Wissen und Schauen
Der Weihnachtsbaum im Licht der Pflanzenkunde. Wie das Weihnachtsfest selbst nur die chriftlich umgemodelte Winter- Sonnenwendfeier der alten nordischen Völker darstellt, so geht auch der Brauch, zu diesem Fest Bäume oder Zweige mit Lichtern zu schmücken, weit in die heidnischen Zeiten zurück. Dies wissen alle aufgeklärteren Menschen und erfreuen sich am hellstrahlenden Weihnachtsbaume als dem Symbol der nun auf unserer nördlichen Erdhälfte wieder zunehmenden Belichtung und Erwärmung durch die Sonne. Dagegen herrscht über die Botanik des Weihnachtsbaumes auch unter Gebildeten infolge der Vernachlässigung naturwissen schaftlicher Kenntnisse noch vielfach eine Dunkelheit, die mit dem weihnachtlichen Lichterglanze start fontrastiert.
Die gebräuchlichen Chriftbäume in Berlin und der Mart find Fichte, Tanne und Kiefer. Die Kiefer oder Föhre ist der bei weitem verbreitetste Waldbaum unserer engeren Heimat, wird jedoch als Weihnachtsbaum am seltenften benutzt, weil die Bäumchen in der Regel nicht so schön gleichmäßig gewachsen find wie die jungen Tannen und Fichten. Die Nadeln der Kiefer sind länger als die ihrer Verwandten und entspringen immer paarweise aus einer Scheide, ihr Grün ist dunkler als das der Tannen- und Fichtennadeln, und die Fruchtträger der Riefer, die Riefernzapfen, find eiförmig und kleiner als die langen walzenförmigen Tannenund Fichtenzapfen.
Auf dem Berliner Markt erscheint am häufigsten die Fichte, wegen der rotbraunen Rinde der älteren Bäume auch Rottanne genannt. Diese Bäumchen stammen meist aus dem Harz , dessen Wälder fast ausschließlich aus Fichten bestehen. Die Fichtennadeln stehen einzeln, um den ganzen Zweig herum verteilt, find spitz und nahezu vierkantig, während die Nadeln der eigentlichen Tanne, der Edeltanne, die wegen ihrer weißgrauen Rinde auch Weißtanne heißt, nur in zwei entrenen verlaufenden Reihen, kammartig aus bem Zweige herausgewachsen, breiter und an der Spitze ausgerandet find und an ihrer Unterseite zwei Furchen aufweisen. Die Zapfen der Tanne und der Fichte haben ziemlich gleiche Form und Farbe, aber die Tannenzapfen stehen am Baume aufrecht, die Fichtenzapfen hängen herab.
Die Edeltanne bildet den Hauptbestand im Schwarzwald . In höheren Gebirgslagen gedeiht sie nicht mehr, wohingegen ihre anSpruchslosere Schwester, die Fichte, bis zur Baumgrenze wächst, und die Kiefer sogar bis zum höchsten Norden Europas fortkommt. Ueber die Schönheit läßt sich auch bei Bäumen nicht streiten. Die Hauptfache ist, daß jedem sein Weihnachtsbaum schön erscheint und Feierstimmung bringt.
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Dr. L.
Europas Großstädte. Nach der heurigen Volkszählung in Großbritannien ( in Irland fonnte sie wegen der Unruhen nicht durchgeführt werden) hat dieses jetzt zwei Millionenstädte, nämlich London und Glasgow ; lehteres; das 1911 noch 785 000 Einwohner hatte, ift, offenbar durch Eingemeindungen, auf 1 034 000 Bewohner empergeschnellt. Der Polizeibezirk London ( Großlondon") hat jetzt mit 7476 000 Einwohnern eine Viertelmillion mehr als 1911, aber die Stadt London hat mit 4483 000 jezt 40 000 Bewohner weniger als vor 10 Jahren eine Folge der Entvölkerung der inneren Geschäftsviertel, die sich in gleicher Weise auch in Berlin zeigt; die Londoner City wird nur noch von 14 000 Personen bewohnt. Außer den beiden englischen gibt es noch fünf Millionen städte in Europa , nämlich Berlin , Paris , Wien , St. Petersburg und Mostau; auch Hamburg , Konstantinopel , Budapest und Warschau find nicht weit von der Million entfernt. Halbmillionenftädte gibt es jetzt wahrscheinlich 30, davon 7 in Deutschland , 5 in England, 4(?) in Rußland , 3 in Italien , je 2 in Frankreich , Holland und Spanien und je eine in Desterreich- Ungarn , Dänemark , Polen und der Türkei . Es ist für die Unausgeglichenheit der neuen politischen Gebilde Europas fennzeichnend, daß nicht weniger als drei von ihnen die„ Wafferköpfe" neuer Mittel- und Kleinstaaten darstellen Wien , Budapest und Konstantinopel.
回家
Naturwissenschaft
Tiere eintreten. Es ist erfreulich, daß diese Erfenntnis auch bei den Einheimischen wach wird. Aus verschiedenen Gebirgsteilen werden horstende Adler gemeldet. So weiß ein Forstmann aus Vorarlberg drei Adlerpaare, die in den rhätischen Alpen südlich der Ill nisten. In dem Naturschutzgebiet, das der Verein Naturschußpart( Stuttgart ) erworben hat, wurde ebenfalls ein Adlerpaar beobachtet. Es ist zu erhoffen, daß in den waldeinsamen Hochtälern dort bald weitere Raubvogelpaare Schuh suchen. Uralte Zirbelwälder, wilde Fels. tämme und versteckte Hochfare finden sich in Fülle für den Bogel. Aber auch der Wanderer wird ergriffen die Stille dort achten.
Gefrorenes Leben. Unserer Zeit scheint es vorbehalten zu sein, auf dem Gebiete der Erhaltung und Bewahrung der Kräfte des Lebens entscheidende Schritte vorwärts zu tun. Nach den viel gefeierten und viel angefeindeten Versuchen Steinachs hat man neuer dings in Amerika Bersuche gemacht, mit Hilfe der Kälte eine förmliche Ronservierung der gesamten Lebensfunktionen eines Lebewesens zu erzielen. Die Untersuchungen stammen, wie die„ Kälteinduſtrie" berichtet, von Professor Dr. William J. Thayer in Baltimore . Seine Versuchstiere find hauptsächlich Eidechsen, Frösche, Mäuse und Ratten, die lebendig in einem Gefäß mit flüssiger Luft( minus 149,40 Grad Celsius) eingefroren werden. Für die Dauer dieses Prozesses, der nur wenige Augenblicke in Anspruch nimmt, wird den Tierchen noch Sauerstoff zugeführt, nach dem Einfrieren werden sie jedoch luftabgeschlossen für Wochen und selbst Monate in den Schrank gestellt. Wird nun ein auf solche Weise eingefrorener Frosch nach gewisser Zeit völlig steif und leblos aus der flüssigen Luft ge nommen und einige Minuten dem Einfluß der Lufttemperatur aus. gefeßt, so erwacht er zu neuem Leben. Kaltblüter eignen sich beson ders zu solchen Versuchen, aber auch bei Warmblütern sind Erfolge zu verzeichnen gewesen. Hier bedarf es noch besonderer Maz wieder zu erwecken.- Praktische Verwertung haben diese Ergebnisse nahmen, wie elektrischer und chemischer Reizung, um das Leben im Bereich des menschlichen Lebens bereits für chirurgische Zwecke erfahren, wenn es sich darum handelt, lebende Gewebe für Lage, felbst für Bochen aufzubewahren. Ob sich indessen eine Tages gar Möglichkeiten zum Erfrierenlaffen von größeren Lebewesen bieten werden, entzieht sich heute noch jeder Erwägung.
Gesundheitspflege
Die Leiftungsfähigkeit des Menschen im Hochgebirge. Die Ronal Society in London plant für das nächste Jahr eine Expedition in die Hochgebirge von Peru , um Untersuchungen über die Arbeitskraft des Menschen in der verdünnten Höhenluft anzustellen. Die Gegend erscheint aus mehreren Gründen besonders geeignet. Einmal liegt sie in der Nähe des Aequators , und es ist anzunehmen, daß dort die Höhenwirkungen weniger kompliziert erscheinen, als in Gegenden höherer Breite. Zweitens steigt die peruanische Zentralbahn bis in eine Höhe von fast 5 Kilometern, sie ist die höchste Normalspurbahn der Welt. Drittens lebt und arbeitet dort eine Bergarbeiterbevölke rung in Höhen von 5 Kilometern und darüber. Die Arbeiter von Cerro de Pasco z. B. befördern Lasten von anderthalb Zentnern auf ihrem Rücken aus Gruben von zweihundert Metern Tiefe, und das nicht einmal, sondern den ganzen Tag lang. Es gibt wohl auf der ganzen Erde teine Arbeiterschaft, die solche Lasten in so dünner Atmosphäre bewältigt; die Einrichtungen der Gruben sind äußerst primitiv und ziemlich alles wird durch Menschenkraft bewerkstelligt. Es bietet sich daher hier die beste Gelegenheit, um den Blutumlauf, die Atmung und die sonstigen Funktionen des menschlichen Körpers unter diesen besonders ungünstigen Bedingungen zu studieren, erstens an den Bergarbeitern, die schon längere Zeit dort leben, also als afflimatisiert gelten fönnen, und dann an den Teilnehmern der Expedition, die frisch aus der Tiefe hinaufkommen.
口味
口
Technik
m.
口
Die blaue Kohle. Neben der schwarzen und braunen Kohle, die der Bergmann in heißer Arbeit dem Schoße der Erde entreißt, steht die weiße Kohle, die Wasserkraft, schon allerwärts in Nugnießung, als vierte im Bunde wird in Natur und Technik" ausgeführt, fommt 回 nun als Kind unseres überall nach neuen Energiequellen suchenden Zeitalters die blaue Kohle hinzu: die gebändigte und ausge wertete Energie von Ebbe und Flut. Viele Erfinder haben bereits von solcher Berwertung geträumt und mancherlei Einrichtungen sind dazu ersonnen und ausprobiert worden. In größerem Umfange aber wurde die Aufgabe nie angepadt, wohl deshalb nicht, weil die Frage einer neuen Energiequelle nirgendwo wirklich brennend empfunden wurde. Frankreich aber will den großen Schritt jetzt tun. Der französische Arbeitsminister fündigt vorbereitende Stu dien für die Ausnüßung der blauen Kohle an. Man fußt dabei auf der Tatsache, daß man vermittels richtig verteilter Flußfammel beden, in dem man eine ständige Aufeinanderfolge von Füllung und Leerung einführt, Niederdruckturbinen in Betrieb seizen kann, die gleichmäßige Arbeit leisten und Dynamos in Bewegung fezen, ganz so wie bei den mit weißer Rohle betriebenen Wasserkraft werken. In Frankreich sind die Borbereitungen außerordentlich günstig dazu; denn es verfügt über eine Meerestüfte von etwa 1500 Kilometern Ausdehnung, an der stellenweise die Flutbewe gung es mit der anderer Länder zumindest aufnehmen fann. In Saint- Malo z. B. steigt das Meer gelegentlich der großen Fluten der Aequinoftialzeiten um 13,67 Meter, erreicht aber auch in stillen Zeiten stets einen Höhenunterschied von 4 Metern.
Adler in den Alpen werden immer seltener beobachtet. Jedermann bedauert dies langfame Aussterben der Tiere, und doch schämen fich manche Tagesblätter nicht, mit hochtönenden Worten von der feltenen Jagdbeute" oder dem außerordentlichen Jagdglück" zu schreiben, wenn wieder ein Adler geschossen wurde! Der Steinadler, das Urbild der stolzen Kraft, war noch vor 80-90 Jahren Brut Dogel in Mittel- und Süddeutschland , bis dann ein wildes Morden anhub, das dem Jäger Leo Dorn aus Hindelang , der über 100 Adler tötete( 1), den zweifelhaften Namen„ Adlerkönig " einbrachte. Nicht die Kühnheit und der sichere Schuß dieses Mannes ist anzuzweifeln, aber das Recht, im fleinen Bereich seiner schönen Allgäuer Gebirgsheimat so zerstörend unter der Tierwelt zu hausen. Wohl können Adler dem Wildstand, den Schafherden und dem Federvieh Schaden tun, aber nicht in solchem Maße, daß dieser Vernichtungskampf gerechtfertigt wäre. Wer jemals einem Adlerpaar zuschauen fonnte, wie diese wirklichen Könige der Lüfte ohne einen einzigen Flügelfchlag eine Viertelstunde und länger über ihm ihre Kreise zogen, ja fich immer höher und höher emporschraubten, oder wer einen Adler aus blauer Höhe mit pfeifendem Rauschen auf seine Beute nieder stechen fah, der wird allezeit für die möglichste Schonung der edlen