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Nummer 2Z 15. Jm\ 1Y22 Anterhaltungsbeilage öes vorwärts /iis sie wiederkamen. Von Theodor Thoma». LNt d»r Genehoiiguns b«« Verfasser» drillten wir hier»In Kapitel au» einem 1 8 S 0 erschein»»d,n Roman ab. Nun waren st» wieder daheim, nachdem ste sechzehn Lahre lang hinter den Mauern der Irrenanstalt geschmachtet hatten. Ihr» einstige Wohnung fanden sie dank treuer Freund« noch für st» bereit. Was ihnen aber fehlte, waren Lebensmittel. Wt» st» es früher immer getan hatte, nahm Gabriele den Marttkorb, um ihr« Einkäufe ku besorgen. Odemar begleitete ste, denn ihm war allein unheimlich in diesen Räumen. Seltsam was ste schon gestern auf dem Wege vom Bahnhof nach ihrem Hause bemerkt hatten, nichts, fast nichts war in den Aus« lagen zu finden: was noch auffälliger war, es fehlten überall die Preise. Einige Pfund Kartoffeln möchte ich vor allen Dingen haben, Ich sehn? inich sehr danach,' meinte Gabriele. In dein Delikatessengeschäft suchten sie erst lang» nach den Knollenfrüchten. Schließlich entdeckten ste oben, hinter den Regalen, Unter Glas oersteckt, so etwas, da, wie Kartoffeln aussah. Aber merkwürdig: Diese trugen jede einen Streiken um den Leib, wie früher die Zigarettenschachteln. Sie sahen sich verlegen an. Sollten das wirklich welche sein? Sie wandten sich fragend an die Verkäuferin. Freilich sind das Kartoffeln,' sagte die.Wissen Sie nicht, daß diese nur noch mit Banderolen verkaust werden? Um jedes Gxemplar muß seit 1925 ein Steuersircifen geklebt sein.' Warum denn das?' fragte Gabriele. Kartoffeln sind als Luxus erklärt worden, deshalb fteuer« pflichtig. Das Stück tostet je nach Größe drei, vier bis fünf Mark.' Wir werden auf dem Rückweg nochmals'rantommen.' Die Verkäuferin sah den Beiden lang« nach, ste konnte sich gar nicht erklären, warum dl« zwei sich so merkwürdig angesehen hatten: tomisch fand sie dos. Gabriele und Odemar aber schritten weiter. In der nächsten Abteilung wurden Haushaltungsgegenstande feilgeboten. Das erste, was ihnen In die Augen fiel, waren Zündhölzer. An einer großen Schachtel lagen lauter einzelne von den braunköpfigen nützlichen Dingern. Bitte, reichen Sie mir eine Schachtel,' sagte Odemar. Sie werden nur stückweise abgegeben, mein Herr,' bekam er schnippisch zur Antwort,und auch nur dann, wenn Si» andere Ein- käuse tätigen'. Wieviel darf ich Ihnen für jedes Stück anbieten,' fragte Ga- brielc, nun auch gereizt. Für diele hier 50 Pfennige, ste sind sicherer, wir haben auch schon welche zu 40 Pfennigen, die möchte ich aber nicht empfehlen.' Wieder sahen sich die zwei Menschenkinder schweigend an. kauften aber nichts Das Streichholzfräulein schien dem auch keine Be- deutung betzulegen. Weiter hinten lockte Gabriele ein Geruch, beinahe wie Kaffee, ste verfügte sich also In den Raum, wo e» Kaffeebohnen und Zucker gab. Beim Eintritt mußten sie fünf Mark Vergnügungssteuer zahlen. Merkwürdige kleine Schächtelchen standen auf den Tischen, so wie ste etwa um 1914 herum als Emser Pastillen verkaust wurden. Was ist in diesen Packungen?' Odemar fragte einen Mann mit dicken Brillengläsern, der dabei stand. Wir erklären es Ihnen gern, nur einen Augenblick.' Nachdem sich mehrer« Menschen wn den Erklärer gesammelt hatten, begann er über die medizinische Wirkung des Kaffees zu reden, etwa w!« der Professor von Heilmedikamertten spricht. Zum Schluß sagte er, daß eine Schachtel mit 50 Bohnen für ein Jahr reiche. Diese koste einhundert Mark und fünf Mark für dke Packung. Es fanden sich keine Käufer, so daß der Ausrufer einen anderen Artikel zur Hand nahm. Kleine, weiße, viereckige Stücke. Würfelzucker nannte man das früher," nieinte Gabriele. Der Erklärer aber tat so. als habe er irgendeine Zauberspeise.. Er redete mit starken Worten überSukrmm, wie er das Produkt nannte, das hundertmal so fuß sei als mancher glaubte. Jeder Würfel koste drei Mark. Hier wurde mehr gekauft: es schien doch Leute zu geben, die ohne Zucker nicht leben können. Unkere Beiden kämen aus dem Staunen nicht heraus. Schließ- lich mußten sie aber doch etwas zu essen