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Rcimcr muhtk Wiedel erlche'.nen. Sie blieb bei ihrer ersten Aus- sage. Und so ging das noch einige Zeit hin und her, bis gegen Fiinfroth Anklage erhoben rrurd«. Er beteuerte indes immer und immer von neuem, sich nicht strafbar gemacht zu haben. Da kayl der Untersuchungsrichter auf den Gedanken, die beiden einmal rm- oerhofft gegenüberzustellen. Frida Reimer muhte sich am Fenster im Geschäftszimmer des Gefängnisinfpettors aufstellen. Der Untersuchungsrichter stand am Tische. Als der ahnungslose Fünfroth aus seiner Zelle hereinge- führt wurde und die Reimer plötzlich vor sich stehen sah, stutzte er. Keiner sagte ein Wort. Nachdem fie sich eine Weile in die Augen gesehen hatten, stich der Gefangene in erregtem, vorwurfsvollem Ton die Worte heraus!»Frida! Warum muh ich hier sitzen!?* Und in Frida Reimer» Gedächtnis tauchten plötzlich noch einmal die Geschehnisse jene» Abend» aus und ein Zweisel» löste sich in Ihrem Innern los, als fi« den heruntergekommenen Fünfroth vor sich sah, der nun ihr Mitleid erregte. Sie wuhte nun selber nicht mehr, wie alle» an dem schwülen Sommerabend gekommen war. Sie hatte sich wohl gewehrt... er war stärker gewesen... sie hatte nicht geschrien... vielleicht wären doch Leute gekommen... wenn... Schluchzend brach Frida Reime, zusammen und erklärte, daß sie doch nichts nwhr wissen könne... Das Geständnis genügte dem Untersuchungsrichter, um die so- sortige Freilassung Ftinsroth» verfügen zu können. Aber da» Gesetz ist unerbittlich, kennt keine Menschlichkeiten. Und so muhte sich auch Frida Reimer vor dem Schwurgericht ver- antworten, weil sie sich meineidig gemacht hatte. Es war ein« lange Berhandlung, in der auch viele Zeugen aus dem Dors vernommen wm den. Auch der verheiratete Fünsroth muht« über den Vorgang Zeugnis oblegen. Es war wohl auch be» greislich, dah er nun gegen oas Mädchen keine Rücksicht nahm, denn er hatte drei Monat« Untersuchungshaft verbüßen müssen. Er wurde gehässig und jähzornig und machte ausfallende Bemerkungen gegen Frida Reimer. Aber gerade darum erschien die Tat bei den Geschworenen in anderem Lichte. Zwar pochte der Staatsanwalt auf das Gesetz, aber der Berteidiger streifte in seiner Rede alle Menschlichkeiten»ines solchen Falles, schilderte den Widerstreit der Empfindungen in der jungen Mädchenbrust, als sie keinen anderen Ausweg wußte und ihrem Berfprochenen dos Geständnis machte, um sich ihm gegenüber rechtfertigen zu können. Menschlich be- ttochtet, habe sie auch niemal» ein« Unwahrheit gesagt, weil sie genau gewußt hätte, daß sie mit Fünfroth und mit sich selbst habe kämpfen müssen. Denn auch die Natur komme nie ohne Kamps zu Ihrem Rechte. Frida Reimer hielt beide chänd« vor das Gesicht und schluchzte in einem fort. Und die Leute aus dem Dorfe sahen und lauschten gespannt dem Wort des Verteidigers. Auch Friedrich Pehlke hielt den Atem an und blickt« bald aus den Rechtsanwalt und bald aus Frida Reime«. Und dann kam die grohe bange Pause. Die Geschworenen hatten sich zur Beratung zurückgezogen. Al» sie wieder In den Saal zurückkehrten, blickten alle auf den Obmann, der mit lauter Stimme den Spruch der Geschworenen verkündete, dah die Ange- Nagle nicht schuldig sei. Und das ganze Dorf erfuhr noch am selben Abend, dah Frida Reimer unschuldig fei. Am andern Tage war sich auch Friedrich Pehlke im klaren. Er ging zu den Groheltern des Mädchens und sprach nicht viel mit ihnen. Er wußte, was er der Frida schuldig war. Und dann kam auch das Mädchen herein. Der Großvater sagte, warum der Friedrich hier sei. Da antwortete das Mädchen schüchtern und leise:Wenn du mich noch magst?* Friedrich Pehlke aber ging zu ihr, streckte die Hand aus und sagte:Es soll alle» ver- gehen sein.