2�4Die Gleichkeit-Nr.?4Llnsere Weihnachten!von Clara Bohm-Schuch»» Harte, kalte Tage; noch kältere, dnnkle Nächte. Mangel«n Wärm«. Nahrung, Kleidung und keine Hoffnung aufbaldige Wende zum Besseren. In dieser Wirklichkeit stehtdie Masse des deutschen Bolkes nun im 8. Jahre. Da vergehtMärcheirpoesie und Kindertraum: nichts bleibt als die harteForderung:„Hilf dir selber, so hilft dir Gott".—Kann das deutsche Volk sich noch selber Helsen? Die große,arbeitend« Masse des Volkes tut, was sie kann; mehr kannPe nicht! Aber alle schassende Kraft dieser Tapferen undTreuen genügt nicht, um sich selbst und die deutsche RepublikLber Wasser zu halten. Die Lasten des verlorenen KriegesPill» zu schwer. Und der Tell der in Deutschland wohnendenLeute, der mit seinem Reichtum dem Staate und damit derGesamtheit große Erleichterungen schassen könnte, wenn erselbst nur einen Teil seines Besitzes zur Verfugung stellenwürde, tut es nicht. Die deutsche Republik soll entweder ganzzugruirde gehen oder» wenn sie als Staatsform bestehenwill, es unterlassen, der Umgestaltnug des Wirtschaftslebens»om Kapitalismus zum Sozialismus auch nur im leisestenWegbereiterin zu sein. So wollen es nicht nur die deutschen,fondern auch die Kapitalisten der Ententestaaten. Was giltdiesen Leuten Volk und Heimat. Was gilt ihnen die Notder anderen?— Sie wollen leben und herrschen. Ob Volkerdabei zugrunde gehen, was schiert es sie? Sie schwimmen«us dem Goldstrom, er ist ihnen Lebenselement: wo er fließt,ist ihnen gleich.Am 15. Januar ist die weitere Reparationszahlung vonLÜS Millionen Goldmark an die Entente fällig, Goldmark,b. h. die Mark zu IlX) Pf. gerechnet: unsere Papiennark gilt«der im Auslande nur einige Pfennige.Jetzt, k Wochen vor Ablauf der Zahlungsfrist, weiß diebeutsche Regierung noch nicht, woher sie die ungeheureSumme nehmen soll. Der Staat, die deutsche Republik, be-t ja so gut wie keine Sachwerte. Er konnte deshalb keinearen ins Ausland verkaufen, sich keine Devisen schassen.Das konnte nur die Prioatindustrie und der Handel. NachZeitungsmeldungen sollen allein in der Schweiz sich deutscheVermögenswerte befinden, die über eine Milliarde Goldmarkbetragen. Der Regierung nützt das gegenwärtig nichts. Diebeutsche Industrie erbot sich als Retter in der Not: schon vor»intgen Monaten. Damals wurde als Gegenleistung— un-«isgesprochen— verlangt, die Hereinnahme der deutschenVolkspartet in die Reichsregierung und damit Gestaltung dernotivendigcn, neuen Steuergesetze nach dem Willen des In dustriekapitals: also: größtmöglichste Schonung des Besitzes.AK unsere Partei keinen Zweifel darüber ließ, daß für unsbie starke steuerliche Belastung des Besitzes e'me unumgäng liche Forderung sei, schwand das Interesse am Mitregieren»«ollen. Zur hilf« für die Reparationszahlung erklärte sichbas Industriekapital auch nun noch bereit, aber es oerlangtenicht mehr und nicht weniger, als daß dafür die Neichseisen-bahnen in seinen Besitz übergingen. Für diese Leute gibt eskeine Bolks- und Staatsnotwcndigkeiten, für die auch Opferxebracht werden muffen,— für sie gibt es nur Geschäfte.Während der 4� Jahr« Krieg, die Gut und Blut der Volks massen vernichteten, machten sie Geschäfte, und auch die Notdes verlorenen Krieges muß ihren Geschäften dienen. DerArbeiter gibt 1l) Proz. seines mühseligen Verdienstes demStaat,— er kann keine Steuern hinterziehen, wie sehr die»ägitch« Verteuerung der Lebenshaltung auch dazu lockenmag: das Kapital will seinen Pflichtteil»täglichst nicht geben,und was darüber hinausgeht, das gibt es nur gegen gleiche»der bester« Werte.— Das unerhörte Ansinnen wurde vonder Reglerrmg. gestützt aus den einmütigen Willen der Ar-detterschaft. abgelehnt.Die Verhandlungen über die Beschaffung der KrediteBngen welter. Im In- und Ausland. Die Erfassung derSachwerte kam nicht einen Schritt vorwärts.