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Wissen und Schauen

Wenn die Heide blüht. August und September sind die Zeit, in der die norddeutsche Heide in voller Blüte steht. Die weiten Flächen im Oldenburgischen und im Hannoverschen sind in diesen Wochen bis in den Oftober hinein ein einziges, endloses, rötlich lilafarbenes Blütenmeer. 3war lagern an den Vormittagen recht häufig graue Nebelschwaden über diesen Gegenden, doch wenn die Sonnenstrahlen den feuchten undurchsichtigen Hauch vertrieben haben, dann leuchtet die stille Pracht der Erika um so schöner. Ein einziger Baubergarten, rofenfarbig hingebreitet und umsummt von Bienen, Mücken und Käfern. Eine Weide für die Millionen und Milliarden der Goetheschen Brüder aus dem stillen Busch, der fleinen, fleißigen, gelben Honigsammferinnen aus den verschiedenen Gehäufen der an den Heiderändern wohnenden Imter.

Die niedersächsische Heide ist eine einzige Idylle. Kilometer an Kilometer fann man reihen, ohne Mensch und Baum zu begegnen. Still und abgeschieden, wie sie Liliencron und Storm bejungen, weitet sie sich, Stimmungen und Empfindungen wachrufend, wie sie der Naturfinn eines Löns wiedergegeben, wie sie die Worpsweder Maler mit Stift und Pinsel festgehalten haben. Nur hier und dort steht verlassen ein von den Winterwinden verbogener Baum, eine Strauchgruppe, die die Eintönigkeit der Landschaft durchbricht, und noch viel feltener eine Heidebauerntate mit einem Strohdach, so niedrig, daß man es fast von der Erde aus besteigen kann.

Die eigenartige Zauberschönheit der Heide berührt den Nord­deutschen besonders wohltuend. Sind doch gerade in den Küsten­bezirken, in den Marschgegenden die Herbstfärbungen lange nicht so interessant und bunt wie drinnen im Binnenland. Noch ehe das Blatt am Baume vergibt ist, fegt es der Sturmwind mitleidslos vom Stamm; Laub, das mit seinem rötlichen, braunen oder gelben Schein das binnenländische Gehölz wochenlang schmückt, mukt hier allzu früh vom Zweig. Der feuchte Nebel und der scharfe Küsten­wind, sie sind keine Freunde der bunten Herbstlaubstimmungen. Um so mehr weidet sich das Auge an dem alten, jährlich zur Herbst­zeit wiederkehrenden Reiz der Heide.

Freilich auch der Heide bleibt das Sterben nicht erspart. Nicht nur den regelmäßigen Wintertod muß sie erleiden. Dauernde Ver­änderungen schafft auch hier die Not unseres Volkes. Bezirke, die jahrhunderte und jahrtausendelang einen Dornröschenschlaf träum­ten, und deren ganze Aufgabe es war, die Honigbiene zu locken, hier und dort eine Biehweide in Nahrung zu setzen und im übrigen das schönheitsuchende Auge des Städters zu erfreuen, bergen ja vielfach reiche Torfschätze und unter ihnen leicht fruchtbar zu machen­des Ackerland. Was wunder, wenn da Hacke und Spaten, Pflug und Egge ihres Amtes walten; wenn Millionen und aber Millionen Zentner Torf aus den weiten Moorflächen geholt werden, und wenn dort, wohin noch vor wenigen Jahren kein Klang der aufgeregten Gegenwart drang, in diesen Erntewochen schon weite Alehrenfelder von neuer Kultur Zeugnis gaben.

Und so wird es weiter gehen. Die drängenden Lebensnöte ver­scheuchen die alten Idyllen, und in nicht zu ferner Zukunft wird nur da, wo der Staat ein privilegiertes Naturschutzgebiet geschaffen hat und so ein vorläufiges ehernes Vetorecht einlegt, noch alter, stiller, rötlich leuchtender Erikablütenzauber junge und alte Heide­schwärmer grüßen.

