74 D i e Gleichheit Nr. 8 sollen, so erließ Haenisch im März 1920 zunächst eine Verfügung, nach der erstens fortan in die Berufungsurkunden der Lehrerinnen kein Vorbehalt mehr aufgenommen werden darf, daß sie im Falle ihrer Verheiratung aus dem Dienst auszuscheiden haben; und nach der zweitens Lehrerinnen, die schon angestellt sind, nach ihrer Ver- heiratung einstweilen auftragsweise und widerruflich weiter be» schäftigt werden dürfen. Das heißt: ihnen kann gekündigt werden, aber sie können als Hilfslehrerinncn auch fernerhin tätig fein. Er- weitert wurde dieser Erlaß kurze Zeit daraus durch den vom Juli 1920, nach dem es zulässig war, sie in ihrer festen Anstellung z» lassen. Damit blieb den staatlichen Behörden und den Gemeinden ober immer noch das Recht, der verheirateten Lehrerin zu jeder Zeit zu kündigen, z. B. wenn sie ihrem Muttcrglück entgegensah oder wenn sie sich durch ihre� außeramtliche politische Tätigkeit un- beliebt machte. Im Jahre 1921 ist nun durch das Reichsgericht eine wichtige Entscheidung gefällt worden. Für reichsvcrfassungswidrig erklärt es auf Grund von Artikel 128 Absatz 2 den folgenden Para- graphen des bayerischen Volksschulunterhaltungsgcsetzcs vom Jahre 1919:Das Dienstverhältnis der Lehrerinnen erlischt mit der Ehe- schließung." Die bayerische Regierung hatte sich auf Artikel 128 Absatz 1 der Reichsverfassung berufen, wonach die Staatsbürger zu den öffent- lichen Acmternentsprechend ihrer Befähigung und ihren Lcistun- gen" zuzulassen seien, eine verheiratete Lehrerin aber weniger leistungsfähig fei. Das Reichsgericht entgegnet darauf:Daß durch die die Frau stärker beeinflussenden Wirkungen der Ehe ihre Be- fähigung, worunter neben der geistigen auch die körperliche zu ver- stehen ist, und ihre Leistungen beeinträchtigt werden können und, falls aus der Ehe, ihrem natürlichen und sittlichen Zwecke cnt- sprechend, Kinder hervorgehen, wenigstens vorübergehend beein- trächtigt werden muß, kann es... nicht rechtfertigen, in der Eheschließung an sich schon einen Mangel an Befähigung und Leistungen als gegeben anzusehen und deshalb eine Bereinigung von Ehe und Lehrtätigkeit in der Person der Frau von vornherein auszuschließen." Wenn die Frau einige Zeit vor und nach der Entbindung ihrem Beruf nicht nachgehen könnte, so hätte der Staat oder die Gemeinde das Recht, sie zu becirlauben und die Ver- tretungskosten von ihr bezahlen zu lassen. Auf Grund dieses Urteils haben über die Frage der Weiter- besthäftigunz verheirateter Lehrerinnen zwischen den Reichs- Ministern und den beteiligten Landesregierungen Verhandlungen stattgefunden, die den preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung veranlaßt haben, die obige einstweilige Verfügung zu erlassen; eine endgültige wird sie natürlich erst dann, wenn jene Verhandlungen zum Abschluß geführt haben. In der Verfügung, die also kein Verdien st des 1)errn Erschrocken stand er auf. Cr sah in das Gesicht seiner Frau. Eine Blutwclle stand darin. Ihr Blick ging verloren an ihm vorbei auf den Schreibtisch. Der Doktor griff hinter sich, er legte die Photographie platt auf den Tisch. Nicht, weil er sich ertappt fühlte, sondern weil das Gesicht jener Toten in dieser Stunde nur ihm gehörte. Du gehst meinen Gedanken nach, Grete," sagte er unwirsch, fast böse. Nein, mein Lieber, doch du solltest nicht unnütz und selbst- quälerisch durchaus lebendig machen wollen, was dem wirklichen Leben abgestorben istl" Du willst mir mein« Liebe stehlen!" schrie der Doktor, und der Zorn stand wie ein glüher Strich auf seiner Stirn. Nein," sagte sie demütig,ich will dir deinen Besitz nicht nehmen, aber ich möchte dich gern freimachen von dem Irrwahn, als...." Wir wollen die Unterhaltung abbrechen," unterbrach sie der Mann, und er zwang sich zu einer starren Kühle:ich wollte ohnehin noch einen Gang in die Stadt machen!" Szenen der Art wiederholten sich. Der Doktor wurde mürrisch und verdrießlich. Er blieb jetzt auch häufig des Abends in seinem Zimmer. Er schützte Arbeit vor, gab sich aber wollüstigen Grü- beleien hin. Die Frau zog sich still in sich zurück. Sie sagte kein lautes Wort, ob auch ihr Herz klagte und brannte. Zuweilen hatte er sehr wohl das starke Bewußtsein, daß er seiner Frau Unrecht we, und er kämpfte dann mit dem Entschluß, zu