Nr. 18

Für unsere Mütter und Hausfrauen

zur Entdeckung des ganzen Anschlags. Ein Brief des Schüßen Fleischer wegen des fehlenden Schlüssels war als unbestellbar zurüdgekommen und vom Postmeister entgegen der Vorschrift ge­lesen und sofort dem Militärkommando zugestellt worden. Der Be­amte erwarb sich mit dieser Verlegung des Dienstgeheimnisses das Verdienstkreuz. Fleischer und über wurden sogleich verhaftet, ebenso unsere anderen Helfer unter den Schüßen, soweit sie bekannt waren. Die Soldaten bekamen Arbeitshausstrafe bis zu vier Jah­ren, unsere Freunde, die uns bei dem Plane unterstützt hatten, Gefängnis bis zu sechs Monaten. Mit Neujahr 1852 verloren die Schüßen die Auszeichnung", Waldheim bewachen zu dürfen, ihre Unzuverlässigkeit erregte zu große Besorgnisse. Unser Verlangen nach Freiheit unterlag zwar keiner gerichtlichen Ahndung- welche Strafe hätte man uns noch auferlegen können?-, allein auf disziplinarischem Wege gab es Mittel genug, uns büßen zu lassen. Und der Zuchthausinspektor sorgte dafür, daß fie tüdisch und brutal gegen uns angewendet wurden.

Für die Hausfrau.

Rhabarberspeisen. Mit Beginn der warmen Jahreszeit stellt sich naturgemäß das Bedürfnis nach erfrischenden Zuspeisen ein, die den oft verminderten Appetit sowie die Verdauung anregen, während ihre nährenden Eigenschaften erst in zweiter Linie in Betracht kommen. Eine ganze Reihe solcher Speisen liefern die Blattstiele des Rhabarber, die einen erheblichen Gehalt an Apfel­säure befißen. Die Kultur des Rhabarber ist so einfach, daß fie im bescheidensten Arbeitergärtchen mit gutem Erfolg betrieben werden kann. Wenn man den Rhabarber nicht zur Blüte kommen läßt, so liefert er von April ab bis in den Juni hinein saftige Etiele. Später werden die Stile gewöhnlich holzig. Besonders zarten Rhabarber erzielt man durch Bleichen, indem man eine Niste über die Pflanze stülpt. Die Vorbereitung des Rhabarbers zum Kochen geht sehr schnell vonstatten. Abschälen und Abbrühen sind überflüssig. Nach sorgfältigem Waschen werden die Stiele in Stüde von Fingergliedlänge geschnitten.

-

1

Rhabarbersuppe. Zerschnittene Rhabarberstengel- für 3 Personen rechnet man ein reichliches halbes Pfund werden mit 1 Liter Wasser und einem fleinen Stückchen Zitronen- oder Apfelfinenschale ausgefocht, durch ein Sieb gegossen, nach Ge­schmack gefüßt, mit in faltem Wasser klar gerührtem Kartoffel­oder Maismehl seimig verkocht und über Zwiebackstückchen an­gerichtet. Diese Suppe fann auch als altschale gereicht wer­den. Sagotlöße geben eine gute Einlage für die Kaltschale. 1 bis 1 Löffel voll Perlsago werden eine halbe Stunde in falter Milch geweicht, in etwa 1 Liter kochende Milch geschüttet, der man Zucker sowie eine halbe Vanilletablette zusetzte, und unter Rühren gekocht, bis der Sago ganz durchsichtig und dick geworden ist. Von diesem Brei gibt man nach dem Erkalten Klöße in die Kaltschale.

Rhabarberbrotsuppe. Nach Art der Apfelbrotsuppe fann man im Waffer eingeweichtes Roggenbrot mit zerschnitte­nem Rhabarber und etwas Zitronen- oder Apfelsinenschale fochen, durch ein Sieb rühren und nach Geschmack zuckern. Für 3 Personen rechnet man auf ein halbes Pfund Roggenbrot ein Viertelpfund Rhabarberstiele und etwa 1 Liter Wasser.

Rhabarbertompott. Rhabarberstückchen werden einge­zuckert einige Stunden hingestellt, bis sich etwas Saft gebildet hat. Dann bringt man sie schnell zum Kochen und läßt sie noch ein wenig ziehen; doch dürfen sie nicht zerfallen. Nach Geschmack fügt man noch Zucker hinzu, nimmt die Rhabarberstücke mit dem Schaumlöffel heraus, läßt die Brühe kurz einkochen oder macht fie in mit Wasser flar gerührtem Kartoffelmehl seimig und gießt sie über das Kompott. Es schmeckt sehr gut zu Eierkuchen, kaltem und warmem Brei von Hafer, Grieß, Reis usw.

Rhabarbergrüße ist eine der beliebtesten nordischen Süßspeisen. Rhabarberstücke werden mit Wasser bedeckt und zu dünnem Brei gefocht. Dann schüttet man die Masse auf ein Por­zellanfieb und läßt den Saft ablaufen. Zum Verdicken der Speise nimmt man in Dänemark Sagomehl und Kartoffelmehl zu gleichen Teilen. Bei uns ist Sagomehl schwer erhältlich. Statt deffen neh­men wir Kartoffelmehl oder Maismehl; auch Perlsago und feiner Grieß sind verwendbar. Der Rhabarbersaft wird nochmals zum Kochen gebracht, mit Zucker und 1 bis 2 Vanilletabletten oder einem Stückchen einer Vanillenschote gewürzt und 5 bis 8 Mi­nuten lang mit dem in Waffer Ilar gerührten Mehl verkocht. Sago und Grieß müssen etwas länger fochen. Auf 1% Liter Flüssigkeit rechnet man etwa 75 bis 100 Gramm= 3 bis 4 ge=

71

häufte Eßlöffel voll Mehl, Sago oder Grieß. Jedenfalls hüte man sich, die Rhabarbergrüße zu dick zu kochen, wodurch sie an feinem Geschmack verliert. Nach Belieben kann man 4 bis 8 ab­gezogene Mandeln in feine Streifen schneiden und auf die Speise streuen, die man in flachen Schüsseln erkalten läßt. Sie wird mit frischer Milch und Streuzucker gegessen.

Rhabarbermarmelade gibt einen guten Aufstrich für Weißbrot. Auf 4 Pfund Rhabarberstiele nimmt man 4 Pfund ungeblauten gemahlenen Zucer, ein Stüd Zitronen- oder Apfel­sinenschale und den Saft von 3 großen Zitronen. Die Rhabarber­stückchen müssen mit dem Zucker vermischt mehrere Stunden stehen, bis sie Saft gebildet haben. Dann focht man sie in einem Einmachtopf aus Ton, Aluminium oder unversehrter Emaille unter Rühren zu einem steifen Brei, der in gut verschlossenen Steintöpfen oder Gläsern aufbewahrt wird.

O

Feuilleton

Die junge Bäuerin.

Von Anna Croissant- Rust .

M.Kt.

( Schluß.)

Es war nun volle Dämmerung geworden; im Tal über dem Regenfluß zogen weißliche Nebel. Stolpernd kam die Frau vorwärts. Kimm fein net wieder z'Fall, Teschelbäuerin!" raunte ihr da einer ins Ohr. Der Nachbar. Der Lechner. Großer Gott, war der neben ihr?!

Rimm fein net wieder z'Fall, fimm fein net wieder z'Fall, hei­lige Maria, Mutter Gottes, bitt für uns, fimm fein net 3'Fall -arme Sünder- Absterbens! Amen," so geht's ihr wirr im Kopf herum. Der Lechner. Wie kommt der daher? Er war nicht dabei am Morgen. Was will er? Die Angst schnürt ihr die Kehle zu­fammen. Kann man die Lichter des Dorfes noch nicht sehen? Nein, nein, es sollte noch nicht kommen, dies Dorf, in das sie sich nicht traut, lang, lang sollte der Weg so fortgehen, bis sie irgendwo um­font. Jawohl hatte sie gebetet draußen in der Kapelle in ihrer Herzensnot, oh, jeden Tag fleht sie zur gebenedeiten Jungfrau, daß sie ihr Kraft gebe, ihre große Schuld einzugestehen, aber wenn sie versucht, ein Wort zu sagen, würgt sie's schon in der Kehle. Ach, er wird ihr nie verzeihen, und auch heute wird sie den Mut nicht finden, ihm zu sagen:" Ich habe mich verfündigt mit dem Lechner, dem Nachbar, einmal nur; ich hab' ihn aber nicht gern, nur dich, ich weiß nicht" Nein, nein, nie wird sie ihm alles eingestehen fönnen! Wär's nicht besser für sie, hinunter über den Hang zu laufen in den Fluß?

Wer glaubte ihr denn? Konnte es ihr der Mann glauben, daß sie den andern verabscheute? Sie trug doch ein Kind unter dem Herzen. Und sie sah sich fliegen, ihre Röcke wehten, ihr Herz schlug der Erlösung entgegen. Aber sie zog weiter mit den andern, sie murmelte die Gebete mit den andern.

Immer fleiner wurde der Zug, immer mehr lösten sich ab und verschwanden stumm in den Häusern, die mit kleinen Lichtern wie mit bösen Augen in den Abend blinzelten; zuleit ging fie ganz allein, doch hinter ihr waren noch Schritte, die rascher und rascher wurden. Er kam ihr noch näher- jekt war er da! Hatte er etwas gefagt? Stimm fein net wieder 3'Fall, Teschelbäuerin," hörte fic durch das Dröhnen und Brausen in ihren Ohren. Aber er schwieg doch! Schwieg und ging dicht neben ihr, so dicht, daß sie das Weiße seiner Augen leuchten fah. Sie zitterte, daß er sprechen, daß er sic berühren würde, da hatte er sie schon fest um die Hüften gefaßt, so fest, daß sie sich im ersten Augenblick nicht wehren konnte.

aus-

,, Geh einer zu mir," flüsterte er heiser und suchte sie gegen das Tor seines Anwesens zu drängen, aber sie hatte sich schon ermannt: " Ich hab' dir schon gesagt, daß ich nig von dir wissen will, laß aus laß!" Die beiden Fäuste stemmte fie gegen seine Brust und stieß ihn mit aller Gewalt zurück, daß er fast gestürzt wäre. Wart, des is dir net g'schenkt, du Frankenschädel, du falscher! Deim Mann steck i's!" schrie er und wollte in der Wut wieder nach ihr greifen, doch sie hatte ihr Hoftor schon hinter fich zugezogen und hörte nur mehr das halblaute, erregte Schimpfen des Mannes, der sich schnell entfernte.

Da stand sie nun vor ihrem Haus, scheu wie eine, die zum Bet­teln kommt, oder die man ausgewiesen und die sich nicht traut, wieder um Einlaß zu bitten; in der Stube war Licht, und sie stand im Dunkeln wie eine Fremde, eine Ausgestoßene. Das war fein Haus, seine Stube, sein Licht, wie lange würde er sie noch dulden neben sich? Noch schlotterten ihr Arme und Beine von der An­strengung, mit der sie den kräftigen Bauern zurückgestoßen, und von dem weiten Marsch war ein Müdigkeitsgefühl in ihr, daß sic