Donaufahxt.Von Paul Gutmann.Der Deutsche liebt feit altersher seinen sagenumwobenen Rhein.Von der Donau weih er nicht viel. Er glaubt, ff« beginnt in Wienund endigt in seiigen Walzern und abgelebten Couplets. Achtlosjagen die meisten auf dem Weg nach München an ihr vorüber, kaumdaß der ein« oder ander« hinter Regensburg nach dein weißenCteinhanfen an ihrem fernen Ufer bllnzclt, der von Ludwig, demDichter-KöniG erbauten Walhalla. Eefegnet feien die schlechten An-schlüfiel Statt de» albernen Mücksgesuhls der 70-Kilometer-G»»schmindigkeit«rledt» ich«kn« Bummelsahrt von hinreißender Schön-heit. Ich wollte nach Wien auf dem direkten Weg, aber der Kohlen-Mangel warf meine Pläne über den Haufen. Wie uns in Regens-bürg gesagt wurde, verkehrten auf der österreichischen Strecke nur.drei Schnellzüge" in der Woche. Ich hatte zwei Tag« wartenmüssen. Kurz entschlossen wählte ich den Wasserweg und wurde mitrngeahnten Eindrücken belohnt. Weicher Rorddevtfche kenntReg«n»burg, das Köln der Donau, mit seinem wundervollengotischen vom, seinen frühromanischen Türmen, seinen an Rürn-berg und Rothenburg erinnernden Plätzen? Wer kennt Passan,von Humboldt unter die sechs bis zehn schönsten Orte der Wellgezählt? Hier beginnt der deutsch« Süden. Leuchtend« Farben,gelb, violettz flache Dächer, jauchzer.de» Barock, sehr viel katholischeKoketterie. Glockentürmchen erheben sich leicht, von einer spiele-rischen Zierlichkeit, wie in oberitaiienischen Stödten. Schwarzie-Keidch« Priester gehen m würdevoller Haltung über festliche Plätze.Steil« weiße Mauern, über denen ein schwärzlich blauer Himmelglüht, öffnen sich zu überwältigenden Ausblieben auf Ström«— essind deren drei, die hier zusammenfließen— und Hügel. DerBerliner ruft au»: eine wahre FftmstadttAuf der Dampferstation beginnt Oesterreich. Auch psychologisch.Der Mann, der die Koffer zu wiegen hat, wird mit einem halbenDutzend nicht fertig. Paffagier« werden ungeduldig und meinen,auf deutschen Abfertigungsstellen— hier heißt es Agentien—»machtensie es schneller. Der biedere Donaumensch verliert sein« Ruh« nichtund antwortet:„Za, mir. fem hall in Oesterreich." Darauf allge-meines Gefäße und die Bemerkung:„So fem mir Oefterreicher.Nur not die ffth verliern. Heber uns selber lachen!" Die Sonne,st« lacht, die Menschen stnd fröhlich, hker, offenbar, öffnet stch da»Tor zur ewigen Freud«. Dieser Eindruck verstärkt stch, als derDampfer auf dem Rücken der rauschenden Donau, scheinbar mühe-kos, stch' in Bewegung setzt. Lachend« Ufer zu beiden Seiten, desStroms fliegen dahin, tbie am Rhein, aber kaum etwas taucht auf.was an die arbeitsdampfend« Gegenwart erinnert. Keine Fabriken,keine betriebsamen Stadt«, fein« Reklametafeln. Dasür über Wäldernthronend« Kirchen, Wfc, breit ausladend« Klöster, kleine, in stilleTäler geschmiegt« Ortschaften. Die Industrie beschränkt stch aufSögemühlen, die durch schäumeud« Gebirgsbäche getrieben werden.Ich gerate mit Nachbarn in«in Gespräch. Mein fremdländischerAkzent erregt Interesse. Man bemüht sich um mich, man fragt michaus, man zeigt den merkwürdigen Fremden, als wäre ich ein Kongo-neger oder Amerikaner. Die Kindlichkeit dieser Menschen ist ent-zückend. Sie verkleinem den Wert ihrer Heimat vor mir— nur aufdie Natur find sie stolx—, sie loben die Fremde, sie sind gespannt,was ich sagen werde. Wehe, sie wollten ja kein Urteil hören, nurLobfprüchz. Ich vergaß, daß der Sktrus dieses süßen Landes weib-lichen Geschlechts fft. Austria rückt von mir fort. Sie schmollt mllmir. Aber denkt euch von mir, was ihr wollt. Hinqeriffen vonder Schönheit der Fahrt trete ich an die Spitze des Decks und neizedemütig mein Haupt oor schneebedeckten Alpengtpfeln, die in darFern« über schwarzen Wäldern in das flimmernde Blau desHimmel» streben. Hier ist der Rhein besiegt. Diese Größe der kin-drücke hat nur die Donau.Das Schiff landet in Linz, der«nnrukig an Strom und Bergengelegenen Stadt. Der Ort erinnert«m die Gegend zwischen Koblenzund Bonn. Hier wird übernachtet, um am nächsten Morgen dieFahrt auf der Donau iortzusttzen. Man sagt, hinter Linz beginneder schönste Teil der Strecke. Wieder ziehen Wälder vorüber, weiß-flimmernde Orllchefien lugen neugierig aus dunLen Tälern, Kirchenund Köster, Kapellen und Heiligenbikder grüßen von Hügeln, vonFelsen, von Bergen herab, der Strom verengt sich, Felsklippenscheinen chn zeitweilig zu ocrsperren, aber wieder locht die Weite,und einer der herrlichsten Barockbautev, das berühmt« Stift Melkfunkelt in der Mittogssonn«. Wir haben eine der schönsten Gegen-den Oesterreichs pausiert, die Wachau. Gesang erschallt auf demdichtbefetzien Schiff, Musikanten spielen, dl« Fröhlichkeit wird ellge-mein. Das ist mein Oesterreich. Sie fühlen es, dies ist das Herr-liehst« oller Länder. Echo ertönt vom Ufer. Badend« sind es, dieuns zujubeln, als trüg« uns das glückhafte Schiff. Erst waren eseinzelne, jetzt tauchen am Ufer ganze Rudel auf: Hunderte, Tausende,die Hauptstadt naht. Der Feiertag hat die Maffen herausgelockt.Und fast elne Stunde, von Tulln an, der Nibelungenstadt, bisKlosterneuburg, längs des grünleuchtendem, noch immer nichtabgeholzten Wiener Waldes, jauchzen und winken am Ufer dieschlanken, halbnackten, sonnverbräunten Menschen Das B-ild istergreifend. Noch sieht man nur den Strom und die grünen Berge,aber in der Fern«, wohin mein« sehnsüchtigen Blicke spähen, tauchtdas erste Wahrzeichen der Hauptstadt auf, das Riesenrad im Prater.Wien, die Schöne, versteckt sich noch hinter dem steilabsallendenLeopoidoberg. wie hinter einem Paravent. Ein« Einfahrt, die zuden prächtigsten Lfmdsehastebildern der Welt gehörff wie die in denHafen von Neapel, von Marseille, von Palermo. Langsam, langsamkommt die Schön« zum Vorschein. Die belaubte» Berge verfinlen,sind die Steinmauern der Stadt umfangen dich. Ein sanfte» Hin-übergleiten von der Natur zu der ihr ebenbürtigen Kuiturschönheit-Mit Herzklopfen betrat ich die steinernen Stufen am Landrmgzp atz.Ich gedacht« des unermeßlichen Leids, das hinter soviel Schönheitverborgen schlummert und schämte mich fast meine» ziücklichen G».nießen» während der Eim'ahrt. Aber von ferne kkme�en die Iubel»rufe heimkehrender Ausflügler, Knaben und Mtzdchen. Und dawußte ich, daß die gütige Natur dem Wahn der Alken die glücklicheTatkraft der Jugend immer wilder folgen läßt,«nd daß Fröhlich.keit die best« Heilmeisterin der Menschen ist.Das vergefftse HrauaseMrr.' Von A. Iohannfen.In unserer Urgroßmütter Haushalt spielte da» Braungeschirreine hervorragende lllolle. Sein Reich war nicht nur«uf Küche undSpeisekammer beschränkt, sondern»» umfaßte auch den bürgerlichenKaffee- und Teetisch. Denn die Töpfer verstanden es damals, aucheinen anspruchsvolleren Geschmack zu befriedigen, indem sie da»schön« warme Braun ihrer schlicht, aber gut und dem Zeitstil ent-sprechend geformten Gefäße mit weihen Blüten- und Blätterrankenoder