Wissen und Schauen Die a'ilesimnentarischen Propheten. Wer i>m Schulunterricht in der altherkömmlichen Weise genossen hat, wird wohl in der Re- ligionsstund« gelernt haben, die Propheten des Alten Testaments als wunderbare Männer zu schätzen, welche von Gott inspiriert «In« ferne Zukunft weissagten und insbesondere das Kommen Jesu und sein Gottesreich verkündeten, mag auch wohl geglaubt haben, dies« Anschauung ständ « für die Theorie fest. Daß das letztere schon eit langem nicht mehr stimmt, beweist Laumgarten in einem Auf- atze über„Die Auffassungen des neunzehnten Jahrhunderts vom sraelitischen Prophetismus" im„Archiv für Kulturgeschichte", Band XVlll. Er betont den Gegensatz zwischen der traditionellen Auf- fassung, wie sie noch in der Kirche herrscht, und der wissenschaftlichen und verfolgt die Entwicklung der letzteren seit den Tagen f)«rd«rs, der mit seinMMibelkritik seiner Zeit weil voraus war, daher mich einsam stand. Lange rangen der Supranaturalismus der Orthodoxie und der Rationalismus miteinander. Im Geiste Herders wirkt noch am meisten Ewald. Einen großen Wendepunkt brachte das Jahr 187S mit der Kritik des Pentateuch, der sogenannten fünf Bücher Mose , die noch lange Z«it für wirtlich« Schriften aus der Mosaischen Zeit gegolten hatten. Nach d«r»eueren Forschung, in der sich besonders Wellhausen hervortat, ist das angebliche Mosaische Ge�tz jünger als die Propheten, und diese gewinnen daher eine weit größere Bedeutung. Di« Kritik ihrer Bücher, welche auch den ursprünglichen Text unter Ausscheidung der zahlreichen späteren Susätze herzustellen sucht, hat viel Interessantes gefördert. Gegen- der den namentlich durch den Rationalismus oerbreiteten An- lchauungen, wonach sie Im ganzen nur als weise Lehrer und fromme Pfarrer zu betrachten sind, hält Baumgarten ihren seherischen Be- ruf ausrecht und weist aus das Wilde, Unheimlich«, Barocke und die ekstatischen Erscheinungen bei ihnen hin. Die Weissagung ist ihm keineswegs so nebensächlich, wie u. a. der Holländer Kuenen an- nimmt, der dabei besonders die Nichterfüllung der meisten Pro- »hezciungen ausnutzt. Den Heilsoerkündigungen legt er, wohl mit Recht, volkstümliche Anschauungen zugrunde und sucht den auf- fallenden Widerspruch zwischen ihnen und den Unheilsvcrkündigun- gen rein psychologisch zu erklären. Biel Wahres liegt offenbar darin, wenn er die Propheten Männer von furchtbarer Einseitigkeit, aber seltener Größ« nennt. Zweifellos bietet das ganze Gebiet noch reichen Stoff zur Forschung, namentlich in einer Zeit, wo die alten Fesseln der Orthodoxie immer mehr gesprengt werden, und wir dürfen auch weiteren Kreisen von ihr viel Jnteresiantes und Lehr- «iches versprechen. M. Sch. Ein Archiv der TSne. Bor einiger Zeit wurde der Staats- hibliothek zu Berlin ein Archiv der Töne angegliedert mit dem Zineck, eine sogen. Lautbücherei zu schaffen, d. h. mit Hilfe von Schallplatten die toten Texte und Buchstaben lebendig zu gestalten. Unter streng wissenschaftlichen Gesichtspunkten sollen hier die Laute aller Lebewesen auf der Schallplatte festgehalten werden: musi- kalische Urkunden aller Völker werden gesammelt und zum Vergleich der verschiedenen gciltunge» auf diesem Gebiete versandt: die Sammlung enthält Volksliederarchive sowie Musikleistungen be- rühmter Virtuosen. Das Institut bearbeitet außerdem bestimmte Aufgaben der Naturwissenschaften, wie Studium der Tierstimmen, Untersuchungen der„Naturlauke"(Rauschen der Blätter, Brausen des Wassers usw.) und der künstlichen Geräusche, wie Kirchengeläut, Trommelsprache der Wilden usw. Endlich ist diesem Archiv noch «ine Dokumentensammlung von„Stimmporträts" berühmter Männer angegliedert: so finden sich Schallplatten vor von Hinden- bürg, Ebert, Bethmann Hollweg , Even Hedin u. v. a. bei' Taschenkalender bürgerte sich mnner mehr ein und ist heute fast unentbehrlich geworden.