ines solchen zu trinken, spuckte ihn aber unter Grimassen aus. Andere legten sich in Louis Philipps Bett und rissen chte Witze dazu. Andere setzten sich ruhig hin und blätterten in Büchern, andere wieder besahen die Kupferstiche und Gemälde len Wänden. Jede Kleinigkeit wurde betastet, doch alles ganz sättig wieder an seinen Platz gestellt. Schon war allenthalben eschlagen:„Respectez les beaux artsl"(Schont die Kunstwerke!) �r die Bilder des Königs und seiner Familie wurden zerschossen td zerschlagen, die vorgefundenen Briefe gelesen und auf die Straße hinuntergeworfen. Häufig wurde in die Spiegel und Kronleuchter gefeuert, so daß der Aufenthalt in diesen Zimmern recht gefährlich war, wie mir denn im Thronsaal eine Kugel am Kopf vorbeisauste, die, unten vom Karussellplatz heraufgeschossen, den großen Spiegel zertrümmerte. Hier, im Thronsaal, herrschte ein fürchterlicher Lärm und ein wildes Gewühl, weil jeder der Anwesenden einen Fetzen vom Thron herunterreißen wollte. Ein schönes Schauspiel zeigte sich auf dem Hofe des Residenz- schlosses: alle königlichen Wagen wurden brennend herumgefahren, die Tschakos der Feinde zerstampft und zerrissen oder als Sieges- zeichen auf die Bajonette gespießt. Wir konnten nicht wieder ins Freie gelangen, ohne an der Wache der Nationalgarde vorbeizukommen, die jeden Heraustretenden untersuchte. Wer irgendwelchen Raub von Wert bei sich trug, wurde sofort niedergeschossen. Natürlich ließ man uns drei Eidgenossen mit unseren Käseschnitten unbehelligt ziehen. Uebrigens hatte Werd- Müller zweierlei erbeutet, was er später als Andenken vorwies: einen Fetzen vom roten Tuch- des Thronsessels und das für diesen Tag, den E4. Februar 1848, für Louis Philipp bestimmte Menü. Vom Hof der Tuilerien aus erblickten wir gewaltigen Rauch In der Richtung des Palais Royal . Doch zogen wir nicht dorthin, jon- dorn mit dem großen Haufen der Neugierigen nach dem Stadt- haus. Ueberall lagen Pferdeleichen, überall traf man auf sieges- trunkene Aufftändllche. Jünglinge, Männer, Greise, Weiber, die sich nicht minder tapfr geschlagen hatten als die Barrikadenheldcn, die mannigfaltigen wunderlichen Kostüme und Waffen, die auf die Ba- jonette gesteckte Beute, die verbundenen Hände oder Köpfe der Ver- mundeten, der Siegcsjubel und die den Führern dargebrachten Hoch- rufe, das alles war herrlich für uns Malerl Von dem erbitterten Kampf, den die Erstürmung des Stadt- Hauses gekostet, legten die vielen toten Pferde, die Blutlachen, die aus allen Häusern der Umgebung herausgetragenen Verwundeten und Toten Zeugnis ab. Da man die Neugierigen ungehindert in alle Zimmer hineinließ, so gelangten wir auch in das Beratungs- »immer, wo schon die provisorische Regierung tagte. Louis D l a n c und Lamartine redeten. Es langweilte uns bald, um Jo mehr, als sich Immer ungestümer der Hunger regte. Denn bis jetzt— es war etwa nachmittags um die drei— hatten wir seit unserm dünnen Frühkaffee nichts mehr genossen. Ich griff in die Tasche, bröckelte ein Stück von meinem königlichen Kä'e ab, steckte es in den Mund und spie es unwillig wieder aus. Was wir für Käse gehalten hatten, war Suppenfctt!" Was werden damals die Spießbürger geschimpft haben über den „ruchlosen Haufen", der sich, halb verhungert, an den aufgespeicherten Lebensmitteln