Nr. 9
Die Gleich beit
Konsumgenossenschaftliche Rundschau
Die Ausbreitung der Konfumgenossenschaften hat sich in Deutsch land auch im Jahre 1920 fortgefeßt. Der Zentralverband deutscher Konsumvereine, der in seiner Organisation den weitaus größten Teil der deutschen Konsumvereine erfaßt hat, kann eine Mitglieder. zunahme von 400 000 aufweisen. Am Jahresschluß beträgt der Mitgliederbestand im Zentralverband deutscher Konfumvereine zirka drei Millionen. Da es sich hier um Mitgliederfamilien handelt, die im Durchschnitt etwa fünf Röpfe aufweisen dürften, so find also insgesamt etwa 15 Millionen Deutsche den Genossenschaften bes Zentralverbandes angeschloffen. Unsere Ge noffinnen mögen es sich einmal ausmalen, was es für die Gesamtwirtschaft des deutschen Bolles bedeutete, wenn diese 15 Millionen Deutsche fämtliche Lebensmittel und Bedarfsgegenstände nur ihren Konsumgenossenschaften entnehmen würden. Damit würde ein sehr großer Bruchteil des deutschen Wirtschaftslebens durch die freien Genossenschaften sozialisiert sein. Leider muß gesagt werden, daß sehr viele Mitglieder der Konsumvereine und darunter auch manche Sonst zielflare Genossen in ihrem Berhältnis zur Konsumgenossenschaft noch nicht zum Ausdruck bringen, daß fie die wahre Bedeutung des organisierten Konsums verstanden haben.
Der Preis abbau, den wir gegenwärtig glücklicherweise erleben, bildet in vielen Fällen einen starten Prüfstein für genossen. schaftliche Treue der Mitglieder. Das plötzliche Heruntergehen der Preise stellt selbstverständlich eine starke Erschütterung des Wirtschaftslebens dar. Die Preisänderungen sind vielfach sehr rasch erfolgt und betragen bei sehr vielen Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen erhebliche Summen. So sind unter anderem Fett waren zum Teil um 50 Proz. im Preise heruntergegangen. Es ist zu verstehen, wenn die Arbeiterfrau, die mit geringem Eintommen haushalten muß, diejenigen Geschäfte ausfindig zu machen sucht, in denen der Preis am schnellsten ermäßigt wurde. Dabei follte sich aber die Arbeiterfrau überlegen, daß die in der Konsumgenossenschaft lagernden Waren den Mitgliedern der Genossenschaft gehören, und daß es auf jeden Fall zum Schaden der Mitglieder ausläuft, wenn sie eines kleinen Augenblicsvorteils wegen ihrer Genossenschaft untreu wird. Die Konsumgenossenschaften haben liberall die durch die Marktlage gebotenen Preisermäßigungen mit. gemacht und find schon ihrem Programm gemäß geneigt, so schnell wie irgend möglich den Abbau der Preise herbeizuführen. Ein Preis abbau liegt im allgemeinen Boltsinteresse. Ein Preis. fiurz dagegen fann tatastrophal wirken. Die Mitglieder müssen der Konsumgenossenschaftsleitung Bertrauen entgegenbringen und dürfen nicht in dieser Periode, die auch an den Genossenschaften nicht aus seinen Tagebüchern, Briefen und Aphorismen kennen, will es scheinen, als sei es ihm in seinem dichterischen Schaffen nicht restlos gelungen, das zu verwirklichen, was als Idee in ihm nach Ausdrud rang; ein Gefühl, das er selbst anscheinend niemals über. winden konnte. Hat er sich doch zu Lebzeiten nicht entschließen fönnen, seine Dichtungen der Deffentlichkeit zu übergeben. Ihn peinigte einmal der Gebanke, um des Geldes wegen schaffen zu müssen, hauptsächlich aber wohl das Gefühl, sein Letztes und Höchstes im Kunstwert nicht in ganzer Fülle ausgeschöpft zu haben. Diese Gewissenhaftigkeit ist um so bewundernswerter, wenn man bedenkt, daß er wirtschaftlich meist einem nackten Nichts gegenüber. stand, und daß die Lockung, durch einen Erfolg" seiner Not ein Ende zu machen, sicher nicht ausgeblieben ist.
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Als Sohn schlichter Eltern am 13. März 1864 in Jechtingen in Baden geboren, wuchs er in denkbar einfachen Berhältnissen heran. Seiner Mutter Liebe öffnete ihm die Tür zum Gymnasium und damit den Weg zum Studium überhaupt. Aber sein suchender ringender Geist tonnte sich feinem Brotstudium befreunden, um so mehr, als nun auch das eigene Schaffen sich meldete, gepaart mit einer starken Begabung für Probleme der praktischen Technik und dem Drang nach einem tätigen Leben in und mit der Natur. So war er Student und Wanderbursche, Erfinder und Bauer auf eigener kleiner Scholle, der Leihhalde nahe der Zähringer Burg, Dichter und Politiker. Ein schweres Herzleiben vergrößerte die Rot seines inneren und äußeren Lebens und seine Tagebuchblätter melden nur allzu oft das Stocken seiner Produktion und seiner sonstigen Arbeit infolge der häufigen schmerzhaften Anfälle. Im Kampf gegen Not und Krankheit, die ihn oft mit dem Tode ZwieSprache halten läßt und mehr als einmal vor die Versuchung stellt, dem Leben eigenhändig ein Ziel zu setzen, bleibt er Sieger ,,, er hält selbst sterbend zum Leben" und liebt es mit grenzenloser Inbrunst. Totsiech, so erzählt Roman Woerner , der Herausgeber
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ohne Wirkung vorübergeht, den Leitungen die Situation noch er schweren, indem sie zum Krämer gehen. Der Einzeltaufmann ist als Besizer von Waren gegenüber dem großen Organismus der Genossenschaften in der Preisänderung etwas beweglicher. Er hat das auch bewiesen zu der Zeit, als die Preise stiegen, wo man in Privatgeschäften immer zuerst die hohen Preise finden fonnte. Das sollten sich die Mitglieder in Erinnerung bringen, wenn sie heute, in der Zeit des Preisabbaues, Vergleiche zwischen der Genossenschaft und Privatgeschäften aufstellen.
