Das fleine Land ist voller Schönheiten, auch wenn man nicht Im Sommer hindurchführt und nicht über die nötigen Millionen verfügt, um einen der fashionablen Wintersportplähe besuchen zu fönnen.
Wie wundervoll war jene Fahrt von St. Gallen zum Züricher See durch eine sonnenbeleuchtete Schneelandschaft! Diese weiten unberührt schimmernden Schneehänge, diese dunklen Wälder mit ihren Schneetupfen auf dem Geäft der Bäume, diese bewegten Schluchten mit rieselndem Bach in der Tiefe, über die einen der Zug dahintrug: und dann am Horizont dle rosaschimmernden Massen der hohen Bergkette, hier Fels, dort Schnee und Eishalde, darüber ein göttlich blauer Himmel.
hingen Platate, daß der dramatische Berein Soundfo Im Saale des Ochsen" oder des Löwen" eine öffentliche Borstellung gebe. In einem kleinen Lokalblättchen ich glaube, es war in Aarau fonnte man an einem Tage sieben derartige Ankündigungen thea. tralischer Dilettantenaufführungen lefen. Man traut sich da in der Schweiz nicht wenig zu. In einem kleinen Nest spielte man den " Göz", in einem anderen die Räuber", wieder anderswo die Rabensteinerin", und zwischendurch gewisse„ Bolksstücke", die schon mit ihrem Titel auf die Tränendrüsen drückten.
Ich hätte mir gerne den Götz" angesehen. Schon aus sprach lichen Gründen. Ob man Goethe ins Schwyzer Dütsch" überseht hatte? Beinahe sollte man es glauben. Denn unser Hochdeutsch Aber nicht nur diese Landschaft hat ihren Zauber. Wieviele ist da unten eigentlich eine fremde Sprache. Man versteht es zur Reize bergen nicht auch die Städte! Was gibt es da noch für Not. Aber gesprochen wird es selten. Nicht nur die unteren Boltsentzückende Gäßchen, für märchenhafte Bläße und Winkel zwischen schichten unterhalten sich im Schwyzer Dütsch", auch die bürgerlichen lieben, bunten alten Häusern! Aarau , Rapperswil , St. Gallen - Kreise sprechen es. Es ist die übliche Verkehrssprache, und sogar wohin einen der Zufall auch truq, selbst das industrielle Biel in das Berner Stadtparlament verhandelt offiziell in der Schweizer seiner Altstadt wie bieten sie alle dem Auge Bilder von fesselnder Mundart. Wer von Deutschland herüberkommt, hat oft seine liebe Schönheit! Weit weniger als in den meisten deutschen Städten hat Not mit der Verständigung. Aber allmählich gewöhnt man sich. moderne Baukunft" die alten Gassen verunstaltet. Freilich, mit
unter gibt es auch hier tragikomische Konflikte zwischen Alt und Neu. feine ländliche Eigentümlichkeiten. Die Schweizer Zeitungen be Wird hochdeutsch gesprochen oder geschrieben, so hat das auch In St. Gallen tragen in den alten Straßen die Häufer noch vielfach richten jeden Tag von„ Berunfallten". Und in einer amtlichen Beeinen alten Namen. Da steht beispielsweise irgendwo das Haus kanntmachung las ich die schönen Worte: Der Soundso war seit " Bur Dattelpalme", rechts davon das Haus Zur Klarheit", lints 1860 3irta ohne Unterbruch vorbeiständet". Das Schweizer Deutsch das„ Zur Wahrheit". Am selbigen Haus, auf dessen altem Giebel ist voll von Fremdwörtern. die Worte„ Zur Wahrheit" lauten, sah ich neben der Eingangstür sondern stets ein" merci", niemals ein„ Entschuldigen Sie", sondern Man hört niemals ein„ Dante", zwei„ moderne" Firmenschilder. Danach hausten in diesem Gebäude nur das franzöfifche„ excusez". Aber in einem Falle durfte ich friedlich neben- und miteinander die Tanzschule Ideal von M. Flats" und die Kirche Jefu Chrifti der Heiligen der letzten brauchen. Und welch hübsches, lebendiges deutsches Wort! Das doch ein deutsches Wort feststellen, wo wir ein Fremdwort geTage". Das ist das Haus Zur Wahrheit" Rinderfräulein befahl feinem Schüßling nicht, eine„ Serviette" umzubinden, sondern sein„ Freßmänteli".
