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Die Gleich beit

dieser ersten Maßnahme und werden danach die Aufrichtig keit der Friedensversicherungen der Regierungen zu beur­teilen haben.

Die organisierten Arbeiter werden sich alle während des Krieges und nach dem Waffenstillstand gemachten Ber­sprechungen in Erinnerung rufen, um deren Verwirklichung zu fordern und für ihre Durchsetzung bereit zu sein. Zur Erreichung dieser Ziele muß das organisierte Proletariat von allen Formen des Kampfes Gebrauch machen.

Die Amsterdamer Konferenz wünscht schließlich angesichts der Washingtoner Regierungskonferenz feierlichst fest zustellen, daß die Werktätigen aller Länder den Frieden wollen, und die internationale Gewerkschaftsbewegung für die Erhaltung des Friedens kämpfen wird unter der Lo­jung: Krieg dem Kriege! Keinen Mann und keinen Groschen für den Militarismus! Keine Arbeit mehr für das Werk des Mordens!". Leon Jouhaug.

Der nächste Krieg

Es scheint, daß die Menschheit in der Tat unbelehrbar ist. Noch lange haben wir uns von den Schrecken des Krieges nicht erholt, da kommen schon Nachrichten von allen Seiten, daß die Menschen darüber sinnen, wie sie einen nächsten Krieg noch grauenvoller, noch schreckensreicher gestalten fönnten. Lida Gustava Heymann schreibt einen Artikel in der Frau im Staat", in dem sie ein Buch bespricht von Will Irwin: The next war"( Der nächste Krieg), er­schienen bei E. P. Dulton in New York . Dort heißt es Seite 37: Zur Zeit des Waffenstillstandes wurde bei uns für den Frühlingsfeldzug 1919 unser Lewifitgas hergestellt. Es ist dies ein sinkendes, unsichtbares Gas, welches die Flüchtlinge aus den Kellern und Gräbern heraustreibt; wer es einatmet, stirbt sofort. Aber es tötet nicht nur durch Ein­atmen; wenn es mit der Haut in Berührung fommt, dringt es in den Körper ein, durchdringt den Organismus und führt den Tod herbei; es zerstört alle lebenden tierischen und vegetabilischen Zellen. Es gibt feine Schutzmaßnahmen, die diesem Gift standhalten. An Ausdehnungsfähigkeit übertrifft es die im Weltkrieg angewandten Gase um das 55fache. Ein Dugend Lewisitgasbomben sollen bei günstigem Winde ge­nügen, die Bevölkerung Berlins zu vernichten. Der Waffen­stillstand kam, aber die Gaswissenschaftler forschten weiter." Will Irwin scheint aber durchaus nicht vereinzelt mit seinen Prophezeiungen dazustehen. In dem genannten Artikel von Lida Gustava Heymann wird Edwin C. Hill zitiert, der im New York Herald " schreibt:" Im letzten Kriege erfüllten große Kanonen von der Nordsee bis zu den Alpen die Ohren der Krieger mit höllischem Lärm. Der nächste Krieg wird sich in Todesstille abspielen, durchbrochen nur von dem Aechzen und Schreien Blinder und Berbrannter. Kriege der Bergangenheit waren Konflikte zwischen Artillerie und Ingenieuren, plumpe Duelle mit plumpen Werkzeugen, nicht sehr verschieden von denen, die Napoleon , Grant und Moltke benutzten. Kriege der Zukunft werden unausdenkbar Schauerliche Rämpfe sein, geführt von ältlichen und mittel­alten bebrillten Männern, im Laboratorium sizzend, über Kriegsheere, Schlachtflotten und große, hilflose Städte Miasmen des Todes ausstreuend, die nicht nur den Körper zerstören, sondern den Geist zermürben durch Furcht und starre Angst vor dem geheimnisvollen Unbekannten. Miasmen von flüchtigem, tödlichem Gift, Gift, welches wie Regen aus den Wolken fällt, wörtlich genommen ein Regen des Todes: Gift, welches sich wie Sumpffieber über weite Ebenen verbreitet; Gift, welches aus Höhen mittels Luftdrucks verstohlen, geräuschlos fich entlädt und sich zunt Meister der Welt macht. Das bedeutet der chemische Krieg der Zukunft, und der menschliche Geist ist vorläufig noch nicht fähig, sich die Schrecken auszumalen, die er auslöfen wird. Große Städte, durch Ozeane von ihren

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Feinden getrennt, ruhig in vermeintlicher Sicherheit, werden nachts aus dem Schlaf geschreckt werden durch unsichtbare, hoch im dunklen Nebel freisende Giftschiffe, die Tod und Ber­derben, bringen. Die mächtigsten Festungen, die Menschen­werf jemals geschaffen hat, werden unter dem Regen in sich zusammenfallen. Armeen werden vernichtet, nicht länger Armeen sein, sondern Massen von blinden, schmerzzerstampf­ten menschlichen Wesen, unfähig sich zu rühren, unfähig zu denken.

