällen umfangen ist. Da klopfte manches Herz still und heiß für sich und suchte einsame Wege im Park.
Nun fam der Arbeitstag. Wenn auch lange nicht für alle; denn nur etwa 100 nahmen als Delegierte bzw. Pressevertreter an der Konferenz teil. Wohl waren vormittags und nachmittags die Galerien gut besetzt von Zuhörern. Dennoch ein riesig großer Teil sah sich Weimars Sehenswürdigkeiten an, wanderte nach dem Schloß Belvedère hinaus, oder war sonst irgendwie anders beschäftigt. Verschiedene Gruppen fuhren schon in die Thüringer Berge. Der Konferenztag war reich an Arbeit, an hartem Kampf, aber auch an unbesiegbarer Freude! Unser Vorsißender Genosse Hein rich Schulz ( Berlin ), hatte recht, wenn er die Konferenz eröffnetie mit dem Wunsche, daß ein jeder denken, sprechen solle als Kamerad zu Kameraden. Dann mußte auch dieser letzte Tag würdig und schön verlaufen. Was konnte dienlicher sein für uns, als daß wir uns in den vorhergegangenen 2 Tagen schon persönlich kennengelernt hatten. Wir standen uns hier nicht mehr als Fremde, Unbekannte gegenüber. Wir hatten zum Teil unsere verschiedenen Eigenarten fennengelernt. Das hatte auf die ganze Konferenz einen günstigen Einfluß erwirkt.
Das eine Große ging durch die Sizung, überhaupt durch die ganze Tagung: Die Jugend hat gesiegt durch ihr Wesen, ihre ungezwungene Freiheit und Natürlichkeit, die keinen Bureaufratismus duldet, keinen persönlichen Hader kennt. Sie hat ge= zeigt, daß sie zusammengekommen ist, der Arbeiterjugendbewegung neue frische Saat zu bringen und alles, was sie als alt und läh= mend empfand, hat sie abgeschüttelt. Unsere Freude wuchs gewaltig dadurch, daß unsere teilnehmenden älteren Genossen und Genossinnen, denen Jugendleben zum größten Teil noch fremd gewesen war, die unlöslichen Bande zu uns, zu ihrem Nachwuchs, fühlten. Wie lange haben wir Jungen schmerzlich darauf ge wartet. Unvergeßlich deshalb bleiben die warmen, herzdurchströmenden Worte unserer älteren Genoffin Ryneck vom Parteivorstand( Berlin ), die die Fäden spannen von den Alten zu den Jungen, von den Jungen zu den Alten. Wünschen möchten wir Jungen alle miteinander, daß unsere gemeinsamen WeimarErlebnisse, die unser freudiges und festes Gemeinschaftsleben zwischen Jungen und Mädeln, unser Zusammengehörigkeitsgefühl zu unserer erwachsenen Arbeiterschaft gezeigt haben, auch in die Herzen derer dringen, die nicht dabei sein konnten, die aber bald eine ähnliche Zusammenkunft haben werden, im kommenden Parteitag und in der vorangehenden Frauenfonferenz. Tragt ihr, die ihr bei uns waret, unseren Jugendgeist in die Tagung der älteren Parteigenossenschaft und laßt auch uns als junge politische und tulturelle, sozialistische Stre ter mit teilnehmen an dem Parteitag.
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Noch einmal sprach Genosse Voogd( Holland ) zu uns und berschmähte die nationalen Grenzen. Wir kennen uns alle ass gleichgesinnte Brüder und Schwestern. Wir streben gleichsam zur Höhe, zum Sozialismus. Mit einem bewegten jauchzenden " Frei Heil" dankten wir unserm ausländischen Genossen. Draußen regnete es bös. Damit war unser letter Plan buch stäblich zu Wasser geworden. Noch einmal wollten wir draußen im Walde ein großes Feuer entzünden. Das ging nicht. So blieben wir im großen Festsaal des Volkshauses. Und hier entspann sich ohne Programm, ohne Vorbereitung ein Bolfstanzjest mit Klampfmusik und eingeflochtenen rezitativen sowie gesanglichen Darbietungen, jedem zur Freude! Unsere alten Genossen und Genossinnen hatten dem Jungvolt zugeschaut bis zum letzten Augenblick, ja, unserm weißbärtigen Genossen Franz Diederich, dem allbekannten Arbeiterdichter, Icuchtete es aus den Augen: Sier bin ich noch einmal ganz jung geworden!
Ist es nun wahr, daß unser Reichsjugendtag in Weimar ein einzig großes Erlebnis für unsere Arbeiterjugend Deutschlands war?! Alice Düsedau, Hamburg .
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Hausangestellte, Hausfrau und
Einzelküche
II.
Welche denkende Frau hätte sich nicht schon mit der Lösung der Rochfrage" theoretisch und praktisch bejaßt. Großküche, Hotelküche Kriegstüche! Hat nicht die lettere ein großes Gruseln bei allen Kennern und sogar bei den Frauen, die für Großküchen
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betrieb find, hervorgerufen? Nein, ohne weiteres läßt sich die Kochfrage auf dem großzügigen Wege der Großküche nicht lösen. Aber wir hätten schon jetzt in vielen, vielen Fällen die Möglichkeit, Frauen vom lästigen Kochen zu befreien oder mindestens zum großen Teil zu entlasten. Ich möchte einmal ein kleines Beispiel anführen, wie ich mir ein jetziges modernes Mietshaus mit großer Küche denke, und zwar was das wichtigste bei der Sache ist ohne Umbau. Denn allein an dieser Frage möchten im Augenblic alle großzügigen Gedanken in besprochener Sache scheitern.
Ein Haus mit Bier, in vielen Fällen auch ein solches mit Dreizimmerwohnungen, hat fast durchweg entsprechend annehm bare Küchen. Durch Inserat finden sich Familien in notwendiger Anzahl, um ein Haus zu bevölfern. Sie leben in ihren Woh nungen, ohne engste Fühlung mit den anderen Familien notwendig zu haben. Nur der Wunsch einer gemeinsamen Küche sammelt sie in ein Haus. Vorausschicken möchte ich noch, daß es Familien sein müssen, die materiell so ziemlich dasselbe für Essen ausgeben können. Es ist das zum Gelingen eine wesent liche Notwendigkeit. Die Parterrewohnung wäre der Sitz der Allgemeinküche. Eine der Hausfrauen hat die Leitung zu übernehmen. Es wäre ihr Beruf. Ihre andere Hausarbeit müßte entweder von den anderen Hausfrauen mitübernommen oder ihr durch entsprechende Ablohnung eine Hilfe ermöglicht werden. Letzteres wäre vorzuziehen, um vollständige gegenseitige Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten. In erster Linie denke ich mir die Kochentlastung für die Hauptmahlzeit. Die fleineren Mahlzeiten könnten von jeder einzelnen Hausfrau der Gemütlichkeit halber selbst hergestellt werden. Ueberhaupt wäre die Arbeitsverrichtung nach Wunsch zu regeln. Die eine der Frauen könnte ihr Essen zum Teil verdienen, indem sie mitfchafft, die andere, indem sie irgendeiner Berufsarbeit nachgeht. Meiner Ansicht nach wäre es am einfachsten, wenn die Vorsteherin der Küche die volle Verantwortung für die Küche übernimmt. Sie müßte sich aber zur Vorlegung einer Abrechnung verpflichten. Wären besondere Arbeiten vorhanden, so hätte sie das Recht, dieselben auf die übrigen Hausfrauen zu verteilen. Ich verhehle mir nicht, daß zur Führung eines solchen Hauses die entsprechenden Frauen gehören. Aber sicher haben wir viele Frauen, die seelisch und geistig so weit wären, um eine solche Wirtschaftsführung zu ermöglichen. Dabei hätte Vorgegebenes den Vorteil, daß das Gesamtfamilienleben vollständig unberührt von dieser Neuregelung bliebe. Nun kommen noch viele Einzeldinge, die zu behandeln sind. Geschirr, Töpfeanschaffung usw. In den Familien passend Vorhandenes fäme unter Voranschlag zur Verwendung. Neuanschaffungen würden unter Umstellung auf die Kopfzahl gemacht. Unerwarteter größerer Bedarf durch Besuch, Krankenkost usw. durch Vorausbestellung kann dem größeren Bedarf Nechnung getragen werden. Bei besonderen Anlässen möchte man extra essen entweder man macht sich durch Hinzusehen entsprechender Gerichte einen er weiterten Speisezettel oder kann diese durch Vereinbarung an der Küche fordern, soweit dem Wunsche Rechnung getragen werden kann. In vielen Haushaltungen ist es üblich, zwei warme Mahlzeiten zu haben. Auf diese Art könnte übrigens Essen zu Verwendung kommen. Ich möchte solche Einzelheiten anführen, um zu zeigen, daß man bei einer wie hier angegebenen Küchenführung leicht allen Vorkommnissen begegnen kann; denn jeder Hausfrau steht ja ihre eigene Küche zum Behelf zur Verfügung. Man täme auch mit der Wohnungsnot nicht in Konflikt, denn fein einziger Raum eines Hauses brauchte erweitert werden, sondern die vorhandenen Näume würden nur be- resp. entlastet.
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Die Vorteile einer solchen Küchenführung müssen sofort einleuchten. Alles im Leben hat eine Sonnen- und eine Schattenseite. Aber ich glaube, daß hier die Sonnenseite überwiegt. Die Lösung der Kochfrage bedeutet vorliegender Vorschlag nicht. Bei der Verfassung vieler Frauen darf man sich nicht verhehlen, daß eine solche auch noch nicht endgültig gelöst werden kann. Ein gut Stück Erziehungsmöglichkeit würden aber unzweifelhaft gelingende Versuche nach sich ziehen. Berta Ulrich.
Das städtische Wohlfahrtsamt führt gegen die Unterernährung und die damit verbundenen Gefahren für die heranwachsende Jugend einen entschiedenen Kampf. Es wurden bedeutende Mittel bereitgestellt und umfassende Maßnahmen getroffen, unt einer möglichst großen Zahl erholungsbedürftiger Kinder Aufenthalt in einem Badeort oder auf dem Lande zu vermitteln.