Und welche Worte schildern den tiefen Eindruck, den die Hauptstadt Bern auf jeden Besucher machen muß. Raum eine andere Stadt, die gleich herrliche Straßenbilder zeigt. Nordisches und Südliches reicht sich hier die Hand. Wie freundlich und lebendig sind diese Straßen mit ihren Steinlauben zu beiden Seiten, unter denen die Geschäfte ihre Waren feilbisten. Und inmitten dieser Straßen dann alle paar hundert Schritte jene alten wundervollen Brunnen, bie aus weitvorgestreckten Röhren ihr Waffer fpeien, womöglich zur Rechten und zur Linfen noch zmei große fteinerne Beden als Pferdetränken; als Abschluß der Straßen dann die Türme und Tore und rings um die Innenstadt die Aare in tiefem Talbett, von riefen hohen Brücken überspannt. Wie gerne denkt man an diese Bilder zurüd.
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Im übrigen: die Stadt Bern ist nicht nur altertümlich. Sie hat auch genug des Modernen, das es zu sehen lohnt. Das„ Bolkshaus" in Bern , das Heim der Berner sozialistischen Arbeiterschaft, findet in Deutschland höchstens in den Gemertschaftshäusern von Hamburg und Kiel etwas Vergleichbares. Ein prächtiger, monumentaler Bau, große und fleine Säle( der größte zurzeit leider an ein Kino vermietet), ausgedehnte und wirklich schöne Restaurationsräume, Läden, eine Badeanstalt, ein Hotel, das sich mit jedem anderen meffen kann. Und neben diesem Boltshaus( nicht räumlich) hat sich die Berner Arbeiterschaft nun noch ein zweites stattliches Haus erbaut, in dem neben einigen Gemertschafts- und Parteibureaus die Druckerei des sozialdemokratischen Blattes, der Tagmacht" untergebracht ist, eine Druderei mit vierzehn Segmaschinen und einzigartig hellen luftigen Arbeitsräumen.
Wenn man eine furze Zeit in einem Lande gewesen ist, fann und darf man natürlich fein Urteil über den„ Bolfscharafter" ab= geben. Aber gewiß ist: Ich habe viele gute und liebe Menschen dort im Schweizerland getroffen und danke ihnen eine überaus freundliche Aufnahme. Sehr schön fam mitunter in den Arbeiterversammlungen, an denen ich teilnahm, ouch das Gefühl der Solidarität mit der deutschen Arbeiterschaft zum Ausdruck. Die Ruhrbesehung fand überall den gleichen scharfen Widerspruch, wie im deutschen Bolfe felbft. Eine von der Partei einberufene Bolksversammlung in Bern , die sich mit der Ruhrbesetzung beschäftigte, war so überfüllt, daß wirklich kein Apfel zur Erde konnte. Und viele Hunderte mußten umkehren, ohne Einlaß zu finden. Die Stimmung, die hier zum Ausdruck fam, herrschte auch sonst überall: Wann endlich wird die Zeit der imperialistischen Abenteuer, der militaristischen Gewaltpolitit vorüber sein?! Man fagte mir allgemein, der Ginmarsch der Franzosen ins Ruhrrevier habe die Sympathien für Frankreich sehr geschwächt, die für Deutschland geftärkt. Es tommt nun bloß darauf an, daß wir sie uns erhalten. Nationalistische Heherzien und realtionäre Putsche sind dazu am wenigsten geeignet. Das ist dort drüben die allgemeine Meinung. Und die Mahnung an das deutsche Volf, die darin liegt, ist vielleicht das wichtigste, was einer zurzeit aus der Schweiz nach Hause mitbringen" fann.
