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sich der Mensch des 2t). Jahrhunderts kaum eine Vorstellung von den Seelenstimmungen machen, die der Aufgang des Maschinenzeit- alters in seinen ersten Opfern auslöste. Noch bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts gab es gebildete Engländer, die die Maschinen als krankhafte Ausgeburten des menschlichen Geistes und als ein Symptom der Dekadenz Englands betrachteten. Dos erste Gesetz gegen die Zertrümmerung von Maschinen und Zerstörung von Fabrikgebäuden wurde in England im Jahre 1769 erlassen. Es betrachtete derartige Handlungen als Verbrechen, auf die die Todesstrafe gesetzt wurde. Der Beginn der industriellen Re- volution hatte schon' um jene Zeit einen Umschwung der staatlichen Auffassung über den Wert der Maschinerie hervorgebracht. Unge- achtet der drakonischen Strafen wuchs die Zahl der Maschinenstürmer in Mittel- und Nordenglond. In Nottingham soll ein gewisser N e d L u d h a m oder N e d L u d d einen Strumpfwirkerstuhl zerstört haben. Seine Tat fand Nachahmung in Lancashire , und die Ma- schinenstürmer wurden nach und nach alsL u d d i st e n" bekannt. In den Iahren 1811 bis 1812 wurde der Luddismus zu einer Massenbewegung, die sowohl politische wie wirtschaftliche Ziele ver- folgte. Die herrschenden Klassen wurden durch die luddistischen Aus- bräche alarmiert, so daß die Regierung einen Gesetzentwurf über Maschinenzerstörungen einbrachte, der derartige Handlungen mit dem Tode bestrafte. Bei der zweiten Lesung im Obcrhause im Februar 1812 mar auch Lord Byron anwesend, der gegen den Entwurf eine flammende Rede hielt, in der er die Arbeiter verteidigte. Der Entwurf wurde im März 1812 zum Gesetz erhoben, aber dieses hat ebensowenig wie das Gesetz vom Jahre 1769 die Maschinen- Zerstörungen verhindert, trotzdem es mit drakonischer Strenge ge- handhabt wurde Bei den Angriffen auf Maschinen und Fabriken kam es einige Male zum Totschlag, aber es war außerordentlich schwierig, die Töter zu ermitteln. Erst die Aussetzung hoher Geld- preise einmal sogar die Sumnie von 2006 Pfund Sterling (40 000 Goldmark) auf die Köpfe der Luddistenfllhrer führte zum Verrat. Todesurteile gegen Luddisten wurden nur vom Gericht in Dork gefällt. Am 13. Januar 1813 bestiegen dort drei Arbeiter, darunter der Luddistenführer Georg Mellor, dos Schaffott. Sie bewahrten bis zuletzt ein« mutige Haltung: Mellor hielt eine kurze Ansprache vom Schaffott an die Voltsmassen. In dem Bericht über die Hinrichtung bemerkte derAnnual Register"(1813). daß Mellor und seine Leidensgenossen nicht wie Meuchelmörder aussahen und daß sie unter anderen Umständen tüchtig« Menschen geworden wären. Drei Tage später folgten ihnen fünfzehn Arbeiter: sieben vormittags, acht nachmittags hingerichtet. Die Schreckcnsurteile und die Hin­richtungen desorganisierten vorerst die Luddistenbewegung, jedoch erholte sie sich nach und nach, und im Jahre 1816 war der Luddis- mus, der im Grunde genommen eine elementare revolutionäre Ve- wegung bildete, wieder im Schwung. Byron faßte sie ganz als eine solche auf und dichtete für sie am 16. Dezember 1816 einStur m- l i e d", in dem er sie mit den Männern des amerikanischen Unab- hänglgkeitskrieges vergleicht. MsöemKurkojltätentabinettöerSteuern Neue Steuern sind gegenwärtig mehr denn je an der Tages- ordnung, und man ist krampfhaft bemüht, Mittel und Wege zu finden, um für die immer gewaltiger anschwellende Schuldenlast einen Ausgleich zu finden. Schon viele Regierungen de? Bergangen- heit sind in der gleichen Verlegenheit gewesen wie die unsrige, und es hat auch nie an findigen Köpfen gefehlt, die Vorschläge für neue Steuern machten. Nicht jeder Phantast, der seine Ideen den Staats- männern aufdrängen will, wird aber ein« so geistreiche Antwort