Nr. 9

Für unsere Mütter und Hausfrauen

tobenden Sinne in seinen Adern gelöscht; wenn man einwendet, daß die Natur die Frauen früher welfen läßt, so doch sicher nur die Frauen, die nichts anderes als Last- und Geschlechtstier des Mannes und nie dazu gekommen sind, alle ihre Kräfte ausreifen zu lassen. Man braucht sich wahrhaftig nicht auf das abgeleierte Beispiel der Ninon de l'Enclos und der unerfättlichen Katharina von Rußland zu berufen, um vorauszusagen, daß einst auch jene Generation von Frauen der sieghaften Anziehungskraft blühender Geschlechtsreize nicht ermangeln wird, der es heute versagt ist, Weinlaub im Haar zu tragen.

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Wenn sich darum heute die Frauen zwischen vierzig und fünfzig Jahren gegen die Aschenbrödelrolle im erotischen Leben wenden und wehren, so steckt auch darin ein erfreuliches Stück Auflehnung gegen den Zwang einer überlebten, zum Untergang reifen Gesell­schaftsordnung. Die Elsie Lindtner der Karin Michaelis sieht wohl ein, daß die Grausamkeit, mit der man die alternde Frau mit ihrem Hoffen und Wünschen sich selber überläßt, der Gesellschaft entspringt. ,, Niemand," schreibt sie, hat bisher jemals laut die Wahrheit aus­wie gesprochen, daß die Frau mit jedem Jahre, das vergeht. wenn der Sommer kommt und die Tage länger werden, mehr und mehr Weib wird. Sie erschlafft nicht in dem, was ihr Ge­schlecht betrifft, fie reift bis tief in den Winter hinein. Aber die Gesellschaft zwingt sie, einen falschen Kurs zu steuern. Ihre Jugend darf nur bestehen, solange die Haut glatt und der Körper verlockend ist. Sonst gibt sie sich dem boshaften Gelächter preis. Eine Frau, die es wagt, das Recht des Lebens in den späteren Jahren zu fordern, wird mit Abscheu betrachtet." Aber die sich bäumende Verzweiflung der Alternden bei Karin Michaelis klingt schließlich in eine dumpfe Entsagung aus, und in der Tat birgt die Gesell schaftsordnung von heute in sich keine Lösung dieses Problems.

Die Lösung schlummert vielmehr im Schoße der sozialistischen Gesellschaftsordnung von morgen, sowenig wir im einzelnen wissen, wie sich in ihr der Verkehr der Geschlechter regeln wird. Aber auf jeden Fall bringt sie die Befreiung von allen äußeren Schranten. Es war fein Geringerer als Fourier, der große französische Utopist, der in der Liebe der Geschlechter die stärkste Triebfeder in dem Uhrwerk seiner erträumten Zukunftsgesellschaft sah und der auch für seinen Teil die Frage löste, die Karin Michaelis mit ihrem Buche oberflächlich genug angestochen hat. In seiner Université universelle" verkündet er, daß das Alter die berauschenden Freuden der Menschen seines Harmoniestaates kaum zu mindern vermöge. Sie leben vielmehr in ewiger Jugend, und in den Beziehungen der Ge­schlechter zueinander spielen selbst große Aitersunterschiede keine Rolle.

Gewiß war Fourier ein heilloser Utopist und Phantast, aber nichtsdestoweniger führt der Sozialismus mit der großen Befreiung auch des Weibes ein Zeitalter herauf, in dem keine Küsse ungefüßt bleiben, auch die nicht, die den Frauen im Hochsommer ihres Lebens Hermann Wendel . die Sehnsucht heiß auf die Lippen treibt.

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Zitronen und Apfelsinen.

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn, Im dunklen Laub die Gold- Orangen glühn, Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?

fingt Goethes Mignon in Sehnsucht nach dem sonnigen Süden. Uns, die um mit demselben Dichter zu reden, ein graulicher Tag hinten im Norden umfängt," uns schickt der Süden jetzt in Fülle herbe Zitronen und köstliche Orangen. Apfelsine, das heißt Apfel von Sina( China), wird die Orange nach ihrem Ursprungslande in ganz Norddeutschland genannt. Zitrone und Orange entstammen derfelben Pflanzenfamilie.

Beide Früchte sind geeignet, treffliche Dienste zu leisten im Kampfe gegen den Alkoholismus, denn sie liefern gesunde und billige Ge­tränke, deren man nicht leicht überdrüssig wird. Die Verwendung der Zitrone zu Kühltränken ist allgemein bekannt, wiewohl mancher ihre erquickende Wirkung nur in Krankheitstagen erfährt. Weniger bekannt ist die warme und die heiße Limonade, die in der kalten Jahreszeit ein wahres Labsal ist. Bei Sporttreibenden ist sie seit langem geschätzt. Als Nansen seine weltberühmte Polarreise machte, wurde an Bord seines Schiffes, der Fram ", des Abends gewöhn lich ein Frampunsch" gebraut, der indes nichts anderes war als eine heiße Zitronenlimonade. Ihre belebende und erwärmende Wirkung bewährte sich in den eisigen Polargegenden auf das beste. Man sah, es ging auch ohne Alkohol, und der ausgezeichnete Ge­sundheitszustand der Mannschaft unter außergewöhnlich schwierigen Verhältnissen und bei sehr großen körperlichen Leistungen war die beste Empfehlung der Abstinenz.

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Wenig bekannt ist bei uns die Drangeade, der Apfelsinentrant, der gleichfalls falt und heiß ausgezeichnet mundet. Die natürliche Süße des Saftes bedingt, daß hierbei nur ein kleiner Zuckerzusatz nötig ist. Sehr gut ist auch eine Mischung von Apfelsinen- und Bitronensaft mit Wasser und Zucker. Zum Auspressen der Früchte bedient man sich vorteilhaft einer gläsernen Zitronenpresse, die für 10 Pf. käuflich ist. Die gesundheitfördernde und anregende Wir­fung der Zitronen- und Orangentränke beruht auf ihrem Gehalt an Fruchtsäure und Zucker. Die Fruchtsäuren gelten erfahrungs­gemäß als Vernichter einer Menge von Bakterien im menschlichen Körper, fie fördern außerdem die Verdauung und regen den Appetit an. Der Zucker ist ein vortrefflicher Nährstoff, der von dem Körper unmittelbar ausgenügt wird. Bei Katarrhen gibt eine Mischung von Zitronenfajt, reinem Bienenhonig und heißem Wasser nach Belieben noch mit Eigelb verquirlt ein schleimlösendes und be­ruhigendes Getränk.

Zu Salaten verwende man, wenn irgend möglich, frischen Zitronensaft an Stelle von Essig, der selten von einwandfreier Be­schaffenheit ist. Gebackene Fische, gebratene Koteletts und Schnitzel werden durch Beträufeln mit ein wenig Zitronensaft im Geschmack gehoben. Man liebt auch einen Zusatz von einigen Tropfen Zitronen­saft zum Tee, dem dadurch etwas von der aufregenden Wirkung genommen wird.

Die Verwendung der Zitronenschale in frischem oder ge­trocknetem Zustand als Würze für Kuchen, süße Suppen und Breie ist allgemein. Am feinsten wirkt diese Würze, wenn man die Schale der vorher sauber gewaschenen und abgetrockneten Früchte an Würfel­zucker abreibt. Solche Zitronenzuckerstückchen lassen sich in einem verschlossenen Glase längere Zeit aufbewahren. Die Schalen aus= gepreßter Zitronen werfe man nicht gleich fort. Sie dienen, solange sie innen noch feucht sind, zur mühelosen Reinigung für schmutzige Finger. Auch Hühnereier lassen sich damit säubern, bevor man sie focht.

Harte Zitronen werden saftreich, wenn man sie einige Zeit an einem trockenen dunklen Orte aufbewahrt. Die in Drogenhand­lungen käufliche kristallisierte Zitronensäure kann nötigen­falls als Ersatz für frische Früchte dienen. Sie wird auf chemischem Wege aus dem Safte der Zitronen gewonnen. Freilich fehlt den in Wasser gelösten Kristallen das Aroma der frischen Zitrone. Mit einigen Tropfen Apfelsinen- oder Zitronenessenz läßt sich zum Beispiel bei einer Limonade auch dem abhelfen. Diese Essenz stellt man her, indem man die dünn abgeschälte gelbe Haut der Früchte ganz fein hackt, in ein verschließbares Glas gibt und mit Kochzucker vermengt. Die sich bildende Flüssigkeit verwende man vorsichtig, um durch ein Zuviel nichts zu verderben.

Die Apfelsine, die alle anderen Fruchtarten an Saftfülle über­trifft, gibt auch einige gute süße Speisen, von denen die einfachsten folgende find:

Apfelsinenreis. Ein Viertelpfund Reis wird in einem reich­lichen halben Liter Wasser mit etwas abgeriebener Apfelsinenschale ausgequollen. Kurz vor dem Garwerden der Speise süßt man nach Geschmack und fügt reichlich Apfelsinensaft hinzu. Man kann zum Ausquellen auch Apfelwein und Wasser zu gleichen Teilen ver­wenden. Einige gezuckerte Apfelsinenscheiben legt man nach dem Erfalten obenauf.

Süßer Salat von Apfelsinen und Apfeln. Apfel werden geschält und in Achtel, diese wiederum in feine Scheibchen geschnitten. Apfelsinenspalten werden zerschnitten, gezuckert und mit den Äpfeln gemischt. Der Salat muß 1 bis 2 Stunden durchziehen. Man fann ihn verändern und gehaltreicher gestalten, indem man einige fein­geschnitzelte Nüsse oder Bananenscheibchen hinzufügt.

Orangenmarmelade ist ein vorzüglicher Aufstrich für Weiß­brot und Zwieback, ein angenehm schmeckendes Nahrungs- und Genuß­mittel, das auch dem schwachen Magen wohlbekommt. Der Februar ist die beste Zeit zur Bereitung dieser Konserve. Von recht süßen. Apfel­sinen, denen man einige bittere Orangen beifügen kann, entfernt man Schale und Kerne. Die Apfelsinenschale wird mit kaltem Wasser bedeckt zu Feuer gebracht und weichgekocht. Dann legt man sie noch ein Weilchen in kaltes Wasser. Die gelbe Schale wird darauf von der weißen abgezogen und in feine Streifchen geschnitten. Auf jedes Pfund vorbereiteter Früchte rechnet man ein Pfund ungeblauten Zucker. Einen unversehrten Emaille, Aluminium- oder Bunzlauer Topf reinigt man sorgfältigst mit kochendheißem Sodawasser. Der Zucker wird mit wenig Wasser hineingegeben und das in Scheiben geschnittene Apfelsinenfleisch mit den Schalenstreifchen hinzugefügt. Alles zusammen wird unter fleißigem Rühren dick eingekocht. Das Schalenwasser wird am besten nicht mit verwendet, da es die Marme­lade zu bitter machen würde. In gut verschlossenen Gläsern oder Steintöpfen aufbewahrt, hält sich diese Marmelade sehr lange. M. Kt.