Nr. 8

Die Gleichheit

und den Haarschnitt. Nach dem 8. Lebensjahr zeigen fich zuerst die Andeutungen der sekundären Geschlechtsmerk male; um diese Zeit beginnt bei den Mädchen die Becken gegend breiter zu werden, außerdem nimmt die Fettablage rung in dieser Gegend zu, und der Uebergang zu den Ober­schenkeln ist rundlicher und nicht so deutlich wie bei den Knaben. Allmählich werden auch die übrigen Gliedmaßen der Mädchen rundlicher und weicher. Damit beginnt die Zeit der Reife für das Mädchen, die sich viel schneller und früher abspielt als beim Knaben. Die Mädchen schießen um Diese Zeit schneller in die Höhe; das Wachstum beträgt vom 11. Lebensjahr ab fast jedes Jahr 5 Zentimeter, und erst im 15. Lebensjahr werden sie von den Knaben eingeholt, so daß beide Geschlechter dann wieder gleich lang sind. Jetzt aber wachsen die Jünglinge wieder schneller. Während das Wachstum bei den jungen Mädchen etwa mit dem 21. Le bensjahr aufhört, steht es bei dem männlichen Geschlecht erst im 23. oder 25. Jahr still, so daß im späteren Leben die Männer die Frauen im Durchschnitt überragen. Mit dem 11. Lebensjahr beginnen die Brustdrüsen sich zu ent­wickeln. Die Brustwarze wird emporgehoben und bildet mit dem sie umgebenden Warzenhof die Brustknospe. Durch starte Einlagerung von Fett wölbt sich die Brust jetzt vor und bildet eine abgeflachte Rugel. Bis zur Reife, etwa dem 14. und 15. Lebensjahre, schreiten diese Aenderungen weiter vor. Unterdessen fängt der Körper an, sich zu behaaren. Beim männlichen Körper ist die Behaarung über die ganze Oberfläche ziemlich gleichmäßig verbreitet, beim Mädchen auf zwei Körperstellen beschränkt, in der Achselhöhle und als Schamhaare um die äußeren Geschlechtsteile. Die Behaa rung schneidet hier mit einer glatten Linie ab, während sie beim Mann allmählich in die des Bauches übergeht.

Aber auch im Innern des Körpers find unterdessen Ber­änderungen vor sich gegangen, die inneren wie die äußeren Geschlechtsorgane haben an Größe zugenommen. Im Eier­stock ist das erste Ei reif geworden, seine Umhüllung playt, und es tritt durch den Eileiter in die Gebärmutter ein. Hier sucht es sich festzusetzen, wird aber, da es nicht befruchtet ist, wieder abgestoßen. Es tritt dann zum erstenmal die Blu­tung aus der Gebärmutter, die Menstruation oder Regel ein. Dieser Vorgang wiederholt sich jetzt alle vier Wochen. Ob die Blutung zugleich mit der Eireifung im Eierstod oder in der Mitte zwischen zwei Eireisungen ein tritt, ist noch nicht mit Sicherheit entschieden. In Deutsch land tritt die erste Regel durchschnittlich im 14. Lebensjahr nach der Ausbildung der Brüste und der Schamhaare auf, in südlichen Ländern früher, in nördlichen später. Aber auch bei Stadtbewohnern stellt sie sich häufig früher, im 13. oder gar 12. Lebensjahre ein. Jedenfalls find die Organe nun zur Fortpflanzung fähig, aber da das Gesamtwachstum erst mit dem 21. Lebensjahr beendigt ist, so ist es ratsam, daß vor­her keine Befruchtung stattfindet. Zur Eheschließung ist das 21. bis 25. Lebensjahr die geeignetste Zeit.

Sind die bisher aufgezählten Unterschiede die deutlichsten und auffallendsten, so kommen doch noch viele andere hinzu. Die Knochenbildung bleibt zarter, die Gestalt klei­ner und zierlicher. Die Haut bleibt glatter, rosiger, und ist nur an den angeführten Stellen behaart. Es erfolgt kein Etimmwechsel, und der Kehlkopf tritt außen am Hals nicht so deutlich hervor wie beim Manne. Eigenartigerweise ver­größert sich die Schilddrüse und tritt besonders zur Zeit der Pubertät, d. h. Reife, hervor, so daß ängstliche Mütter den­fen, die Schönheit ihrer Töchter würde durch einen bleiben den Kropf entstellt. Sämtliche Formen werden durch die größere Fettablagerung runder, das Gesicht bleibt im Ver­hältnis zum Schädel fleiner, runder und weicher. Die Wölbungen über den Augenhöhlen sind nicht so stark ent­wickelt wie beim Mann. Das Blut ist etwas dünner, die Zahl der roten Blutkörper kleiner und der Gehalt an Blut­farbstoff geringer. Die letztere Erscheinung tritt bei sehr vielen heranwachsenden Mädchen besonders start auf, fie werden bleichsüchtig.