— Die Markfiel, der Dollar stieg im Wert. In Deutschland stieg dieTeuerung, in Amerika die Arbeitslosigkeit. In Washingtontagte inzwischen eine von Amerika einberufene Konserenzder alliierten Mächte, die sich mit der Frage der Rüstungs beschränkungen befaßte. Die Ententestaaten drohen an denFolgen ihres Sieges wirtschaftlich in dieselbe Lage zu ge raten, wie wir durch die Niederlage. Sieg und Niederlagesind eben Folgen des Krieges mü» Krieg heißt Ver derben für Menschen und Völker. Darum istjede Zusammenkunft, die sich ernsikich mit der Abrüstungs frage beschästigt, zu begrüßen. Zu einem Ergebnis ist dieKonferenz bisher nicht gekommen. England ist zwar bereit,seine Kriegsschiffe um die Hälfte zu vermindern, aber daJapan das Abkommen mit England aufgeben soll, fürchtetes, daß Amerika und England auch nach dem Abbau ihmverhältnismäßig stark gegenüberstehen, und es ist deshalbmit der ihm vorgeschlagenen Beschränkung nicht einverstan den. Deutschimcd besitzt keine Kampfslotte mehr,— dieStärke unseres Landheeres kommt für einen Krieg gar nichtin Betracht. Da aber weite Strecken deutschen Landes vonfranzösischen Heeren besetzt sind, hat für uns die Beschrän kung der Rüstungen zu Lande das größte Interesse. AuchEngland scheint es zu haben. Darauf ließ man sich inWashington nicht weiter«in. Der französische Ministerpräsi dent hielt eine schöne Rede, in der er zu deweisen oersuchte,wie bedroht Frankreich sich durch Deutschland noch immersuhlen müsse und wie notwendig daher alle französischenMaßnahmen gegen Deutschland seien— und damit war dieSache vorläufig erledigt. Die Gedurtsstunde des Welt friedens sind die Verhandlungen in Washington sicher nicht.Für uns hing aber weiter mit dieser Konserenz zusammen,daß Amerika der Kreditfrage erst nach dem Ergebnis derTagung näher treten wollte. Das heißt also: für die Januar»Zahlung kommt amerikanische Hilfe nicht in Betracht. In zwischen reiste der deutsche Großindustrielle, Herr HugoStinnes, nach London in angeblich ganz privaten, geschäft lichen Angelegenheiten. Am 25. November wurde ein Plander englischen Großindustrie in Deutschland veröffentlich�wonach dem deutschen Staat als solchen die Reparations zahlungen erlassen werden sollten und die JMustrie an fein»Stelle träte. Eine englische Beteiligung an deutschen Sach werten in Form von Hypotheken auf Grundbesitz und Vor zugsaktien auf kaufmännische und industrielle Betriebe, Ka näle. Schiffahrtslinien, Eisenbahnen, soll erfolgen.Der Plan ist geradezu gigantisch, mrd wenn seine Aus führung gelänge, bedeutete das eine Zusammenballung undStärkung des internationalen Kapitalismus zu unerhörterMachtentfaltung. Für Deutschland wäre es die Errichtungeines ganz unabhängigen Wirtschaftsstaates innerhalb derdenwkratischen Republik. Gegen die republikanische Staats-sorm würden in diesem Falle die Kapitakisten und. ihre poli tischen Parteivertretungen nichts mehr einzuwenden haben,sie wäre im Gegenteil bei geschickter Ausnutzung eine Stütz«ihrer Macht. Einem ähnliche» Plan zur Wiederaufrichtunguuh Ausbeutung Rußlands stellten sich bisher— trotz Unter stützung durch die Sowjetregierung— große Schwierigkeitenin den Weg. Gelänge die Durchführung in Deutschland,dann wären die Hindernisse für die Aktion in Rußland ver hältnismäßig leicht zu überwinden.Zurzeit ist der deutsche Wiederausbauminister Dr. Ra thenau in London, um über einen Zahlungsausschub zu oer handeln. Wenn diese Verhandlungen zum Ziele führen, sobedeutet das leider nichts weiter, als daß wir nicht zum15. Januar 1321, sondern später zahlen müssen; immerhinwäre Zeit gewonnen. Verlausen sie ergebnislos, was dann?!Für die Beteiligung der deutschen Republik an den Sach werten bedarf es gesetzlicher Grundlagen, und dafür wieder um ewe«' Mehrheit Im Reichstag, die einer solchen Gesetzes-vorläge ihre Zustimmung gibt. Jetzt ist eine solche Mehrheitkaum vorhanden. Das gesamte Volk könnte in neuen Reichs-togswahlen um seine Meinung befragt werden. Wie die