gütlich tat! Und wie werden sie sich nachher über die Erlebnisse des großen Meisters aniüsiert haben, um neuerdings wieder zu schimpfen und Schauermärchen zu erzählen über die„zügel- losen Banden" in den Nooembertagen 1913. Vielleicht gab es aber unter den Novcmberstürmcrn auch einen künftigen jungen Böcklin, Über dessen Erzählungen sie später lachen werden. Das kömgliche KinöermaSchen. Bon Hans Klabautermann. Trotz der Zurückhaltung, die sich König Karl der Plötzliche stets auferlegt hat, war ein Gerücht nach Paris gedrungen, das die Fran- zosen erheblich beunruhigte. Er wollte gegenbenenfalls seine Be- ziehungen zu der Entente abbrechen. Die Folgen waren nicht ab- zusehen. Daher sandte der„Matin" seinen Berichterstatter, Herrn Sauerwcin, nach Budapest , um das schlimmste zu verhüten und das Terrain zu sondieren. Aber es war nichts mehr zu retten. In den besseren Gesandtschaften der Kleinen Entente wurde ein Lied ge- sungen mit dem Kehrreim: Nischt war et mit'n Putsch, un Karln sein Thron is futsch. Cr weent'n halben Lita. Mensch, hat der Angst vor Zital Wie es kam, daß Karl seinem Volk das Heil nicht bringen durfte, hat auch Herr Sauerwein nicht feststellen können. Die Vorbereitun- gen waren jedenfalls gut. Nach dem„Matin" hat der Habsburger seine Informationen von einem Kindermädchen bezogen, und dieses hat ihm versichert, daß sämtliche Portlers auf seiner Seite stehen. Ich weiß nun gar nicht mehr, was ich davon halten soll. Wo soll man sich eigentlich erkundigen, wenn es gilt, über Menschen- schicksale Entschlüsse zu sasien? Macht man es wie Bethmann Hollweg , der sich von Generälen beraten ließ, so ist es falsch. Das geht aus seinen„Betrachtungen zum Weltkriege" hervor.(Wobei allerdings nicht ganz klar ist, warum er sich von ihnen immer hat weiter beraten lassen.) Hört man aus die Diplomaten, sagt Luden- dorsf, so ist es auch falsch. Und sogar Kindermädchen können irren, das hat Karl erfahren müssen; es bleibt nur noch die Frage offen, wer die Verantwortung für die armen 399 Menschen zu tragen hat, die dabei ihr Leben lassen mußten, das Kindermädchen oder die Portiers. Karl selbst trifft natürlich keine Schuld. Wie ich nämlich aus zuverlässiger Quelle erfahre, ist ihm neulich Napoleon im Traum erschienen.„Nun, König Karl, wie geht's?" fragte er. Dieser ant- wartete, gleichzeitig im Namen seiner Zita :„Ich bin nicht König, aber ich bin aus dem Holz geschnitzt, aus dem Könige gemacht werden". Als Napoleon erwiderte:„Sobald die Welt Könige au« Holz braucht, werde ich an Sie denken," war Karls Entschluß gesaßt. Er griff daneben und bittet, ihm der Tradition wegen nicht Madeira , sondern Elba oder St. Helena als Unterstützungswohnsitz anzuweisen. Halt, eben stellt sich's heraus, an wen man sich wenden muß, wenn man richtige Wege gehen will. An die Männer des Deutschen Tageblatts. In der Nummer 141 schreibt ein Herr Thomas Grimm: „Die jüdische Freimaurerei arbeitet für Karl.... Wer sich mit Unreinem abgibt, beschmutzt sich. Und die Sozialdemokratie und der Kommunismus sind etwas Jüdisches, daher etwas Unreines." Vastehstel In derselben Nummer jubelt Herr Hans Weberstedt: „Vor mir liegt ein Buch, nein, kein Buch, das klingt zu alltäglich, eine Offenbarung, ein Heiligtum, ein Werk, daß(I) ich nicht ge- lesen, nein, verschlungen