Wissen und Schauen 5
Sitten als Folge der Mode. Die Geschichte hat in den Wandlungen der Kleidung lange Zeit den Ausdruck der gleichzeitigen Kultur gesehen, und Jakob Falke schrieb vor einem halben Jahrhundert seine Geschichte der deutschen Tracht unter diesem Gesichtspuntt. Daß es dabei ohne gewisse Gewaltsamkeiten und Ausbeutungstünfte nicht abging, ist erklärlich, und ein tiefes Eindringen in die Probleme der Trachtengeschichte hat gezeigt, daß vielfach gerade der umgekehrte Weg beschritten wird, daß sich vielmehr das Auftreten und Abflingen gewisser Sitten zwanglos und folgerichtig aus den Modeformen der Epoche erflären läßt. Eine Reihe über raschender Beispiel für diese Zusammenhänge bietet der bekannte Kulturhistorifer Mar v. Boehn in einem Auffah der Zeitschrift " Faust". Nicht die Sitte macht die Mode", fagt v. Boehn, sondern bie Mode beeinflußt die Sitten, und sie steht in ihrer Wirkung in bieser Beziehung auf einer Linie mit den Nahrungsmitteln. Ist es boch bekannt, daß die Einführung von Lee, Kaffee und Schokolade den Charakter der Geselligkeit auf das nachdrücklichste geändert hat. Als die riesigen Mühlsteinfraufen auftamen, mußte man die Löffelstiele länger machen, damit die Träger ihren Mund erreichen fonnten. Wesentlicher aber war, daß in Frankreich die Art der Begrüßung eine andere wurde. Bis dahin hatten die Herren die Damen, denen sie vorgestellt wurden, mit einem Kuß begrüßt. Nun beseitigte die Mode diese Gewohnheit, denn so lange beibe Geschlechter Kragen um den Hals trugen, die den Umfang und bie Widerstandskraft von Wagenrädern besaßen, fonnten sie sich in der Deffentlichkeit nicht mehr umarmen." Aehnlich verhielt es sich mit dem Gruß der Herren. Bis zu Anfang des 17. Jahrhunderts behielt ber Herr seinen Hut immer auf dem Kopf, auch fm Zimmer. Beim Gruß wurde die Kopfbebedung nur zurüd. gestoßen, ohne das Haupt zu entblößen, und das Abnehmen des Hutes wurde für eine Entwürdigung gehalten. Als dann im 17. Jahrhundert die großen Hüte mit den langen Straußenfedern auffamen, wollte man diese Tracht zeigen, nahm sie ab und schwenkte fte zum Gruß. Im Zeitalter der großen Allongeperüden und der gepuderten Köpfe hätte man sich durch Aufsehen eines Hutes die ganze Frisur verdorben; deshalb trug man im 18. Jahrhundert den Hut immer unter dem Arm und streckte ihn beim Gruß vor, wie der Soldat feine Flinte beim Präsentieren. Wie das Berschwinden gewisser Moden auch Bräuche aufhören läßt, beweisen die Duefle. Go lange jeder ,, Kavalier" ben Degen an der Seite trug was das ganze 18. Jahrhundert hindurch der Fall war bildeten die Duelle einen Krebsschaden der Gesellschaft, den feine Regierungsverbote ausrotten konnten. Casanova beklagt sich einmal darüber, daß man Jeden Augenblick wegen der geringsten Kleinigkeit seinen Degen ziehen müsse, denn raufluftige Leute bedienten sich dieses Kleidungstüdes" unter den nichtigsten Vorwänden. Daß das beständige Tragen eines Degens unter den Studenten die Raufluft erhöhte, ist verständlich. Als mit der englischen Herrenmode das Tragen des Degens aufhörte, nahm sofort die Häufigkeit der Duelle ab.
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müssen. Sie haben sich daher einer obligatorischen Farbenwahr nehmungsprüfung zu unterziehen. Diese Prüfung geschieht entweder in der Weise, daß man dem Prüfling Wollbündelchen in allen Farben vorlegt und ihm sodann einzelne Farben bezeichnet, die er aus den vielen Farben heraussuchen muß, oder darin daß er farbige Scheiben, Gläser oder Täfelchen richtig nennen muß.
