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Nr. 11

Die Gleich beit

Der ungarische Leidensweg

Bon Szeréna Buchinger( zurzeit Wien  )

Die Arbeiterschaft des zur traurigen Berühmtheit gelangten Ungarns   erlebte im letzten Jahrzehnt so manche schwere Krise. Zum Verständnis der Ereignisse gehört die Tatsache, daß Ungarn  vor dem Kriege ausschließlich von den Adligen, von Geistlichen und Großgrundbesitzern beherrscht wurde. Zweidrittel der Landbevölke rung waren den Großgrundbesitzern ausgeliefert. Die Politik der Agrarier mündete endlich in dem Kriege, in dem außer den Opfern an Gut und Blut zwei Drittel des alten Gebietes des Landes zu­grunde gingen. Die 20 Millionen Seelen zählende Bevölkerung murde auf 7 Millienen reduziert, aber die Zahl der Grafen   und der Großgrundbesitzer blieb die alte.

Auf den Zusammenbruch an der Front folgte der Sturm der Revolution. Am 31. Oftober 1918 fam die Erbitterung, die sich durch die hundertfache Not des Volkes angehäuft hatte, endlich zum Durchbruch.

Der jahrzehntelange Kampf der Arbeiterschaft um das Wahl recht und die Koalitionsfreiheit, um Vereinigungsrecht usw. blieb ergebr.islos, die Kämpfe der Revolution wurden von größtenteils politisch ungeschulten und unorganisierten Massen ausgefochten. Den Landarbeitern in den Dörfern, den staatlichen Angestellten und den Gemeindearbeitern war bis dahin die Gründung von Or­ganisationen völlig versagt. Was die Gruppen der weiblichen Arbeiter anbelangt, so war es den Arbeiterinnen der Tabaffabriken verboten, Organisationen zu gründen, desgleichen den Haus­gehilfinnen. Aber der Krieg wurde zum fräftigen Agitator und all diese Arbeiterkategorien drängten sich in das Lager der Sozial­demokratie. Wo es nicht anders ging, gruppierten sich die Arbeiter und Arbeiterinnen um ihr Fachorgan in einer illegalen Freien Organisation".

Die sogenannte Karolyi- Revolution gab allen Männern und Frauen, die das zwanzigste Lebensjahr erreicht hatten, volle poli­tische Rechte. Es begann die Agitation und die Organisation unter den neuen Verhältnissen in großem Stil, und im Frühjahr 1919 follten die Wahlen zur Konftituante stattfinden. Mittlerweile famen die russischen Gefangenen, die sich zum Bolschewismus be­fannt hatten Bela Kuhn und Genossen nach Hause. Die Agitation fehrte sich recht bald gegen die Sozialdemokratie, es ent­stand ein schreckliches Chaos, und so tam es am 21. März 1919 zur Proklamierung der Räterepublik.

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Die Mitglieder der alten Partei blieben während der Rätedikta­tur mit wenigen Ausnahmen auf ihren Plätzen und glaubten die

In einem Giebel ein mit mattem Licht erfülltes Kammerfenster. Es flirrt leise, ein Schatten an der Decke bewegt sich.

Eine verhaltene Mädchenstimme summt irgendein Lied von Frühling und blühenden Bäumen. Eine fleine, weiße Gestalt lehnt am Fensterrahmen.

Vielleicht dieselbe, die vorhin vom Fest aus der Stadt fam, langen Abschied nahm in der Haustürnische.-

Bang

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bang: schwer und wuchtig schlägt es vom Bahnhof

her zwei Uhr. Wie erschreckt tritt das Mädchen vom Fenster zurüd. Das Licht verlöscht, das legte, einzige Licht.

Nun nichts mehr als der harte Arbeitstakt der Rangierbahn. Und die schüchternen, weißen Blüten. Und der Duft erwachender Knospen, die Herbe jungblühender Gärten Frühling.

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Ein Wind stößt über der Erde hin, verweht den letzten Nachti­gallenschlag erster Morgengruß. P. Haupt.

Der erste Jasmin

Ah, dieser Jasmin, diefer weiße Jasmin!'

Mir ist wie am ersten Tag, da ich meine Hände füllte mit diesem weißen Jasmin.

Ich habe die Sonne geliebt, den Himmel und die grüne Erde. Ich habe das rieselnde Rauschen des Flusses gehört durch das Dunkel der Mitternacht.

Herbstsonnenuntergänge find zu mir gefommen an eines Weges Biegung in einfamer Dede wie eine Braut, den Schleier hebend Zum Empfang des Geliebten.

