Wissen und Schauen Das größte Wunder an Frühreife. Wunderkinder, die mit IV und 12 Iahren bereits die Universität bezogen, hat es wohl hier und da früher gegeben. Aber eine solche Frühreife, wie sie an dem vier- jährigen Wunderkind Christian Heinrich Heineken zu Lübeck be- obachtet wurde, hat man sonst nie wieder angetroffen. Diesem Wunderkinde, dessen 200. Geburtstag in dieses Jahr fällt, widmet F. R. Fuchs eine Betrachtung in„Niedersochsen". Die ersten zehn Monate dieses kurzlebigen Genies verliefen wie bei gewöhnlichen Sterblichen. Da das Kind sehr spät entwöhnt wurde, so war es nicht möglich, ihm das Kauen beizubringen. Das Wunderkind hat nie in seinem Leben eine Speise selbst gekaut. Das „Kind von Lübeck " vollbrachte seine Wunder von Gelehrsamkeit, während es noch an der Brust seiner Amme lag. Diese merkwürdige Frühreife zeigte sich genau 10 Monate nach seiner Geburt. Der Säugling beobachtete die Figuren, die an Wände und Ofen seines Kinderzimmers gemalt waren, mit so aufmerksamen Augen, daß man ihm die Namen der Figuren sagte, und als es am folgenden Tage gefragt wurde, wies es mit seinem Fingerchen stets auf das richtige Bild. Unaufgefordert gab es sich Mühe, die Namen richtig auszusprechen und war nach einigem Lallen bald imstande, die Silben richtig wiederzugeben. Die Eltern gaben dem noch nicht einjährigen Kinde einen Lehrer, Christian von Schöneich, der dann svSter seine Erfahrungen mit dem Wunderkinde niedergelegt hat. In acht Wochen lernte das Kind die wichtigsten Geschichten aus den gns Büchern Mose , und ehe es noch ein Jahr alt war, sagte es in ersen die Schöpfungsgeschichte auf. In den nächsten Monaten lernte das kleine Geschöpf mit geradezu unheimlicher Schnelligkeit das Alte Testament, dann das Neue, dann Weltgeschichte, so daß es die verschiedenartigsten Fragen aus der Geschichte der Bölker ohne Zögern beantworten konnte. Eine besondere Vorliebe zeigte es für Erdkunde. Außerdem hatte das Wunderkind, als es noch nicht drei Jahre war, bereit mehr als 8000 lateinische Worte gelernt. Deutsch und lateinisch lesen lernte Heineken noch, bevor er drei Jahre alt war. Schreiben lernte er erst kurz vor dem vierten Jahre. Der Ruf dieser wunderbaren Gelehrsamkeit verbreitete sich über ganz Europa , und viele Leute kamen nach Lübeck , um das Wunder- tind zu sprechen. Der Höhepunkt seines kurzen Lebens war seine Reise nach Kopenhagen , wo es von dem König von Dänemark in einer mchrstündiaen Audienz empfangen wurde. Auf den Armen seiner Amme sitzend, bei der er sich durch einen Trunk stärkte, legte der Dreieinhalbjöhrige einen glänzenden Beweis seines Verstandes ab, indem er fast zwei Stunden lang die Fragen des Königs aus allen möglichen Wissensgebieten beantwortete. Aber dieser Früh- reife des Geistes konnte der Körper nicht folgen. Das Kind siechte unaufhaltsam dahin und starb am 27. Juni 1726, vier Jahre, vier Monate und 2l Tage alt. lElHi![ü|Ei3l Gesunüheitspflege VW Fünfundsiebzig Jahre Aether-vetäubung. Im November 1876 wurde in der Pariser Akademie der Wissenschaften ein Brief des Mediziners und Naturforschers Jackson aus Boston verlesen, mit dessen Bekanntwerden eine neue Epoche der Chirurgie auch für Europa begann. Jackson schrieb, daß aus seinen Rat hin der„Zahn- arzt Morton mit Hilfe von eingeatmetem Aetherdunst zum ersten Male ei>w» Zahuoperatioii schmerzlos vollzogen und der Chirurg Warren in derselben Weise eine Geschwulst am Halse entfernt habe!" Die Aerzte und Physiologen der französischen Hauptstadt traten der Frage sofort näher und tonnten die einschläfernde und schmerz- stillende Kraft des Aethers nur voll bestätigen. Auch erfanden sie passende Apparate