回 口
Naturwissenschaft
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Blumen, die fich nicht vertragen. Gar mancher Blumenfreund hat schon arge Enttäuschungen erleben müssen, wenn er zueinander passende und in der Farbe schön abgestimmte verschiedene Blüten in einer Vase vereinte. So finden wir oft, daß Orchideen, zu denen wir irgend ein anderes Gewächs unserer Breiten in die Vase stecken, felbst zwar in der gewohnten Schönheit prangen, die anderen Blüten aber vergiften, so daß sie Kelch und Blätter bald hängen laffen. Ebenso verhalten sich aber auch darauf weist Retiams„ Univer. fum" hin die echte Narzisse und das liebliche Maiglöckchen. Vereinigt man fie in einem Glafe, so wird das Aussehen der Narzisse bald bleich und wässerig. Hier ist es das Maiglöckchen, dessen Säfte der Narzisse das Lebensende bereiten. Aehnlich verhält sich die Reseda, die taum mit irgendeiner anderen Blume vereinigt werden darf. Auch das beliebte Chrysanthemum ist ein arger Mörder. Das sollte jeder beachten, der heute die teuren Blumen wahllos vereint, will er Freude an dem finnigen Schmud seines Zimmers haben.
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Gesundheitspflege
Bom Obstessen. Alljährlich um die Zelt, wenn das frische Obst am begehrenswertesten scheint, tauchen bei Kindern wie auch bei Erwachsenne allerhand Berdauungsstörungen auf, die durch den Obst. genuß hervorgerufen wurden. Eine gewisse Vorsicht sollte beim Genuß frischer Früchte immer beobachtet werden. Frisches, völlig reifes Obst, von einem gefunden Menschen in mäßiger Menge genossen, wird kaum jemals eine Gesundheitsstörung nach sich ziehen und im Gegenteil nur günstig wirfen, weil es einerseits infolge feines Gehalts an Zucker und Fruchtsäuren die Berdauung befördert, andererseits dem Körper wiederum durch den Zucker, dann aber auch durch seine Vitamine, die erst in jüngster Zeit entdeckten Ergänzungsnährstoffe, fowie durch seine Mineralfalze wertvolle Nahrungssubstanzen zuführt. Außerdem werden durch den Genuß frischen Obstes die Zähne gereinigt und durch die Fruchtsäuren sogar gewissermaßen desinfiziert. Allein, wie gesagt, das Obstessen hat auch feine Schattenfeiten. Vor allem hüte man sich daver, angefaultes Dbft zu essen oder unmittelbar auf das Obst Wasser oder fonft rqößere Flüssigkeitsmengen zu trinfen Daß bei großer Hihe das Obstessen weniger ratsam sei, ist ein unbegründeter Aberglaube. Frische und tadellose Früchte können auch bei der größten Hike ohne Bedenken verzehrt werden. Eine weitere selbstverständliche Voraussetzung beim Obfteffen ist, daß die Früchte vor dem Genuß immer gereinigt werden, weil alle möglichen Keime an ihnen haften fönnen, die, in den Darm gelangt, Erfranfungen erzeugen. Farbenblindheit. Wer nicht selbst farbenblind ist, fann fich nur Go werden z. B. durch den Genuß ungewaschenen Obstes sehr oft schwer eine Vorstellung davon machen, wie ein Farbenblinder seine die Eier des Spulwurmes auf den Menschen übertragen. Man Umgebung eigentlich fieht. Bet der schwersten Art der Farben braucht bloß einen Apfel zu effen, auf dessen Schale der Wind ein blindheit, der totalen, vermag der Mensch überhaupt feine Farben paar der winzigen Spulwurmeier abgefeht hat und die Infektion ist wahrzunehmen: er sieht alles nur grau in grau, wobei er jedoch die fertig. Besonders auf dem Lande, wo es um die hygienischen BerHelligkeitsmerte unterscheiden fann. Glücklicherweife kommt die totale hältniffe oft noch schlecht bestellt ist, und wo fomit an InfektionsFarbenblindheit verhältnismäßig felten vor. Biel öfter tritt dagegen herden fein Mangel herrscht, sollte man die Früchte vor dem Essen ble partielle Farbenblindheit auf, bei der nur einzeine Farben nicht immer reinigen. Die Verdaulichkeit der einzelnen Obstarten ist wahrgenommen werden, und die man als Rotgrünblindheit" be- fehr verschieden. Am leichtesten verdaulich sind im