Frühlingsboten.
Bon Alwin Rath.
Bon Glindow habe ich mich auf dem sandmahlenden Steilweg auf die Höhe der„ Glindower Alpen" mühselig hinausgearbeitet und stche nun in dem scharfen Höhenwind der 72 Meter meffenden Grate und luche nach ein wenig Schutz vor dem rauhen Bläser, ein wenig Dedung.
Unter mir sinft ein riesiger Taltrichter in die düstere Tiefe hinab. Kleine Glindower Alpen, Anfäße dazu: Kuppen, Ketten, Plateaus, wie Kinder im Schoße sich noch bergend. Wintertrübes Gras, düfterschwarzes Moos beflebt mit einer häßlichen Schicht diese Gebirgsfinder. An fleinen Kindern von Gebirgsseen flattert dort auch falbes, raschelnd bisweilen aufgestörtes Schilf.
Aber die Augen dieser fleinen Seenfinder sind blau vor Beraüdung über den warmen Glanz, der aus jenem sommerglastenden Türkisgewölbe droben niederhaucht. Ein, zwei Meter bin ich niedergeklettert an dem Sandhange des Riefentrichters. Hocke glücklich in der stillen Wärme hier und lasse mich, wohlig geschlossenen Auges, anstrahlen von dem warmen Auge unserer Mutter droben am
Himmel.
Bisweilen, wenn ich die Augen ein wenig öffne, gelodt von einem unglaubhaften Sommerbrummen, wie von einer Hummel, Jehe ich auf fröhlich kühner Fahrt kleine Luftschiffer, lachend vor Sonne, vorbeifliegen.
helftem Bitterfingen zu ihrer emfigen, renn und schleuderluftigen Eandminiererei in die blaue Luft schwirren läßt.
Aber darcin fnurrt es jetzt in folchem Großvaterbaß aus dem Sumpf!
So froschartig!
Daß ich im Ru auf und davon bin. In großen Gleitsprüngen, in Wirbeln Sande hinunterfliege. Lautlos am blasenquellenden Moraft mich vorneige.
Ganz Horchen.
Quorads! Quocorods! Qu000000racks!
Das Zeitalter des Nachträglichen.
Von Hans Klabautermann.
Unsere fernen Nachkommen werden die liebenswürdige Zeit, in der zu leben wir das Vergnügen haben, die Periode des Nachträg lichen nennen. Mit gigantischem Aufwand an Schweiß und Hirn fand betreiben wir ein riesenhaftes Unternehmen und überlegen uns fo gegen Schluß der Arbeit, wo sie nüße gewesen ist. Die milisolcher gewaltiger Betrieb. Ueber den Zwed gab es verschiedene tärischen Rüstungen der deutschen Monarchie waren ein Auffassungen. Die einen fagten, sie sollen den Frieden bewahren, die andern meinten, wir brauchten sie für den Sieg in einem etwaigen Krieg. Weder den einen noch den anderen Zweck haben sie erfüllt. Das sieht heute jeder. Ein Wesen mit durchschnittlichem Berstand zieht daraus den Schluß, daß sie also überflüssig sind. InMit seidigem Fallschirm über sich. Flachsblonde Reiselustige aus dessen wünschen weite Kreise und gerade solche, die infolge wissendem famtigen Samenschopf von Disteln oder aus den kleinen, hauchschaftlicher Abrichtung ihren Verstand für erlesen halten, das Wiedererstehen des Militarismus zu irgendeinem Zweck, der sich zarten Windballons des Löwenzahns. schon noch herausstellen wird. Von 1914 bis 1918 tobte ein Krieg, in dem etwa 10 Millionen Menschen für ein hohes Ziel das Leben gelassen haben. Welches dieses Ziel war, wird nachträglich festgefeßt werden. Seit vier Wochen beraien in Genua einige hundert hervorragende Politiker die ja, Dunnerfiel noch eins, was beraten sie eigentlich? Was sie nicht beraten wollten, darüber hatten sie sich vorher verständigt, die Deutung des augenblicklichen 3wed's bleibt späteren Geschlechtern vorbehalten. Es gab eine fagenumwobene Zeit, wo wir zwar wenig, aber immerhin 3uder hatten. Damals wütete allerdings über uns die Zwangswirtschaft. Zu irgendeinem nachträglichen Zweck wurde sie von irgendeinem weisen Mann wieder abgeschafft. Seitdem gibt es feinen Zucker. In diesem Fall bin ich jedoch in der Lage, fchon heute den nachträglichen Zweck einer breiten Deffentlichkeit unter die Nase zu rollen. Zucker effen ist nämlich ein Laster, das die Bolksgesundheit flogig bedroht. Die Volksgesundheit steht natürlich über der Schleckerei, und deshalb läßt die Regierung den Zucker in die Schnapsfabriken rieseln, deren Bedarf für die Sproßpilze am Kurfürstendamm wuchtig ist. Daher ist es auch unverständlich, warum die Sozialdemokraten die Zwangswirtschaft wieder einführen wollen.
Erstaunt schaue ich ihnen nach. Kein Wintersturm, fein frostgellend Bolblasen hat sie losreißen können; aber dieser mollige Mittagsatem, das war der richtige sanfte Werber, es schon zu wagen auf der Fahrt nach eigener Scholle, nach frühlingsfrohem Berwurzeln.
Dann höre ich doch wirklich ein Brummen. Schaue hin. Und da ist sie. Stürmisch, daß sie fast wie eine schmale, schwarze Fadenschnur erscheint, fegt sie in den Talkessel hinunter. Toll vor Wagemut fauft sie nach der Winterlangeweile in ihrem finstern, falten Erdloch durch den Sonnenwind, überglimmert vom Wirbelsturm der fleinen Glasflügel, die nicht genug rafen fönnen, nicht genug brummen fönnen, vor Wohligkeit, vor Freude.
Ein anderes Brummen noch höre ich ab und zu hinter meinen geschlossenen Lidern. Ein furz abgebrochenes, dunkel fnurriges, seufzerschweres. Es ist nicht möglich. Ich starre nach den himmel blau starrenden Augen der Seenkinder hinab. Ich kann es nicht glauben. Dann aber blick ich ins Feld jenseits des Trichters, ob dort nicht der Ackersmann seinen alten Holzpflug gerade wende, wenn es scheinbar dort unten so dunkel fnarrt.
Dder schlägt irgendwo jemand im Dorf an ein altes Eisen, daß es so ärgerlich knurrt, wie ein Frosch im Wintersumps? Und doch, flingt's nicht wie ein ganz unterirdisch Froschknurren, dem noch die Kiefer vom Eis zusammengebacken find? Knurrt's von dort unten nicht her, wo das graufalbe, dürre Schilf sich froftverfroren emporfrauft aus dem laugig schimmernden Sumpfrand?
Nur ganz selten murrt's herauf. Wie ein Grunzton aus tiefem Schlaf. Wie ein noch müdetrunkener Murrton über gestörten Winterschlaf. Ich halt fast den Atem an im Lauschen. Betrachte horchend vor meinen Füßen eine kleine eifrige Sandwespe, die mir unscheinbar wird diesem unterirdischen Ton gegenüber, so sehr sie auch ein Wunder ist an diesem Tage schon.
Was schafft sie nur so arbeitsmütig, die fleine Schwarze, der das Wangenrot des Eifers dorthin gerutscht ist, wo wir Menschen uns fetzen? Stolz emporredend feult sie diesen fleinen Körperteil gen Himmel, ganz schon Lebenskraft und Latensturm.
Wie ein Karnickel ausgrabender Dackel schleudert sie vornüber liegend mit den dünnen Bordertätzchen wildlebendig den Sand zwischen den Hinterfüßen durch weg, daß eine zarte Staubwolfe um fie wirbelt.