— Noch unentbehrlicher erscheint uns jetzt allerdings der Abreißkalender Ueber sein erstes Auftauchen weiß man jedoch nicht mehr, als day im Jahre 1859 in der„Jllu- s strierten Zeitung" eine Anzeige zu™-fcn war, in der ein„neuer l Kalender, von dem alle Tage ein Blättchen abgerissen werden kann", � angepriesen wurde. Hergestellt wurd» dieser Kalender, der in der . Anzeige auch abgebildet war, von ein»r Heidelberger Firma. Gin Jahr später erscheint ein Abreißkalendu von Heinrich Ebhardt, der übrigens nach einigen Angaben der eigentliche Erfinder des Abreiß- kalenders gewesen sein soll, und vom �ahre 18(5? ab wurden auch zu Lahr in Baden Abreißkalender hergestellt. Merkwürdigerweise nannte man diese Kalender„amerikanismc Kalender", und es scheint in der Tat auch nicht ausgeschlossen, daß die deutschen Abreißkalender nur Nachahmungen eines amerikanischen Borbildes darstellten. Jedenfalls erfolgte die Einführung des Abreißkalenders bei uns nicht vor Beginn der sechziger Jahre. Kulturgeschichte Wie Taschen- und Abreißkalender auskamen. Während im 11. Jahrhundert das Volk fast nur die sogenannten„Fliegenden Blätter " gekannt hatte, auf denen, in groben Holzschnitten illustriert, die Weltereignisf«,„Krieg, Hungersnot und Pestilenz" verkündet waren, fand im 13. Jahrhundert der in Buchfonn erschienene Volks- kalender Verbreitung und wurde alsbald zum wichtigsten Hausbuch, das in keiner Familie fehlen durfte. Als wiederum etwa hundert Jahre später aus dem Kalender ein Ding geworden war, das sich' ewig wechselnd der jeweiligen Mode anpaßte, als der Almanach der Liebling der feinen Welt wurde, da kam es eines Tages auch in Mode, winzig kleine Kalenderchen bei sich zu tragen. Der erste, der sie herstellen ließ und in den Handel brachte, war der bekannte B c r» l i n e r Buchhändler Christoph Friedrich Nicolai . Es war gerade iur Zeit des Siebenjährigen Krieges, als In der Nicolatschen Buch- Handlung die ersten Taschentalender verkauft wurden, und Nicolai machte denn auch glänzende Geschäfte mit den zierlichen Dingern: sie gingen reißend ab. Zunächst waren sie noch ziemlich einfach ausgestattet, enthielten aber kleine Kupfer mit den Porträts de» Königs und der berühmtesten Feldherren sowie ein paar schwung- »olle Huldigungsgedichte. Da sie, wie gesagt, gleich bei ihrem ersten Auftauchen großen Betfall fanden, ließ Nicolai nun jedes Jahr hübschere und elegantere Muster herstellen, und zu Beginn des i9. Jahrhunderts war es bereits zur Mode geworden, daß tnan an der Uhrkette ein kleines in Leder gepreßtes Taschenkalenderchen Naturwissenschaft Eine merkwürdige Zortpflaznngsweise. Im Atlantischen Ozean und im Mittelmeer lebt ein Tintenfisch, dessen Weibchen durch den Besitz einer zarten, papierdünnen Schale ausgezeichnet ist: es ist das Papierboot, von Zoologen /Xrsonauu arge genannt. Die Fortpflanzung ist bei diesen Tieren außerordentlich merkwürdig und interessant. Die Männchen sind Zwerge und werden kaum 1,5 Zenti» meter lang, auch fehlt ihnen die Schale. Ihre Fortpflanzungs» Produkte, die Samenfäden, werden in eine lange„Samenpatrone" verpackt, die auf höchst sonderbare Weise aus das Weibchen über» tragen wird. Bekanntlich besitzen die Tintenfische kräftige Arme, die mit Saugnäpfen ausgerüstet sind. Einer dieser acht Arme ist nun beim Papierboot völlig umgestaltet und steht im Dienst der Fortpflanzung. Dieser„Begattungsorm" fällt durch feine Länge auf: sein Ende ist zudem peitschenförmig ausgezogen. Anfangs ist er in ein Säckchen eingeschlosien, das später platzt und den Arm frei« gibt. Damit die Samenpatrone, welche der Begattungsarm auf- genommen hat, auf das Weibchen übertragen werden kann, löst sich der Arm vom Männchen vollständig los und kriecht wie ein selb- ständiges Wesen aus der Schale des Weibchens umher. Schließlich gelangt er in die sogenannte Mantelhöhle: der peitschenförmige An- bang dringt in die Eileiter ein und vermittelt das Uebertreten der Samenpatrone. Es hat natürlich lange gedauert, ehe die wahre Natur des sich selbständig bewegenden Armes erkannt wurde. Da er einen komplizierten Bau zeigt, Nervenbahnen' und fortdauernde Blutzirkulation besitzt, wurde der Begattungsarm anfangs für einen parasitisch lebenden Arm angesehen. Die Berwandten des Papier- bootes besitzen ebenfalls solche sreibeweglichen Arme: bei anderen Tintenfischen ist zwar ein Arm auch immer besonders für das Ueber- tragen der Samenpatronen umgebildet, ein Ablösen de» Begattung?- armes vom männlichen Körper findet aber niemals statt. Naöek im Haag. „Nichts wie Bourgeois auf diesem Friedenskongreß! trug, ein„Berlocken-Kaleriderchen", wie man es nannte. Die Mode Der einzige Proletarier, den ich sehe, bin ich selber.' der Berlocken-Kalenderchen verschwand allerdings bald wieder, aber t lAus dem Amsterdamer„Nötcnkraler".)
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