allgemeinen zeichnet. Die Rotgrünblindheit fann sich verschieden äußern. Ent- Pfirsiche und Aprifofen, auch reife Pflaumen find vom gefunden weder sieht der Betreffende das Rot ais telle oder gelbe Farbe und Magen gut zu verdauen, wogegen Birnen und Kirschen schwerer verwechselt dunkles Rot mit hellem Grün( Grünblindheit), oder er verbaut werden. Alepfel werden nach ungefähr 3 bis 4 Stunden sieht rot als dunkle Farbe und verwechselt infolgedessen helles Rot verbaut. Menschen mit schwachem oder frankem Berdauungsappamit dunklem Grün( Rotblindheit); manchmal wird auch nur gelb rat sollen besonders Kernfrüchte, also Himbeeren, Johannis- und und blau nicht erkannt, so daß alles in den roten und grünen Stachelbeeren, Erdbeeren und Brombeeren mit Vorsicht genießen Farben des Spektrums oder zum Teil in grau gesehen wird( Blau- oder sie besser überhaupt meiden, da die kleinen Kerne die Darmgelbblindheit). Diese letzte Art der Farbenblindheit kommt indessen häute reizen können und dadurch Störungen veranlassen. Obst soll auch ziemlich selten vor. Die Farbenblindheit, die gewöhnlich an- ferner nicht in den nüchternen Magen und auch niemals in größerer geboren ist und sich auch fast immer auf beide Augen erstreckt, findet Menge gegessen werden, weil der Magen, wenn er feine festen Befich vorwiegend beim männlichen Geschlecht. Auf 1000 Männer standteile zu verarbeiten hat, das Obst allein nur schwer bewältigt. tommen im Durchschnitt 30 Farbenblinde auf 1000 Frauen jedoch Es gibt Menschen, die auf den Genuß frischen Obstes regelmäßig nur 3, was einige Forscher damit erklären, daß vom ersten Beginn Unbehagen empfinden; in solchen Fällen muß natürlich das Rohder Kultur ab die Frauen weit mehr als die Männer mit Farben obst unbedingt vermieden und das Obst nur in gekochter Form und und Farbengebung zu tun hatten. Die Sehschärfe der Farbenblinden mit Zuder gefüßt genossen werden.
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Alle Welt weiß, daß das Proletariat unferer Zeit hauptsächlich
ist in der Regel normal. Die Entstehung der totalen Farbenblindheit ist darauf zurückzuführen, daß die farbenempfindlichen Zapfen der Netzhaut des Auges funktionsunfähig oder überhaupt nicht verhanden sind, wogegen bei der Rotgrünblindheit nur die rot- grünempfindlichen Zapfen fehlen. Farbenblindheit wird meistens ver- durch die Einführung und Verbesserung der Maschinen bedingt erbt und zwar eft in einer ganz eigenartigen Gefehmäßigkeit, indem worden ist, daß in dem Maße, als der Aderbau, die Fabrikation, die fie vom Großvater auf den Sohn der normalsichtigen Tochter über- Schiffahrt und der Straßenverkehr durch die Vervollkommnung der tragen wird. Sie ist auch häufig eine Begleiterscheinung nervöser Gerätschaften eine nie geahnte Ausdehnung erlangt haben, die Augenerkrankungen. Daß das an sich gesunde Auge plötzlich oder Menschenkraft alle Autonomie( Selbständigkeit) verloren hat und allmählich farbenblind wird, tommt hingegen faft nie vor. Ob- als ein Glied, als ein zwar lebendiges, aber totem Wert äquivalentes wohl die Farbenblindheit eine ziemlich verbreitete Erscheinung iſt,( gleichwertiges) in den Maschinenbetrieb eingetreten ist. erfolgte ihre erste wissenschaftliche Beobachtung erst im Jahre 1750, Menschen gelten nur noch als hände! Soll aber das der Sinn der worauf 1794 John Dalton , ein Chemifer, der selbst farbenblind war, Maschinen in der Kulturgeschichte der Völker sein? eine eingehende Beschreibung der Farbenblindheit herausaab. Farbentüchtiges Gehen ist bei verschiedenen Berufen unerläß ich, be- Triumphe des menschlichen Genies zu weiter nichts bienen, als bas sonders aber für die Eisenbahner, die in die beiden Signalfarben Menschengeschlecht elend zu machen? Gewiß nicht. Rot und Grün aufs schärffte ertennen und auseinanderhalten
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Sollen die
Rudolf Birchow.