Dann führte mich der Genosse Reinhard, Nationalrat , Präsident ber Schweizerischen Sozialdemokratie, Leiter des Schweizerischen Arbeiterbildungsausschusses, Leiter zweier Zeitschriften und gleichwohl( weiß Gott , wie er das fertig bringt!) noch immer im Haupt Bon Johannes Reichelt, Dresden . beruf Lehrer, in die Schule, an der er wirft. Ich weiß nicht, ob Oberschreiberhau. Wochenlang war fein Schnee gefallen. Die wir in Deutschland irgendwo eine ähnliche Schuleinrichtung haben; Sportfreunde jammerten. Wettrodeln und Stipreisfahren wurden alltäglich ist sie gewiß nicht. Man dente: Jedes der hübschen, bild von Woche zu Woche verschoben. Die Hotels und Benfionen leerten geschmückten Klassenzimmer mit einem Projektionsapparat für Licht sich. Einzelne Unverdroffene hielten aus. Regen, anhaltender, richbilder und Filme ausgerüstet! Bedeutende Sammlungen von An- tiggehenter Schnürle- Regen im Januar. Da endlich, am 18. Jafchauungsmaterial aller erdenklichen Art. Eine prächtige Turnhalle nuar schlägt das Wetter um. Der Telegraph ruft in den Abendmit der Möglichkeit zur Aufrichtung einer Bühne, zwei Duschen- zeitungen in Berlin , Breslau , Dresden die Sportluftigen herbei. räume, Gesanasaal, Zeichensaal, Phyfiffaal, Chemiefaal. Und dann Räume für Schreinerarbeiten und Buchbinderarbeiten( Werkzeug für Hauptmann. Seit der Dresdener Uraufführung feines Dramas Mein erster Weg führt mich nach Mittelschreiberhau zu Carl jeden Schüler!), ein Raum mit etwa zwanzig wohlausgerüsteten" Die crmfeligen Besenbinder", das ich im Manuffript las, waren Erperimentiertifchen für phnfitalische Bersuche, ein anderer mit mir befreundet. So befuchte ich ihn. regelmäßig in Oberschreiberebenso vielen Tischen und Retortenschränken für chemische Erperi- hau und er fehrte bei mir in Dresden ein. Bei meinem letzten mente, damit die Schüler, immer zwei bei zwei, felbft die Versuche Besuch im Sommer 1920 weilte er im Saratorium Kurpart in machen können, zu denen der Lehrer ihnen die Anleitung gab. Oberschreiberhau. Ich wandelte mit ihm im Kurgarten, er führte Nebenbei: eine hübsche Gitte lernte ich in jener Schule kennen. Die Schüler, die zum Unterricht tamen, legten auf dem Flur nicht nur Hut und Mantel ab, sondern auch ihr Schuhwerk. Dafür zog jeder ein paar filzene Hausschuhe oder Pantoffel an. Dergestalt verbindet man in den Schweizer Schulen das Angenehme mit dem Nüglichen. Die Schüler werden vor falten Füßen bewahrt und die Lehrer vor dem Lärm, den ein paar Dußend Knabenstiefel perursachen können.
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Kinos dürfte es in den schweizerischen Städten nicht weniger geben als in den deutschen . Aber etwas anderes, was für unsereinen nun einmal zur Großstadt" gehört, fehlt merkwürdigerweise: die Liförstube. In Zürich mag es vielleicht auch einige dieser wertvollen Kulturstätten geben, in Bern habe ich wirklich feine einzige entdeckt. Und wenn wir in Berlin jetzt der nationalen Trauer wegen die 11- Uhr- Polizeistunde haben, die meisten Berner Städte haben schon seit Jahren regelmäßig um 11 Uhr Lokalschluß.
Weit verbreitet ist augenscheinlich in der Schweiz das Theaterfpielen von„ Liebhaber"-Bereinen. Wohin man auch fam, überall
mich in seine Dramen- Trilogie Auf goldener Straßen" ein. Wir pflückten ein paar Blumen im Garten. Der Botanifer und Poet verriet feine feusche Seele, die sich oft bei dem Klange eines einzelnen Wortes und eines Blides offenbarte. Es waren herrliche Stunden, die der Dichter mir schenkte. Fehlte das Bunder, was bliebe vom Leben," zitierte er sich selbst. Er war so hoffnungsfroh und freute sich über die Anteilnahme der Zeitungen, tie feiner ehrend gedachten. Er erschien niemals ein Gefunder. Auf dem Sterbelager fah ich ihn wieder.
Mit Stiern bahnte ich mir den Weg zu feinem verschneiten Häusel, das er einst mit einem Bruder Gerhart gemeinsam bewohnte. Eine Schneewehe hat die Haustür verschüttet. Ich klopfe. Ein altes Mütterlein öffnet und erzählt mir, daß der Herr Doktor ertranft sei, man habe vor ein paar Tagen aus Breslau einen be rühmten Arzt gerufen. Ich fende meine Korte der Gattin. Sie empfängt mich herzlich, und ich erfahre von dem ernsten Zustand des Kranken. Carl Hauptmann schlief, mochte aber im Nebenzimmer durch unser Gespräch erwacht fein. Er erkannte mich an der