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Die Gleich heit

foalition und betonte die Wichtigkeit des Ausbaues der Sozial politit. Seine Schlußworte waren: Die Befreiung des deutschen Proletariats ist gleichbedeutend mit der Befreiung des gesamten Proletariats der ganzen Welt!"

Die Aussprache nach dem Referat war lebhaft.

Am zweiten Tage wurde von Genoffin Reiße über Ge. winnung und Schulung der Frau" gesprochen. Frau Die geistige Erweckung der Reize führte etwa wie folgt aus: Frau schreitet nur langfam. vorwärts. Mit der Gewährung des Wahlrechts an die Frau wird die Gesetzgebung durch die Frauen stimme ganz wesentlich beeinflußt. Wo bisher Männer und Frauen getrennt wählten, da haben die Frauen in ihrer Mehrheit bürgerlich gewählt, ein Beweis für die Notwendigkeit, die Frau für die sozialistische Weltanschauung zu gewinnen. Damit wird auch das Ehe- und Gemeinschaftsleben gewinnen, da erst das gegen­seitige Verstehen die Vorbedingung für den Kampf um gemein same Ideale schafft. Engherzigkeit und Lebensunluft des einen Ehegatten schmälert auch die Lebensfreude, den Lebens- und Rampfesmut des anderen. Erst nach langen, geistigen, wirtschaft­lichen und politischen Kämpfen werden wir unser Ziel erreichen. Wie so mancher unserer männlichen Klassengenossen, wollen auch die Frauen sofort am Ziel ihrer Wünsche sein. Wer aber Stein­träger des gewaltigen Baues Sozialismus fein will, der muß von vornherein mit Hemmungen und Widerständen aller Art rechnen. Denn die Nußnießer des fapitalistischen Staates werden mit äußer­fter Bähigkeit ihren Platz an der Sonne zu behaupten suchen. Uns erwächst dadurch die Aufgabe, die sozialistische Aufklärungsarbeit so fruchtbar wie nur möglich zu gestalten, so daß in erster Linie auch die Frauen für uns gewonnen werden. Voraussetzung für den Erfolg dieser Arbeit ist, daß der Kreis der Frauen, der sich um die Gewinnung und Schulung der indifferenten Frauen be­müht, sich von fleinlichen Eifersüchteleien frei macht. Allzu oft hat das Nichtverstehen der Genofsinnen untereinander, die doch alle der guten Sache dienen wollten, uns nicht vorwärts, sondern rückwärts gebracht. Es ist eben nichts vollkommen auf der Welt, und so hat auch jeder Mensch gute und weniger gute Eigenschaften. Gewöhnen wir uns daran, über die Schwächen hinweg das Ge funde und Starke unserer Geschlechtsgenoffinnen in den Border= grund zu stellen, dann werden die weniger angenehm empfundenen Eigenschaften unsere gemeinsame Arbeit nicht störend beeinflussen." Wie den müden, abgearbeiteten Frcuenseelen der Sozialismus neuer Lebensinhalt werden soll, wie die Frauen durch Erziehung und Arbeit in engbegrenzter Richtung sich bewegend, geistig um­lernen sollen, wußte die Rednerin flarzulegen. Als Mutter und Er­zieherin ist jede Frau an der Gestaltung der Wochenhilfe, an unserer Einheitsschule interessiert. Das Jugendwohlfahrtsgesetz und die Beschaffung der Mittel hierfür( Steuergesetzgebung) find Themen für Frauen. Die deutsche Not und ihre Ursachen muß man er­läutern. Genoffin Reize empfahl neben anderem guten Material für die Frauenabende die Gleichheit" und außerdem die drei Bände von Bebel : Aus meinem Leben" wegen ihres reichen Inhalts, der zu Vorträgen verarbeitet den Hörern neben dem Bild eines edlen Menschen auch die Geschichte der Arbeiterbewegung übermitteln fönne. Wesen und Ziel der sozialistischen Bewegung fönne den Frauen so zum Verständnis gebracht werden, daß sie zur Herzenssache wird. So ist auch die Gewerkschaftsbewegung wie bie machtvolle Entfaltung der Genossenschaften für den praktischen Sinn der Frauen leicht erfaßlich. So könne auch in fleinen Krei­sen fruchtbare Arbeit geleistet werden. Sie schloß mit Klara Müller- Jahnkes schönen Worten:

Erst müßt ihr freie Menschen sein, Um freie Menschen zu gebären."

Das Referat der Genoffin Reite wurde mit stürmischem Beifall aufgenommen. An der Diskussion beteiligten sich zahlreiche Ge noffinnen und Genossen, die ausnahmslos den Ausführungen der Referentin zustimmten.

Zur lebhafteren Teilnahme an der Wohlfahrtspflege und über den Ausschuß für Arbeiterwohlfahrt" sprach noch Genosse Vogel.

Ein Antrag der Bremer Frauenkommission, die Agitation für Frauenversammlungen und Zusammenfünfte im Bezirk plan­mäßig zu organisieren und entsprechende Mittel bereitzustellen, wurde einstimmig angenommen.

Als nach dem Schlußwort des Genossen Leuterik gemeinsam die Marseillaise gesungen wurde, erfüllte unser Herz wiederum die Freude, am stolzen Bau des Sozialismus mitarbeiten zu dürfen.

