Wissen und SchauenDeutsche Rosenskädte. Der Juni gehört der Königin der Blumen,der duftenden Rose. Es gibt eine Anzahl Städte in Deutschland undim deutschen Oesterreich, die durch ihre Rosenzncht weithin berühmtgeworden sind. Zu ihnen gehört in erster Linie Trier, das denMittelpunkt der deutschen Roscnzüchterei bildet. Kaum etwas Lieblicheres kann man sich denken, als zur Rosenzeit die Rosenkulturen beidieser uralten Moselstodt zu besuchen, die mit ihrem Dust ganz«Stadtviertel erfüllen. Dann das durch seine Rosenfeste berühmteWiesbaden, wo die Rose im Juni Triumphe feiert wie sonstwohl nur noch an der Rlviera. Die warme Besonnung des Rhein-a a u s bringt die Rose zu wunderbarer Duftentfaltung. Rüdes-heim, das alte, weinberühmts, ist— von der Weinlese abgesehen— nie so schön wie jetzt zur Zeit der Rosenblüte. Durch ihre Rosenberühmt sind die Tiroler Städte Meran und Bozen, wo dieVegetation wahre Blütenwunder hervorbringt.Die Rose kommt in Deutschland aber auch in weniger klimatischbevorzugten Gegenden zu schönster Entfallung. Berühmt sind dasRosenmeer des Pillnitzer Schloßgartens(an den Elbufern oberhalbDresdens), die Rosarien im Stadtpark von Sangerhausen, im Ostsee-bad Kolberg, in Neustadt a. d. Haardt, im Kurpart von Bad Salz-brunn: mit berühmter Rosenblüte können Dornburg ä. d. Saale, derDomhof zu Naumburg a. d. Saale und Freiburg i. Breisgau aus-warten. Auch Bad Köstritz a. d. Saale ist durch seine großartigeRosengärtnerei bekannt, wie denn überhaupt das mittler«Saalegebiet klimatisch außerordentlich begünstigt ist. Eskommt in dieser Beziehung gleich hinter dem Rheinland. Bei Miltitzin Sachsen gibt es weitausgedehnte Rosenfelder: hier wird nach bul»garischem Muster eine schwunghafte Rosenölerzeugung be-trieben/ Allbekannt ist der 1000 jährige Rosenstock am HildesheimerDom: er ist aber nicht der größte Rosenstock Deutschlands: diesenRuhm beansprucht vielmehr ein 1881 als Wildstamm mit einer Tee-rose okusterter Rosenstock tm Wehrleschen Garten zu Freiburg i.Vreisgau, der berits 1920 gegen 13 000 Blüten entfaltete und sichvoraussichtlich noch weller entwickeln wird. Möglicherweif« erreichter in dieser Beziehung den zugrundegegangenen berühmten Rosen-bäum von Toulon, der jedes Jahr SO— 60 000 Blüten öffnete.Bauernregeln im Dichte der Wiffenschaft. Die heutige Wetterwissenschaft hat, obwohl sie noch vielfach ungläubigem Achselzuckenbegegnet, die Wettervorhersage in begrenztem Umfang doch auf einesichere Grundlage gestellt und ist jenen Wetterpropheten, die sich nurauf ihren„Wellerinstinkt" verlasien, bedeuteno überlegen. Trotzdemwäre es falsch, den Schatz von Jahrhunderte alten Erfahrungen zuverachten, der in den sog. Bauernregeln aufgespeichert ist. Diemoderne Meteorologie hat in mancher Hinsicht die Angaben dieserknappen Sprichwörter und Knüttelreime bestätigt. Eine Regel lautettz. B.„Nasse Pfingsten, fette Weihnachten" und eineandere„Lichte Weihnachten, lichte Scheuer n". Diesebeiden Formulierungen werden, richtig gedeutet, von der Wissenschastbestätigt. Die erster« besagt, daß ein nasses, regenreiches Frühjahrtut ist für eine reiche Sommerernte, die dem Bauern Geld bringt,odaß er ein„fettes" Weihnachtsfest feiern kann. Die zweite Regeltellt fest, daß ein„lichtes", d. h. schneeloses Weihnachten oft eineschlechte Ernte ankündet und somit leere Scheuern hervorruft, weilentweder der Frost zu«es in den Boden eindringt und die Saatbeschädigt oder bei milder Witterung die Vegetation sich zu zeitigrntwickell und dann leicht in den unvermeidlichen Frühjahrssröstcnzu Schaden kommt.Die