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Für unsere Mütter und Hausfrauen
Es ist eine Tatsache, daß sogar gefunde Menschen in ihren Lungen Tuberkelbazillen beherbergen. Aber sie erkranken nicht, da ihre Empfänglichkeit fürTuberkelbazillen gering ift. Die Tuberkelbazillen können sich in ihnen nicht vermehren, fie werden gewissermaßen überwunden von dem gesunden Organismus. Es handelt sich also auch darum, die Empfänglichkeit der Menschen für die frankmachenden Keime zu vermindern. Das kann erreicht werden durch all die sozialen Maßnahmen, um deren Durchführung die Arbeiterklasse in so schwerem Kampfe ringt: Verkürzung der Arbeitszeit, Erhöhung des Lohnes, stärkere Kontrolle der Arbeitsstätten, Schutzvorrichtungen bei den Arbeiten, die mit der Entwicklung von Staub verbunden find; fachkundiger ärztlicher Beistand auf jeder Arbeitsstätte, um ein beginnenedes Leiden schnell erkennen zu können und eventuell einen Berufswechsel zu veranlassen. Alle diese Maßnahmen zufammengenommen find geeignet, der Tuberkulose zu steuern.
In der Bekämpfung der akuten Infektionskrankheiten, so der Cholera, des Thphus, der Genickstarre, haben die behördlichen Maßnahmen in Deutschland ganz außerordentliches geleistet. Ja, man fann diese Maßnahmen und die Erfolge, von denen sie gekrönt worden sind, als ein Ruhmesblatt in der Geschichte der angewandten medizinischen Wissenschaft bezeichnen. Aber die hier erreichten Erfolge sollen keine Mahnung zur Bescheidenheit für die Arbeiterklasse sein, sie sollen vielmehr ein Ruf zum Streite sein, ein Ruf zum Streite nach einer Ausdehnung der von der Wissenschaft als notwendig erfannten Maßnahmen auch auf den Kampf gegen die Tuberkulose, und ein Ruf zum Streite um bessere Lebensbedingungen schlechtweg. Nur so kann der Kampf gegen die akuten und chronischen Infektionskrankheiten wirklich erfolgreich geführt werden. Die medizinische Wissenschaft hat uns Mittel und Wege gezeigt, wie man die Krankheiten verhindern kann. Wollte man die ungeheuren Mittel, die dem Volke heute zur Verfügung stehen, im Kampfe gegen die ansteckenden Krankheiten, namentlich gegen die Tuberkulose, ver= wenden, und all die sozialen Maßnahmen ergreifen, die im Kampf gegen die ansteckenden Krankheiten und speziell gegen die Tuberkulose vonnöten sind, so gäbe es keine Tuberkulose mehr. Auch die anderen ansteckenden Krankheiten würden in ihrer Bedeutung für das Volksleben kaum noch in Betracht kommen. Wir dürfen das ohne übertreibung sagen. Der Kampf gegen die TuberkuTose scheitert nicht an dem Unvermögen der medizinischen Wissenschaft, sondern einzig und al lein an den sozialen Verhältnissen. Dieselben sozialen Verhältnisse, aus denen die Tuberkulose als eine Volfsseuche herausgewachsen ist, find es auch, die den Kampf gegen die Tuberkulose erschweren. Nicht etwa, als ob wir bestreiten wollten, daß durch behördliche Maßnahmen schon heute manches im Kampfe gegen die Tuberkulose geleistet worden ist. Aber das soll uns nur ein Ansporn fein zu einer weiteren Ausdehnung des Kampfes gegen die Tuberkulose und zu einer Ausgestaltung dieses Kampfes gegen die Sinne, daß am richtigen Ende, an den sozialen Grundlagen der Tuberkulose eingegriffen wird.
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Kochbeutel.
Will man sich keine Kochtiste anfertigen, wie sie in diesen Blättern wiederholt, zuleht in Nr. 2, empfohlen wurde, so kann auch ein Kochbeutel sehr gute Dienste tun. Er ist besonders dort angebracht, wo es an Naum zum Unterbringen einer Kochkifte fehlt. Der Kochbeutel besteht aus zwei Lagen von warmem Stoff, die ein dickes Zwischenfutter von Zeitungspapier erhalten. Zum Bezug können beliebige alte Stoffreste, zum Innenfutter sogar alte Strumpfschäfte, sofern sie nur sauber gewaschen und ausgebessert wurden, zusammengestückt werden. Zum Zwischenfutter werden Zeitungsbogen zehn- bis zwölffach je dreimal zusammengeknüllt, wieder glattgestrichen, aufeinandergelegt und schließlich mit großen Stichen durchheftet, so wie man Steppdecken durchnäht. Man tut gut, den Beutel nicht zu klein zu arbeiten. Die Höhe betrage etwa 40 bis 50 Zentimeter, die Weite 120 Zentimeter. Um die Weite zu erzielen, müssen noch gefnüllte Zeitungsblätter gut übergreifend an= geheftet werden. Zum Boden werden die Stofflagen in tiefe Falten gelegt, denen innen und außen ein rundes oder viereckiges Stück Stoff von etwa 12 Zentimeter Durchmesser aufgesetzt wird. Man achte aber darauf, daß das Bodenloch auch gefüttert wird. Etwa 5 Zentimeter vom oberen Rande des Beutels entfernt werden einige Ringe angebracht, durch die man ein Band zum Zubinden des Beutels leitet. Um auch kleinere Töpfe nach Belieben verwerten zu fönnen, bringe man 5 bis 10 Zentimeter tiefer noch eine Reihe Ringe an, durch die ebenfalls Band gezogen wird. Band eignet sich
