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Für unsere Mütter und Hausfrauen
es im Wesen solcher Krankheiten, daß sie nicht chronisch sein fönnen. Der eiserne Kriegshammer hat mancher lyrischen Begeiste rung den harten Dämpfer aufgesetzt, die alte Gloriole von Heldenkampf und Heldensterben wurde ausgelöscht vom Blutregen der modernen Millionenschlachten. Dem neuen Ereignis standen die bürgerlichen Modedichter so hilflos gegenüber wie den großen sozialen Rämpfen und wirtschaftlichen Umwälzungen vorher. Freilich mit dem Unterschied, daß für den Krieg das nötige Miterleben bei ihnen ja schon da wäre, wenigstens aus gesicherter Ferne, wenn nur auch ihre Fassungskraft und Ausdrucksmittel für die modernen kriegerischen Formen ausreichen würden. Der Krieg ist eben heute etwas so ganz anderes als noch, Anno 70. Nicht nur die Maffe, auch der Charakter hat sich von Grund aus verschoben. Sie find selber zur Tragikomödie geworden, diese Dichter, die immer auf das große Erlebnis warteten, und als es in ihrem Sinne nun da war, kein Fangnet hatten, um es einzufangen und Nutzen daraus zu ziehen.
Man mag zum Weltkrieg stehen wie man will, man mag ihn bejubeln, mag seine unermeßlichen Zerstörungen als unabwendbare Notwendigkeit betrachten, man mag ihn mit Entsetzen und glühendem Friedenswillen verfolgen, immer ist er ein Erlebnis, das den Künstler zu nachschaffendem Bilden reizt. Fragt sich nur, in welchem Geiste. Wo die Tendenz vorherrscht, dem Krieg eine harmlose, womöglich heitere Seite abzugewinnen, da ist die Sache von vornherein verpfuscht. Der Krieg duldet nicht, daß man mit ihm spielt. Humoristische Kriegsgedichte haben angesichts solcher Schlachten wie die um Ypern , die Lorettohöhe oder am Dnjeſter etwas abstoßend Groteskes. Eine Dichtung, die auch im Krieg nur die Johlle sucht, ist doppelt unausstehlich. Die hergebrachten friegerischen Phrasen klingen hohl und unwahr. Der moderne Krieg kann feine großen Worte vertragen, keine Sentimentalitäten. Das Wort, um seine Grauen auszudrücken, ist noch nicht geprägt. An diesen Krieg künstlerisch herankommen fann man nur mit einer falten, harten Realistik, die etwas vom Wesen seiner eisernen Disziplin, jener kurzen, mitleidslosen Schlachtbefehle an sich hat, durch die Taufende ohne ein Zuden in den sicheren Tod geschickt werden können.
Diese harte, fast möchte ich sagen unpersönliche Realistik besitzt Karl Bröger. * Er ist kein bürgerlicher Dichter, sondern ein Proletarier. Schon vor einem Jahre hat er in einem Büchlein„ Die fingende Stadt"( Fränkische Verlagsbuchhandlung) der modernen Großstadt und der proletarischen Massenarbeit Töne abgewonnen, wie sie nur dem gelingen, der diese Dinge intensiv, von Grund aus erlebt hat. Auch die Kriegsgedichte sind Erlebnis. Erlebnis eines Menschen, der mit heißem Gefühl und mit den geschärften Augen des Sozialisten die Welt um ihn her in ihren Schrecken wie in ihren Schönheiten erfaßt, dessen Gehirn aber fühl und überlegen genug ist, um sich über das Erlebnis zu erheben und sich durch künstlerische Gestaltung von den erdrückenden Wirkungen zu befreien. Und darin liegt eben die Echtheit von Brögers Gedichten. Sie sind die Form, in der ein Proletarier, Sozialist und Künstler dem Weltkrieg gegenüber, der ihn geistig und leiblich zu verschlingen droht
Bröger ist Soldat und kehrte im Herbst schwerverwundet in die Heimat zurück, Eigenart und männliche Haltung wahrt. Bröger hat im Schüßengraben und nachher in der Heimat ge= dichtet, weil er nur so geistig mit den auf ihn einstürmenden Ereignissen fertig werden konnte. Seine Gedichte tragen den Stempel der Notwendigkeit und damit auch der Wahrheit. Damit verbindet sich eine bedeutende künstlerische Gestaltungskraft. Das ist keine Lyrik für weltferne Träumer oder Kaffeehausästheten, auch der harte Wirklichkeitsmensch wird von ihnen gepackt und erschüttert. Ga seien nur einige genannt: Ein afrikanischer Sturmangriff, Ein Nachtgefecht, Der Tod von Arleur. Das den Toten des Weltfriegs gewidmete Gedicht„ Gräber" hat die„ Gleichheit" früher ge= bracht.
Tendenz? Wenn man unter Tendenz das ausgesprochene Werben für diese oder jene Ansicht versteht, so mangelt Brögers Gedichten die Tendenz. Sie wäre auch ganz unvereinbar mit der Inappen Gegenständlichkeit seiner Darstellung. Brögers Poesie ist die Anschaulichkeit selber, in ihr wird nichts gesagt, alles handelt. Die Tendenz liegt im Geist, der aus diesen Darstellungen atmet. Und dieser Geist ist nicht der Geist verbohrten Hasses oder eines aufgeregten Nationalismus, sondern der Geist versöhnender Menschlichkeit. Besonders deutlich wird Brögers sozialistische Grundstellung da, wo er Helden schildert. Seine Helden sind auch im Kriege nicht die des kriegerischen Handwerks, sein Heldentum
* Karl Bröger ,„ Aus meiner Striegszeit". Gedichte. Fränkische Berlagsanstalt, Nürnberg .
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beruht auf Talen der Menschlichkeit, der schlichten Arbeit für ein großes Biel, der flaglosen Pflichterfüllung in schwerer Zeit. Wo immer das geschieht: im Schüßengraben, auf dem Schlachtfeld, in der Heimat, da sieht Brögers Auge Helden. Dabei kommt nicht in Betracht, ob man mit dem Ziel dieses Heldentums einverstanden ist oder nicht. Die Fähigkeit, sich qus reinen Beweggründen für das Wohl anderer zu opfern, macht den Helden, Solche Helden find gezeichnet in den Gedichten: Die Soldatenfrau, Kameraden, Vier Männer und ein Held.
Während in den Kriegsgedichten im engeren Sinne alle persönlichen Empfindungen zugunsten der knappen Anschaulichkeit zurückgedrängt sind, findet das Innenleben des von der Heimat geschie denen, vom Tod umlauerten Mannes seinen Ihrischen Ausdruck in Gedichten wie„ Heimat" und" Feldweihnacht". Besonders in Feldweihnacht" ist eine feine Bartheit, die zeigt, wie weit Brögers Herz von dem rauhen Bluthandwerk entfernt ist, zu dem seine Hand verdammt wird. Und doch nie eine Klage! Männlichkeit ist der Grundton dieser Gedichte, nicht die Männlichkeit der Phrase, sondern herber Verschlossenheit.
Die letzten zwei Gedichte bringen ein persönliches Bekenntnis des Dichters: seine politische Stellung zu den Problemen, vor die der Weltkrieg den sozialistischen Arbeiter stellt. Sie werden daher Widerspruch und Zustimmung erfahren, fönnen also auch keine rein künstlerische Wirkung auf den Leser ausüben. Aber auch sie tragen den Stempel schlichter Aufrichtigkeit, entspringen aus einem Erlebnis und stehen schon dadurch weit höher als alle jene patriotischen Ergüsse unserer bürgerlichen Koryphäen, die glauben, mit Gesinnungstüchtigkeit und schönen Worten ihre Ideenarmut vergolden zu können. Es steht zu erwarten, daß diesem einen Büchlein von Brögers Kriegsgedichten bald ein zweites folgen wird.-hl
Quark und Gelatinegerichte für fleischlose Tage.
Fleisch war schon in den letzten Jahren ein seltenes Gericht auf dem Tisch vieler Arbeiterfamilien und kleinen Leute. Die Preise dafür standen zu hoch für ihren Beutel. Wie nun erst jegt, seitdem der Krieg wütet und eine Verteuerung des gesamten Lebensbedarfs zur Folge hat! Die Fleischpreise haben ganz gewaltig angezogen. Nach Richard Calwers Monatsberichten über die Lebensmittelpreise hat sich zum Beispiel in Berlin von Mai 1914 bis Mai 1915 verteuert. das Kilo Rindfleisch... von 1,56 Mt. auf 2,11 Mr.+55 Pf: Kalbfleisch.
B
D
Hammelfleisch. Schweinefleisch
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1,85 1,77
S
2,55 2,59
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1,54
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3,03
1,35 1,67
8,42
3,57
• Schweinespeck. Schweineschmalz.
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+ 70+82=
+149
+167. +190-
Eine ähnliche Preissteigerung ist überall im Reiche erfolgt. Unsere Hausfrauen wiffen das aus bitterer Erfahrung. Regelmäßiger und genügender Fleischgenuß ist heute für weite Boltstreise unmöglich. Aber Fleischgenuß ist kein Lurus, er ist notwendig, um dem menschlichen Körper bestimmte Nährstoffe zuzuführen, die für seinen Aufbau und seine Erhaltung unentbehrlich sind und gerade im Fleisch leicht verbaut, das heißt erschlossen und damit nutzbar gemacht werden. An erster Stelle kommt dabei das Eiweiß in Betracht. Wenn fleischarme oder gar ganz fleischlose Kost die Eiweißzufuhr für den Körper stark vermindert, so wirkt das um so nachteiliger auf die Gesundheit, als auch andere Nahrungsmittel von hohem Eiweiß- oder Nährgehalt überhaupt außerordentlich verteuert find, so daß ihr Genuß eingeschränkt werden muß. So Brot, Mehl, Teigwaren, Eier, Milch, Butter usw. Soll unter dem Druck der Umstände die Gesundheit vor Schaden bewahrt bleiben, so muß die Hausmutter darauf bedacht sein, ihren Küchenzettel so zu gestalten, daß die Gerichte gerade an den fleischlosen Tagen bei möglichst geringen Kosten doch einen hohen Eiweißgehalt bieten. Quart und Speisegelatine entsprechen dieser Anforderung, und sie haben noch zwei andere Vorteile, die ge= sunder Ernährung zugute kommen. Ihre Verwendung ermöglicht es, auch den einfachen Tisch abwechslungsreich zu gestalten und mit recht wohlschmeckenden Gerichten zu bestellen. Wohlgeschmac und Abwechslung sind aber für Appetit und Verdauung von Wichtigkeit. Dabei ist noch besonders festzuhalten, daß so gut wie alle Quart- und Gelatinespeisen auch für Kinder, Schwache und Kranke wohlbekömmlich find.
Jm Quart, auch weißer Käse, Ludelestäse oder Topfen genannt, kauft die Hausfrau das Eiweiß am billigsten. Seine Billigkeit ist aber bekannter als sein hoher Nährgehalt, und deshalb wird der Quart noch nicht nach seinem Gehalt geschätzt, ja er gilt hier und