In all den Tausenden von Jahren, wo die Menschen aus Gier, Eigensucht oder Eifersucht gesonnen haben, andere Menschen zu vernichten, kam nichts Entfehlicheres in der Kriegführung zur Anwendung als diese Giftgase. Die Mög­lichkeiten dieser Waffen sind grenzenlos. Von den den Menschen bekannten 220 000 Chemikalien sind erst 5 Prozent für die Giftgasexperimente versucht worden. Diese 5 Prozent im Weltkrieg angewandt, schufen Berluftlisten, wie die Welt sie noch nie erlebt hat."

Senator Robert M. La Follette foll im amerikanischen Senat alle Einzelheiten des grauenvollen Gasgiftkrieges dar­gelegt und hinzugefügt haben, daß die Menschheit sich endlich darüber klar werden müsse, was es bedeute, daß die eifrigsten wissenschaftlichen Forschungen nach diesem Weltkriege darauf gerichtet seien, Werkzeuge der Zerstörung zu erfinnen. Er soll seine Rede mit den Worten geschlossen haben: Die Welt ist so brutalisiert, daß eine an der Spitze der Zivilisation marschierende Nation diejenigen mit Preifen und goldenen Medaillen belohnt und auszeichnet, welche die besten Methoden ersinnen, Menschen und Eigentum zu vernichten. Das, was vorgeht, ist so teuflisch, daß die ganze Welt revoltieren muß, wenn sie erst begriffen hat, worum es sich handelt. Gegen diesen Wahnsinn gibt es nur ein Mittel: Kriege müssen aufhören. Diese Erkenntnis muß allen Parlamentariern und Regierungen endlich kommen. Diejenige Nation aber beweist den größten Mut und wird an der Spize stehen, die bereit ist, die Wege zu weisen, die zum ständigen Frieden führen."

Dies ist in fnappem Ausschnitt ein Teil der Tatsachen. Es flingt wie wüste Aberteurerromantik. Aber wir haben es schon gelernt, daß die Wirklichkeit selbst die größte Phantasie übertrifft. Und deswegen gilt es, nicht müßig zu­zusehen. Wir müssen die Berufenen mobil machen, genaue Informationen zu sammeln, zu prüfen und dann zu handeln. Besonders aber scheint es eine Aufgabe der Frauen zu sein, hier nicht ein Unheil sich verbreiten zu lassen und zu warten, bis es zu spät geworden ist. Die Frauen müssen einen be­sonders starken Protest einlegen gegen den Plan einer so finnlosen Vernichtung menschlichen Lebens.

Grete Fantl.

Verbesserung der Reichswochenhilfe

Auf Beranlassung unserer Fraktion ist im Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags die Frage zur Sprache gekommen, wie die Leistungen der Wochenhilfe der jezigen Teuerung einigermaßen angepaßt werden könnten. Ganz besonders steht der unerhört hohe Milchpreis in gar feinem Verhältnis zu dem Mindest- Stillgeid von 1,50 Mr. täglich. Aus diesem Grunde hatte unsere Fraktion den Antrag eingebracht, das Mindest- Stillgeld auf den Betrag für einen Liter Milch täg­lich zu erhöhen, die unabhängige Fraktion stellte daraufhin eine Reihe weitergehender Anträge, die wir größtenteils mit unterstützten.

Obgleich von feiner Seite die Berechtigung der verschiede­nen Anträge angezweifelt wurde, hatten doch die Einwände der Regierung, die teils im Hinblick auf die technischen Schwierigkeiten, ganz besonders aber in finanzieller Hinsicht erhoben wurden, zur Folge, daß die Anträge abgelehnt wurden.

Nach längeren Verhandlungen kamen dann aber doch noch