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Die Gleichheit

traurig an: Mutter, ja, du hast das alles, alles gewußt, und du haft mir nichts gesagt, fein Wort!?" Dann hatte er den Kopf still nach der Wand gekehrt und fassungslos geweint.

Und in einer dunklen, schweren Stunde, als die Verzweiflung wieder über ihn kam, hat er sich erschossen.

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,, Hätte ich dich doch gewarnt! Hätte ich doch früher zu dir ge­sprochen, mein Jung, mein lieber goldiger Bub!", hörte ich manche Nacht die Unglückliche schluchzen.

Hätte sie z. B. nicht sagen können: Sieh, mein Jung, nun ziehst du in die Welt, und wirst manchen Gefahren begegnen. Vor allen Dingen hüte dich vor den Gefahren des Alkohols. Er bringt dein junges Blut zur Siedehize und raubt dir den klaren Verstand, der deine beste Waffe ist." Und dann hätte sie biel leicht gefragt: Hast du schon einmal etwas über Geschlechts­frankheiten gehört?" Der Sohn hätte sicher geantwortet wie jo viele: O ja, so ein wenig."

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Und dann die Mutter: ,, Glaube es mir, mein Kind, diese Krank­heit ist nicht so harmlos, wie ihr jungen Leute glaubt, sie ver= giftet nicht nur das Leben des von der Krankheit befallenen Mannes, ach, oft nach Jahren, wenn er glaubt, geheilt zu sein, bricht sie plöglich wieder hervor und vernichtet das Leben des geliebten Weibes, das er inzwischen genommen hat. Oft auch der Kinder, oder die Ehe bleibt kinderlos liebelos. Solch ein gezeichneter Vater kann nur Vater gezeichneter Kinder sein. Weißt du, was das sagen will! Sich deinen schönen, gesunden Körper an und siehe, das dankst du deinen Eltern, daß sie rein an Leib und Seele in die Ehe traten. Ich will dir raten, wenn dir einmal ein Mädchen begegnet, das dir mit häßlichen, schlüpfe­rigen Reden kommt, merde es mein Sohn. Sprichst du dagegen mit einem Mädel, tue es frei und offen, als sprächst du mit einem deiner Kameraden. Sieh ihr offen ins Auge, ein Mädel ist ein Mensch wie du, es will gar nicht angehimmelt", angeödet sein, wenn es ein rechtschaffenes, gesundes Mädel ist.

Auch ein Tänzchen liebt die Jugend ja über alles. So tanze, tanze und springe nach Herzenslust, es ist das Recht der Jugend, froh und luftig zu sein. Auch gehört es zum Anstand, daß du deine Tänzerin heimbegleitest. Aber das merke dir, ein Mädel, das auf jedem Tanzboden zu Hause ist, gefällt mir nicht. Noch dazu, wenn es, ohne dich recht zu kennen, sich gar so liebens­würdig an dich hängt, dich mit Lift nach einsamen Orten schleppen möchte oder dir gar sein Kämmerlein anbietet, dann fliehe vor ihr, denn sie öffnet nicht nur dir allein ihre Arme, sie hat schon manchem Manne angehört. Auch wenn du ein Mädel gern leiden magst, weil es gar so fein und schick gekleidet ist ein recht­

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fest werden, das ist ihre Pflicht, vorgeschrieben von der Ver­antwortung für die kommenden Geschlechter. In unserer, von allen Schädlingen der Jchsucht und Noheit durchsetzten Zeit, brauchen wir eben die Liebe nötiger denn je. Eine Liebe, die verzeihen kann, die verstehen und helfen will, die sich jedoch auch selbst nicht als Almesen betrachtet, sondern zielflar ihres Weges geht. Denn das Wachstum des Guten durch die Liebe der Frau, das darf nicht zur Illusion werden.

Bücherschau

Frauenschicksal heißt eine fleine Agitationsbroschüre von Luise Schröder und Marie Juchacz , die der Bezirksverbandsvorstand in Kiel , Klinke 21, herausgibt und die zum Preise von 20 Pf. von dort zu beziehen ist. In einfacher, flarer Weise werden den Frauen die Ursachen unserer heutigen Not und die mühseligen Aufstiegsmöglichkeiten, woran jede Frau durch politische Anteil­nahme mitzuarbeiten hat, geschildert. Die kleine Schrift ist ein gutes Hilfsmittel für die sozialistische Erziehungsarbeit unter ben Frauen.

Ferner sind die Referate der Genossinnen Elisabeth Röhl und Toni Bfülf sowie des Genossen Dr. Caspari, die auf dem Kasseler Parteitag gehalten wurden, jetzt im Drud erschienen und durch die Buchhandlung Vorwärts zu beziehen. Sie können allen Ge­nofsinnen als Informationsmaterial aufs beste empfohlen werden.