口味

Naturwissenschaft

Wie alt wird die Kleidermotte? Unsere Kenntnis von der Kleidermotte, jenes bekannten Schädlings unserer Kleider und Möbel, ist in jüngster Zeit durch eingehende Untersuchungen sehr gefördert worden, die Dr. Titschack im Zoologischen Laboratorium der Farbenfabriken vorm. Friedrich Bayer u. Cie., Leverkusen bei Köln am Rhein , hat durchführen können. Interessant sind Titschacks An­gaben über die Lebensdauer der Motten, die er in seinen Beiträgen zu einer Monographie der Kleidermotte"( Verlag Gebr. Bornträger: Berlin ) macht. 71 zur Beobachtung gelangte Männchen lebten bei einer Zimmertemperatur von 20-25 Grad Celsius durchschnittlich 28,3 Tage, 53 Weibchen dagegen lebten unter den gleichen Be­dingungen nur 16 Tage. Hielt Titschack die Tiere aber kälter, so 3. B. im Winter in einem nur ein paar Stunden täglich geheizten Bimmer, so fonnte er dadurch das Leben nicht unbeträchtlich, bis auf die doppelte Zahl von Tagen, verlängern. Da die Lebensdauer davon allein abhängt, wie schnell die Reservestoffe im Körper der Falter aufgezehrt werden die Kleidermotte selbst nimmt ja teine Nahrung zu sich und die Schnelligkeit des Berbrauchs an Reserve stoffen durch die Temperatur bedingt wird, ist der hohe Einfluß, den die Temperatur auf die Lebensdauer der Kleidermotte nimmt, leicht einzusehen.

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Die Menschenaffen. Je mehr man sich mit den höchstentwickel­ten Affenformen beschäftigt, desto deutlicher tritt ihre Aehrlichkeit mit dem Menschen zutage. Professor Reichenow in Hamburg , der lange in Kamerun gelebt hat, fonnte dort mehrfach die Entwicklung junger Gorillas und Schimpansen verfolgen. Diese Affen sind bei der Geburt von hellbrauner Farbe und werden erst nach und nach schwarz, wie ja auch die Negerkinder fast weiß zur Welt kommen und erst allmählich nachdunkeln. Das Fleisch der Gerillas und Schimpansen soll nach Angabe erfahrener Menschenfresser aus jenen Gegenden von Menschenfleisch nicht zu unterscheiden sein und wird Deshalb gebührend geschätzt. Freilich ist die Jagd auf den Gorilla eine gefährliche Sache und nur mit einer guten Flinte auszuführen.

Der Gorilla unterscheidet sich vom Schimpansen in seiner Lebens. weise dadurch, daß er im Berußtsein seiner Kraft sich mehr auf der Erde bewegt, während der Schimpanse lieber auf Bäume flüchtet und von einem Baume auf den anderen springt, um dem Menschen zu entgehen. Es gelang aber, junge Gorillas einzufangen und durch Negerinnen aufziehen zu lassen, so daß man ihr Aufwachsen gut beobachten konnte. Im allgemeinen sind diese Affen, auch der mächtige Gorilla, dem Menschen nicht sehr gefährlich. Sie leben als Vegetarier, in Horden, die ihren Ort ständig wechseln. Unter den Gorillas gibt es allerdings alte Männchen, die von den übrigen abgesondert leben und sich als wahre Wegelagerer herumtreiben. Diefe greifen gern menschliche Wanderer an, und der waffenlose Neger ist in solchem Falle meist rettungslos verloren. Was den Gorilla zu Angriffen auf den Menschen treibt, ist nicht Nahrungs. Die Triebfeder ist reine Bos­forge, denn er lebt rein vegetarisch. heit, und auch hierin zeigt sich die menschliche Verwandtschaft

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Himmelskunde

Eine kleine astronomische Rechnung mit großen Zahlen. Unter diesem Titel macht der Züricher Prof. Brunner in der Zeitschrift Natur und Technik" einige interessante Angaben über die Bewe­Der Mond freist um gung unseres Sonnensystems im Kosmos. die Erde, das Erd- Mond- System und auch alle anderen Planeten mit ihren Monden fahren um die Sonne. Aber auch die Sonne ruht nicht im All. Sie führt ihre große Planetenfamilie auf noch unerforschten Wegen in immer neue Himmeisräume. Durch sorg­fältige Bergleichungen der Lage der Sterne am Himmel, wie wir fie jest messen und wie sie in den Sternkatalogen von 50, 100 und 200 Jahren angegeben sind, hat man bis jetzt die Tatsache dieser Bewegung des ganzen Sonnensystems, ihre augenbliche Richtung und erste angenäherte Werte für ihre Geschwindigkeit ermitteln fönnen. Bemerkenswert ist, daß uns diese Bewegung in den rund 2000 Jahren, seit denen die Menschen auf der Erde die Erscheinun­gen sorgfältiger beobachten, noch nicht so weit geführt hat, daß der Ausblick von der Erde in die Himmelsräume ein wesentlich anderer geworden wäre. Nur durch sorgfältige Messungen und Unter­suchungen hat man fleine perspektivische Verschiebungen von Fix sternen nachweisen fönnen, aus denen man dann eben die Bewe gung der Erde mit dem ganzen Sonnensystem erschließt. Für den gewöhnlichen Menschen ist trotz der langen weiten Fahrt der Aus­blick in die große Welt der gleiche. Das verstehen wir, wenn wir ausrechnen, wie weit uns die Erde auf ihrer Fahrt mit der Sonne in 2000 Jahren geführt hat und dann diese Zahl mit der Entfernung der Firsterne vergleichen.