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Von den beiden äußerlichen Geschlechtsunterschieden, die am deutlichsten hervortreten, nämlich dem längeren Kopfhaar und dem Tailleneinschnitt, ist es fraglich, ob sie natürliche Unterschiede sind oder nur durch künstliche Beeinflussung hervorgerufen werden. Das Kopf­haar pflegt allerdings dichter zu sein, seine größere Länge ist aber hauptsächlich dadurch bedingt, daß es wenig oder gar nicht abgeschnitten wird, während es bei den Knaben immer wieder der Schere zum Opfer fällt.

Dadurch, daß beim Mädchen die Hüftengegend breiter ist, erscheint der natürliche Tailleneinschnitt deutlicher. Er ist auch bei der als weiblichen Normalgestalt geltenden Venus von Milo deutlich zu sehen. Die sogenannte Kultur hat durch die Erfindung des Korsetts diesen Einschnitt noch mehr betont und ihn so zum Anlockungsmittel auf der Suche nach. dem Mann ausgebildet. Zu demselben Zwed läßt es die Brüste deutlicher hervortreten. Das ist der eigentliche Sinn diess gesundheitsschädlichen Marterinstruments.

Die ganze Umwandlung zur Zeit der Reife ist abhängig von der Ausbildung des Eierstocks. Er bringt nicht nur die Eier hervor, sondern scheidet wahrscheinlich besondere Stoffe aus, die in das Blut gehen und so diese Veränderungen hervorrufen. Professor Steinach entfernte die Hoden bei männlichen Ratten und pflanzte ihnen Eierstöde ein. Da­durch verkümmerten die männlichen Geschlechtsorgane, während die Brustdrüsen sich stark vergrößerten. Die Tiere werden in ihrem Bau den weiblichen ähnlicher. Erlischt die Tätigkeit des Eierstocks, wie bei der Frau in den Wechsel­jahren, so freten männliche Eigenschaften bei ihr auf. Die Stimme wird tiefer, an Kinn und Oberlippe sprießen oft Haare hervor.

Kommunales

Erhöhung der Wohlfahrtsunterstützungen

Bon Karl Kolaß, Parteisekretär, Elberfeld

Die unaufhörlich fortschreitende Teuerung aller Gegenstände des täglichen Bedarfs verschlechtert die wirtschaftliche Lage der Lohn­und Gehaltsempfänger immer mehr. Am schwersten leiden darun ter die Sozialrentner und die Empfänger von Wohlfahrts- und Armenunterstützung.

Es muß deshalb unsere Aufgabe sein, den Aermsten der Armen zu helfen, indem wir alle in den Kommunen tätigen Genossen und Genofsinnen veranlassen, bei den Stadt- und Gemeindeverwaltun gen eine weitere Erhöhung der Wohlfahrtsunterstützungssätze zu beantragen. Unsere Stadtverordnetenfraktion in Vohwinkel hat be reits einen diesbezüglichen Antrag gestellt, und wie wir hören, be­absichtigt unsere Fraktion in Elberfeld das gleiche. In Barmen ift mit Wirkung vom 15. Februar 1922 eine Erhöhung der Gea famtleistungen der Wohlfahrtspflege um 42 Proz. erfolgt.

Für die auf Antrag gewährten Bar- und Sachleistungen" find in den Richtlinien der Wohlfahrtsämter meist lächerlich geringe Summen festgelegt, die der Geldentwertung feineswegs entspre chen. Diese Beträge müssen bedeutend erhöht, zum mindesten aber verdoppelt werden. In ganz besonderen Notfällen find darüber hinaus größere Summen zu bewilligen.

Infolge der ungeheuerlichen Kartoffelpreise haben mehrere Städte bereits im Vorjahre neben den regelmäßigen Unterstüßungen be sondere Kartoffelbeihilfen gezahlt. Einige Städte geben Gutscheine für Rohlen aus. Bei den unerschwinglichen Preisen für Kleidung, Schuhe usw. müssen wir bei Schul entlassungen, Jugendweihen, Konfirmationen usw. fordern, daß in Notfällen für die Kinder Kleider und Schuhe unentgeltlich geliefert

werden.

Solche außergewöhnlichen Unterstüßungen müssen wir rechtzeitig ins Auge fassen, vorbereiten und beantragen.

In Städten oder Gemeinden, in denen in Krankheitsfällen un­entgeltliche ärztliche Behandlung, fostenlose Abgabe von Medi­tamenten, freie Krankenhausbehandlung noch nicht gewährt wird und wo im Todesfalle die Uebernahme der Beerdigungskosten noch nicht erfolgt, muß unverzüglich versucht werden, diese selbstver­ständliche Forderung durchzudrücken.

Bezüglich der Anrechnung des Arbeitsverdienstes der Unter­stüßungsberechtigten oder deren im Haushalt befindlichen Angehö rigen erfolgt die Anrechnung desselben zum Teil noch ganz, meist aber bis zu zwei Dritteln. Es muß versucht werden, als Höchst­