habe". Und dann bringt er eine Etilprob« aus dem Heiligtum, die von Otto Ernst stammt: „Der Franzose ist kein Mensch und hat in keiner Lage irgend- welchen Anspruch aus menschliche Behandlung. Wo ein Deutscher sie ihm dennoch zuteil werden läßt, geschieht es, weil ein Volk wie das deutsche zu der Tiefe des französischen nicht hinabsteigt. Der Verkehr mit Franzosen beschränkt sich durchaus auf da» Unumgänglich-Notwendige; kein Deutscher weilt ohne zwingende Veranlassung mit einem Franzosen in demselben Raum. Jeden freiwilligen Verkehr mit einem Franzosen lehnt der Deutsche ab als untilgbare Besudelung seiner Persönlichkeit und seines Volkes. Wer sich eines solchen Verkehrs schuldig macht, sei ausgestoßen au» der Gemeinschaft unseres Volkes." Herr Weberstedt schreibt:„Das Buch hat mir das Blut in den Kopf getrieben," was wir ihm gerne glauben. Ja, siehste wall, der Mann hat zuviel Blut im Kopf und findet doch so kraftvolle Worte. Oder wie wär's mit einen, Recken aus der„Deutschen Tageszeitung?" Da finden wir auf Seite 2 der Nummer 499 die Mitteilung: Frank- reich bereitet einen Gesetzentwurf vor, der den fremden Kriegstell- neh»,ern das ewige Ruherecht gewährt, und aus Seite 3 folgenden Artikel: Die„Gazctta de voß" alias„Vossischc Zeitung" meldet: „Der französische Botschafter wird am 1. November auf dem Friedhof Hascnheide Kränze an den Grübern der in Gefangenschaft verstorbenen französischen Soldaten niederlegen. Für In Berlin an» lässige Franzosen, die an der Feier teilnehme» wollen, ist Treff- punkt um 9.59 Uhr vormittags an der Tür de» Kirchhofes. Es wäre interessant zu erfahren, ob sich die Pariser Presse In gleicher Weise um die Propaganda für eine deutsche Kriegcrehrung in Frankreichs Hauptstadt bemühen würde." Den Redakteur lobe ich mir. Er schreibt unter der Parole„Für deutsche Art" und verbindet Takt mit wahrhast sittlichem Empfinden. Wenn wir solche Leute in der Regierung gehabt hätten, würde Frankreich dafür gesorgt haben, daß uns Oberschlesien ungeteilt zu» fällt. Aus das sittliche Empfinden kommt es eben an. Die Justiz hat Wichtigeres zu tun, als den Kapp-Prozeß zu beginnen. Dabei handelt es sich nur um den Bestand der Republik . Aber Herr Professor Brunncr hat etwas Neues entdeckt. Eine Musik, die durch ihren Rhythmus unsittlich wirkt. Die muß erst abgeurteilt werden. Dann soll der Geruch darankommen, der manchmal anstößig ist. Wenn der durchgeschnüffelt ist, wird man die Kappisten fragen, ob e« ihnen recht ist, das Versahren gegen sie anzufangen. Drüöer. Bruder... du schüttelst stumm das Haupt! Sag: sind wir Brüder nicht? Der selbe Gegner hat uns beraubt,— Mr fronen tu gleicher Pflicht! Bruder... schau nicht zur Seite so stumme Tu nicht so fremd und kühl! Wir sind entzweit... Warum? Warum? Und woll'n doch zum gleichen Ziel! Wir seufzen beide: vom gleichen Leid Gewürgt, zu Boden gepreßt,- Und wären doch stark, wenn Einigkeit Uns schmiedete zäh und fest! � Man wird uns zwingen, so lange voll Groll Wir zomiq ins Auge uns sehn! Wir schreiten durch Wüsten von Dornen voll� Und könnten durch Rosen gehn! Und könnten zaubern voll Sonnenschein Der Heimat siechendes Land,— Rur müssen wir wieder Brüder sein!.,» Hier, Bruder, ist meine Hand...
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten