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Unter gefpenstisthen Lichtern. Bon Charles G. D. Roberts. wir entnehmen diese« wunderbare TIesseeblld den soeben Im Gyldendalschen Berlag erschienenen(8 e st- I« e n der Wildnis" von Charles S. D. Roberts. Mit diesem 'Bande spannender Tiererzählungen tritt einer der hervorragendsten Rertreter der sungen kanadischen Literatur zum ersten Male vor die deutsche Ocsfcntlichkeit. Ei» Forscher und Jäger schildert hier mit dichterischer Äraft da« Leben seiner heimatlichen Steppen, Wälder und Meere. In jene ungeheure Tiefe drang nie ein Strahl von Licht, sie lag eine Halde Meile unter der wild gepeitschten grünpurpurnen Fläche des Ozeans und ihren milchweißen Schaumkämmen. Die seltsamen Bewohner dieser Tiefen konnten nicht bis zu den sonnenbestrahlten Flächen emporsteigen, durften nie erfahren, wie es dort oben war. Sie waren für gewaltigen Druck gebaut, unter dem sie geboren waren bei einer Reise zum Licht wäre ihr Gerüst zerstört,, wären ihre Eingeweide nach außen gedreht, ihre Augen aus den kiöhlen gerissen worden, und die zerbrechlichen Gewebe ihres Körpers hätten zerfallen müssen. So lebten sie ihre Jahre hin, ohne zu wissen oder zu ahnen, was Sonne ist, in einer Ruhe, die auch der wildeste Orkan nicht stören konnte. Und doch waren diese Tiefen nicht in völlige und ewige Dunkel- heit versenkt. Dann und wann verbreitete ein Schwärm zarter In- fusorien vom Stamm jener Lebewesen, die nachts an der Ober- fläche der See leuchteten, ein Fleckchen nebelhaften Schimmers. Dann und wann kam ein blafler, trügerischer Schein, der immer wieder verlosch und wie ein Atemzug neu austebte, von den weithin ge- breiteten Büschen jener seltsamen pflanzenähnlichen Geschöpfe, die man Eeelilien nennt. Und aus dem weiten Beben des tantbcstreu- ten Meeresgrunde» stieg«in seltsam phosphoreszierende» Leuchten aus, das die Dunkelheit bekämpfte. So herrschte für Augen, die empfindlich genug waren, diese leichten Bewegungen wahrzunehmen, etwas wie gefpenstische« Zwielicht, da» sich zumindest in Lichtflecken über das Bett der Tiesse« hinzog. Reben diesem unruhigen Schimmer, der stets an seiner eigenen Schwäche hinzusterben schie.r, tauchte ab und zu«in Schwärm von Glühwürmern auf, di» uruer irgendeinem Riff oder einem Busch von Lilien erstrahlten, um Sekunden später wieder zu verlöschen. Oft auch entflammten ein paar bescheidene Lämpchen in blauen oder violetten Farben, die sich in sanfter Bewegung rechts und links neigten, als ob ein unsichtbarer Träger da» grausige Dunkel mit ihnen absuchte. Auf beiden Seiten dieses unkenntlichen Geschöpfs schimmerten blasse, lichte Büschel, helle Augen leuchteten auf. wur- den größer und verschwanden. Manchmal bewegte sich durch das Dunkel etwas wie ein anderes Wesen, gleichsam das Gespenst eines Lichts: zwei lichte Büschel wehten von seiner Rase, seine Flosien schimmerten wie durchsichtige Nebel, und aus jeder Seite trug es eine doppelte Reihe sanft glühender Punkte. Oft folgte ihm eine größere Gestalt, geisterblaß, der Kops gewaltig groß und long, der Körper bebend, und stürzte sich wie zur Flucht ins Gewirr der See- lilien. Gespenstische Lichter hasteten immer, in irgendwie phantosti- scher Form durch das lautlose Dunkel. Ueber einem Ding, das wie ein riesiger flacher Stein aussah, schwebte, zwei Fuß hoch, ein Büschel violetter Flammen, gleichsam eine Aureole zartleuchtendcr Gewebe, die wie Flaum aus einem Keim schwachen Lichts erwuchsen. Diese leuchtende Blüte hing, das verriet ihre duftige Durchsichtigkeit, an der Spitze eines dünnen Rohrs, das leise schwankte, obwohl in dem um- gebenden Wasser keine Bewegung war. Diese Stütze aus Rohr schien aus einem flachen Felsstück zu wachsen, dessen