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;i�JSCSS2SEaHEä£S?3LSES5� f~ IDu Dummheiten der Großen lind beinahe immer öffentliche Unfälle. Rtcola« Thamfert(NM-I7S,). vor Ort. Eine Erinnerung an Oberschlesicn. Boii Alwin Rath. <tine junge Frau in blau weih gewürfelter Bluse zeigt mir in de? morgenfahlen Straße den Weg nach der Zeche. Schwarzrauchig uberblöht uns der Zechenhimmel. Bon einem Dutzend in Reih und Glied ausgerichteter Rtefenschlote. deren unterer Umfang hausdick auseinaiUzorwllchtet, weht hinter uns das schwarze Fanal der Erden- «acht, i« die ich heute hinunter will. Aus dem ersten Fenster im Zechenhof guckt mir ein gutmütiges Gesicht entgegen. Verschwindet sofort. Ich weiß gleich, der ist es, der mich erwartet. Ein breitschulteriger, vierschrötiger Mann, foinmt er mir entgegen in der hellfröhlich getünchten Steigerstube. Dann öffnet sich eine Tür. Vor mir am Haken wüstenbraune Knapprnkleider, rotblaugewürsclt ein derbes Wolihalstuch, ein an die Rutschpartie gemahnender Lederhosenbvdcn, eine ochfenlederne, kohlschwarze Jockeikappe und Kommißstiefel seligen Angedenkens. Als ich mit dem Bergstock, so eine Art Schweinetreiberknüttel, hinauskomme, steht Moorhenn so heißt er da, auch als Jockei. Als wir zum Förderturm hinaufklettern, komme ich nur auf Fast­nacht vor. Donnerndes Getöse! Eisernes Gerassell Als stürzten all« Berg- Halden im Umkreise zusammen. Eiscnketten knirschen unheimlich be­wegt über die Erde. Haken, drohend darauf emporkrallend, wandern irgendwohin. Biereckige übermannslange Eisenkästen grollen donnernd auf der stählernen Gedrungenheit kleiner Eisenbahnräder heran. Einer der drohend Emporhakenden krallt sich vorn zwischen die plmnp« Kraft der Räder und mit zäher Unwiderstehlichkeit knirscht die wandernde Boden kette mit der grauen Gesteinsfracht davon. Schwarzrußige Burschen stoßen weitere Wagen mit Kohle, mit Stein zu der Schleppkelte. Aus der emporrasseinden, viereckigen, zweietagigen Eifenstube des Förderkorbcs werden die Wagen heraus- gespuckt. Stoßen Sie sich nicht," sogt Moorhenn. Mit einem schmetternden Schmerz vor'm Schädel, einem bluten- den Hautfctzen davor, siehe ich dann darin zusammengebiickt im Förderkorb, in der eisernen Enge, starre auf das trübe Lichtlem der Knappenlaterne neben meinem Kommißstiefel. Fühle mich in die Tiefe, die nachischwarz plötzlich uns umdüstert, hinabschnoubeu. Sehe in der matten Trübe des drahtumgitterten Lichtleins es wie von dicken Schlangenleibern gespenstisch an den Wänden des Schachtes hinausjagen. Die Rohre der Wasserhaltung. Darin pumpt der Sumpf" von der untersten Sohle empor. An einer der unteren Sohlen hält der Förderkorb so weich, als setz« er uns auf ein Plüschpolstcr. Zwei paar blitzende Schienenwege züngeln in die Todesfinsternis des unterirdischen Tunnels der Sohle hinaus. Mit den matten Ftämmlein in unseren Gitterlampen folgen wir ihnen. Die Schatten unserer vier Füße rotierten wie Rodfelgen über die niedrigen balkrnabgestützten Seitcnwände. Da erkenne ich die Balken wieder, die im Spessart in luftigen Türmen aufgestapelt liegem Grubenholz. Das hier unten die Eiganlenlast von 600 Meter Felsgebirge auf seine harzigen Schultern nimmt. Moorhenn ist wortkarg. Nur seine Sohlen sprechen. Das Schweigen einer 600 Meter tiefen Gruft«m uns. Da plötzlich ein Hämmern, Krachen, Rasseln, klirrendes Schrillen, als fei zu Vulkans Werkstatt eine Tür offen geflogen. Ein dunstig Flämmchen taucht auf. Dann unkennt- liche Gestaltet. Schwarzgefichttg. Mit Augen wie Verwunschene. Ein eiserner Koloß steht vor uns. Düster, ölblitzend. Ein Nli- pferd aus Eisen. Stinkt noch Benzol. In seinem Gedärm aus Zy- lindern und Röhren stimmt etwas nicht. Es ächzt, zischt und faucht wie ein schwer