ihr In das Wohnzimmer zu gehen. Aber eine bange Furcht hielt ihn immer wieder zurück. Ein unklares Gefühl sagte ihm, daß Bild und Liebe seiner ersten Frau desto mehr verblasse, je mehr er sich der Liebe zu seiner jetzigen Frau hingebe. Dr. B o e l i tz ist, wird leider nichts über die Rechte der Lehrerin» nen gesagt, die wegen ihrer Verheiratung schon entlassen worden sind. Haben sie, da ihnen Unrecht geschehen ist, das Recht auf Wiedereinstellung? Viele stehen der Beschäftigung verheirateter Lehrerinnen wegen der großen Zahl der auf Anstellung wartenden Lehrpersonen ab- lehnend gegenüber. Dann muß eben aus andere Weise Abhilfe geschaffen werden, nicht aber unter Verletzung der den weiblichen Beamten in der Verfassung garantierten Rechte. Man könnte z. B. der verheirateten Lehrerin gestalten, nur die Hälft« Stunden zu geben. Sie erhält dann auch die Hälfte des Gehalts und später auch die Hälfte der Pension. Aus diefe Weise ist allen gedient. Die Lehrerin kann noch etwas verdienen und braucht nicht den Beruf aufzugeben. Der Staat oder die Stadt haben weniger zu befürchten, daß die verheirateten Lehrerinnen ihren Beruf vernachlässigen; sie haben keine Unkosten, da eben zwei halbbeschäftigte Lehrerinnen einer voll beschäftigten gleich zu rechnen sind. Die Aussichten für die noch nicht angestellten Lehrer und Lehrerinnen werden dann nicht so ungünstig wie in dem Fall. wo die Lehrerin, die ihren Beruf nicht aufgeben will, voll be- schäftigt wird. Dr. Erich Witte . Das Recht der Frau Soweit wir eine Weltgeschichte besitzen, war noch keine Revolution so ertragreich für die Rechte der Frau, wie die deutsche Revolution vom November 1918. Das hat seine Ursache darin, daß die Sozialdemokratie, also die erste große Partei, welche die völlige Gleichberechtigung der Frau auf ihre Fahne geschrieben hat, die Trägerin jener Revolution war und somit Gelegenheit erhielt, ihre Bestrebungen zu verwirklichen. Soweit die Sozialdemokratie dos in den Re» volutionstagen konnte, hat sie das auch getan, soweit ihr das später im parlamentarischen Getriebe möglich war, hat sie es auch zu erreichen versucht. Die Ausnützung dieses Rechts müssen sich die Frauen nun selbst durch energisches Handeln augelegen sein lassen. Man hat nun das Verlangen nach einem Buche, daß diese Neuerungen zusammenfassend darstellt. So empfindet man es als eine dankenswerte Tat, wenn jetzt der Verlag von W. Bobach u. Co. in Leipzig ein solches herausgebracht hat. Es führt den TitelDas Recht der Frau" und ist versaßt von dem Rechtsanwalt Dr. G e o r g Baum in Und darum kämpfte er mit aller Gewalt dagegen an: er wolle nicht vergessen, er wollte nicht untreu werden! Und in den Stunden, da er sich mit solchen Vorstellungen ganz durchtränkt hatte, konnte es wohl vorkommen, daß er meinte, sein« Frau überhaupt nicht mehr zu lieben, ja. sie hassen zu müssen. Dann sprang er auf, griff sich mit beiden Händen an die Stirn, ging erregt im Zimmer auf und ab und fand nur mühsam seine Ruhe wieder Dazu trug die Frau ein Kind unter dem Herzen. Allein, s» sehr sie dieserhalb schon ein schmerzloses und ungetrübtes Ber» hältnis zu ihrem Manne herbeisehnte, so ahnte und fühlte ste doch: Sie konnte und durste in seine Wirren nicht eingreifen. Er mußte sich selbst aus ihnen lösen und einen Ausweg finden. daß er frei zwischen seinen Lieben stand und seine Hände reichen durfte nach hüben und nach drüben ohne Anklage und ohne Scham. Aber in Stunden, da ihr Mann in der Stadt war, schlich sie sich wohl in sein Arbeitszimmer und vor das Bild. Elisabeth" stand darunter und nichts weiter. Und betrachtete es aufmerksam und lange. Und die großen, klaren Augen der Verstorbenen ließen sie dann lange nicht. Diese Augen sah sie vor sich stundenlang und war nicht bösr darum. Hätte er ein Erbe von ihr, so meinte sie, dann stünde es bester um ihn. jetzt bleibt ihm nur ein schmerzliches Erinnern. Darüber ging die Zeit hin und es kam die Stunde, die den Schrei eines Kindes in das Haus brachte. Der Doktor war im Zimmer nebenan. Sein Herz schlug hoch. Alles vortrefflichl Ein Junge ist's!" hatte ihm die Schwester ge- meldet. Da fühlte er, wie eine heiße Brandung in ihm aufbegehrte und Sandung und Geröll fortschwemmte, die wie ein äpgsclich auf- gespeicherter Ballast in ihm gelegen.