Nr. 7 i e> e i<1, li e i t 61 turückschreckren. Sie war unermüdlich und immer wieder ersolg» reich im Lzerausfinden neuer Methoden zur Erreichung des ge- steckten Zieles, denn oft genug verfielen die kaum erst gegründeten vereine der polizeilichen Auflösung. Der 188S gegründete Ver- kiner„Verein zur Vertretung der Interessen der Arbeiterinnen" «nd seine Cchwestervereine, der„Verein der Mäntelnüherinnen" und der„Nordverein der Arbeiterinnen" wurden z. B. nach kaum einsährigem Be» stehen wegen„Beschäftigung mit Politik" aufgelöst, weil der chauptverein «n den Berliner Magistrat wegen Zu» lassung der Frauen zu den Ge» werbeg»richten petitioniert hatte. Die Borstandemitglieder wurden bestraft. Emma Ihrer gründete eben wieder neue Vereine und gab Anregungen dazu überall, wohin sie auf ihren vielen Agitationsreisen durch ganz Deutschland kam. Sie ver- stand es auch meisterhast, Kräfte heraus- zufinden heranzubilden und an die Sache zu fesseln Ihr liebenswürdiges, heitere» Wesen und ihr klarer Blick waren dazu wie «eschafsen. Sie erkannte bald, daß zur Schulung der Arbeiterinnen ein eigenes für ste ge- schriebenes Organ nötig sei. Der Erkenntnis solche bald die Tat. Mit finanzieller chilfe einer stets hervorragend opser- bereiten wohlhabenden Parteigenosstn ldie sich aber stets bescheiden im Hintergrund hielt) und zum Teil aus eigenen Mitteln schuf sie I89l„Die Arbeiteriu, Zeltschrist für die Interessen der Frauen und Mädchen de» arbei- t e n d e n Volkes", ein Wochenblatt, desien Redakteurin sie wurde und das im Verlage des ebenfalls Immer hilfsbereiten Ge- Nossen Fr. Meyer in Hamburg gedruckt wurde. Von„Der Ar- beiterin" existiert nur ein Jahrgang. Sie ging mit Beginn des Lahres 1892 in den Verlag von I. H. W. Di est in Stuttgart über. Emma Ihrer konnte sich nicht ent- schließen, Ihren Wohnsitz in Velten zu verlassen, wo ihr Mann eine Apotheke besaß, und nach Stuttgart überzusiedeln, und so mußte denn eine neue Redakteurin gesucht wer- den, und Emma fand diese in Clara Zetkin , die nach dem Fall des Sozialistengesetzes aus Paris zurückgekehrt war. Die Zeitschrift erhielt den Namen„Die Gleichheit". Sie wurde bekannt- lich von Clara Zetkin redigiert bis zur unglückseligen Spaltung unserer Partei. Emma Ihrer blieb bi» zu ihrem Tode Mitarbeiterin. Nach 1890 widmete sie sich in hervorragenderem Maße neben der politischen Propaganda der gewerkschaftlichen Tätigkeit, und sie wurde als erste Frau in die 1890 gegründete Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands ge- wählt. Auch in diesem Zweige der modernen Arbeiterbewegung hat sich Emma Ihrer ein bleiben- des Denkmal gesetzt, und zwar nicht nur durch die Gründting des Blumen- und Federarbeiterver- bandes, desien Vorsitzende und Redakteurin der Verbandszeitung sie bis zu ihrem Tod« war. .M irken für andere war ihres Glücke» er- liebigster Quell' lautet der Spruch aus ihrem- Grabstein aus dem Berliner Zentralfriedhos in Friedrichsseld«, wo sich beim Begräbnis desien, was sterblich an ihr war, eine große Zahl Ge» uossinnen und Genosien aus Partei- und Gewerkschastskreisen zu- sammengesunden hoiten in Trauer um die viel zu früh Dahin- gegangene und in dem Bewußtsein, daß ein guter und für die Arbeiterbewegung, besonders für die Arbeiterinnenbewegung un- ersetzlicher Mensch seine Erdenlaufbahn beendet habe, der in der Ar- beitcrbewegung aber wohl niemals oergesien werden wird. G. H. Emma Ihrer Dr. med. Hope Bridget AdamS-Lehmanu .Laß dich nicht irren, laß dich nicht wirren durch goldene Acpfel in deinem Lauf!" Wie oft haben die gütigen Lippen dieser Frau das Dichterwort gesprochen, warnend vor den falschen Göttern. Niemand hatte mehr Recht dazu als sie. für die das Gebot Inner- lich anerkannter Pflichten allein wegbe- stimmend gewesen ist Und wer so seelisch blind gewesen ist, das zu bezweifeln, der mußte es erkennen, ils H. B. Adams-Lchmann, eine der be- rühmiesten und gesuchtesten Frauenärzte Deutschlands , am 10. Oktober 1916 in aller Stille heimgegangen war. Sie ist arm gestorben. H. B. Adams-Lehmann gehörte unserer Partei als eine der ältesten Kämpfe- rinnen an. Sie Sozialistin — nicht nur in der Theorie, nicht in der beruhigenden Zuversicht, daß die ethischen Forderungen unseres Programm» sür den einzelnen erst bindend sein würden, wenn eine neue Wiltschostsordnung heraufgeführt sein werde, nein, sie lebte uns So- zialismus vor. Persönlich bedürsnis- los, lteß sie alles, was sie über den Be- darf ihrer Familie hinaus verdiente, den großen allgemeinen Zwecken der Gesell- schast wieder zufließen. Und das geschah so selbstverständlich und unauffällig, daß wohl nie jemand ihren Namen in den Listen der großen Wohlsahrtsaktionen gelesen haben wird. So fern lag ihrem Wesen die Unkeuschhcit persönlicher Wohltätigkeit. „EiewareinGeniedesHerzens'— so ruft ihr junger Freund Hanns Tiefenbach erschüttert nach ihrem Tode aus— und damit ist das wesentlich« von dieser Frau gesagt. Hier lag die Quelle ihrer schier unerschöpflichen Arbestskraft. Dom frühen Morgen bis Mittag Operationen und Krankenbesuche, am Nachmittag bis tief in die Nacht hinein Konsultattonen, das war der gewöhnliche Gang der Dinge. Und welche Kraft hat diese Frau ausgestrahlt auf alle, die mit ihr in Berührung kamen. Nie wurde ihr der Beruf zum Hand- werk. Nie kam es vor, daß sie für einen, der sie brauchte,„keine Zeit hatte", nie war es der„Fall", der sie beschäftigt«— mit jenem raschen und absolut sicheren Ber - stehen eines vollkommen gütigen Herzens nahin die Aerzttn den ganzen Menschen mit all seinen Leiden und all seinem Leid in ihre Pflege. Und jeder ging mit stär- kerein und reinerem Lebenswillen von ihr. ..Eie war ein Genie des Herzens' und sie verband da» mit einen klaren, nüchternen Ber - stand. Eie erkannte die Welt, wie sie war und sie liebt« sie dennoch. Mit ttefer Leidenschaftlichkeit suchte sie in den einzelnen Menschen und in der Menschheitsentwicklung da» Gute, das Positto« herauszuheben, Emma Ihrer sie befaß den Glauben, der Berg« verfetzt. Jeder war ohne Verstellung besier in ihrer Nähe, weil er fühlte, daß da jemand ist, der die innerste Sehnsucht seines Wesens erfaßt Hab«. Kein Wunder, daß die Besten sich um sie scharten. Polittker wie Bebel. Bollmar, der alte Liebknecht . Clara Zetkin . Viktor und Friedrich Adler standen in enger Berührung mit ihr. Hervorragende Schriftsteller und Mediziner fanden ein offene» Haus bei Hope und Carl Lehmann , mit dem sie eine selten innige Ehe verband. Sie war«in Genie des Herzens und sie stellte dieses Genie In den Dienst auf- bauender sozialistischer Arbeit. In der„Neuen Zeit", in den.Sozialistischen Monatsheften", in der.Gleichheit" sucht sie für ihre Idee» Bundesgenosse».
Ausgabe
31 (1.4.1921) 7
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten