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Mensch zu Mensch.

Menschen, Menschen alle, stredt die Hände Ueber Meere, Wälder in die Welt zur Einigkeit! Daß sich Herz zu Herzen sende:

Neue Zeit!

Starke Rührung soll aus euren Aufenthalten Flutgleich wellen um den Erdeball,

Mensch- zu- Menschen- Liebe glühe, froh verhalten,

Ueberall!

Was gilt Westen, Süden, Nähe, Weitsein,

Wenn Euch Eine weltentfreiste Seele millionenfältigt! Euer Mutter- Erde- Blut strömend Ich- und Zeiffein Ueberwältigt!

Menschen! Alle Ihr aus einem Grunde, Aue, Alle aus dem Ewig- Erde- Schoß,

Reißt euch fort aus Geldkampf, Krieg, der Steinstadt- Runde: Werdet wieder findergroßz!

Menschen! Alle! drängt zur Herzbereitschaft! Drängt zur Krönung Euer und der Erde! Einiggroße Menschheitsfreunde, Welt- und Goffgemeinschaft

Werde!

Gerrit Engelke   in: Rhythmus des neuen Europa". ( Verlag Eugen Diederichs  , Jena  .)

Das geheiligte" Dienstmädchen.

Es ist feine neue Kalenderheilige, von der ich hier erzählen will. Es ist überhaupt keine Person, sondern es ist eine Einrichtung, eine Institution. Es ist die Institution der Dienstmädchen, jetzt Haus­angestellten allgemein, von der ich etwas zu berichten habe.

Warum ich diese Institution eine geheiligte nenne? Ja, daran ist mein Freund Klaugsnack schuld, der mir sagte, als ich ihm meine Nöte klagte:

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Wundre Dich nicht, Du hast den Hausfrauen an das geheiligte Dienstmädchen gerührt. Das verzeihen sie nicht."

Was hatte ich denn getan?

Und als ich heim fam, fagte mein Freund Klaugfnad das Wort vom geheiligten Dienstmädchen.

Da beschloß ich, einen anderen Wohnort zu wählen, denn hier fühle ich mich nicht mehr sicher. Bielleicht zeigt man mich nächstens dem Staatsanwalt an und behauptet, ich hätte die Dienstmädchen aufgefordert, alle bürgerlichen Hausfrauen totzuschlagen, und die Kindermädchen, alle Rapitalistenkinder zu vergiften. Und dann würde ich wohl faum so liebenswürdig behandelt werden, wie wenn ich etn Hohenzollernprinz wäre, der Kapital ins Ausland verschiebt.

Also ich warne euch! Seht mein trauriges Schicksal an! Wenn ihr durchaus fündigen müßt, dann verleumdet, wuchert, fügt, betrügt, schiebt! Das weiche Herz der bürgerlichen Frau wird es euch ver­zeihen. Aber rührt niemals an das geheiligte Dienstmädchen, denn dann verdient ihr im tiefsten Höllenschlund zu braten und des Teufels Großmutter, die auch dienstbare Höllenhausangestellte hält, wird eine Lena. extra Roste schön heiß und rot für euch anglühen lassen.

Zur Psychologie des Gedankenlefens.

Das sogenannte Gedankenlesen, das immer wieder in Bore führungen gezeigt wird, beruht auf der Wahrnehmung feiner, unbe­wußter Ausdrucksbewegungen, die dem intuitiven Erfasser dieser Dinge Hinweise auf geistige Vorgänge übermitteln. Während aber der Gedankenleser" sich mehr oder weniger vagen Vorstellungen über­fäßt, hat die Wissenschaft versucht, durch die Ausarbeitung egatter Methoden ganz sichere Ergebnisse in der Ausdeutung diefer unbe= wußten Ausdrudsbewegungen zu gewinnen. Ueber die interessanten neuesten Forschungen auf diesem Gebiet berichtet Otto Löwenstein in einem Aufsatz der Naturwissenschaften".

