vnb verschleierte Frauen an hochschwankenden Kamelen und fürst«lich prunkenden Zügen einziehender Scheichs vorüber; hier, reihensich die Kaffeehäuser mit strohenen Matten und blühenden Ole-anderbüschen; hier liegen, den Toren zunächst, die fließenden Brun«nen, an denen der Ankömmling den Staub der Landstraße vonden Füßen spült. Biegt man seitwärts, so oerhallt der Lärm nachwenigen Schritten, die Gaste wird eng, schattig, kühl; sie windetsich an hohen Mauern vorbei und oft unter Häusern hindurch:dann verzweigt sie sich— welchen Weg soll man gehen?— Undhat man gewählt, so führt uns schließlich, nach zahlreichen Ver-ästelungen, der immer schmaler, immer stiller werdende Gang vorein einsames Tor. Nirgends ein Durchgang, lauter Sackgasten.Wer sollte hier wandern außer dem laullos schreitenden Be-wohner, der ein«, zweimal des Tages den Weg zum Bazare nimmt?Ihm folgt nur, dem Ahnen mehr ist wie Schauen, mit leisen Schrit-ten in die heimliche Enge: der Dichter, der Träumer, dem Märchendort aufblühen wie aus Tausend und einer Nacht."Nahrungsmangel als Krankheitsursache.Von Dr. G. Wolf f.Wir kennen eine ganze Reihe von Krankheitsformen, diewährend des Krieges durch stärkere oder geringere Unter-ernährung hervorgerufen wurden. Es handelt sich dabei umsogenannte„Nährstoffdefettkrankheiten", die nicht so sehr auf un-zureichende Nahrungsmenge im allgemeinen als auf den Mangeleines ganz bestimmten Nährstoffs zurückgeführt werden müsten. Zudiesen Krankheiten, die schon früher bekannt waren, gehört dieB e r i> B e r i- Krankheit, der Skorbut, das Hungerödem,bestimmte Knochenerkrankungen, die Aehnlichkeit mit Rachitis(eng-tische Krankheit) haben und in den letzten Jahren in Deutschland undDeutschösterreich vielfach beobachtet wurden. Man hat all diese undnoch eine Reihe anderer Krankheitserscheinungen, deren Ursache bisvor kurzem noch wenig geklärt war, eine Zeitlang auf den Mangelan gewissen Eiweißstoffen, den sogenannten Vitaminen, zurück-führen zu müssen geglaubt und sie dementsprechend mit einem ziem-lich nichtssagenden Namen als Avitaminosen bezeichnet. Damit hatman eben nur ausgedrückt, das quantitativ durchaus ausreichend er-nährte Menschen doch durch die Entziehung gewisser, zwar nicht un-bedingt lebenswichtiger, aber auf die Dauer für den Gesamtablaufder Stoffwechselvorgänge nicht zu entbehrender Stoffe, der Vitamine,in bestimmter Weise erkranken können. Mit anderen Worten: Eskommt bei der Ernährung nicht allein auf ein ausreichendes Quantuman, sondern auch die Qualität der Nahrungsstoffe hat eine wcsent-liche Bedeutung. Dieser etwas banalen Wahrheit trägt man schonlange in der Kochkunst Rechnung, indem man bei der Zubereitungder Speisen die Nahrungsstoffe mit bestimmten GenußmittelnsExtraktiostoffen, Gewürzen) versetzt. Auch der Wert der eigentlichenGenußmittel(Kaffee, Tee, Alkohol) liegt ja nicht in ihrem kalorischenNutzeffekt(Brennwert) für den Wärmebedarf des Körpers, als viel-mehr in ihrer Wirkung auf die körperlichen und geistigen Funktionenals Erregungsmittel,Die Avitaminosen oder Nährstoffdefektkrankheiten haben Infolgeder allgemeinen Unterernährung während des Krieges in Europaeine Verbreitung gesunden, wie man sie vorher nicht kannte. DieLeri-Beri, früher fast nur in Ostasien beschrieben, entsteht vorwiegendbei solchen Menschen, die lange Zeit hindurch mit kleiearmen Reis-oder anderen Gebäcken ernährt werden. Unter den Krankheit»-»rscheinungen treten vor allem Störungen seitens des motorischenund sensiblen Nervensystems hervor, die zu vollkommenen Degene-rotionen der Nervenelemente und daher zu ausgesprochenenLähmungserscheinungen führen können. Man glaubte ursprünglich,daß Mangel an Phosphor die Ursache der Störungen sei, konnteober später feststellen, daß der Phosphorgehalt nur den Maßstab fürbestimmte Extraktivstoffe(Vitamine) darstellt, die in der Reiskleieund verwandten Bestandteilen anderer Getreidesorten enthalten sind.Die Beri-Beri-Krankhelt steht dem Skorbut sehr nahe, döFlnseinen verschiedenen Abarten(Segelschiffskorbut, Kinderskorbut) auchin Europa zuweilen vorkam. Namentlich der Kinderskorbut, diesogenannte Möller-Barlowsche Krankheit, war bei uns gar nichtselten und wurde vor allem durch die aus Aengstlichkeit übertriebeneErhitzung(Pasteurisierung) der Milch hervorgerufen. Bis in dieneueste Zeit glaubte eine Reihe von Forschern aber auch an in-sektiöse Momente als Ursachen des Skorbuts wie der Beri-Beri, wiedenn in der bakteriologischen Epoche der Medizin die schematisieren-den Schüler Robert Kochs die Bakterien für sämtliche Krantheits-«rscheinungen verantwortlich machen wollten. Heute unterliegt esjedtzch keinem Zweifel, daß der echte Skorbut ebenso wie die Möller-Varlowsche Krankheit nicht durch Mikroorganismen, sondern durchgewisse Nahrungsmitteldefekte entstehen. Dafür bieten gerade dieErfahrungen des Weltkriegs manchen Anhalt. Die gleichen Störungen,die man von früheren Beschreibungen her als Segelschiffs-, Festung»storbut und dergleichen kannte, traten an alle» Orten, im Inlandund an den verschiedenen Fronten auf, wo an Stelle frisch«Nahrungsmittel nur Konserven, durch Erhitzen, Trocknen, Pökel«vorbereitete Stoffe, Dörrgemüs« usw. zur Ernährung verabreichtwurden. Die Störungen beim Skorbut betreffen im wesentliche«die Gefäßwände, die leichter durchlässig werden, so daß es z«Blutungen in die Haut, die Schleimhäute, den Darm, die Wachs«tumszonen der Knochen kommt.Wie die Beri-Beri durch geeignete Ernährungsmaßnahmenschnell geheilt werden kann, so in noch auffallenderem Maße dieskorbutartigen Erkrankungen durch Zuführung frischer Früchte undVegetobilien. Das ist natürlich, da ja damit die Krankheitsursacheselbst beseitigt wird. Wir haben hier also einen der seltenen Fällein der Medizin vor uns, wo man nicht die einzelnen Symptome be-kämpft, sondern die Krankheitsursache wirklich ausschaltenkann. Deshalb ist auch die Behandlung de« Kinderfkorbuts einesehr dankbare Ausgab«; man braucht nur an Stelle der pasteuri-sierten frische, nicht ihrer natürlichen Stoffe beraubte Milch zu geben.Den skorbutartigen Erkrankungen ist schließlich noch eine ziemlichhäufig vorkommende Form der Säuglingsblutarmut anzureihen, diegewöhnlich um das Ende des ersten Lebensjahres auftritt und eben-falls auf die einseitige Milchtost zurückgeführt wird; auch hier werdendie Krankheitserscheinungen rasch durch Zugabe frischer Vegetabilienrespektive vegetabilischer(pflanzlicher) Extraktivstoffe geheilt.Die genannten Nährstoffdefektkrankheiten beruhen auf demMangel an vegetabilischen Extraktivstoffen, deren chemische Naturnoch nicht festgestellt werden tonnte, während ihre Wirkung durchbestimmte Ausfallserscheinungen unverkennbar ist. Ihnen stehensolche Krankheiten gegenüber, die durch das Fehlen von Lipoiden inder Nahrung, d. h. bestimmten fettähnlichen Stoffen, erzeugtwerden. Dazu gehören gewist« Augenerkrankungen, die zuerst vonJapanern, und zwar bei rein vegstabilisch, ohne Fett ernährtenKindern, beobachtet worden sind. Es kommt dabei zu Ernährung»-störungen an der Bindehaut und Hornhaut des Augapfels, die aufZusatz von Lebertran und Milchfett(Sahne) zur Nahrung schnellwieder verschwinden. Vor allem gehört hierher eine Störung desKnochenwachstums, die in Deuffchland und Deutschösterreich infolgeder extrem fettarmen Ernährung während der letzten Kriegsjahr«außerordentlich häufig auftrat, nicht nur bei jungen Kindern, sondernauch bei älteren, sogar bei Erwachsenen, deren Knochenwachstumeigenllich schon beendet war. Diese Krankheit wurde als Hunger-osteomalazi«(Osteoinalazie= Knochenerweichung) bezeichnet und zu-erst in Wien in größerem Umfang festgestellt. Sie ist deshalbwissenschaftlich von besonderem Interesse, weil sie vielleicht berufenist, auf die Entstehung der schon in normalen Zeiten sehr verbreite-ten englischen Krankheit(Rachitis) Licht zu werfen. Auch hier werdendurch Fettzufuhr gute Heilwirkungen erzeugt.Als Folge des andauernden Fettmangels der Nahrung trat imübrigen eine allgemeine Widerstandsverminderung gegenüber allenmöglichen Infektionskrankheiten ein; nicht zum mindesten auf dies«Folge der Unterernährung ist die ungeheure Zunahm« der Tuber-kulosesterblichkeit zurückzuführen. In die Reihe dieser Krankheitengehört unmittelbar noch die sogenannte Oedemkrankhett(Hunger-Wassersucht). Der Hungerödem wird im Gegensatz zu den vorherbesprochenen Erkrankungen durch allgemeine quantitativeUnterernährung erzeugt. Die Symptome bestehen darin, daß dieungenügend ernährten Körpergewebe ihre Gewebsflüssigkeit leichterals gesunde Zellen abgeben. Dadurch kommt es zu einem krank-haften Wasteransatz, der die Kranken aufschwemmt, unter Umständensogar eine Gewichtszunahme bei Abnahme des eigentlich funktio-nierendsn Zelleiweißes vortäuscht. Den Kinderärzten waren solcheKrankheitserscheinungen schon lange bei Kindern bekannt, die langeZeit ausschließlich mit mehlreicher Kost ohne Fett ernährt wurden.Erwachsene zeigten erst während des Krieges alle Formen undGrade des Hungerödems, durch die ungenügende Ernährung herbei-geführt, wie die eingehenden Stoffwechseloersuche an vielen Klinikenergeben haben. Die Krankheit beschränkte sich natürlich nicht alleinauf Deutschland, sondern trat beispielsweise auch auf dem Balkan,in Rußland und in den Gefangenenlagern in erschreckender Weisezutage. Selbstverständlich kann sich die Oedemkrankheit noch miteiner der anderen Nährstoffdefektkrankheiten, mit Beri-Beri oderSkorbut, kombinieren, wenn neben der allgemeinen Unterernährungnoch eine einseitige Reis- oder Konservennahrung besteht. Der Be-Handlung sind, wie schon bemerkt, die geschilderten Krankheiten leichtzugänglich, wenn man in der Lage ist, die fehlenden Nährstoffe zuersetzen und für eine allgemein ausreichende Ernährung zu sorgen,Daß die» im Krieg nicht der Fall war, weiß jeder.Hoffentlich wird eine verständige Ernährung?- und Landwirt-schaftspolitik wenigstens jetzt die Möglichkeit zum körperlichen unddem davon abhängigen geistigen Wiederausbau der Völker Europa»bieten.