zur wirksamsten und ungefährlichsten Einatmung der Aethcrdünste. Von Paris kam die neue Kunde zuerst nach Heidelberg , lvohin junge Mediziner, die sich studienhalber in Paris aufgehalten hatten, sie mitbrachten. Diese und die Assistenten der Kliniken gaben sich zu den ersten Versuchen willig her. Dabei trat in dem ersten kurzen Aufregungsstadium, das dem eigentlichen tiefen Schlaf vorausgeht, etwas ein, was die Aetherbetäubung fast in Miß. tredit gebracht hätte. Einer der aus Paris Zurückgekommenen ver- riet dabei nämlich ein süßes Geheimnis, indem er seiner in Paris gewonnenen„Freundin' in zärtlichen französischen Worten seine deutsche Treue erklärte. Nun trugen die anderen jungen Leute vorübergeliend Bedenken, sich auch durch Aether betäuben zu lassen. Trotzdem hat die neue Methode natürlich ihren Siegeszug durch die Welt gehalten, und man kann wohl lagen, daß nach der Iennerschen Erfindung der Kuhpockenimpfung keine Neuerung auf dem Gebiete der Heilkunst die Welt mächtiger bewegt hat als die Einführung der schmerzlosen Chirurgie durch Jackson! einen Arbeitstisch vor einem der Eingewöhnungsbehälter gelegt worden war, war am nächsten Morgen verschwunden. Müller ging der Sache nach und entdeckte bald einige Schlupfwinkel von Ratten, in welchen sich noch die Reste aller möglichen Seetiere befanden; denn nicht nur Fische und Krebse, auch Seesterne hatten die ge- frätzigen Tiere geraubt und gefresien. Und nicht nur lebende oder eben verendete Fische hatten die Ratten angegangen, auch an In Formalin konservierten Individuen hatten sie sich oergriffen,— gewiß ein seltener und drastischer Beweis für die Gefräßigkeit dieser schäd» lichen Nager. Durch Legen von Phosphorbrocken konnte sich die Station dann diese? unerwünschten Einquartierung erwehren. Die Eibe. Ein Nadelbaum, der jetzt nur noch sehr selten im deutschen Wald angetroffen wird, ist die Eibe(Taxus baccata) Ehedem war sie bedeutend häufiger; zu Casars Zeiten gehörte sie zu den Charakterbäumen der germanischen Urwälder. Unseren Vor- fahren gab die Eibe reichlich Stost zu Sagen und Mythen. Ihr Holz lieferte Bogen und Armbrüste, die auch als begehrte Ware in das Ausland wanderten. Das Holz ist harzlos und sehr zäh und fest. Die Nadeln der Eibe ähneln denen der Tanne, jedoch sind sie weicher und vorn zugespitzt. Ihre Farbe ist auf der Oberseite dunkelgrün, aus der Unterseite etwas heller. Die Früchte der Eibe sind keine Zapfen sondern Scheinbecren. Ein hochroter fleischiger Fruchtbecher, der jedoch offen bleibt, umwächst die blauvioletten Früchte fast gänzlich. Infolge ihres langsamen Wachstums ist die Eibe aus dem deut- schen Wald nahezu verdrängt worden. Der Forstmann, der darauf sieht, möglichst bald Nutzholz zu gewinnen, pflanzt schneller wachsend« Bäume an. Nur in einigen Gegenden finden sich noch Eiben- bestände von mehreren hundert Bäumen, so in der Rhön , im Stel- ler Moor bei Hannover , im Bodetal und in Westpreußen . Einzelne Eiben kommen dagegen häufiger vor, sie sind von vielen Orten be- kannt. Oft wird die Eibe in Parkanlagen angepflanzt; sie hat di« Eigenschaft, lange Zeit hindurch buschförmig zu bleiben und ver- trägt es, stark beschnitten zu werden. Auch der Berliner Tiergarten weist verschiedentlich Eiben auf. An der Budapester Straße zwischen Brandenburger Tor und Lennöstraße stehen mehrere, die teils buschartig, teils bäum. artig sind. Manche von ihnen sind jetzt mit roten Früchten behängt, die lebhaft aus dem dunklen Grün der Nadeln hervorleuchten. Ein wegen seiner Größe beachtenswerter Eibenbaum befindet sich am Großen Stern, bei der Iagdgruppe zwischen Brückenallee und Char- lottenburger Chaussee. Er ist etwa acht Meter hoch und hat einen Meter über der Erde einen Umfang von knapp einen Meter, ch. Technik[Dt�iDilDgstDi Naturwissenschaft Die Gesräßigkeik der Ratten. In den Schriften der zoologischen Station für Meereskunde Büsum teilt Direktor S. Müller folgende Beobachtungen mit: Di« Station hielt in flächen Eingewöhnungs- bassins des Aquarienhauses etwa ein Dutzend der sonst sehr empfind- lichen Stinte. Cines Tages bemerkte Müller das Fehlen einiger Fische, dem bald darauf der Verlust aller vorhandenen Stinte folgte. Bald lagen auch vor den Becken, die in der Nähe standen, Ueber- teste von Krebsen herum. Auch ein Steinbutt, der am Abend aus Segel mit Löchern! F. M. Feldhaus schreibt uns zu unserem Artikel in der„Heimwelt" vom 16. d. M.:„Wenn 5)err Professor Karl Wegener vom durchlochten Fallschirm der Luftschiffer ausgeht, um den Schiffssegeln als Neuerung ein Loch zu geben, dann macht er einen Umweg in der Geschichte. Ich wies schon im Jahre 1904 in meinem„Lexikon der Erfindungen und Entdeckungen" auf die günstige Wirkung durchlochtcr Segel hin und zeigte, daß bereits Diderot , der bekannte französische Schrjjlsteller, im Jahre 1779 durch- lochte wegel bei Sturmwind empfahl. 1894 fand Vaffalo in Genua bei durchlochte» Segeln eine größere Wirkung. Was also neuerding» als Erfahrung der Luftschiffahrt aus die Segel angewandt sein soll, ist eine alte, wiederholt gemachte Erfahrung. So geht es in der Kulturgeschichte oft: der forschende Geist macht Umwege, um zu den Quellen des Genius zu gelangen. Steine, die sich biegen lassen. In unserer Vorstellung ist ein Stein ein Ding, das starr und hart ist und sich zerschlagen oder zer- brechen, nicht aber biegen läßt. Gleichwohl gibt es in der Natur auch Steine, die biegsam sind. Zu ihnen, die aber freilich unter den übrigen Gesteinen als sehr seltene Ausnahmen anzusehen sind, ge- hört zunächst der A s b e st, der sogar sehr biegsam ist; der sogenannte Faserasbest läßt sich z.B. nach allen Richtungen auf- und nieder- biegen, ohne daß er dabei zerbricht. Auch der Glimmer ist bieg- sam; nur lösen sich hier beim Biegen einzelne Lamellen ab, so daß sich das Gestein gleichzeitig in dünne Schichten teilt. Ein typisch biegsames Gestein bildet indessen der hauptsächlich in Brasilien vorkommende I t a k o l u m i t, auch Gelenkquarz oder elastischer Sandstein genannt. Der Jtakoiumit, der als Muttergestein des dortigen Diamanten gilt, besteht zum größten Teil aus Sand, der ober auch zahlreiche Einschlüsse von Glimmer, Talk, Chlorit und Feldspat sowie etwas Eisenglanz und Magneteisenstein enthält. Im Itakolumifftein finden sich nun Lagen, die, wenn sie in Platten zer- teilt werden, eine ganz deutliche Biegsamkeit zeigen. Stellt man dicke Platten von Jtakolumit ausrecht, so schwanken sie wie Leder hin und her, legt man sie wagerecht und unterstützt sie in der Mitte durch eine Unterlage, so biegen sie sich an beiden Enden vom Zug ihres eigenen Gewichts bis zum Boden herab. Als Ursache dieser Eiaenschast nimmt man, nach einer Mittei- lung in den„Neuesten Erfindungen und Ersahrungen", die eigen- artige Lagerung der Ouarzkörnchen innerhalb des Gesteins an. Die mikroskopisch kleinen Quarzteilchen, aus denen die biegsamen Lagen bestehen, sind nämlich nicht miteinander fest verwachsen, sondern liegen nur eng aneinander gerückt und bleiben, da sie mit ver- zahnten und verzackten Rändern gelenkartig ineinandergreifen und sich genau anpassen, dauernd in einer elastischen Beweglichkeit. So- bald eine einseitige Belastung eintritt, trennen sich also die Körn- che» nicht voneinander, sondern verschieben sich nur.
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