Nun ich eine Weile hinschaue, nach dem Knurrer im Sumpfe horche, sehe ich nur noch die fece Hinterleibsfeule aus dem Grund emporgeschwungen und darunter pustet der Sandstrahl hervor, wie geblasen.
Jetzt ist sie ganz fort.
Jetzt frabbelt fie rückwärts heraus.
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Was macht sie? Born hat sie ein winzig rotstreifig Kiefelchen eingezangt, das schleppt sie heraus, beiseite, dann fpornftreichs wieder hinein. Nochmals retour. Diesmal schleift fie ein Stückchen Aft, zweimal so groß wie ihre eigene Zweizentimeterfleinigkeit. Was tollt sie nur so hastig und schaffenslustig, die schwarzpelzig Echmale?
Bulft ihr schon die schmale Taille von Liebestollheit? Baut fie schon eine Sandwiege für die Wespenkinder? Wie ein aierlicht geschliffen Liebeslied klingt's ja, was fie in frühlings
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Wir wissen nicht, ob der kommunistische Abgeordnete Kay Likörstuben bezieht. Jedenfalls ist er des Ernstes feiner Berantdie Hilfsmittel zu feiner parlamentarischen Tätigkeit aus diesen wortung bewußt. In einer Landtagssigung stellte er vor einigen Tagen neben die Rednertribüne während der Rede eines Abgeord neten eine Schnapsflasche. Ob sie noch ganz gefüllt war, ist mir nicht bekannt. Die übrige Politik der Kommunisten ist ebenfalls auf die zeitgemäße Nachträglichkeit eingestellt. Sie befchränkt sich im allgemeinen auf die Opposition gegen die Mehrheit. Warum, erfahren spätere Geschlechter.
Die Berliner grüne Polizei hat bei den Demonstrationen am Rathaus Qualitätsarbeit geleistet. Ein Polizeioffizier hielt es fogar für angemessen, sich zu dieser hübschen Gelegenheit einen Orden auf die Brust zu pieten. Die Sitte ist ja beliebt, sich bei prunfvollen Festen Uniform und Frack zu vergligern. Aus diesem Grunde war das Erstaunen der Bevölkerung nicht allzugroß, daß dieser Offizier seinen Schmuck zum Rathausfest angelegt hatte. Da auch einige Bürger mit Bajonetten gefigelt wurden, war die Stimmung überhaupt recht gemütlich.
erklären werde, ist es natürlich unmöglich, auf alle Vorkommnisse Im Rahmen dieser kurzen Betrachtung, deren Natur ich hernach mit Nachträglichkeit einzugehen. Wenn im Deutschen Theater in Berlin ein englisches Stüd auf englisch gegeben wird, paßt das durch aus in diese Zeiterscheinung, ebenso wie die Tatsache, daß der Beifall besonders start gewesen ist. Hätten die Zuschauer etwas von den Vorgängen auf der Bühne begriffen, würden sie nicht so fräftig geflatscht haben. Aber so dachten sie, der Nebenmann versteht vielleicht etwas davon und wollten sich daher nicht blamieren.
Wie verheerend die Wohnungsnot nach dem Krieg werden würde, wußte man längst. Infolgedessen famen die Gegenmaßnahmen auf die Welt, als es zu spät war. Die Wohnungsämter bestehen nun einmal. Unsere Enfel werden einst sehen wozu. Wir wiffen es leider nicht. Eine rühmliche Ausnahme macht die Tätigkeit des Reezer Wohnungsamts. Als der Gastwirt Schmallenberg am Freitag feine zwei Zimmer nicht gutwilli räumen wollte, schoß ihn ein Polizist einfach tot. Die Zimmer sind dadurch ohne weiteres frei
geworden.
Jetzt darf ich auch darüber sprechen, warum ich so ziemlich jede Woche meinen Senf dazugebe. Auch ich lebe unter dem 3wang des Nachträglichen. Ich kann also vorläufig nicht sagen, welchen Sinn und Zweck meine lichtvollen Darstellungen eigentlich haben.