Wissenschast hat sogar auch in solchen Bauernregeln, die manbis vor kurzem noch für reinen Aberglauben hiell, einen richtigenKern entdeckt. Die allbekannte Regel, daß Regen om 27. Juni, demSiebenschläfertag, einen verregneten Hochsommer, eintrockener Siebenschläfer dagegen einen schönen Sommer nach sichziehe, Ist In dieser Form natürlich irreführend. Das Wetter einesbestimmten Tages hat für die Zukunft nichts zu bedeuten. Sagtman aber statt„Siebenschläfer" allgemeiner„die Zeit Ende Junioder Anfang Juli", so entpuppt sich aus dem scheinbaren Aber-glauben die ganz richtige Beobachtung, daß die durch einen beson-ere deutlichen Charakter günstig oder ungünstig ausgeprägtenSommer beim Uebergang des Juni zum Juli diesen ihren Charakterzum erstenmal unverkennbar hervorkehren. Ebenso spiegelt sich inverschiedenen Wetterregeln die Erfahrung wieder, daß alljährlich imHerbst der prächtige Nachsommer des September oder Oktober ein-setzt. Wenn also der Bauer diesen oder jenen bestimmten September-tag für die Witterung der nächsten vier Wochen ausschlaggebendsein läßt, so darf man dies nicht so genau nehmen; nicht nur E g i d l(1- September) oder Maria Geburt(8. September) oder N i-k o l a u s(10. September) sind der Wettermacher, sondern richtigmeist erkennen läßt, ob der Nachsommer jetzt oder erst später ein-setzen wird.sNa>»snl!W NatunvisseaschastDer Debenslauf der Schabe. Der deutschen Schabe, dem lästigenJusekt, das unsere Küchen und Keller heimsucht, hat Johann Willeeine auf genauen Studien beruhende Lebensbeschreibung gewidmet,aiis der H. Hoffmann in der„Naturwissenschaftlichen WochenschriftInteressantes mitteilt. Die deutsche Schabe ist hauptsächlich aufRäume mst einer regelmäßigen Temperatur von zirka 20 Gradbeschränkt. Durch Licht und Feuchtigkeit wird das Tier fast garnicht beeinflußt. Das Höchstmaß der Temperatur, das es erttägt, ist40 Grad, das Mindestmaß 4 Grad Wärme: bei 42 Grad tritt Wärme-starre, bei 2 Grad Kältestarre ein. Sehr empfindlich ist die Schabegegen Luftströmungen, gegen Hunger aber ziemlich wider-standsfähig. Tagsüber fitzen die Tiere in ihren Versteckenund nehmen dabei eine ganz besondere Ruhe- oder Lauer-stellung ein, wobei die Fühler schräg nach vorn oben ge-richtet sind. Als Spaltweite, die den Tieren noch als Versteck oderDurchschlupf dienen kann, wurde für Larven etwa 1 Millimeter, fürerwachsene Tiere 1,5 Millimeter, für Weibchen mit Kokon etwa3— 4 Millimeter festgestellt. Bei einttetender Dunkelheit suchen dieTiere ihre Futterplätze auf: ihnen stehen drei Bewegungsarten zurVerfügung: Laufen, Springen, Flattern.Charakteristische Bewegungen der Schabe sind die Putzbewegun»gen, wobei die Antennen und Beine meist mit den Mundwerkzeugen,alle übrigen Teile des Körpers aber mit den Beinen gesäubert wer-den. Die Ursache für diese Putzbcwegung ist nicht nur in demWunsch der Reinigung, sondern auch in der Einwirkung von Riech-stoffen und Gasen zu suchen. Die Nahrungsstoffe, die die Schabemit ihren beißenden Mundwerkzeugen aufnimmt, find außerordent-lich mannigfach. Zwar lehnt sie Fleisch, Getteide, Leder, Gewebeab, doch ist ihr sonst jede Nahrung recht, die sie findet. Etwa 11 Tagenach der Kopulation beginnt bei dem Weibchen die Bildung des Ko-kons. Nach 24 Tagen wird das Kokon abgelegt, und eine halb«Stunde später schlüpfen die ersten Larven aus. Die Larven machen6 Häutungen durch und brauchen vom Ausschlüpfen bis zur Aus-bildung des fertigen Infekts etwa 170 Tage. Die männlichenSchaben sterben nach etwa 15 Tagen, die weiblichen nach 30—40Togen. Als Bekämpfungsmittel