Ein internationaler Genossenschaftstag findet In der Zeit vom 21. bis 25. August in Basel statt. Die sehr wichtige Tagesordnung enthält unter anderem folgende Punkte: Der Völkerbund ; Das internationale Arbeitsamt; Die Revision der Glasgower Friedensresolution und die Grundsätze des Bölkerrechts im Geiste des Genossenschaftswefens; Internationale Genossenfchaftspolitit; Die Feststellung der Beziehungen zwischen dem internationalen Genossenschaftsbund und der internationalen Großeinkaufsgesellschaft; Die Beziehungen der Genossenschaften zu den Gewerkschaften. Gewerkschaften. Der Internationale Genossenschaftsbund hat besser wie alle anderen internationalen Organisationen den Krieg und die Entfremdung der Völker überstanden und ist daher von ihm auch wieder am schnellsten eine fruchtbare internationale Arbeit zu erwarten. Es darf barum angenommen werden, daß die Tagung ber Genossenschaften in Basel zur Verbesserung der internationalen Beziehungen der Völker beitragen wird.
Die genossenschaftliche Produktion von Stahl. waren ist in Solingen aufgenommen worden. Die dortige Konsumgenossenschaft hat gemeinsam mit der Genossenschaftsbuchbruderet ein Unternehmen gegründet, das die genossenschaftliche Erzeugung Solinger Stahlwaren durchführen will. Die Produktion ist aufgenommen und zahlreiche deutsche Konsumvereine beziehen bereits diese Stahlwaren vermittels der Großeinkaufsgesellschaft in Hamburg . Unsere Hausfrauen fönnen, wenn sie Einfäufe für ihren Hausbedarf vornehmen, diese genossenschaftlichen Produkte an dem Warenzeichen Solidarität", das die eigenartige Form eines Schlüsselbundes zeigt, erkennen. Die Gründer der Genossenschaft erwarten, daß fie, begünstigt durch die eigenartige Struktur der heimindustriellen Stahlwarenerzeugung in Solingen , sich in Arbeiterkreisen rasch durchsetzen werden.
Eine Weinkellerei hat der Konsumverein Mannheim in Ruppertsberg in der Pfalz errichtet. Es ist dies das erste Unternehmen dieser Art. In den süddeutschen Konsumvereinen spielt der Wein eine weit größere Rolle als in anderen Teilen Deutschlands . Es wäre sehr zu begrüßen, wenn es durch diese genossenschaftliche Einrichtung auch möglich würde, die gegenwärtigen Bucherpreise für Wein auf ein erträgliches Maß herabzudrüden.
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seiner Schriften, von ihm, als er es weder sigend noch liegend mehr aushalten konnte, erfand er eine Vorrichtung, eine Art Trapez, das an der Decke befestigt war. Mit beiden Armen über bie in Brusthöhe schwebende Querstange hängend und leise mitwiegend, diftierte er im Flüsterton- jeder Satz durch Atemnot in Stücke zerbrochen den Helfern Briefe und Szenen. Am 12. April 1908 ftarb Emil Gött . Aber es trifft ein, was er geahnt:„ Einst, wenn ich nicht mehr bin, werden die edelsten Seelen ebenso nach mir zucken, wie ich rückwärts und rundum nach den Toten, Fernen und Fremden sehnlich lange." Wir weinen um ihn, ohne ihn perfönlich gekannt zu haben, wie um einen lieben, lieben Freund; wir fönnen es nicht fassen, daß er von uns gegangen ist, ohne daß wir ihm einmal in die gütigen Augen schauen durften. Wir Frauen aber wollen ihm sein Leben und Ringen nicht vergessen, wir wollen den Glauben an die berauschende Schönheit der Mannesseele als heiliges Vermächtnis in uns lebendig halten und folche Seelen fuchen gehen, auf daß wir gegenseitig gebend und nehmend mit dem Manne zu dieser Lebenshöhe wachsen, wir wollen diese Männer suchen gehen, auf daß sie unsern Kindern Bäter werden.
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Qulsidas, der Dichter, wanderte tief in Gedanken am Ganges , in jener einsamen Gegend, wo sie ihre Toten verbrennen. Er fand ein Weib sizend zu Füßen der Leiche ihres Gatten, fröhlich gefleidet wie zu einer Hochzeit.
Sie erhob sich, als sie ihn sah, neigte sich vor ihm und sprach: ,, Erlaube mir, Meister, mit deinem Segen meinem Gemahl zu folgen zum Himmel."
Warum folche Eile, meine Tochter?" fragte Tulsidas . Ist nicht die Erde auch sein, der den Himmel erschaffen?"