figürlichem Schmuck belegten. Diese in künstlerischer wie inhandwerklicher Beziehung gleicht gut durchgebildeten Empire- undBiedermeiertöpfereien wußten selbst über die Sebrouchswar« hinaus dem«infachen Schmnckbedürfnis jener Feit in Gestalt vonLasen, Schreibgerät usw. Rechnung zu tragen.Heut« aber düirkt uns das Braungeschirr selbst für die Küchede»«infachen und- bescheidensten Haushalte» nicht mebr fein genug.Nur weiß mit b""'-r Verzierung darf das Küchengeschirr sein, undrecht ousgefall-v rmen muß es haben, damit es„was hermacht"— nach der( regt man nicht. Erst hinterher kommt dann derAerger, wenn sich in den viereckigen oder reUefartig gepreßtenTöpfen der Staub hartnäckig festsetzt, wenn die billigen Abziehbilder-Verzierungen und das schlechte Gold in kürzester Zeit den Weg derVergänglichkeit gehen oder wenn die„leichten Beschädigungen",derentwegen man da» Steingut im Warenhaus so besonder» preis-wert bekam, langsam als nicht mehr weichend« grauschmutzige Ab-staßstellen sichtbar werden. Und doch greift die Hausfrau, die nurüber beschränkte Mittel verfügt, im Bedarksfalle wieder nach die'erAusschußware, denn wirklich gutes Porzellan und Steingut ist fürsie unkrschwinglich teuer geworden. Erinnert sie sich aber wirklichdes guten alten Braungeschirrs und will solches kaufen, so kann svin den Geschäften der Großstadt unter Umständen recht lange danocksuchen: die wenigsten führen es.Um so erfreuter wor ich. als ich in einer märkischen Klein'�ad!kürzlich einmal wieder«inen regelrechten Topfmarkt mit dem gute'alten Braungeschirr sah. Aber die Kauflust schim recht gering zusein. Biel mehr Käufer als an allen Braungeschirrständen zusammengenommen— und zwar fall alles Landlente— standen um einengroßen lisch mit scheußlichf.er weißscherbizer Ausschußware u-ökauften Gebrauchs- und Lnrusgegenft-inde, die ohne AusnahmePazaureks Stuttgarter Abschreckungs-Kitschfammlung Ehre gemachthätten. Was Wunder, wenn wir in einem bäuerlichen Haushalt,besonders wenn eine größere Stadt lu der Nähe fll, nur LbelstmAbklatsch städtischen Geschmack» oder, richtiger gesagt, llngeschmack»finden.Wie ist dieser Zurücksetzung des einfachen aber gediegenenBraungefchirrs gegenüber wertloser,«ufaeputzter Ausschußware ab-zu hellen? verin Abhilf« tut not. auch«us volkswirtschaftlichenGründen. Bvr allem ist«ine gründliche Auflkärimg aller Volks-Nassen nötig. Schon in der Schule müßte damit bezonne««erden.Indem Hand in Hand mit dem immer mehr«inaeführten Hand-fertkgkeitsunterricht auch ein« gemisse Waren- und Geschirotfskunlj«betrieben würde, in der die.heranwachsende Inoend das Gut« vomSchlechten in bezng auf Form, Verzierung und Gediegenheit derAusführung unterscheiden kernt. Gute Anschauung mittel würdenvon den Fabriken und Handwerkern aewiß gern zur Verfügung ge-stellt werden, Kitsch und Schund als Gegonheflpi-l ist ja leider über-all für billiges Geld zn haben. In der Fortbildnnesschule müßt«dies« Erziehungsarbeit fortgesetzt werden, zu der Fach- und Ge,werbelehrer, auch Heimat- und Bolkskim�nereinigunzen gern hilf-reiche Hand reichen werden. Die sozia-rstischen Bereinigungen undZeitungen würden auf dem Gebiet der Warenkunde und»elchmacks-bildung ebenfalls ein nützliches Arbeitsfeld finden. Vielleicht wärees möglich, auch des Kino mehr als bisher dieser Warenkunde undGeschmackkbildung dienstbar zu machen. Auf diesen Wegen würd-dann auch eine bessere Kenntnis der Keramik und eine gewisse