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hierfür besser als Schnur. Will man den Kochbeutel besonders hübsch ausstatten, so beziehe man ihn außen mit bunt gemustertent Kattun. Das Essen, das man in dem Kochbeutel gar machen will, muß vom Aufkochen ab 5 bis 45 Minuten vorgefocht sein. Der Topf darf 5 Minuten vor dem Hineinsehen nicht mehr geöffnet werden, um den Dampf zusammenzuhalten. Einige Zeitungsbogen breitet man in der Nähe des Herdes sternförmig aus, stellt den Topf die Mitte, hüllt ihn flink von allen Seiten in Papier ein und stellt ihn in den Kochbeutel, wo die Speise etwa doppelt so viel Zeit zum Garwerden braucht, als auf dem Herde. Die Vorkochzeit beträgt für Mehlsuppen, Gries, Sago , Hafer- und Gerstenfloden, Nudeln, Makkaroni, Reis und dergleichen 5 Minuten, Hülsenfrüchte, Graupen, Grünfern brauchen, wenn man sie 12 bis 24 Stunden vorher einweichen ließ, 15 bis 30 Minuten Vorkochzeit. Die meisten Kohlarten desgleichen. Rindfleisch zur Suppe und zum Gemüse, gedämpftes oder geschmortes Fleisch, das recht eng im Topf liegen und mit Sauce bedeckt sein muß, braucht 30 bis 45 Minuten Borfochzeit, Eingeweichtes Backobst quillt besonders schön aus, wenn es abends 5 Minuten vorgekocht und über Nacht in den Kochbeutel gestellt wird.
Kleiner Kochbeutel zum Mitnehmen von an gefochten Speisen nach der Arbeitsstätte.
Gibt man einem etwas fleiner gehaltenen und noch dicker gefütterten Beutel einen wasserdichten Bezug und ein kleines wasserdicht bezogenes Sissen, das an einem Bändchen hängt, stattet man ihn ferner mit einer möglichst genau hineinpassenden großen Schaffnerkanne oder einem der bekannten Essenträgertöpfe aus, so bildet der Beutel für viele Arbeiter und Arbeiterinnen, die über Mittag nicht nach Hause können, ein bequemes Mittel, um sich ein warmes Essen nach der Arbeitsstelle mitzunehmen und viele Stunden lang warm zu halten. Arbeiter stecken einen Kochbeutel, in dem sich ein Essenträgertopf befindet, am besten in den Ruckfact. Man kann einen Rucksack auch direkt mit Holzwolle füttern wie eine Kochliste. Der Raum zum Aufnehmen einer Schaffnerkanne mit Kaffee und eines Essenträgertopfes wird sorgfältig ausgespart und nach Belieben mit Stoff abgefüttert. Die Hausfrau gibt morgens das Effen, das nur vorgekocht, nicht einmal ganz gar zu sein braucht, direkt vom Feuer in den Behälter, deckt ein passendes Holzwollekissen darauf, und der Arbeiter findet am Mittag ein heißes, gargekochtes Gericht aus Mutters Küche" bor. Für Bureauangestellte geeignet sind in verschiedenen Größen fäufliche f I a che, mit Gummireifen abgedichtete Emaillegefäße mit festem Verschluß, die man im Kochbeutel in Aftenmappen liegend unterbringen oder mit Papier umhüllt, als Paket transportieren fann. Man fehe bei Anfertigung dieser zum täglichen Mitnehmen berechneten Beutel nicht so sehr auf Zierlichkeit als auf gutes Warmhalten. Das Kleine Kissen unter der Verschlußöffnung, die mit einer Schnur zugezogen wird, ist unerläßlich), ebenso eine außen übergreifende Klappe, die mit Druckknöpfen ge= schlossen werden kann. Angenehm ist auch ein Stoffhenkel. Prattische, weil lange heiß bleibende Kochbeutelgerichte zum Mitnehmen find Brühkartoffeln, Reisfleisch, Hülsenfrüchte, Milchreis, alle mit Fleisch zusammengefochten Gemüsegerichte, auch dice Suppen. Nicht nur bei der Arbeit in der Werkstatt, im Bureau und im Freien bewähren sich die kleinen Kochbeutel, sondern auch bei den sonntäglichen Wanderungen der Arbeiterjugend, kurz überall, wo man gern unabhängig vom Wirtshaus ist. M.Kt.
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Zum Nachdenken.
Für Millionen von Frauen ist die Vereinigung von hauswirtschaftlicher Tätigkeit, Mutterschaft und Beruf ein bitteres Muß. Bitter besonders darum, weil diese Vereinigung einstweilen nicht eine Um- und Neuordnung, sondern einfach eine Mehrbelastung bedeutet. Der Zwang der Not hat den Frauen zu dem vollgerüttelten Maß hauswirtschaftlicher und mütterlicher Arbeit einfach noch eine Überlast erwerbender Tätigkeit aufgebürdet....
Die Berufsarbeit ist ein Muß, kein Muß sind dagegen die Begleitumstände, kein Muß ist die Fortdauer der menschenmordenden Überlast. Hier kann geholfen werden, und hier muß geholfen werden, und es ist nichts eigentümlicher, als daß die Hausfrauen und Mütter und erst recht jene, die der dreifachen Belastung zu erliegen drohen, nicht längst fchon und nicht nur als einzelne, sondern als Masse erkannt und demzufolge gefordert haben, was hier nottut. Henriette Fürth .