Der Narr der Liebe. Noman von E. Müller- Sturmheim. Anzengruber- Verlag, Wien - Leipzig . Wir müssen endlich heraus. kommen aus den die Menschen und die Menschheit mordenden Mühlsteinen Sieg und Nache, Nache und Sieg. Und da gibt es nur einen Weg, das ist der Weg der Liebe." Dieser Gedanke beherrscht den ganzen Roman, ohne jedoch fest umrissen zum

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schaffenes Mädel weiß sich mit Einfachheit schön und geschmad­voll zu fleiden eine Allerweltsdame", die in Seide und Samt daherrauscht, so denke doch einmal darüber nach, wo dieses Mädel, soweit sie feines Kriegsgewinnlers Tochter ist, in dieser Zeit der furchtbaren Teuerung das Geld zu dem Ankauf solcher Toilettea herhaben kann. In den meisten Fällen ist es ein reicher Lieb­haber, dem sie es verdankt. Gewöhnlich ein efler Lebemann, dem sie ihren Leib dafür verkauft. O. meide, meide, meide sie wie die Pest! Die rechte Liebe kommt dir schon von ganz allein und sieht so ganz, ganz anders aus.

Werden dir auch oft Stunden kommen, wo die Jugend gar un gestum in dir brauft und drängt, Stunden, in der du nur zu leicht der Versuchung unterliegen könntest, dann suche Zerstreuung, Ablenkung in der großen freien Natur, wandere mit deinen Jugendgenossen bis zur völligen, gesunden, wohltätigen Er­müdung, rudere, schwimme, turne, so biel du willst, es wird deinem Körper Wunder tun."

Ja, hätte jene unglückliche Mutter nicht so zu ihrem Sohne sprechen können? Wäre das nicht ein Fingerzeig gewesen, den er verstanden hätte? Versuche es nur, zagende Mutter, ehe auch dir vielleicht einst das Wort zu spät" entgegenhallt. Anna Mosegaard .

Dies foll dein Wahripruch fein; Machtvoll, still und rein,

Sollit du dem Menschen Dienste weihn Und ihn vom Arbeitsjoch befrein.

Leob. Jacoby.

Neue Beihilfen für die Bedürftigsten

Von Minna Schilling, M. d. N.

Das deutsche Volk in seiner breiten Masse ist ein gänzlich armes Volf geworden, von Schiebern und Kriegsgewinnlern ab gesehen. In den meisten Familien fehlt sogar das Nötigste zum Leben, man schlägt sich kümmerlich Tag für Tag durch. Noch grauenhafter aber tritt uns die Not in den Reihen der Alters-, Invaliden, Witwen- und Waisenrentner entgegen. Hier st wirkliche Not, tiefstes Glenb. Es sind diejenigen, die ihr einziges Gut, ihre Arbeitskraft, verloren haben. Ihnen zu helfen, wäre doch vornehmste Pflicht der Regierung von jeher gewesen. E

Ausdruck zu kommen. Der Roman ist mehr eine Aufzeichnung der Revolution und noch nicht einmal das, sondern nur die mehr oder weniger dichterische Berichterstattung eines Aufruhrs. Nur einen Erfolg kann der Held des Romans, der Prediger des Evangeliums der Liebe und damit zugleich der Verfasser ver. zeichnen: den Kongreß der Mütter. Doch dort findet er auch sein Ende. Die Kugel einer fanatischen Kommunistin rafft ihn dahin. Beweint von den Müttern der Erde wird er zur Ruhe bestattet. Und auch sein Los ist: Vergessen. Wenn vielleicht einmal der Mensch kommen wird, der uns in überzeugender Weise diese Liebe predigt, nicht nur durch Worte, sondern auch durch Werke, nur diese wahre, reine Liebe, dann wollen wir ihm folgen als begeisterte Jünger und ihn preisen als neuen Messias .

Dieses Buch der suchenden Menschenliebe ist gleichzeitig eine fachliche Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kom munismus. Es zeigt uns, wie wir politisch schaffen müssen, um das Glück auf Erden im Sozialismus zu erringen. Es ist ein Buch, welches an Menschenschicksalen zeigt, wie die Frauen, die Mütter berufen sind, durch ihre Teilnahme am politischen Leben eine bessere Welt gestalten zu helfen.

Fröhlich und heiter berührt uns ein Büchlein von Anton Fendrich : Menschen und Menschlein", ernste und heitere Ge schichten, das in der Franchschen Verlagsbuchhandlung, Stuttgart , zum Preise von geh. 6,60 Mt., geb. 9,80 Mt., erschienen ist. Eine ganze Reihe anmutiger, reizender Erzählungen von großen und Kleinen Menschen lassen uns den Verfasser liebgewinnen. Spricht doch aus jeder Zeile eine große Liebe, verbunden mit einer feinen Beobachtungsgabe. Dieser gute Menschenkenner drängt uns dazu, selbst beobachten zu lernen an den vielen Dingen, die uns um­geben. Und wo fände sich ein reicheres Feld hierfür als beim Menschen! Ein sinniger Humor verschmilzt alle Erzählungen. 3. D. Möge das Buch recht viele Freunde finden!