Die Astronomen geben 20 Kilometer an für den Weg des Sonnensystems in der Sekunde. Das macht in 200 Jahren 1,26 Billionen Kilometer. Das Licht, das in der Sekunde 300 000 Kilo meter zurücklegt, braucht für diesen Weg der Sonne in 2000 Jahren 49 Tage. Bom allernächsten Fixstern zu uns braucht das Licht 4 Jahre und von den vielen fleinen Sternen der Milchstraße wahrscheinlich 10 000 bis 20 000 Jahre.

In der Zeit von 2000 Jahren hat uns unser Sonnensystem trotz seiner großen Geschwindigkeit nur soviel weitergeführt im Himmels.. raum, daß wir dem nächsten Fixstern, der Nachbarsonne, nur um ein Dreißigstel ihrer Entfernung von uns näher oder ferner gerückt sind. Bom Halbmesser des großen Milchstraßen- Sternsystems be­trägt dieser Weg des Sonnen- Erdsystems vielleicht kaum den hundert. tausendsten Teil. Dieser Weg ist so flein im Verhältnis zu den Ausmaßen des großen Sternsystems, von dem die Sonne ein fleines Glied ist, das es wohl noch lange Zeit dauern wird, bis die Astro­nomen der Erde die Bewegungsgesetze des Sonnensystems heraus. gefunden haben werden.

Technik

Wege zur besseren Ausnutzung der Kohle. Etwa ein Drittel unserer gesamten Kohlenförderung wird auf Teer verarbeitet, doch beträgt die daraus hergestellte Teermenge noch nicht einmal 1 Broz. Die Teerausnutzung ist zufriedenstellend, dagegen können wir dies von dem Rest der Kohle durchaus nicht behaupten. Er wird ent­weder verfeuert oder auf Kots verarbeitet. Bei der Verfeuerung werden alle chemischen Verbindungen dem Feuer peisgegeben, bei der Kotserzeugung gebietet der Hochofen ohne Rücksichtnahme auf den Inhalt und den Wert der Kohle. Daß Kohle aus ehemaliger Pflanzensubstanz hervorgegangen ist, ist bekannt; wir wußten, daß sie aus zwei Dritteln Zellulose und einem Drittel Lignin besteht. Aber neuere Forschungen von Fischer und Schrader( Kohlenfor schungsinstitut Mülheim ) zwingen uns heute, unsere Anschauung über den Aufbau der Kohle auszugeben, d. h. das Lerdienst dem Holzbestandteil( Bellulose) zu nehmen und es dem Lignin zuz schreiben. Diese Erkenntnis fann unsere Verfahren zur besseren Ausnugung der Kohle in ganz andere Bahnen lenken. Bis wir jo­weit sind, werden wohl noch viele Jahre vergehen. Aber die be­stehenden Verfahren lassen jetzt schon Verbesserungen zu. Bei der Roberei gewinnen wir aus dem Gas das Benzol, die Solventnaphtha, das Ammoniaf für die Landwirtschaft ufw. Dagegen jagen wir mit dem Verbrennen des Kofereigases jährlich etwa 30 000 Tonnen Schwefel in die Luft( das sind etwa 40 vollbeladene Güterzüge!), die niemandem nügen, vielmehr schädlich auf die Pflanzenwelt wir fen. Wohl aber fönnte man mit diesen Mengen 100 000 Tonnen Schwefelsäure erzeugen. In ähnlicher Weise verhält es sich mit dem 3nan und dem Aethylen; aus letzterem fönnte nach bekannten Methoden Spiritus gewonnen werden.