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Suten. Von Henri L e h n.'a n n. Unheiisgeistcrl Aus der Tiefe fprangen sie empor. Dort hatten sie geschlummert den ganzen langen blauen Tag hindurch unter der blanken Wasserfläche, nein, sie hatten nicht geschlummert, sie hotten gewacht und gelauert, denn sie wußten, daß ihre ZrX kommen würde. Aber nun war die Zeit da, und nun sprangen sie gegen die glatte Fläche und jagten sie auf. daß sie anmutig zu schäumen begann, und sie jagten den weißen Schaum ans Ufer, immer rascher jagten sie ihn, immer höher hinauf gegen die Düne über den fahl schimmernden Sand,Ohr hattet gedacht, wir wären gestorben, aber wir sind noch da. wir kommen, wir fassen euch, schneller, schneller,-- heißa'" Das waren die aus der Tiefe. Und von oben schössen sie herab aus den grauen Wolken, die sich zusammenballten, als die Sonne sank, nun tauchten sich die Wolken in dunkles schwärzliches Blau und darunter stand scharf ein schwefelgelber Streif. Und die von unten und die von oben trafen sich und wirbelten die Lust und den stiebenden Sand und den blasigen Schaum hoch auf, daß er in Flocken auk das graue harte Dünengras sprang, Unheilsgeister! Stumm stand die schwere Gestalt des Schiffers oben an dem eingcrainmten schwarz geteerten Pfahl aus der Düne, der rote Bart umstarrte das knochige Gesicht, und die runde, hohe, randlose Mütze war fest über Haar und Stirn gezogen. Die Augen hatten die stumpfe farblose Dunkelheit der Flut, auf die sie starrten. Hinter ihm lag das Dorf. Die Mühle stand hoch und schwarz. Die Flügel waren festgestellt und standen unbeweglich und starr in dem hcranrasenden Sturm, der sie fassen und herumjagen wollte. Plötzlich schoben sie sich langsam vor. und nun drehten sie sich immer hastiger, immer schneller, wie in Angst und Zorn. Die braunen Strohdächer aber duckten sich unter den schiefgewachsenen nach einer Seite überhängenden Weiden, und fernher klang, fast wie ein Schrei, las Brüllen einer Kuh. Der Mann stand noch immer und starrte hinaus. Ob he woll hüt noch buten is?" Eine Frau stapfte mit schwerem Schritt vom Dorf her über das Stoppelfeld der Düne zu. Sie hotte den faltigen schwarzen Kleider- rock hochgewendet und ihn zum Schutz über den Kopf geschlagen. Unter dem Kinn hielt sie ihn zusammen mit der knochigen vcr- arbeiteten Hand. Sie trat neben den Mann. Ob he woll hüt noch buten is?" sagte sie, und dann starrte sie auch mit dem gleichen stumpfen glanzlosen Blick, in dein die Angst eines ganzen Menschenlebens lag, auf die Flut. Nun starrten sie beide hinaus, ohne weiteres zu sprechen. Sie starrten hinüber nach Schiffslichtern, die im Nebel auftauchten und wieder im Nebel versanken, sie sahen es'draußen schattenhaft schwan- ken wie sturmgekrümmte Segel, und nun sank die Dunkelheit ganz tief und ganz schwarz herab und löschte jede Form und Farbe und jeden Glanz aus der Welt. Sie trank in ihren Nebelballen auch das Licht der Leuchtboje, die drüben auf der Sandbank hin und her rollte. Langsam und schwer stapften der Mann und die Frau zurück von der Düne durch das harte steife Dünengras, das der Sturm gegen ihre Fußknöchel schlug, durch das kahle Feld zu dem einsamen Haus hinter der Seedornhecke, und sie legten sich drinnen zu Bett, ohne ein Licht anzuzünden. Aber beider Augen starrten immer noch glanzlos in das Dunkel, die ganze Nacht hindurch, ohne daß der Schlaf hineinkam, und die ganze Nacht hindurch stand auf beider Lippen stumm die Frage:Ob he woll hüt noch buten is?" Denn «r war ihr einziger Sohn und ihr letzter. Drei hatte das Meer ge- nommen. Nicht weit vom Lande hatten die von oben und die von unten ein Schiff gefaßt und warfen es hin und her und spielten Fangball damit m.d warfen es auf die Sandbant, daß es krachend barst. Der Kapitän und der Steuermann hielte» sich hoch oben an den Mast geklammert, auf dem Wasser trieb die Leiche-des Schiffsjungen. Als die von oben und die von unten stiller wurden und das Licht der Leuchtboje wieder durch de» dünneren Nebel blitzte, fuhr sein Strahl über ein stilles weißes aufwärts gekehrkes Knabengesicht. Ob he woll hüt noch buten is? Irohliche Weihnachten! Bon Hans Klabautermann. Der liebe Weihnachtsmann hat dieses Lahr wenigef zu tun al» sonst. Aber die schriftlichen Arbeiten mehren sich. Er muß vielen artigen und bewährten Kindern eine Absage schreiben. Selbst de? Weihnachtskuchen wird diesmal erheblich kleiner, obwohl die Land- wirt« Opfer über Opfer bringen. Ein Ei vier Mark! Die Hennen machen es heutzutage nicht billiger. Aber das Christkind denkt doch an uns. Erstens schenkt uns die Eisenbahnverwaltung die 24-Stunden-Zeit. Wir gehen künftig nickst um 11 ins Bett, sondern um 23. Endlich haben wir's gejchafft. Es schlägt 13. Zweitens beschert die Eikofilm-GeseUfchoft dem deut- fchen Volk einen FilmAus guten und böten Tagen", in dem der Kaiser bei Truppenschauen, bei Ansprachen und Frontbefuchen ge- zeigt wird. Vielleicht sieht man auch, wie sein« goldenen Tafel- services nach Holland geschafft wi-rden. Am politischen Horizont ballen sich drohend schwarze Wolken und verdüstern die Zukunft unseres geliebten Vaterlandes. Die Ant- wortnote der Reparationskommiffion klingt kühl, abweisend und hoch- fahrend. Wenn die Sozialisten besähigt wären, Einsicht zu hobrn, so würden sie sehen, daß die unselige Erzberger-Politik uns weit gen ig erniedrigt hat. Unser deutschoölkisches Herz krampst sich zusammen im Schmerz über die Schmach in Leipzig , wo echte Edelleute mann- hast kämpfen und ihr« heiligsten Gefühle unter dem Zwang der Justiz der Straße einer hirnlosen Proletarierrolte preisgeben müssen, wo hohe Intelligenz und ftaatsmännische Befähigung nichts gelten und unverdaute, unreife Anschauung und Anmaßung sozialistischer Minister alles. Mögen der Demütigungen noch mehr kommen, möge unser Weg nach Golgatha noch steiniger werden, uns ficht es nicht an. Ist uns doch von der Lichrgestalt des Weihnachtsengels ein« frohe Botschaft geworden, die unser vaterländisches Herz höher schlagen macht. Die Wahrheit bricht sich Bahn, unaufhaltsam, wie eine Lawine. Endlich, nach banger Zeit des Wartens vernehmen wir die lang entbehrten Wort« unseres geliebten Monarchen, Seiner Majestät Kaiser Wilhelms II. Schlichte Worte und dennoch brausend über die Lande. Der Generaifeldmarichall v. Hindenburg hat in diesen Adventstagen dem aushorchenden Volk seine Korrespondenz mit S. M. bekanntgegeben. O möchte er es fühlen, der bessere Teil des Aolkes wahrt ihm die alte Treu« und jubelt ihm begeistert zu. Neben dem geschichtlichen Wert, den sie an sich darstellt, steckt in ihr ungeheure erzieherisch« Bedeutung, die hoffentlich in nicht allzuferner Zeit unser armes sozialistisch verblendetes Bolk wohl- tätig beeinflusien wird. Wir meinen die vorbildlich« Form des Ver- kehr- zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zwischen dem obersten Kriegsherrn und seinem Generalfcldmarschall. Hören wir Hinden- burgs eigene Worte:Euerer Kaiserlichen und Königlichen Maftstät bitte ich für das gnädige Interesse an der Krankheit meiner Frau ehrfurchtsvollsten Dank unterbreiten zu dürfen." Weiche Schlicht- heit des Ausdrucks. Doch hören wir weiter:Ich habe das Glück und die Ehre gehabt, zu Euerer Majestät in nahe persönliche Be- Ziehungen zu treten... In tieister Ehrfurcht, in rln begrenzter Treue und Dankbarkeit Euerer Kaiserlichen und Königlichen Maftstät unter- tänigster..." Wenn die Arbeiter von einem ähnlichen Geist beseelt wären wie die Edelleute, so.stände es besser um Deutschland . Die sozialistische Seuche hat den Arbeiter vergessen gelehrt, daß er seinem Arbeitgeber Dank schuldet, von dem er Brot und Lohn empfängt. Er bittet nicht, sondern fordert. Und wenn seine maßlosen Forderungen nicht so erfüllt werden, tritt' er bedenkenlos in den verbrecherischen Streik. Obwohl der Himmel uns nicht das echte, rechte Christwetter beschert, strömt in diesen Tagen ein Hauch versöhnender Liebe vom Himmel. Es ist, als ob sich der Mensch unter den Fittichen des Weihnachtsengels seines hastenden Krämergeistes entschlüge. Wir die Straßen sich durch die Boten unserer deutschen Wälder, die trauten Tannen, verklären, leuchten auch die Gesichter der Menschen gütiger, leidenschaftsbereit. Zllles ein Zeichen des Wohltatwillens, der Erfreuensbereitschaft. Wir möchten behaupten: Es gibt kein« Nörgler in der seligen Weihnachtswoche. Der lieb« Weihnachtsmann schenkt uns die neuen Postgebühren. Unsere poplige Friedensgroschenmarke war also mehr wert als jetzt ein schöner Einmarkschein. Die Glocken vom Turm jubeln. Sie sagen Iosua, 2i. Kap. Vers 15 also: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. So steht es über dem des Pfarrers, in dem sich ein Dienstmädchen wegen schlechter Behandlung'das Leben genommen hat. Nur da, wo Staat und Kirche ein Ganzes bilden, wo die Untertanen im Pfarrer ein leuchtendes Vorbild haben, kann die Moral gedeihen. Ein Pfarrer hat wie jeder andere Mensch das Recht, sich schlecht zu benehmen. (Herr Klabauiermann teilt uns leider erst nach Drucklegung mit:. ..Durch ein unbegreifliches Perlesten meines SchrelbmaschinenfrSuIeins stnd die Stenogramm« der Wriliuachtsbetra-btungen für denLokal-Anzeiger" und den ..Vorwärts" durcheinandergebracht worden. Im letzten Abschnitt ha� sie sogar die einzelnen Sätze zusammengewürfelt.)