C. B.

Nr. 15

Bezirk Niederrhein . Vor nunmehr einem Jahre begann die neu angestellte Sekretärin in Elberfeld ihre Tätigkeit. Die Frauen. bewegung im Bezirk hatte sehr gelitten. Es gab eine ganze An zahl Ortsvereine, die nicht ein einziges weibliches Mitglied hatten. Auch waren sehr wenig Funktionäre vorhanden. Die Gleichheit", die den Frauen Aufklärung und Belehrung hätte geben können, war durch die Aufhebung des Obligatoriums in unserem Bezirk fast verschwunden. Die erste Aufgabe der Sekretärin bestand darin, die vorhandenen Funktionärinnen in stärkerem Maße 34 Agitationsarbeiten heranzuziehen und die Frauen für die Partef zu gewinnen und zu schulen. Heute kann man sagen, daß alle Unterbezirke, mit Ausnahme von Solingen , einen guten Funktio närinnenapparat haben. Die Werbewoche, die im November des Borjahres im Bezirk veranstaltet wurde, hatte einen Erfolg von 500 neuen Genoffinnen, von denen der Unterbezirk Elberfeld . Barmen den größten Anteil aufzuweifen hat. Die Agitation wurde mit Flugblättern und Broschüren unterstüßt. Heute ist der Stamm von 150-160 gutgeschulten Funktionärinnen vorhanden und eine Mitgliederzahl um 852 vollzählende Genoffinnen ist gegenüber bem Borjahre zu verzeichnen. Im Herbst d. I. sollen besondere Bildungskurse für Frauen eingerichtet werden, um diese für den fozialistischen Rampf zu erziehen und zu schulen.

Wohlfahrtspflege

Offenhaltung von Kinderbewahranstalten und Kinderhorten

während der Schulferien.

Infolge der bevorstehenden Ferien bestand, wie mehrfach dem Reichsbund der Kriegsbeschädigten berichtet worden ist, für viele. Kinderhorte die Gefahr der zeitweiligen oder dauernden Schließung. Dadurch wären viele Kriegerwitmen mit Kindern, die infolge ihrer unzulänglichen Rente auf Erwerb angewiesen sind, zur Aufgabe ihres Arbeitsverhältnisses gezwungen gewesen, oder sie hätten die Kinder während der Ferien ohne Aufsicht lassen müssen. Der Reichsbund ist deshalb mit dem Reichsarbeitsministerium in Ber bindung getreten, das dann den Wünschen des Reichsbundes ent sprechend folgende Verfügung erlassen hat:

Nach eingegangenen Berichten sollen in verschiedenen Städten die Kinderbewahranstalten und Kinderhorte während der Schul­ferien geschlossen werden. Diese Maßnahme würde in den Be völkerungsfreifen, deren Kinder während der Abwesenheit der erwerbstätigen Mütter tagsüber auf außerhäusliche Unter­bringung und Beaufsichtigung angewiesen sind, stärkste Unzu träglichkeiten nach sich ziehen. Im Interesse der Kriegerkinder, die durch die Maßnahme besonders betroffen würden, bitte ich, in Zusammenarbeit mit den Behörden der allgemeinen Jugend­wohlfahrtspflege die Angelegenheit unverzüglich zu prüfen und gegebenenfalls in Berbindung mit den genannten Behörden da hin zu wirken, daß auch während der Ferien die Möglichkeit der außerhäuslichen Unterbringung und Beaufsichtigung der Kinder erwerbstätiger Mütter gesichert bleibt."

Die Ortsgruppen des Reichsbundes der Kriegsbeschädigten, Kriegsteilnehmer und Kriegerhinterbliebenen werden sich im Ein­vernehmen mit den in Frage kommenden Stellen die Aufrecht­erhaltung der Kinderhorte besonders angelegen sein laffen.

Bücherschau

Der Morgen graut," Erzählungen aus dem Proletarierleben von M. Andersen Nerö.

Die Vorwärts- Buchhandlung hat soeben einen kleinen Band Erzählungen aus der Feder des bekannten proletarischen Schriftstellers M. Andersen Nerö herausgegeben. Durch eine ganze Reihe von Erzählungen und Romanen ist uns Andersen Nerö schon vertraut geworden. Er ist der Schilderer des Prole tarierlebens, so, wie es wirklich ist. Seine Erzählungsweise ist rein realistisch. Er zeichnet die einfachen, geraden, arbeitsamen Menschen seiner Heimat so beutlich und lebenswahr, daß wir sie persönlich zu kennen glauben und ihr Schicksal uns tief zu Herzen geht. Alle ihre Nöte und Sorgen und ihre bescheidenen kleinen Freuden erleben wir mit.

In der Sammlung Der Morgen graut" ist eine Anzahl von fürzeren Erzählungen vereinigt. In ihnen leben Gestalten, die das Schicksal auf die Schattenseite des Daseins verbannt hat. Erschütternd ist der Kampf des Arbeiters und der Arbeiterin um bas tägliche Brot gezeichnet. Wer diese kleinen Erzählungen ge lesen hat, wird manches begreifen, was ihm bisher vielleicht noch unverständlich geblieben ist. Der einzelne Proletarier müßte