Man weiß, daß bestimmten Bewußtseinszuständen normaler weise ganz bestimmte Ausdrucksbewegungen in Puls und Atmung zugeordnet sind und daß dadurch die Möglichkeit gegeben ist, die Natur einer Beränderung des Bewußtseinsinhaltes aus der Natur der auf. tretenden Veränderungen in der Puls- und Atemkurve zu bestimmen. Diese Ausdrucksbewegungen des Pulses und der Atmung, die von Beränderungen im Spannungszustande der Mustulatur abhängig sind, können auch unmittelbar nachgewiesen werden durch die Auf­zeichnungen der Bewegungen des Kopses und der Extremitäten. Es war eine Versammlung für Hausangestellte gewesen, in der Löwenstein hat diese außerordentlich seinen Bewegungen, die mit dem hatte ich meine Meinung dahin ausgesprochen, daß der Achtstunden bloßen Auge an der Versuchsperson selbst gar nicht wahrgenommen arbeitstag mechanisch im Haushalt nicht durchzuführen sei, weil die werden können, mit Hilfe registrierender und vergrößernder Appa Anforderungen verschiedener Hausstände allzu verschieden seien. Es rate sichtbar gemacht. Sie lassen sich, ebenso wie die Schwankungen müsse aber möglich sein, daß an allen Tagen, an denen nicht etwa des Pulses und die noch größeren Schwankungen der Atmung, bei eine außergewöhnliche Arbeit wie gründlich Reinmachen, Waschen einem fizenden Menschen in relativ geistiger Ruhe in mehr oder vorläge, die Hausangestellte einige Nachmittagsstunden frei habe, weniger gleichförmigen Schwingungen feststellen. Läßt man nun auf um für sich etwas zu nähen, ein gutes Buch zu lesen, eine Besorgung die Verfuchsperson einen Reiz einwirken, so nimmt die Kurve sogleich) zu machen. Sie müsse im Winter Gelegenheit haben, in einem eine andere Form an. Diese Beränderungen in der Haltungskurve warmen Raum sich aufhalten zu können. Es sei nicht angängig( wie von Kopf und Extremitäten sind ebenfalls als die Folge von Ber­es damals viel in unserer Stadt üblich war), daß mehrere mit änderungen im Spannungszustande der Muskulatur anzusehen, wie Zentralheizung durchheizte Fremdenzimmer unbenutzt ständen, sie stets als Begleiterscheinung psychischer Borgänge auftreten. während das Mädchen in einer unheizbaren Bodenkammer schlafe. Während nun bisher die Atmung als der empfindlichste Anzeiger galt, Es sei für die Hausangestellten ein nach Leistung abgestufter Lohn- hat sich durch die Versuche des Verfassers ergeben, daß die Haltungs­tarif aufzustellen, und sie müßten sich in ihrem Verband organ i- furven von Kopf und Extremitäten nicht nur sehr viel feiner rea­fieren, um Standesbewußtsein zu gewinnen und gieren, sondern auch sehr viel leichter zu bestimmen sind. gemeinsam zu vertreten. Das hatte ich gesagt und nichts weiter, und was wurde daraus im Munde der bürgerlichen Hausfrau? Ihr kennt vielleicht das Märchen von Andersen über die Macht des Gerüchts. Ein Huhn hat eine Feder verloren, aber wie es einer dem anderen weiter erzählt, wird zuletzt ein ganzer Hühnerhof daraus, in dem sich alle Hühner aus Liebe zum Hahn die Federn ausgerupft haben und gestorben sind. So hatte das Gerücht mich und das ge­heiligte Dienstmädchen gefaßt.

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Ich komme nach Berlin  . Tante Lena," sagt meine Nichte, ist es denn wirklich wahr? Hast Du zu den Dienstmädchen gesagt: Bieht euch jeden Nachmittag weiße Blüschen an und geht spazieren, die Arbeit kann die Hausfrau machen?"

Ich komme nach H. Liebe Freundin," sagt Frau X. Was machen Sie für Sachen? Erst sagen Sie in der Hausangestellten­versammlung, jedes Mädchen solle fünftig ihrer Herrschaft nur einen Teller auf den Tisch stellen. So viel Abwasch tue nicht nötig, und wie Ihnen am nächsten Tage Ihr Mädchen nur einen Teller auf den Tisch stellt, schlagen Sie Krach und sagen, Sie könnten unmöglich Braten und Nachspeise von einem Teller effen."

,, Leider erlauben mir meine Berhältnisse nicht Braten und Nach speise, und eine Hausangestellte habe ich auch nicht," sage ich schüchtern. Aber sie glaubt mir nicht.

Ich tomme nach B. Liebe Tante," sagt mein Neffe Karl, wie fannst Du nur jedes Dienstmädchen auf der Straße anhalten und versprechen, ihr einen Mann zu verschaffen, wenn sie Sozialdemo­Pratin wird?"

,, Blödsinn," sage ich und reise ab.

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Die praktische Brauchbarkeit dieser neuen Methode des wissen­schaftlich eraften Gedankenlesens" ist außerordentlich groß. Sie läßt sich nicht nur in der Psychiatrie anwenden, um die Bewußtseinsvor gänge bei Geisteskranken zu beobachten, sondern sie gibt auch bei der Anwendung auf geistig Gesunde interessante Ergebnisse. So stellte 3. B. Löwenstein der Versuchsperson die Aufgabe, eine Zahl aus einem umgrenzten Zahlenfreise, z. B. von 1-10, sich zu merken. Die Zahlen werden in fiets gleicher Reihenfolge mehrere Male genannt, während zugleich die Haltungskurve von Kopf und Ertremitäten auf­gezeichnet wird. Merkt sich die Versuchsperson z. B. die Zahl 6, so weist die Haltungskurve vor und hinter dieser Zahl Beränderungen auf, die als Ausdruck der Erwartungsspannung schon vor dem Nennen der Bahl und als Ausdruck der Lösung dieser Spannung sofort nach­her auftreten. Die gemerkte Zahl kann also danach bestimmt werden, ohne daß der Versuchsleiter sie weiß. Möchte man z. B. bei einem Verbrecher, der seinen Namen nicht angibt, feststellen, welcher von verschiedenen angenommenen Namen wirklich der seinige ist, so wird man dies auf diese Weise herausbekommen, denn der eigene Name hat für die meisten Menschen einen höheren Bewußtseinswert als jeder fremde Name, und diese Gefühlsbetonung des eigenen Namens wird in einer Beränderung der Kurve zum Ausdruck kommen. Ebenso verhält es sich bei den Tatumständen irgendeines Verbrechers. Auch hier wird sich beim Berhör die Gefühlsbetonung gewisser Vor­stellungen ergeben, und man fann daraus wertvolle Schlüsse auf die Tat selbst ziehen. Auch bei Menschen, die behaupten, sich an eine bestimmte Tat nicht mehr zu erinnern, fann nachgewiesen werden, ob dies wirklich der Fall ist.

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