* Die eigene Scholle. Von Frieda Rudolph-Eteubitz. Der Arbeiter der Großstadt und auch der mittleren Städte weih wenig von den, Segen der eigenen Scholle. Ihm bleibt die enge Wohnung, meist in hohen Häusern, und die dumpfe Arbeitsstätte. Da kann er wohl einen kurzen Blick werfen auf dle kahlen Bäume, an denen er vorüberschrettet, und wenn er so ettvas wie Ahnung von dem großen Walten in der Natur genießen will, sucht er fie am Sonntag im Stadtpark auf, am Fluh oder im nächstliegenden Walde, wo überall die Warnungstafeln hängen, daß er sich ja nicht erlaube, der Natur zu nahe zu kommen. Im Stadtpark kostet ja jeder Gras- Halm unsägliche Müh« und Wartung und daher viel Geld, und ohne sorgsamste Pflege legt er sich in die Erde zurück. Wir schassende» Volk sind es ja gewohnt, da« Stiefkind der menschlichen Gesellschaft zu sein. Kaum daß das Dach über unserem Haupte auch nur einigermaßen ausreichend ist. Heimaterde selbst i unser eigen zu nennen: welch idealer Wahnsinn! Aber draußen in fremde Erde verbissen das Blut hingeben um Güter, die wir nte besaßen, dazu waren wir schassendes Volt gerade recht. Bis die Not kam und jedes Eckchcn ausgenützt wurde, den fehlenden Kohl, die knappen Kartoffeln zu pflanzen. Da teilte man brachliegendes Gelände auf, freie Baustellen, Unrathaufen und Schutthalden, und sieh, die Müdegearbeiteten griffen freudig zu. Da wuchsen aus Wüsteneien und Sandgruben kleine Paradiese, und bei krummem Rücken richteten sich die verdrießlichen Herzen auf, und es leuchtete wieder in den abgehärmten Gesichtern. Trotzdem es heiße Mühe kostete, die Fleckchen Erde der Bepflanzung nutzbar zu machen. Bis nur die vielen Steine ausgegraben waren. Oder die ewig wuchernde Quecke verttlgt, die mit ihrer Ueppigkeit manchmal das Resultat vielfältiger Müh« eigensinnig zudeckte und zu ersticken drohte. Und doch wuchs die Freude mit der Arbeit. Denn jeder Handgriff barg schon seinen Lohn in stch. Hier er» lebte der Mensch ganz den Segen seiner Hände Arbeit. Hier wurde ihm nicht nach hartem Werk ein viel zu geringes Entgelt in die Hand gedrückt, nein, hier gab ihm Natur den vollen Wert seines Fleißes und Schweißes zurück. Das allein lieh ihn Immer wieder freudig zugreifen, das allein erfüllte ihn mit dem Glück innerster Befriedigung, das gab seinem Leben Sinn und Freude. Und dies alles noch auf geliehener Scholle! Wirklich, Mann de» Volkes, du bist bescheiden. Dir muh eine glückliche Zeit kommen. Das ist der Fluch, den der Kapitalismus über dich gebrocht, daß er dich losriß von der Scholle, dich zur Maschine gemacht hat, die ach wie oft später bei Landarbelten versagte. Weil die einseittge Fabrikarbeit dich ausgedörrt. Weil die dumpfe Luft die edelsten Keime deines Körpers fraß und deine Muskeln schlapp machte. Weil vor allem dein geringes Einkommen der größte Feind deiner körper» lichen Kräfte wurde. Es war eine schlechte Wirtschaftsordnung, die die großen Massen so gänzlich jeden Eigenlandes beraubte. Nur wenigen ist so ein Stück Erdensegen beschieden. Die Stadt» Verwaltungen sollten viel mehr Land zur Berfügung stellen; denn eigentlich sollte dies unser erstes und heiligstes Recht sein: ein Stück unseres Heimatlandes imfer eigen zu nennen, daraus zu wohnen und zu leben, und um unseren Kindern ein wirtliches Heim zu bieten, auf dah sie ihr Kinderglück nicht auf der Straße und In den Kino » zu suchen brauchen. Auf daß sie nicht darben und an Leib und Seele Schaden nehmen. Nichts kann uns aus der schweren Demoralisierung retten al» Rückkehr zur Natur. Wenn wir irgendwo gesund werden können, so mir an ihrem Herzen. Sie wird unser Leben vertiefen, uns reine Freude genießen lernen. In dumpfen Winkeln, in sonnenlosen Kästen kann Wohlfahrt und Sitte nicht gedeihen. Stinkige Löcher sind Brutstätten von allerlei Ungeziefer. Wir aber wollen nicht untergehen, nein, stark uns erheben aus all dem Jammer des er- lebten Wahnsinns. Wollen wir doch wieder vorausschreiten und den anderen zeigen, welch tief« Kraft In uns wurzelt. vöglein! Armes kleines Mädchen im goldenen Käfig Warenhaus. Gefangen. Auf dem großen Steinast der Treppen und Gänge und Hallen. Und rings die Gitterfenster. Häßliche Perlen. Du bist inmitten der Waren und dem unsteten Fluß fremder Menschen. Armes kleines Bögletn, warum hat man dich ge- fangen? Weil du so schön bist? Flattertest noch gestern froh und bunt durchs Lugend- heim, daß es eine Lmi war, mit den Kameraden zu tanzen. TralalaI Aber warte hübsch bist du. Fein und flink. So schöne Augen! Und dein Haarkranz über der Stirn, der ist so braun, so braun. So licht das Kleid, es leuchtet und strömt. Rein und weiß. Das ist tröstend. Und das: bei Rosinen und Mandeln sagst du? Die sind so süße. Hin und Her. Rosinen und Mandeltt. Da werde ich lustig. Du kicherst? Ach ja, morgen ist Sonntag, da bist du frei, und ich nehme dich jubelnd bei der Hand, tanze mit dir. Tanze tanze tanze! Lache und spreche, erzähle und singe das Lied vom be- freiten Böglein in den Sonntagabend hinein. i Gelt? Alfred Fritzsche.