dieser Insekten kommt nebenGiften, die ihnen zum Fraß hingestreut werden» besonder» die Durch«gasung mit Blausäure in Betracht.sWllD�SlDlW� UrgeschichteDi« Entstehung des aufrechten Ganges. Di« den Menschen au»-zeichnenden KSrperbildungen lassen sich nicht aus den entsprechendenformen seiner nächsten Verwandten, der Menschenaffen, ableiten.Man muß daher annehmen, daß Mensch und Menschenaffe sut«in«gemeinsame Ahnenform zurückgehen und sich dann nach verschiedenenRicktungen weiterentwickellen. Diese Auffassung, die besonders derverstorben« Anthropologe Hermann K l a a t s ch vertteten hat, wirdvon H. Echlinger in den„Naturwissenschaften" näher begründet.Der Mensch hat Körperbildungen bewahrt, die bei den ursprüng-lichen Säugetieren angelegt waren und von denen sich die heutigenVertreter dieser Klasse in jahrtausendelanger Entwicklung entfernten.Wahrscheinlich sind die Vorfahren der heutigen Äenschenasfeamenschenähnlicher gewesen. So finden sich z. B. oei jungen Anthro»poiden Kopsgrößen und schöne Scheitelwölbungen, die den mensch-lichen Formen nahestehen. Die Vierhändigkeit, die auch der Vor-mensch besaß, ist von allen Affen bewahrt worden. Durch die Rück-bildung des Daumens aber wurde ihre Hand zu einem Kletterwert»zeug, während die Menschenhand sich zu einem vielseittg verwend-baren natürlichen Werkzeug entwickelle, durch das erst die Aus«bildung künstlicker Werkzeuge möglich wurde. Ein besonderes Merk-mal des Menschen, wie es bei den Säugetieren nirgends vorkommt,ist der Fuß. Er mag aus einem Urzustand des„Handfußes" ent-standen fein, wie ihn noch heute der Gorilla aufweist. Nun hat manfrüher gemeint, der Menschenfuh sei erst nach dem Uebergang zuraufreckten Körperhaltung ausgebildet worden. Nach den neuestenAnnahmen hat sick aber erst der aufrechte Gana entwickett unddanach bildete sich dann das bisherige Greisorgan oes Vormenschenzu einem Stützfuß. Die Ahnen de» Menschen müssen Lebens-bedingungen unterworfen gewesen sein, durch die eine Verstärkungder hinteren Gliedmaßen und eine entscheidende Umwandlung de«Handsußes notwendig wurde. Der weitestgehende anatomisch«Unterschied zwischen Greis- und Stützfuß liegt in der großen Zehe,die nock bei manchen farbigen Rassen in ihrer Stellung und Bs«weglichkeit an die ursprünglichen Verhältnisse erinnert.Zur Erklärung de» Heranrückens der Großzehe an die übrigenZehen wird nun ein Klettermechanismus herangezogen, wie er nochbei manchen Naturvölkern, so bei den Australiern, angewendet wird.(Ts wird dabei ein biegsamer Zweig um den Stamm geworfen unddann immer- höher und höher hinanfgeschoben, indem der Natur«mensch die Schlinge mit beiden Händen festhält und mit den Füßenden Stamm umklammert. Die gemeinsamen Ahnen des Menschenund Menschenaffen müssen einen solchen Klettermechaniemus inweitestem Umfange verwendet haben. Dadurch werden die Muskel-Massen der Schultern besonders stark entwickelt worden fein: ebensowurden die zum Nackschieben des Körpers dienenden Muskeln desGesäßes verstärkt. Diese Muskeln sind es nun aber zugleich, die dieHaltung der Wirbelsäule in ausrechier Stellung am besten er-möglichen und zugleich die RückwSrtsziehung der Schultern gestatten, wodurch der Kopf seine freie Bewegung erhält. Das Er-steigen der Vämne, wie es für den Urmenschen angenommen werdenmuß. hat also gleichzeitig die eigenartige Bildung des Menschen-fußes und die aufrechte Korperhaltung begünstigt.Nie genug.Fahr hunderkmal dieselbe Straße, du machst deck immer neue Gleis«:Und ob du hundert Zahre lernst, zum Lerne» wirst du nie zu weis«.Wilhelm Müller.