er- halten, wie jener französische Grandseigneur, der dem Finanzminister Ludwigs XIV., Eolbert, allen Ernstes den Vorschlag machte, die Intelligenz zu besteuern.Ich verstehe, warum Sie diese Steuer vorschlagen", erwiderte ihm Eolbert,Sie würden jedenfalls von ihr befreit fein". Die praktischen Römer waren die ersten Steuer- erfinder, die alle möglichen Dinge mit Abgaben belegten. So mußte der Jüngling bei der feierlichen Verleihung der Toga, der Mannestracht, eine Summe entrichten, und es gab auch eine Steuer für alte Jungfern, wenn sie reich waren. Die Kloakensteuer des Kaisers Vespasian läßt den Satiriker Juvenal dem Herrscher die Worte in den Mund legen:Gut ist der Geruch des Gewinns, woher der letztere auch stamme". Das Tollste an Steuern leistete der römische Kaiser Michael Paphlago mit der Steuer a u f d i e L u f t. Die Bürger des Weltreiches mußten diese Abgabe leisten, nur weil sie zum Atmen die Luft einzogen. Das Mittelalter hat an kuriosen Steuern weniger geleistet, desto mehr aber die Evoche der absoluten Fürsten, die immer Geld brauchten und denen jeder Vorwand recht war, um ihre Untertanen zu schröpfen. Der Sonnenkönig " Ludwig XIV. ging da mit schlechtem Beispiel voran, und die deutschen Fürsten , die es ihm in allem nachmachen wollten, übertrumpften ihn darin sogar noch. Friedrich I. von Preußen, der sehr prunkliebend war und viel Geld brauchte, führte 1702 die K o p f st e u e r für jeden Stand ein, und zwar zahlte er selbst und sein Haus die Steuer auch: der König jährlich 4000 Taler, die Königin die Hälfte, der Kronprinz 1000 Taler usw.: die Offiziere mußten ohne Unterschied einen ganzen Monatssold entrichten: der Handwerksgesell zahlte 12 Silbergroschcn, der Bauer 8 und selbst eine Tagelöhnerin 4 Silbergroschen. Bercch- tigter waren die Luxuesteuern. So mußte jeder, der sich einen Wagen hielt, die K a r o s s e n st e u e r je nach der Eleganz seines ''7 k"' 3 Tnfem entrichten. Als Grund da- für wurde angeführt, daß durch die Wagendas Pflaster der Rest- dcnz verdorben würde". Für ihre hohen Frisuren zahlten die Damen die Fontangensteuer(Fontange Frauenkopfputz) mit 1 Taler jährlich, und noch sehr viel mehr brachte die Perücken- st euer in jenen Tagen, da jeder, der auf sich hielt, mit einer Allongcperücke erscheinen mußte. In Preußen entrichteten Hosleute und Staatsdiener bis zum Generalmajor hinab jährlich 2H Taler für ihre Perücken, die anderen Beamten bis zum Major 2 Taler und die bis zum Sekretär 1 Taler. Kammerdiener, Kaufleute und Bürger zahlten 16 Groschen, Handwerksgesellen, Lakaien und andere geringe Leute" einen halben Taler. Eine zeitgemäße Umformung dieser Steuer war die H a a r p u d e r t a x e, die Pitt zur Zeit der französischen Revolution in England«inführte, und die britischen Aristokraten ließen es sich etwas kosten, durch dickgcpudertes Haar ihren Abscheu vor denRaturköpfcn" der Revolutionäre zu bc- zeugen. Der erfinderische Pitt brachte auch die F e n st e r st e u e r auf, die zur Zumaucrung sehr vieler Fenster führte. Natürlich be» kam auch Deutschland seine Fenstcrsteiier: so wurden z. B. in den Bistümern Köln und Lüttich zwei Groschen von jeder Glasscheibe er- hoben. Es gab auch eine sogen. I u n g f e r n st e u e r, die be- stimmte, daß jedes Mädchen, das mit 20 Jahren noch nicht unter die Haube gekommen sei, bis zum 40. Jahre jährsich einen Taler zahlen müsse. Das sollte zum Heiraten anspornen.