Und doch ist mein Erinnern noch süß von dem ersten weißen Jasmin, den ich in meiner Hand hielt, als ich ein Kind war. ( Aus: Tagore  ( Der zunehmende Mond), Berlag Kurt Wolff  ,

München  .)

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132 Tage der Räteherrschaft mitmachen zu müssen. Solange dauerte nämlich diefer unglüdselige Karneval, dessen Aschermittwoch nunmehr schon 32 Monate währt.

Die Konterrevolution brachte nun unerbittlich alles zur Strecke. Das Blut der Arbeiter und Arbeiterinnen floß in allen Kerfern. Die Peitsche, der Brügel und der Galgen wurden in Anwendung gebracht, Echändlichkeiten jeder Art wurden an den Gefangenen verübt. Die Leiden, die die Arbeiterschaft schon seit 32 Monaten durch den weißen Terror zu erdulden hat, sind nicht zu beschreiben. Tausende von Arbeiterinnen wurden ihren Kindern, selbst den Säuglingen, entrissen und ins Gefängnis geworfen. In einigen Provinzstädten, zum Beispiel Szekszárd  , Siofok  - wurden Ar­beiterfrauen ohne gerichtliches Urteii im Anblick ihrer Kinder auf Befehl weißer Gordisten erhängt. Den Männern dieser Frauen erging es ebenso. Diese Frauen haben sich in der Bewegung früher nie hervorgetan, se dürften während der Räteherrschaft auch nur ganz geringfügige Stellen bekleidet haben.

Die Prozesse wurden zumeist wegen der nichtigsten Dinge ge führt; hauptsächlich hotte man es auf die Führerinnen der Geweri schaften abgesehen. Die Lertrauenspersonen der Hausgehilfinnen wurden zu Hunderten verhaftet, selbstverständlich erging es der Vorsitzenden des Bertandes der Hausgehilfinnen, der Genossin Szöke und der Eekretärin Genoffin Marie WIa ch nicht besser. Die Leztgenannte war nie Kommunistin. Die Dinge, die ihr zur Laft gelegt wurden, mögen vielleicht von anderen begangen worden sein. Sie erhielt vier Jahre strengen Kerker....

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Aehnlich erging es den Arbeiterinnen der staatlichen Tabak­fabriken. Wie schon betont, war es diesen Arbeiterinnen unter Androhung der sofortigen Entlassung untersagt, einer Gewerkschaft oder einer Parteiorganisation anzugehören. Jedoch in einem Falle wollte man ihnen die Organisation freigeben, nämlich wenn sie sich den sogenannten Christlichsozialen, d. h. den Gelben, hätten an schließen wollen. Im zweiten und im dritten Kriegsjahr entbrannte ein heißer Kampf um die Organisation. Die Führerin der soge­nannten christlichsozialen Tabatarbeiterinnen eine Baronin Korányi führte den Kampf auch persönlich gegen die Führerin der flaffenbewußten Tabalarbeiterinnen, gegen die Genossin Anna Kereszténŋ. Es ging hier um die sehr beträchtliche Bahl von 20 000 Arbeiterinnen der 21 Tabaffabriken im ganzen Lande. Die Genossin Keresztény   vertrat die Sache der Tabak­arbeiterinnen mit außerordentlicher Energie und Geschicklichkeit, und diesem Umstande verdankt sie es nun, daß die Schergen des weißen Terrors fie nach dem Zusammenbruch der Räteherrschaft mit besonderer Wut verfolgten. Monate hindurch wurde sie durch

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Was ich liebe!

Ich liebe die duftenden Blumen, Ich liebe der Vögel Gelang, Ich liebe die wandernden Wolken, Den grünenden Bergeshang.

Ich liebe die Itrahlende Sonne Mit ihrem belebenden Schein, Ich liebe die Freuden des Winters- Den Schimmernden Schnee fo rein.

Ich liebe die flüfternden Wälder, Ich liebe die Kraft der Natur, Die trotzig ragenden Berge, Die friedliche Stille der Flur.

Ich liebe den nächtlichen Himmel

Mit funkelndem Sternengeschmeid.

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Des Mondes keufchglänzenden Schimmer, Die Bäume im Frühlingskleid,

Ich liebe die blühende heide,

Die träumend im Abendfchein ruht, Ich liebe den Zephir, der kofend Umfchmeichelt die zitternde Flut.

Ich liebe die geistige Größe

Die über der Illenge Iteht- Den willensftarken Charakter Der eigene" Wege geht.

Ich liebe zwei zärtliche Augen

Mit Innigkeit täglich aufs neu, Ich liebe das höchfte auf Erden;

Ein Menfchenherz felbftlos und treu! Irene Sch.

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