kaufen, wenn st« lebm wollten.. Sie beschränkten sich auf ein Brot, für das man Ihnen 200 M. abnahm, dayu etwas, da, wohl zu ihrer ZeitSirup' genannt worden wäre, hier aber den NamenReichsbrotaufstrlch führte und 65 M. kostete. Da» war alles, was sie tauften. An der Kasse gab der Mann dann vierzehn Zwanzigmarkstück» hin. Die Kassiererin sah ihn groß an, dann fiel sie ohnmächtig um. Zufällig war oer Inhaber des Geschäfts in der Nähe, der sie wieder zum Leben zurückbrachte. Erst jegt sah er die 280 Goldmark auf dem Zahlbrett liegen. Er bekam einen Schreikrampf, erholte sich aber so- gleich wieder und fragte den erstaunten Odemar, ob er glaube, er sei Rolschild. Wieso?" gab der verwundert zurück. Mein Herr' er fieberte in der Stimme,14 Galddoppel« krönen entsprechen heute einem Kurs von über zwei Milliarden Papiermark, wo soll ich das Geld hernehmen? Ich kann Ihnen noch nicht auf eine Mark herausgeben. Bitte, bemühen Sie sich auf dt» Reichsbank. Oder nehmen Sie auf Kredit. Mein ganzer Laden steht Ihnen zur Verfügung.' Nun wor die Reihe des Wunderns an Gabriele und Odemar, die. sich ansahen, wie zwei Wahnsinnige. Wir sind gesund geworden uud die Welt ist verrückt!' flüstert« Odemar der Frau zu.Komm, mir wird unheimlich zumute!" Sie nahmen Brot und Reichsaufstrich und verließen wie di« Fürsten das Warenhaus. In Ihrem Heim tmg«tom!»en aber verfielen sie in ein hysterische» Lachen und Weinen, so daß die geängstigte Wirtin sofort die Schupo mobilisierte, die ste noch am selbigen Abend wieder wegbrachte, nicht ohne daß man die 25 Goldstücke, die sich in ihrem Besij, befanden, beschlagnahmte und sie der Staatskasse zuführte. Am anderen Tag« meldet? de? Polizoibericht, daß gestern zwei eben erst aus der Landes« trrencmstalt entlassene Leute schleunigst wieder hätten in Sicherheit gebracht werden müssen. Das war das Schicksal Odemars und Gabrielens, die sich nicht an unsere veränderten Zustände gewöhnen konnten und sich erst wieder wohl fühlten, als sie in das Asyl der Geisteskranken heimgekehrt waren. Gegen das, was sie draußen gesehen hatten, erschien ihnen da« Leben hier nicht halb so oerrückt. Ein Revolutionsöichter. Bon Johannes Reichelt, Dresden . Publitumslaunen und Geldsackinteressen tyrannisieren die öffentliche Meinung. Mancher Erfolg ist ihr Knecht. Ernst Toller ist politisch belastet. Vorurteile versperren den Weg zu ihm. Da» innerste Wesen des jungen Dichters blieb unverstanden. Er galt der breiten bürgerlichen Mass« als der Biuttyrann der Räterepublik in München , der die erschossenen Geiseln auf seinem Gewissen habe. Sein kurzes Schöffen, der Ausdruck unserer schweren Tage, e» ist deutsch , da es ehrlich seine Seele und die geistige Verfassung seine» Volke» spiegelt. Politik schaltet hier aus. Menschentum und Dich« tung bleibt. Ein paar Briesstellen des Dichters aus dem Jahre 1917 geben fein Wesen.In letzten seelischen Dingen müssen wir unsere Eintamkeit, d. h. unser Alleinsein mit Gott nichttragisch", sondern freudig empfinden...."Ich will dos Lebendige durchdringen, in welcher Gestalt es sich auch immer zeigt. Ich will es mit Liebe umpflügen, ober ich will auch das Erstarrte, wenn es sein muß. um- stürzen, um des Geistes willen. Ich will, daß niemand Einsatz des Lebens fordert, wenn er nicht selbst von sich weiß, daß er sein Leben einzusetzen willens ist...."... Zu einer Erkenntnis, wie ich ste verstehe, muß man durch Not, Leiden on seiner Fülle, gekommen sein, muß geglaubt haben,entwurzelt" zu sein, muß mit dem Leben gespielt und mit dem Tode getanzt, muß am Intellekt gelitten und Ihn durch den Geist überwunden muß mit dem Menschen gcrun- gen haben." Das ist Ernst Toller . Wie ich zu Toller kam? Ich bin dem Zufall dankbar. Ober« schreiberhau . Ostertagel Bei 20 Grad Wärme lag ich auf der Ve« randa meiner versteckten Pension, badete in Sonne, während drüben am Abhänge ich durch mein Glas die Skifahrer im flimmernden Schnee beobachtete. Gegensätze...1 Und»eben mir liegt eine Dame und blättert in Briefen von Ernst Toller . Erst ist sie scheu, kaum, daß sein Name siel. Aber dann, gereizt durch eine Bcmer-