schwärzliche Ränder im beweaten Schatten des Schlammes ringsum oerschwanden. Die schöne kleine Flamme zitterte manchmal, manchmal zerrt« sie an ihrer Stütze, manchmal verblaßte sie bis zur Unsichtbarkeit, um dann wieder in hellerem Glanz aufzustrahlen, im ganzen hatte sie eine Lebhaftigkeit, für die sich kein Anlaß zeigte. Plötzlich erspähte einer der gespenstigen Fischkärper mit dop- pelter Linie glühwurmartiger Punkte auf den Seiten und riesigen weißlichen Augen die zitternde Flamme und nahm Richtung, sie zu erforschen. Der Besucher war klein, kaum einen Fuß lang, und schien deswegen mit einiger Bescheidenheit auszutreten. Doch als er näherkam, glaubte er, dies kleine violette Licht sei etwas, das man nicht nur mit Behagen essen, sondern auch ohne Gefahr in Be- sitz nehmen könnte. Cr beeilte sich, daß nicht irgendein hungriger Wanderer ihm zuvorkäme. Abgesehen von seiner seltsamen Beleuch- tung machte er den Eindruck eines gewöhnlichen Fischleins aus höher gelegenen Wassern. Aber im Sturm auf das Flammenbüschel tat er einen erschreckend weiten Rachen auf, einen Rachen, aufge- rissen bis zum Scheitel seines langen Kopfes! Die kleine Flamme entwischte zur Seite und beugte sich zierlich zum Grund, als hätte sie Augen und wollte dem Angriff geschickt ausweichen. Gleich darauf geschah etwas Entsetzliches. Der flache, schwarze Block, der die Flamme getragen hatte, klaffte auf. Es tat sich eine Höhle auf, mit langen Zähnen bewehrt, die alle nach innen strebten. Der tollkühne Gcspenstersisch war gefangen. Mit Schnap- pen schloß die Höhle sich: rechts und links schimmerten, wo sie ge- wcsen war, zwei blasse, kalte Totenaugen. Ihr Phosphoreszieren dauerte nur eine Sekunde oder zwei, dann schien der schwarze Stein wieder eine leblose Platte wie zuvor, an der Augen wie dumpfe Warzen saßen. Und wieder stieg das violette Flämmchen sanft em- �or, zitterte und bewegte sich grundlos wie zuvor. Plötzlich aber ging die Flamme aus. verlöschte ganz. Ein« Reih« harter Stöße hatt» die Wasser durchzuckt. Auch alle die an- deren Lichtchen in der Nachbarschaft verlöschten plötzlich, die Glüh» wurmbüschel, die flimmernden Punkte und Sterne, die suchenden Augen und gespenstige» Lichtbüsches, ja selbst da» bläßliche Leuchten der unerschütterlichen Seelilien war nicht mehr. Nichts war mehr zu sehen als die Nebelflecken der Infusorien und trügerischer Schein über dem" Schlammbett. Irgendwo im Dunkel, viel zu weit, um sichtbar zu fein, aber nahe genug, sich schrecklich fühlbar zu machen, tobte eine Schlacht von Giganten. Für all die kleineren Wesen der Unterwelt hieß das.Licht aus und nicht gerührt!" Selbst jener große Steinblock von Kreatur, der doch sieben oder acht Fuß lang war und gut zwei Fuß breit dort wa sein.ßöllenmund sich geöff» net hatte, wünschte die Aufmerksamkeit dieser Kämpfer nicht auf sich zu lenken. Er hielt seinen zarten, violett schimmernden Köder gut versteckt und freute sich, unter allen Steinblöcken auf dem Meeres- grund am wenigsten beachtet zu sein. Allmählich verschwand die Unruhe, wieder lag das Wasser in schwerer Ruhe. Als erste Ties- seebewohner, die Vertrauen faßten, suchten die Seelilien dos Dunkel, das eine unwiderstehliche Lockung für alle Arten zortlebender Or- ganismcn war, die ihr zuschwammen oder zuwehten, um von den fleischqierigen, immer hungrigen Blumen verschlungen zu werden. Bald ließen auch andere vorsichtige Geschöpfe ihr Geisterlicht wieder ausstrahlen, nahmen ihr Schweifen, Schwimmen und Krab- beln wieder auf, Fische, Krebse, Scesterne, Krabben, mächtig« Seeigel und purpurschworze Rochen. Zu allerletzt schwenkte der riesige Wegelagerer, der Ticssecräuber, seine liebliche, violett schim» mernde Todeslampe wieder über dem geheimen Abgrund feine» Rachens. Die Kultur auf öem Marsch. Von Han» Klabautermann . «kteg.«rist-kr-tische«art-sfel».«dciiswiig. Naffeemamgel.«alt«*- ctfimhangr«. Sie 0*f»» der deutschen Industrie. Heute ist der rechte Tag. Einkehr zu halten und seine Sünden abzubeten Der brave Staatsbürger hat vor acht Tagen gemerkt, daß Revolution gewesen ist. und büßt seine damalige Tatenlosigkeit. Er hätte die Monarchie schützen sollen. Unter Wilhelm war es doch besser. Der Patriot streut Asche auf sein Haupt, daß er nicht vor zwei Monaten amerikanische Dollars oder polnische Mark gekaust hat. Die Erzbergerkämpser Schulz und Tillesscn trauern, daß sie bisher keine Zeit hatten, ihre mannhafte Tat vor einem Richter- kollegium ins reckte Licht zu setzen. Der Landwirt, der sein« Kar- toffeln schon vor sechs Wochen leichtsinnig verkauft hat, rauft sich die Haare. Es gibt rote sozialdemokratische und blaue aristokra­tische Kartoffeln. Sonderbarerweise ist der Geschmack so ziemlich der gleiche. Bloß der Preis ist verschieden. Rote kosten pro Zentner lOO M., blaue 22 M. Wo?, fragt aufgeregt der Leser. In Labe» in Pommern . Mitgliedern der Deutschnotionalen Volkspartei sind sie am 2(5. Oktober zu diesem Preis angeboten worden. Wer sie kauft, hat noch den Vorteil, große, ja die größten Kartoffeln zu be- kommen, da bekanntlich der dümmste Bauer die dicksten Kartoffeln hat. Nur muß er sich vorseben, ja keine roten zu essen. Neulich soll ein Baron nach dem Genuß von roten unter Bergiftungs- erscheinungen lebensacführlick erkrankt sein. Kaum hotten sich die Mitolieder der Abrüstungskonferenz in Washington hingesetzt, da fielen sie auch fast vom Stuhl Der Staats- fekretär Hughes schlug nämlich vor, abzurüsten. Das hatte keiner erwartet. Nur Herr Briand , den die ganze Sache nichts weiter an- ging, hielt eine Rede, in der er die Bereitwilligkeit Frankreichs be- tonte, in dem Augenblick die Waffen niederzulegen, wo es die Nach- dorn völlig klein gekriegt hätte. Er ist der erste, der seinen Ab- rüstungswillen sofort in die Tat umsetzt. Die Deutschen Werke wer- den trotz allen Protestes zerstört werden. Endlich eine Tat von kultureller Bedeutunh! Der Weltfrieden marschiert. Die Delitschen Werte stellen Stuhlbeine her. Da» sind höckst gefährliche Waffen. Ohne Stuhlbeine kann keine Nation Krieg führen. Die Menschen atmen befreit auf. Weniger bemerkenswert, aber interessant ist bje Nachricht, daß in Hamburg ein vierstöckiger Warenspeicher zusammengebrochen ist, nachdem er mit Kaffee überlastet war. Man sieht, der Kaffee weiß, was er sich schuldig ist. Der Speicher ist nicht etwa eingestürzt, weil der Unternehmer den Kaffee zurückgehalten hat, um ihn später teurer zu verkaufen. Bewahre! So was tut ein Deutscher nicht. Nein, die Bohnen sind mit der starken fremden Valuta belastet und hatten keine Lust, gering geschätzt zu werden. So bogen sich die Balken. Daraufhin wird der Kaffee wohl noch teurer werden. Was will das aber besagen gegenüber einer Erfindung von kultureller Be- deutung, die uns alle Nöte vergessen läßt. Unter Nr. 345 980 ist vom Deutschen Patentamt eine Borrichtunq zum Ziehen de» Scheitels patentiert worden. Wie umständlich bisher diese Arbeit war, wird trefflich durch die Redensart gekennzeichnet:Wat, Sie wollen»ich bezahlen? Orje, lang mir mal det Beil runter, ick will dem feinen Herrn'n Scheitel ziehen." Mit Wehmut erinnern wir uns eines anderen Deutschen, der nicht mehr unter uns weilt und nicht hierher zurückgeholt wird, obwohl er eine epochale Erfindung gemacht hat. Ich meine den Apparat, der dem Schnurrbart die einzig menschenwürdige Form verleiht. Aber so sind die Menschen. Undankbar und böse. Die deutsch « Industrie will den brachliegenden Finanzen wieder auf dl« Bein«