Fieberkranker. Moorhenn reißt's hinten auf, doktert ... Pfuttka... Pfuttka...Pfullka... spricht's plötzlich wie mit normalem Herzschlag. Und polternd, klirrend, donnernd schleppt das pstrttkante Venzolungetüm den vorbeis! ackernden Grubenzug mit Ge- st.in und Kohle in die uferlose Finsternis weg. Wir wandern weiter. Zwei Katakombenwanderer. Moorhenn hebt die Lampe hoch, stößt den Grubenstock zwischen das StützgebAt auf eine schwarzglimmige Ader. Kohle. Eine 5)ai!dspanne hoch. Nicht abbauwürdig." Die Luft wird stickig, giftgasig. Ich blicke nach dem brennenden Geistlein hinter dem Gitter. Der Atem beklommen. In dem Fin» stcrn irgendwo ein großer grauer Fleck. lieber Moorhenn rechter Schulter sehe Ich kleine schwarze Gestalten, wie zapplig flüchtende Teufclchen, auf uns heranstürzen. In jagender Hast fegen sie heran. Wo haben sie ihre Srubenlalernen? Ich sehe deutlich jetzt dos weiße Entsetzen aus ihren Augen schillern. Ein grünlich aufflammend Meteor da jählings hinter Zenenl Ein Blitz! Eine phosphoreszierende Glull Geblendete Nachtschwärze vor meinen Augen! Vom Donner angespukt bin ich wie ein vors Ge- schütz Gebundener! Der ganze Verg um uns donnert mit. In dem grauen Lichtfleck fern dicker Dunst von Sieinstaub. Un- deullich steht man noch einzelne Felsbrocken vom Gehänge nach- stürzen. Eins der schwarzen Teufelchen vor uns klagt, daß der Stein so locker ist. Dag sie noch jedem Schuß eine llmnasse Holz zum Ab- stützen verbrauchen müssen. Jeden Tag nur einen Meter voran! Durch den FelslDreihundert Mark ein Melerl" rechnet mir Moor- henn vor. Und wann wird das berechnete Flöz, der schwarz« De- mant, im Felsgrau erscheinen? Weiter im schwarzen Labyrinth der Menschen- und Difmnnenschächte. Ein Geflimmer von Lichtern wie zu Allerseelen auf dem Kirchhof zittert trübe aus der gasigen Sergnacht. Ein niedriger Dämonenrachen, fchwarzgualmend, mit drei Reihen Zähneu durchsetzt, raucht uns entgegen, öffnet sich halb- mounshoch vor unseren Knien. Ein Gewirr von finster ringende» Menschenleibern«st darin eingeschluckt. Wie von Dolchen zuckt's da- zwischen. Dolche, mit denen sie der Erde die schwarzen kostbaren Ein- geweide ausschneiden: krachende Aerte. Aus dem Leib liegen sie keuchend dabei. Nackt bis zum Hosengürtel. Arbeiter, die unsere Herren, unsere Bernichtcr, wenn sie nicht in der schwülen, schwarzen Staubglut aus dem Bauche kriechen, in diesem schweißauspressenden Rachen des Bergdämons furchtlos für uns kämpfen. Glück auf!"Glück auf!" wird unser Gruß von männlich schtveren Stimme« erwidert. Rechts ist die Wand des schräg zur Tiefe hinunterklafjendcn breiten Flözmanle� von oem düster slimm» rigen Glast der Kohle in Meterdicke überronnen. Jahrtausende hin- durch wuchernde Urwälder mit grünen Giganten sind hier auf den paar schwarzen Handspannen zusammengebacken. Das grüne Zwergengeschlecht unter den Kiefern unseres Waldes, die epigonen- kleinen Farne sehe ich mit machtvollen kirchturmwipflizen Smaragd» gewolbcn in die Jugendsonne der Erde emporbrausen, in der kochend- heißen Sumpfluft über den Säulenwäldern der eichenhohen Schach- telhalme das feine Blaltgesicder ihrer leichtwallenden Zweige schütteln. Sehe im Morast den Fleischkoloß eines zahnbleckenden Megatheriums auf dem bluttiachübcrftrömten Nacken eines dick um« panzerten Glyptodontiers sich feftkrailen... Moorhenn rutscht, ein Bein untergelegt, durch die einstigen Tropenwälder. Ich Hinteler. Ein Bein untergelegt. Wühlen uns durch die Kohlen wie der Schneepflug durchs Weiße. Bisweilen in derNut'che", der eisernen Trogröhre, in der die Kohlenbrocken zum gähnenden Wogen kofleru. In derRutsche" gcht's wie auf Schnee- schuhen. Als ich Moorhenn wieder von von« sehe, oben über Tag» sehe ich, er ist wirklich eine Moorh'nn.