(!) Praktischer war die Hage stolzen st euer, die auch in einigen deutschen Kleinstaaten bestanden hat. Die in Preußen und anderwärts ein« Zeitlang üb- liche Prinzessinnen st euer legte freilich den hohen Damen keine Geldbußen auf, aber das Volk mußte die Steuer bei jeder Ver- heiratung einer Prinzessin zahlen. Ein Reichsgraf hat in seinem Lündchen sogar eine Beinbruch st euer erhoben, die der Landes- Herr, der das Bein gebrochen hatte, zur Bestreitung seiner Kurkosten erhob und auch nach glücklicher Herstellung noch welter einzog, und schließlich wird auch eine allgemeine L a r i e r st e u e r erwähnt, die festsetzte, daß jeder Bauer viermal im Jahre zwei Lot Sedlitzer Salz zum Abführen einnehmen und dafür eine bestimmte Summe ente richten mußte! Kleine Zußleiöen. Praktische Winke für Ausflügler von Gustav Bartels. In der Regel sind es nur kleine Fußleiden, die einem auf Aus« flügen den Strich durch die Rechnung machen: zumeist Folgen einer mangelhaften Fußpflege oder auch einer unpassenden Fußbekleidung, Jeder Tourist versteht einen guten Schuh zu schätzen und er hütet sich wohl, einen längeren Marsch in neuen Stiefeln anzutreten. Mag der Schuh noch so gut gearbeitet sein, er muß sich doch zuerst dem Fuß im Gebrauch anpassen: das geschieht am besten auf kurzen Wegen, bei kleineren Ausgängen: allmählich schmiegt sich das Leoer den Fußformen an: sind aber kleine Fehler vorhanden, so werden sie bei dieser Gelegenheit entdeckt und können rechtzeitig beseitiat werden. Erst wenn man die Schuheeingegangen", kann man sie für weitere Märsche brauchen. Dagegen wird aber oft gefehlt. Viel« erwerben dann die kleinen Fußleiden, viele aber leiden schon vorher an den Folgen unpassender Fußbekleidung Unter diesen sind am unschuldigsten, aber qualvoll genug, dl« Hühneraugen. Seit alten Zeiten werden zahlreiche Mittel zu ihrer Beseitigung empfohlen. Im besten Rufe steht die Salizylsäure, die eine houterweichende Eigenschaft besitzt. Man wendet sie viel- fach, in Kollodium gelöst, an und bestreicht mit dieserTinktur", wie sie genannt wird, das Hühnerauge, die Masse trocknet sogleicb an: mehrere Tage hindurch wiederholt man die Pinselunq, bis sich eine dicke Schicht gebildet hat. Darauf nimmt man ein Fußbad uno kann in diesem das Hühnerauge samt der Kollodiumschicht abziehen. Einfacher ist noch die Anwendung des grünnen Salizylsäurepflaster«, Die Behandlung dauert gleichfalls einige Tage: das erweichte Hühner- auge läßt sich mit einem stumpfen Gegenstand herausheben. Nur zu oft wird aber geklagt, daß diese Mittel nur vorübergehend helfen und das Hühnerauge sogleich sich von neuem bildet. Das hat darin seinen Grund, daß die Haut an jener Stelle gereizt ist und zu stär- kerer Wucherung neigt. Man muß also daraus achten, daß unmittel- bar nach der kleinen Operation neue Reize vermieden werden. Daß ein drückendes Schuhwerk durch passendes ersetzt werden muß, ist selbstverständlich: außerdem aber muß man die zarte Haut mit Lanolin oder Vaseline einfetten und anhaltendes Gehen vermeiden. In den nächsten Tagen erweicht man die sich von neuem bildende Schwiele durch Fußbäder, auch ein Betupfen derselben mit eine» Lösung von doppelkohlensaurem Natron erweist gute Dienste. Bei konsequenter Durchführung dieser Behandlung schwindet das Hühner- auge schließlich vollständig. Ein viel schlimmeres Leiden bilden eingewachsen« Nägel, die namentlich an den großen Zehen vorkommen. Sie ent- stehen dadurch, daß durch. den Druck des Oberleders vom Stiefel die Haut der Zehenspitze über die Nagelecke oder den Nagelrand gepreßt wird. Bei weiterem Wachstum bohrt sich de? Nagel in die Haut ein, erzeugt nicht nur Schmerzen, sondern auch Wunden, die zu bösen Eiterungen führen können. Am Zustandekommen dieses sehr lästigen und bei Vernachlässigung auch gefährlichen Uebels ist nicht allein das Schuhwerk schuld, sondern vor allem ein verkehrtes Be- schneiden der Nägel an den Zehen. Viele Menschen verfahren dabei ebenso wie beim Beschneiden der Fingernägel, sie geben dem Nagel- rande die Form eines nach oben gerundeten Boaens, wobei dl« Ecken in den Hautsalten entfernt werden. Das ist aber oerkehrt.